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9. FEBRUAR

Er bleibt sich selbst treu, indem er alle als treu anerkennt, die sich einzig

und allein auf das verlassen, was er durch Jesus getan hat.

RÖMER 3, 26

Ohne Leistung und Erfolg fühlt sich der moderne Mensch hilflos und nutzlos. Leistung und Erfolg gehören – nach seiner Meinung – zum wahren Menschsein. Martin Luther, der bis zu seiner »Bekehrung« auch von dieser Tatsache überzeugt war, hat mit der »Reformation« eine Revolution im Denken, Fühlen und Handeln der Kirche eingeleitet. Und doch ist diese Revolution im Kopf der meisten Christen stecken geblieben. Sie wissen, dass es einzig und allein auf Christus ankommt, aber sie praktizieren das Gegenteil.

Der amerikanische Psychiater Chris Thurman hat über dreißig »Lügen, die wir glauben« zusammengestellt. In allen Lebensbereichen fand er Lügen, die wir Christen für wahr halten und die wir handfest praktizieren. Eine Lüge beschreibt er, die mit Leistung und Erfolg zusammenhängt. Im Sinne einer weithin akzeptierten Überzeugung lautet die Lüge: »Du bist nur so viel wert wie deine Leistung.«

Thurman kommentiert diesen Selbstbetrug folgendermaßen: »Viele dieser gehetzten Leute kommen bis an die Schwelle des Selbstmordes, wenn sie durch ihre Neigung, Wert und Leistung gleichzusetzen, Gefühlen des Versagens und des Selbsthasses ausgesetzt werden … In unserer Gesellschaft lautet die Botschaft nur zu oft: ›Du bist nur dann ein wertvoller Mensch, wenn du die Erfolgsleiter heraufsteigst, in einem großen Haus, in einem Vorort wohnst, ein teures Auto fährst, eine goldfarbene Kreditkarte besitzt, nur Designeranzüge trägst … ‹ Diese Lüge ist schwer zu knacken!«

Das Erfolgsstreben hat viele Gesichter. Erfolg kann durch Kraft, Macht, Geschicklichkeit, Intelligenz, Schnelligkeit und Risikobereitschaft erzielt werden. Paulus deckt diese Lügen schonungslos auf. Nur wer sich einzig und allein auf Christus verlässt, kann gerettet werden. Alles andere ist Werk- und Selbstgerechtigkeit. Können wir mit dieser Aussage übereinstimmen?

10. FEBRUAR

Herr, zeige mir den Weg, den ich gehen soll;

lass mich erkennen, was du von mir verlangst.

PSALM 25, 4

Viele Christen verwechseln Arbeitssucht mit Nachfolge. Sie wollen ihrem Herrn pausenlos dienen und glauben, wenn sie atemlos für ihn unterwegs sind, dass sie den Weg gehen, den er für uns bestimmt hat.

Ein amerikanischer Arzt bekennt von sich: »Immer wieder begegnen mir Menschen, die alles tun, um ihren Mangel an Zugehörigkeit und Wertschätzung dadurch auszugleichen, dass sie ihre persönlichen Leistungen in den Vordergrund stellen. Ihr Selbstwertgefühl hängt völlig davon ab, was sie vollbringen … Auch mir ist es so ergangen. Schon sehr bald nach unserer Hochzeit wurde ich ein Workaholic. Als ich dreißig war und meine Ausbildung zum Psychiater beendet hatte, verbrachte ich kaum Zeit mit Jan und den Kindern. Stattdessen war ich bemüht, mein Ansehen zu steigern. Ich war ein religiöser Workaholic. Ich übte eine vollzeitige Lehrtätigkeit an der Trinity International University von Chicago aus, und nebenher praktizierte ich noch in Milwaukee mit einem Anfahrtsweg von 60 Meilen. Schließlich wollte ich mich noch weiterbilden. Um meinen christlichen Neigungen nachzukommen, kümmerte ich mich fast jeden Abend bei uns seelsorgerlich um Studenten. Sonntags leitete ich dann noch Seminare und Lehrveranstaltungen in verschiedenen Gemeinden. So ging es einige Jahre. Und ich war vollkommen überzeugt davon, dass ich mein Bestes tat, um Gott und meinen Mitmenschen zu dienen.«

Eine hilfreiche Selbstkarikatur eines Arbeitssüchtigen. Unser Herr Jesus ist kein Sklaventreiber. Er peitscht niemanden ins Aus. Wir ganz allein machen uns zu Arbeitssüchtigen. Darum ist Davids Gebet Gold wert: »Herr, zeige mir den Weg, den ich gehen soll!«

11. FEBRUAR

Gott selbst hat euch dazu berufen, für immer mit

seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn,

verbunden zu sein, und Gott steht zu seinem Wort.

1. KORINTHER 1, 9

Es geht um Berufung. Es gibt Christen, die hat Gott berufen und für Christus in den Dienst gestellt. Und es gibt andere, die haben sich selbst ernannt, stehen im Beruf und arbeiten für Christus.

Der ehemalige Managementberater Myron Rush, der unter Arbeitssucht litt und seelisch und körperlich völlig ausgebrannt war, schrieb nach seiner Umkehr: »Es ist mir aufgefallen, dass gläubige Christen, die ausbrennen, sich häufig getrieben fühlen, aber nicht berufen. Sie verlieren die Tatsache aus den Augen, dass Gott sie an ihre jeweilige berufliche Aufgabe oder in ein Vorhaben gestellt hat, mit der Zusage, sie mit allem zu versorgen, was sie zur Ausführung seines Willens brauchen. Trotzdem fühlen sie sich genötigt, die Arbeit eher für Gott zu tun, als sie durch ihn vollbringen zu lassen. Sie verlassen sich auf ihre eigene Stärke statt auf die Gottes.« Ein Wort, das ehrgeizigen Christen unter die Haut geht. Getriebene tun ihre Arbeit in erster Linie für sich selbst. Sie wollen Erfolg, wollen ankommen und ihr Prestige vergrößern. Sie powern, sind geschäftig, geraten in Hektik und überschreiten ständig ihre Kraftreserven. Der Berufene dagegen will Frucht bringen. Er stellt Gott in den Mittelpunkt. Er ist mit dem Herrn verbunden und verlässt sich auf seine Kraft. Der Getriebene überfordert sich. Der Berufene lässt sich von Gott fordern. Und der mutet keinem zu viel zu.

Arbeiten wir für Christus, und sind wir auf Erfolg angewiesen, oder lassen wir alle Arbeit durch ihn verrichten? Dann sind wir mit ihm verbunden, und die Arbeit frisst uns nicht auf.

12. FEBRUAR

Der Gottlose flieht, auch wenn niemand ihn jagt;

der Gerechte aber ist furchtlos wie ein junger Löwe.

SPRÜCHE 28, 1

Wie gehen wir mit Angst um? Flucht ist ein beliebtes Verhaltensmuster, um der Angst auszuweichen. Die Flucht wird von dem katholischen Theologen Hans Küng so charakterisiert: »Es ist vielfach eine große Angst vor der eigenen inneren Leere, die uns dazu treibt, uns eine volle Agenda (Terminkalender) zuzulegen. Ohne einen ausgefüllten Arbeitstag bin ich ein halber Mensch.«

Und der bekannte Tennisspieler Ivan Lendl sagte in einem Gespräch: »Ich habe Angst, ganz tief in mich zu sehen, weil dort vielleicht nichts ist. Tennis ist Leben. Es bewahrt mich vor dieser Angst.«

Die Bibel hat recht. Der Gottlose flieht in die Arbeit, in die Leistung, ins Vergessen, in die Zerstreuung, um seiner Leere nicht begegnen zu müssen. Menschen, die ihren Wert allein in Arbeit und Leistung suchen, müssen mit Angst reagieren, wenn die Kräfte nachlassen, wenn die Gesundheit beeinträchtigt ist, wenn der Körper streikt. Ihr Wert hängt in der Luft. Die Angst wird übermächtig.

Der Mensch, der Gott vertraut, ist »furchtloser«. Er weiß sich in Christus geliebt und angenommen und muss sich nicht durch Erfolg und Leistung selbst beweisen.

13. FEBRUAR

Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren;

wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s erhalten.

LUKAS 9, 24

Loslassen können ist eine Kunst. Wer loslässt, wird beschenkt.

Ein Theologiestudent erzählt in einer Zeitschrift folgende Geschichte: In England lebte eine Familie, die eine wunderschöne und wertvolle chinesische Mingvase besaß. Eines Tages rief die Frau den Mann an seinem Arbeitsplatz an, um ihm mitzuteilen, dass der fünfjährige Sohn seine Hand in die Vase gesteckt habe und sie nicht mehr herausziehen könne. Er solle sofort nach Hause kommen. Aber der Mann konnte nicht helfen und rief in seiner Not die Feuerwehr. Alle versuchten, den Sohn von der teuren Vase zu befreien. Sie probierten es mit kaltem und heißem Wasser, mit Butter und anderen Gleitmitteln. Nichts half. Also beschloss der Feuerwehrmann, dass die Axt zum Einsatz kommen müsse. Da sagte der Sohn zum Vater: »Daddy, soll ich den Penny loslassen, bevor der Mann die Vase kaputt schlägt oder danach?« Der Sohn hatte eine Münze in der Vase entdeckt und hielt das Geldstück krampfhaft fest.

Nicht nur Kindern, auch Erwachsenen fällt das Loslassen schwer. Besitz, Menschen, Ehre, Ämter und Ehrgeiz – wir wollen alles festhalten, so wie der Junge die Münze. Jeder von uns klammert sich an Dinge, die ihm viel bedeuten. Es ist schwierig, geliebte Menschen loszulassen. Und dann erst das Leben. Viele sind überzeugt: Gesundheit ist das höchste Gut. Jesus ist konsequent: »Wer sich abstrampelt, um das Leben zu erhalten, der wird es verlieren.«

Menschen, die von Hektik und Hetze umgetrieben werden, können nicht loslassen. Sie wirken angespannt und nicht gelassen. Sie selbst wollen sich alles für ihr Leben erzwingen. Aber nur wer sich voll auf unseren Herrn einlässt, wer sein Vertrauen voll auf ihn setzt, der wird sein Leben erhalten.

14. FEBRUAR

Mehr als auf alles andere achte auf deine Gedanken,

denn sie bestimmen dein Leben.

SPRÜCHE 4, 23

Der römische Kaiser Marcus Aurelius regierte etwa 150 Jahre nach Christus in Rom. Er beschäftigte sich intensiv mit der Wahrheit. Er wurde bekannt als der großherzigste und gewissenhafteste römische Kaiser. In seinen Meditationen schrieb er folgenden Satz: »Nicht die Tatsachen bestimmen unser Leben, sondern wie wir darüber denken.« Die Gedanken machen eine Sache gut oder böse. Ja, die Gedanken bestimmen unser Leben. Nun gibt es positive und irrige Gedanken. Es gibt einen Irrglauben, der aus negativen Gedanken besteht.

 

Zwei Amerikaner, William Backus und Marie Chapian, haben sich intensiv mit diesem Phänomen auseinandergesetzt. Bei ihnen heißt es: »Wenn Sie etwas glauben, handeln Sie danach. Aus diesem Grunde sind Ihr Glaube beziehungsweise Irrglaube die wichtigsten Faktoren Ihres geistigen und emotionalen Lebens. Was bedeutet Irrglaube? Er ist wohl die geeignetste Bezeichnung für die teilweise lächerlichen Dinge, die wir uns einbilden. Es ist erschreckend, welches Leid wir uns selbst durch verletzte Gefühle und durch wahre Festungen negativer Gedanken zufügen. Der Grund für eine durcheinandergeratene Gefühlswelt, für falsche Verhaltensweisen und sogenannte ›psychische Erkrankungen‹ sind irrige Überzeugungen … Ansprüche wie ›Was ich auch anfange, es geht immer schief‹ oder ›Ich mache immer so viele Fehler‹ sind deutliche Beispiele hierfür … Wenn Sie solche Worte für wahr halten, glauben Sie dieser Lüge.«

Der Irrglaube besteht aus Ängsten, negativen Gedanken und irrigen Überzeugungen. Wem vertrauen wir mehr, den irrigen Überzeugungen, die wir im Herzen produzieren, oder der Zusage aus der Bibel: »Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht: Christus«?

15. FEBRUAR

Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.

PSALM 119, 105

Gottes Wort und unser Wort – das sind zwei Welten. Noch niemals zuvor wurden so viele Worte geschrieben, gesprochen, gesungen und verbreitet wie heute. Worte und Informationen überfluten uns. Ein unendlicher Wortregen berieselt uns Tag und Nacht. Welchem Wort sollen wir da vertrauen?

Der Kabarettist Hanns-Dieter Hüsch, ein gläubiger Katholik, hat ein Buch veröffentlicht, das den bezeichnenden Titel trägt: »Das erste und das letzte Wort«. An einer Stelle schreibt er: »Wenn alles ausgeredet, ausgerechnet, kalkuliert und spekuliert, wenn alles tausendfach erklärt, bewiesen, aufgesagt und abgeschrieben, widerrufen, hinausposaunt, manipuliert und propagiert, hundertprozentig prophezeit, dokumentiert und illustriert, korrigiert, vorgeworfen, nachgeworfen … und wenn dann alles, wirklich alles, ausgeredet hat und sprachlos ist, dann möge Gott der Herr uns immer wieder sagen, uns immer wieder zeigen, dass nur sein Wort, das erste und letzte Wort, dass unser Tun und Hören seinem Wort entsprechen möge. Denn sein Sprechen ist unser täglich Brot.«

Er hat recht: Wir haben das menschliche Wort aufgesagt und abgeschrieben, dementiert und falsch betont, propagiert und suggeriert. Und wenn wir endlich sprachlos sind, dann können wir nur hoffen und beten,

dass sein Wort unseres Fußes Leuchte wird;

dass wir unseren Mund halten und dass sein Wort uns Orientierung gibt;

dass wir uns nicht durch Millionen Worte verrückt machen lassen.

Wenn sein Wort unsere Speise wird, sind wir gegen die Wortflut in Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen geschützt. Dann wissen wir, was wir zu tun und zu lassen haben.

16. FEBRUAR

Darum sollt ihr also beten: Unser Vater in dem Himmel.

MATTHÄUS 6, 9

Das ist die Anrede des Vaterunsers, des Gebets, das Jesus seine Jünger lehrte.

Der bekannte Fernsehpfarrer Adolf Sommerauer sagte zu diesem Gebet: »Ich muss mich wahrhaftig nicht genieren, wenn ich die Bitte wiederhole: Hantieren Sie beim Gebet nicht mit so vielen Vorsichtsmaßnahmen, sondern beten Sie in der Art, wie Jesus es gelehrt hat! Viele Gebete werden im Stil einer Buchführung vor Gott gebracht. Man ist ängstlich darauf bedacht, keinen Wunsch zu vergessen, und plappert wie die Heiden, als ob die Kraft des Gebetes in der Beredsamkeit und Vollzähligkeit der Wünsche liegen würde.«

Reden Sie mit Gott wie mit Ihrem leiblichen Vater. Sagen Sie ihm alles, was Sie bewegt! Die Sätze müssen nicht schön und gedrechselt klingen.

Das Gebet des Herrn ist ein Kernstück unserer Gottesbeziehung. Beten ist die Kontaktaufnahme mit dem lebendigen Gott, unserem Vater. Im Gebet geschieht eine personale Beziehung. Wir reden nicht vom lebendigen Gott, um ihn zu vermenschlichen. Gott ist Person, weil er sich uns in Liebe zuwendet. Nur Personen können sich begegnen. Zwei Partner reden miteinander, die ich und du sagen können.

Beten müssen wir lernen. Nicht umsonst bitten die Jünger ihren Herrn: »Herr, lehre uns beten!« Wer die Hohe Schule des Gebetes lernen will, muss üben. Auch das andere gilt: Wir sollen beten. Jesus erlaubt es nicht nur – er gebietet es uns. Beten heißt: den Vater anrufen. Beten ist in der Tat der ›höchste und wichtigste Gottesdienst‹, wie Martin Luther gesagt hat.

17. FEBRUAR

Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte

wird er sich über dem Staub erheben.

HIOB 19, 25

Aus diesem Bekenntnis spricht eine untrügliche Erfahrung.

Über Hiob ist das Chaos hereingebrochen. Er sitzt buchstäblich auf den Trümmern seines Lebens. Der Zerschundene und Verzweifelte hält aber aus Erfahrung an seinem Erlöser fest. Er weiß, dass Gott als sein Anwalt lebt. Hiob hat gute und bittere Erfahrungen sammeln müssen. Aber er gibt nicht auf.

Der ehemalige Präses der Rheinischen Kirche, Peter Beier, hat sich mit Glauben und Erfahrung auseinandergesetzt. Er formuliert: »Legitimiert Erfahrung den Glauben oder lebt der Glaube aus sich selbst? Bedarf er der Sichtbarkeit, bedarf er demonstrierbarer Erfahrung? Die Antwort fällt durchaus nicht so leicht, wie es zunächst scheinen mag. Glaube, der Erfahrung und Erleben ausschließt (als Möglichkeit, als Geschenk, als Einsicht), entleert sich selbst. Das Wort Gottes reizt gerade dazu an, mit diesem Wort Erfahrungen im Alltag der Welt zu machen. Glaube aber, der erst durch Erfahrung legitimiert wird, entwürdigt diesen zu einer menschlichen (religiösen!) Möglichkeit unter anderen, während er doch Geschenk des souveränen Wortes Gottes bleibt, das betrifft und betroffen macht, wo und wann und wen immer es will. Das heißt: Der Glaube hält sich an ein bloßes, hörbares (nicht sichtbares) Wort, das auch ebenso wohl eine Illusion sein könnte, und wagt es, damit zu leben – selbst wenn alle religiöse Erfahrung ausbleibt. Spiritualität als Methode von Selbstvergewisserung oder gar Selbstdarstellung christlichen Glaubens ist unevangelisch und für mein Empfinden verwerflich.«

Hiob wäre in Verzweiflung untergegangen, wenn er lediglich blutleere dogmatische Formeln nachgesprochen hätte. Hiob weiß, dass sein Erlöser lebt. Haben wir auch diese Glaubensgewissheit erfahren?

18. FEBRUAR

Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.

MATTHÄUS 6, 10

Den Willen Gottes zu akzeptieren fällt nicht leicht. Die Bitte im Vaterunser-Gebet ist für viele Menschen eine Anfechtung.

Johann Sebastian Bach, der berühmte Kantor der Thomaskirche in Leipzig, war im Alter blind geworden. Da teilte ihm sein Freund, Pfarrer D., eines Tages mit, dass ein berühmter Augenarzt in die Stadt gekommen sei und sich bereit erklärt habe, seine Kunst an ihm zu versuchen, wenn er sich einer Operation unterwerfen wolle. »In Gottes Namen!«, sagte der alte Bach. Schließlich kam der Tag, aber – die Operation misslang! Als der Arzt nach vier langen Tagen die Binde von Bachs Augen löste und die umstehende Familie den geliebten Vater erwartungsvoll fragte: »Kannst du sehen?«, antwortete er: »Des Herrn Wille geschehe! Ich sehe nichts.« Als alle Umstehenden darüber weinten und den alten Mann bemitleiden wollten, rief er: »Singt mir lieber mein Lieblingslied: ›Was mein Gott will, geschehe allzeit, sein Wille ist der Beste!‹«

Gebetserhörungen sind in der Welt der Christen alltäglich. Aber genauso alltäglich sind Gebete, die sich nicht erfüllen, wenn Menschen es wünschen. Es sterben unschuldige Kinder an Krebs, es sterben Menschen im Krieg. Und bei Terroranschlägen werden sowohl Christen als auch Menschen ohne Gott zum Opfer. Eine Frau sagte mir einmal im Gespräch: »Ich habe gebetet wie ein Weltmeister, aber geschehen ist nichts.«

Wie sagte Dietrich Bonhoeffer: »Gott erhört alle unsere Gebete, aber er erfüllt nicht alle unsere Wünsche.« Ich möchte mich auf das Mut machende Lutherwort stützen: »Wenn nicht geschieht, was wir wollen, geschieht, was besser ist.« Gott schenke uns das Vertrauen, diese Wahrheit realisieren zu können.

19. FEBRUAR

Da antwortete Simon Petrus und sprach:

Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn.

MATTHÄUS 16, 16

Petrus gibt ein persönliches Zeugnis aus persönlicher Erfahrung. Dieses Bekenntnis ist kein auswendig gelernter Satz aus dem Katechismus. Dieses Wort ist mehr als eine wichtige Antwort auf eine theologische Frage. Ein amerikanischer Theologe schreibt: »Über persönliche Erfahrungen des Glaubens spricht man in vielen protestantischen und katholischen Kirchen selten oder überhaupt nicht. In lutherischen Pastorenkonventen sprechen Pastoren über Christologie und Ökologie, über Sexualität und Informatik, aber so gut wie nie über persönliche Erfahrungen mit Jesus. Die Sprache der Frömmigkeit als Ausdruck der Liebe zu Jesus ist tabuisiert. Hier herrscht unter emanzipierten ebenso wie unter konservativen Theologen eine merkwürdige Prüderie.«

Helmut Thielicke drückt sich so aus: »Deshalb also verhalten die Jünger sich nicht wie die Angestellten eines Archivs, die mit historischen Dokumenten hantieren, sondern sie sind Zeugen eines schicksalhaften Geschehens, das ihr Leben aus den Angeln gehoben hat. Darum ist das Bezeugte niemals ablösbar von ihnen selbst und von dem Reim, den sie sich darauf machen können. Der Zeuge redet immer auch von sich selbst und von dem, was ihm begegnet ist. Er redet sehr persönlich, und man sollte das nicht durch den Begriff ›subjektiv‹ verballhornen. So können sie über das Vergangene und einst Geschehene mehr berichten, ohne es ständig durch den Erfahrungsschatz zu kommentieren.«

Erfahrungen sind immer auch menschlich gefärbt. Unser Temperament und unsere Persönlichkeit spiegeln sich in den Erfahrungen. Solche Einsichten können wir nicht unter den Teppich kehren. Aber ohne intensive Erfahrungen mit Jesus bleibt unser Glaube blutleer. Welche Erfahrungen haben Sie mit Jesus gemacht?

20. FEBRUAR

Du selbst bist die Quelle, die uns Leben schenkt.

PSALM 36, 10

Eine Quelle ist lebensnotwendig. Wenn die Quelle versiegt, fließt kein Wasser mehr. Das hat zur Folge, dass auch das Leben stirbt.

Pfarrer Konrad Eißler erzählt von einer Freizeit, die er mit 50 Jungen veranstaltete. Gemeinsam radelten sie erst um den Bodensee, dann ging es hinauf zu einer Almhütte. Schlafen in Viehboxen, Essen im Heuschober und Trinken aus dem Brunnen vor dem Tor waren angesagt. Und dann passierte es: Aus dem Brunnenrohr kam kein Wasser mehr! Der alte Senn wurde alarmiert. Der kletterte den Berg hinauf und untersuchte den Brunnen. Schließlich zog er eine tote, bereits aufgedunsene Kröte aus der Leitung. Deshalb hatte das Wasser auch einen solch dumpfen Beigeschmack gehabt! Aber von da an sprudelte das Wasser wieder quellfrisch. Pfarrer Eisler wörtlich: »Nun gibt es nicht nur Quell-, sondern auch Lebenswasser. Bei manchen läuft es spärlicher. Das arme Rinnsal wird zum dünnen Faden und hört schließlich ganz auf. Eine Katastrophe für die durstige Seele. Es gibt ja nicht nur verendete Kröten, die das Rohr verstopfen, sondern auch gestorbene Hoffnungen, gestorbene Planungen, gestorbener Glaube. Einen menschlichen Rohrputzer, einen ›Mister Rohrfrei‹ gibt es nicht. Aber wir wissen um einen anderen. Der Heilige Geist ist der richtige Rohrputzer. Er kann verstopfte Leitungen frei blasen.«

Jesus ist die Quelle und das Wasser des Lebens zugleich. Leben wir aus ihm oder aus Wasserlöchern, die Leben versprechen, aber einen unstillbaren Durst hinterlassen? Menschen hungern nach einem erfüllten Leben. Er ist der Sinn und der Kern wahren Lebens. Der Psalmist hat es erfahren: »Du bist die Quelle, die uns Leben schenkt.«