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6. JANUAR

Ich vergesse, was dahinten ist, ich strecke mich aus nach dem,

was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel,

dem Siegespreis der himmlischen Berufung in Christus.

PHILIPPER 3, 13 – 14

Haben Sie ein Ziel vor Augen?

Viele Menschen leben plan- und ziellos vor sich hin. Andere jagen auch, wie der Apostel Paulus. Aber sie haben dabei ihre Karriere, Geld oder Häuser im Auge.

Ein bekannter amerikanischer Prediger erzählte einmal Folgendes: »Einer der besten Golfprofis sagte einmal zu mir: ›Eins der Geheimnisse eines guten Schlages besteht darin, zu sehen, wie der Ball dorthin geht, wo man ihn haben will – und zwar noch bevor man den Schlag ausführt. Was auch immer Ihr Ziel sein mag – um es zu erreichen, verankern Sie in Ihrem Geist ein deutliches, erfolgreiches Ergebnis. Halten Sie das Bild fest, und machen Sie sich dann an die Arbeit.‹«

Das Golfspiel war dem Paulus sicher unbekannt. Aber er handelte wie ein kluger Golfprofi, denn er behielt immer das vorgesteckte Ziel im Auge.

Die Vergangenheit ist passé.

Die schönen Dinge rechts und links am Wegrand sind reizvoll, aber nicht zielentscheidend.

Tausende von Angeboten übersteigen die Nachfrage.

Wer alles mitmachen will, wer nichts »anbrennen« lassen darf, verliert sich und das Ziel aus dem Auge. Paulus lehnt faule Kompromisse ab. Mit der »Guten Nachricht« formuliert er: „Ich halte geradewegs auf das Ziel zu, um den Siegespreis zu gewinnen. Dieser Preis ist das neue Leben, zu dem Gott mich durch Jesus Christus berufen hat.«

7. JANUAR

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen,

und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.

JESAJA 42, 3

Viele Menschen sind ausgesprochene Befürchtertypen.

Helmut Zöpfl bringt ein kleines Gedicht: »Wenn manche nur von Finsternissen und Dunklem zu berichten wissen, den Schatten stets der Sonn’ vorziehen und vor dem hellen Wege fliehen, dann tun sie das wohl aus dem Grunde, weil sie erkannt in lichter Stunde, dass nur im Dunklen dann und wann ihr kleines Licht kurz leuchten kann.«

In der Tat, Pessimisten sind Menschen, die in der Dunkelkammer sitzen und nur Negative produzieren. Wer am Anfang des Jahres schwarz in die Zukunft schaut, sollte sich dieses Wort auf den Schreibtisch stellen oder in die Küche hängen. Es ist ein Wort für alle Pessimisten. Wie viel Geknickte gibt es unter uns? Wie viel Menschen, die seelisch auf dem Zahnfleisch kriechen? Wie vielen ist der Lebensmut bis auf den »glimmenden Docht« heruntergebrannt?

In der Zeitschrift »Ethos« fand ich einige gute Sätze: »Ich bat Gott um Stärke – er aber machte mich schwach, damit ich Bescheidenheit und Demut lernte. Ich erbat seine Hilfe, um große Taten zu vollbringen – er machte mich schwach, damit ich gute Taten vollbrachte. Ich bat um Reichtum, um glücklicher zu werden – er machte mich arm, damit ich weise würde. Ich bat um viele Dinge, damit ich das Leben genießen könnte – er gab mir das Leben, damit ich alle Dinge genießen könnte. Ich erhielt nichts von dem, was ich erbeten, aber alles, was ich erhofft hatte. Gegen mich selbst wurden meine Gebete erhört. Ich bin unter allen Menschen ein gesegneter Mann.«

Wer sich das verheißungsvolle Wort aus dem Propheten Jesaja zu Herzen nimmt, der kann ermutigt und getröstet in die Zukunft schauen. Der kann hoffentlich sagen: »Ich bin unter allen Menschen ein gesegneter Mann, eine gesegnete Frau.«

8. JANUAR

Und lasst uns aufeinander achthaben und uns anreizen

zur Liebe und zu guten Werken, und nicht verlassen unsere

Versammlungen, wie einige zu tun pflegen.

HEBRÄER 10, 24 – 25

Wenn der Gottesdienst nicht mehr besucht wird, stirbt die Gemeinde. Pfarrerin Monika Deitenbeck-Goseberg erzählt die Mut machende Geschichte eines Pfarrers, der auf die geniale Idee kam, seine tote Gemeinde neu zu beleben. Er hatte gerade erst angefangen und musste bald feststellen, dass kaum jemand zum Gottesdienst kam. Bei seinen Besuchen in der Gemeinde bekam er überall zu hören: »Die Kirche ist tot.« Daraufhin setzte er eine Todesanzeige in die Zeitung und lud seine Gemeinde zur Beerdigung der Kirche ein.

An besagtem Tag war die Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt. Vorn stand ein geöffneter Sarg. Der Pfarrer bat, dass jeder nun noch einmal vor dem offenen Sarg Abschied nehmen und dann das Gebäude durch das Seitenportal verlassen sollte. Er selbst werde dann als Letzter in aller Stille die Beerdigung abschließen. Allerdings, sollten einige der Meinung sein, eine Wiederbelebung der Kirche sei möglich, dann bitte er diese, durch das Hauptportal wieder hereinzukommen. Mit ihnen würde er dann eine Lob- und Dankfeier abhalten.

Die Besucher des Beerdigungsgottesdienstes gingen nach vorne zum Sarg, denn sie waren auch neugierig, was wohl darin liegen würde. Wie erstaunt waren sie, als sie sahen, dass in dem Sarg nicht die kalte, tote Kirche lag, sondern sie sich selbst ins Gesicht blickten. Der Pfarrer hatte nämlich einen Spiegel in den Sarg gelegt! Sie waren die Glieder dieser toten Gemeinde! Die meisten kamen durch das Hauptportal wieder in das Gotteshaus zurück.

So ist es: Wenn die Kirche im Sarg liegt, sind in Wahrheit wir es, die drinliegen. Wenn die Kirche tot ist, sind wir es, die sie haben sterben lassen. Wenn wir die Kirche verlassen, stirbt die Gemeinde.

9. JANUAR

So gibt es nun keine Verurteilung mehr für die,

welche in Christus Jesus sind.

RÖMER 8, 1

Viele Christen leiden an sich selbst. Ihre Selbstannahme ist durchlöchert. Sie verurteilen sich gnadenlos.

Der Begründer der Gestalttherapie, Frederick Pearls, hat mit knappen Sätzen formuliert, was die kranke Persönlichkeit von der gesunden unterscheidet: »Der Verrückte (der Geisteskranke) sagt: ›Ich bin Abraham Lincoln‹, der Neurotiker (der seelisch Gestörte) sagt: ›Ich wollte, ich wäre Abraham Lincoln‹, der Gesunde sagt: ›Ich bin ich, und du bist du.‹«

Viele Christen glauben nicht, dass Gott sie wirklich liebt. Je größer ihre Minderwertigkeitsgefühle, desto mehr versuchen sie, sich zu profilieren. Sie vergleichen sich mit anderen, die größer, schneller, gescheiter und schöner sind. Der Geisteskranke behauptet, um etwas aus sich zu machen, er sei Abraham Lincoln. Der Neurotiker wäre es gern. Der Gesunde hat Selbstvertrauen. Er ist, wie er ist.

Christen, die sich von Christus geliebt wissen, müssen sich nicht mehr verurteilen, klein machen und selbst diskriminieren. Sie sind wertvoll, weil Christus sie wertachtet. Sie sind liebenswert, weil Christus sie liebt. Das hat nichts mit Selbstruhm und Eitelkeit zu tun. Der Glaube an Christus und die Selbstannahme sind aufeinander bezogen. Glaubensschwierigkeiten und Selbstwertschwierigkeiten stehen in einem Zusammenhang.

Sie müssen nicht in Sack und Asche herumlaufen. Menschen, junge und alte, die glauben, gehören zur Gottesfamilie. Gott hat sie in Christus adoptiert. Das gibt Selbstwert und Selbstvertrauen.

10. JANUAR

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

3. MOSE 19, 18

Viele Christen haben Schwierigkeiten mit dem Begriff des Angenommenseins und der Selbstliebe. Wer sich selbst liebt und bejaht, hat Selbstwertgefühl.

Selbstliebe ist ein wesentliches Mittel, um Gott näherzukommen. Ohne ein gesundes Selbstwertgefühl sind wir ausschließlich mit uns selbst beschäftigt. Die Fähigkeit zu dienen setzt ein gesundes Selbstbild voraus.

Ein gläubiger Psychologe schreibt über die Selbstliebe: »Ist unsere moderne Beschäftigung mit dem Selbstbild in Wirklichkeit ein trojanisches Pferd, das weltliche Vorstellungen in die christliche Kirche hineinschmuggelt? Oder ist ein gesundes Selbstbild ein Segen, der denen geschenkt wird, die Gott kennen? … Eine Prämisse, die sowohl aus biblischer als auch aus psychologischer Sicht Gültigkeit besitzt, ist die, dass wir andere nur lieben können, wenn wir uns selbst angenommen haben. Fünfmal kommt der Satz ›Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‹ in der Bibel vor. Jesus bezeichnet ihn als das zweithöchste Gebot. Zunächst müssen wir allerdings einmal zur Kenntnis nehmen, dass dieses Gebot uns nicht in erster Linie auffordern will, uns selbst zu lieben. Die Selbstliebe wird einfach vorausgesetzt.«

Das ist der springende Punkt: ohne Selbstliebe keine Nächstenliebe, ohne Selbstbejahung keine Bejahung der anderen. Bei Menschen mit schwach entwickeltem Selbstbild beobachten wir Folgendes: Sie leiden unter einer »doppelten Erniedrigung«. Entweder erniedrigen sie sich selbst, in der Hoffnung, andere widersprechen ihnen und bauen sie auf. Oder sie erniedrigen andere Personen, damit sie größer als diese erscheinen. Das oberste Ziel ist aber nicht die Erlangung eines gesunden Selbstbewusstseins, sondern Christus in seiner ganzen Fülle kennenzulernen. Selbstwertgefühl ist das Bewusstsein, dass der Mensch fundamentalen Wert besitzt, weil er von Gott nach seinem Bilde geschaffen wurde.

11. JANUAR

Aber Gott rief den Menschen: »Wo bist du?«…

Der Mann erwiderte: »Die Frau, die du mir gegeben hast,

 

reichte mir die Frucht, da habe ich gegessen.«

1. MOSE 3, 9 – 12

Wir erleben es täglich selbst, es gibt Lügen und Überzeugungen, die wir glauben.

Dieser Lügen-Marathon begann im Paradies. Nach dem Sündenfall halten Adam und Eva nicht mehr ihre Köpfe hin. Sie drücken sich, sie reden sich heraus. Beide schieben die Schuld auf den anderen. Adam beginnt mit dem verlogenen Spiel. »Die Frau, die du mir gegeben hast.« Zwei Frechheiten in einem Satz. Und das Ungeheuerliche: Adam glaubt, was er sagt. Er ist ehrlich von dieser »subjektiven Wahrheit« überzeugt. Eva macht es ihm nach. Sie antwortete: »Die Schlange ist schuld, die hat mich dazu verführt.«

Wir sprechen von Rationalisierungen, von Selbstrechtfertigungen, von Selbsttäuschungen und Lügen, die wir glauben.

Der amerikanische Psychiater Chris Thurman beschreibt diesen Vorgang so: »Jemand anders ist schuld. Unsere Emotionen stehen und fallen damit, wie wir über die Ereignisse unseres Lebens denken. Die nächste Lüge … erlaubt mir, die Schuld an all meinen emotionalen Ärgernissen, was gerade greifbar ist, anderen in die Schuhe zu schieben. Sie zeigt mit dem Finger auf andere. Jede eigene Verantwortung wird abgewiesen. Wie wir reagieren, ist letzten Endes allein unsere Entscheidung.«

Die Psychologen sprechen von einem Abwehrmechanismus, den Adam und Eva praktizieren. Sie wehren Schuld und Beschämung ab. Sie laufen vor der Verantwortung davon. Wir haben es teuflisch gut gelernt, die Schuld auf die anderen, auf die Umstände, auf die Politiker, auf den Staat, auf die Kirche, auf die Eltern und Kinder zu schieben. Es sind raffinierte Lügen, die wir glauben.

Gott schenke uns die Kraft, jede Schuldverschiebung auf andere ehrlich und gründlich zu überprüfen.

12. JANUAR

Da fragte der Herr ihn: »Wo ist dein Bruder Abel?«–»Was weiß ich?«,

antwortete Kain. »Soll ich ständig auf meinen Bruder aufpassen?«

1. MOSE 4, 10

Bin ich das Kindermädchen für meine Mitmenschen? Oder haben wir uns vielleicht zu heillosen Egoisten entwickelt?

Wie oft bin ich stumm gewesen, wo ich eigentlich hätte reden müssen?

Wie oft habe ich geschwiegen, wo ich eigentlich hätte schreien müssen?

In seinem Buch »Wer gesehen hat, muss schreien« erzählt Lindolf Weingärtner von einer alten Brücke, die eines Tages einstürzte und viele Menschen mit sich in die Tiefe riss. Nach dem Unglück geschah Folgendes: Menschen sammelten sich an beiden Ufern des Flusses. Und dann erzählte plötzlich einer mit wichtiger Miene, dass er gewusst habe, was passieren würde. Vor drei Wochen war er nämlich am Mittelpfeiler getaucht, weil sich ein Außenbordmotor seines Bootes gelöst hatte und bei der Brücke im Fluss versunken war. Dabei hatte er festgestellt, dass der Pfeiler völlig unterspült war und nicht mehr lange tragen würde.

»Und du hast nicht geschrien, Mann?«, fragte ihn ein anderer. »Hättest du nicht schreien müssen – auf der Straße? Bei der Behörde? Auf dem Bauamt?«

»Ich bin doch kein Fachmann!«, antwortete der Mann. »Mir hätte doch niemand geglaubt. Außerdem war es doch nicht meine Aufgabe, ich bin doch nur ein einfacher Bürger.«

Durch sein Schweigen waren viele Menschen zu Tode gekommen.

Auch ich habe manches Mal geschwiegen, weil ich dachte: »Misch dich nicht ein, wenn du nicht gefragt bist!«

Auch ich habe meine Vernunft sprechen lassen: »Der Mensch ist alt genug. Er muss wissen, was er tut!«

Auch ich habe mich entschuldigt: »Wenn du deine Hilfe aufdrängst, wirst du als Helfertyp abqualifiziert.«

Kennen Sie das auch? Kennen Sie auch diese Ausflüchte und Entschuldigungen? Dann machen Sie sich klar: Der Mitmensch ist mein Bruder, und Gott erwartet, dass ich mich um ihn kümmere.

13. JANUAR

Quält euch nicht mit Gedanken an morgen.

Der morgige Tag wird für sich selber sorgen.

Ihr habt genug zu tragen an der Last von heute.

MATTHÄUS 6, 34

Viele Ängste bestehen aus unsinnigen Befürchtungen. Wir denken drei Meilen im Voraus. Hinter jedem Busch sehen wir einen Räuber. Aus Mücken machen wir Elefanten. Viele Menschen sind ausgesprochene Befürchtertypen. Überall lauern für sie Gefahren, überall gibt es Sackgassen, überall geht für sie etwas schief, überall wittern sie Unfälle. Wie wahr ist das: »Ein Pessimist ist ein Mensch, dem nicht wohl ist, wenn es ihm gut geht, weil er Angst davor hat, es könnte ihm schlechter gehen, wenn es ihm besser ginge.«

Werden Pessimisten so geboren? Nein. Kommen Menschen schon mit Befürchtungen zur Welt? Nein. Pastor Wolfram Kopfermann hat recht, wenn er im Vorwort eines Buches schreibt: »Wir sind nicht hilflose Opfer unserer Vergangenheit, vielmehr stabilisieren wir unser seelisches Leiden durch die unwahren Dinge, die wir uns heute sagen … Der Wandlungsprozess, den Menschen mit psychischen Problemen benötigen, rechnet mit der erneuernden Macht des Heiligen Geistes und ist daher ohne Gebet undenkbar.«

Viele Christen sind Meister darin, das Unglück an die Wand zu malen. Sie schauen auf den dunklen Horizont statt auf die Macht Gottes.

Wir quälen uns mit Gedanken an morgen, wir machen uns verrückt, wir produzieren Befürchtungen, und wir zermartern unser Hirn mit unberechenbaren Selbsteinreden. Gottes Heiliger Geist krempelt unser Gehirn um, er erneuert unser Denken und verscheucht unsere zerstörerischen Befürchtungen.

14. JANUAR

Auch dich lockt er aus dem Rachen der Angst

in weiten Raum, da keine Bedrängnis mehr ist.

HIOB 36, 16

Wie Angst emotional erlebt wird, deutet bereits die Wortbedeutung Angst an. Angst kommt von dem lateinischen Wort »angustiae«, was Einengung bedeutet. Darüber hinaus enthält Angst aber auch das Gefühl, in die Enge getrieben zu werden, das Gefühl der Unsicherheit, der Beunruhigung, des Verlassen- und Ausgeliefertseins verbunden mit Sorgen und Gewissensqualen. Der Mensch ist gespannt und unruhig, erregt bis zur Flucht, sogar bis zur wilden sinnlosen Panik.

Einer der Freunde Hiobs, Elihu, sagt das oben genannte Wort. Das Bild ist treffend. Im Rachen, in der Enge, im Eingeschnürtsein wird die Angst zur grenzenlosen Bedrohung. Es sieht so aus, als gäbe es nur den Rachen eines Raubtieres und kein Entrinnen. Das Raubtier Angst ist existenzbedrohend. Wer im Rachen steckt, scheint rettungslos verloren. Gegen die fressende und vernichtende Angst steht Gottes Aber. Einen Vers vorher heißt es bei Hiob: »Aber den Elenden wird er erretten … « Aus der Enge in die Weite, aus dem Gefängnis in die Befreiung. Er lenkt uns und reißt uns aus dem Rachen der Angst und schenkt uns befreiende Weite.

Wie schrieb der Philosoph Nietzsche: »Liebe richtet den Blick nach vorne, Hass blickt zurück, Angst hat den ganzen Kopf voller Augen.« Nietzsche hat recht: Der überängstliche Mensch besteht nur aus Augen der Angst.

Übergroße Angst kann verrückt machen. Sie hat vorn und hinten Augen und fühlt sich rettungslos im Rachen eines Raubtieres. Sehen wir auf Jesus, dann hat die Angst ihren Schrecken verloren.

15. JANUAR

Ich bin gewiss, dass uns nichts von dieser Liebe trennen kann:

weder Tod noch Leben, weder Engel noch andere Mächte,

w eder Gegenwärtiges noch Zukünftiges.

RÖMER 8, 38

Eine Form der Angst ist die Sterbeangst. Der Arzt und Psychotherapeut Professor Horst-Eberhard Richter schreibt: »Das allgemeine Angstthema, das wir in der Psychotherapie dominierend vorfinden, ist die Sterbeangst. Das ist nur zu verständlich in einer Gesellschaft, der Größe, Stärke, ewige Fitness und Jugendlichkeit alles bedeuten. Da ist der Tod das unerträgliche Verhängnis schlechthin. Nichts bestätigt die Richtigkeit der These vom unbewussten Unendlichkeitswahn beziehungsweise dem Gotteskomplex unserer Gesellschaft so überzeugend wie diese Beobachtung, dass kaum jemand mehr sterben oder anderen zu sterben wirklich helfen kann und dass auch die Medizin das Sterben nicht eigentlich zu akzeptieren vermag. Die latente Unmenschlichkeit unserer heutigen Medizin besteht darin, dass sie den Tod pausenlos als Feind diffamiert, in dessen Verhütung sie hauptsächlich ihren Sinn sieht. Im Vorfeld der Sterbeangst findet sich die Angst vor Schwäche, Kleinheit, Gebrechlichkeit. Nur wenn der Mann groß ist, wenn er aufsteigt, wenn er andere unter sich hat, kann er anscheinend mit sich zufrieden sein. Jede Blöße, jede Schwachstelle bedeutet ein bedrohliches Ausgeliefertsein.«

Er hat recht: Der Mensch unserer Tage erlebt ein bedrohliches Ausgeliefertsein. Ohne Gott erliegt der Mensch einem »Unendlichkeitswahn«, endlos leben zu wollen, ohne Altern, ohne Gebrechlichkeit, ohne Schwäche. Das sind kindliche Illusionen. Die Gewissheit des Paulus besteht nicht darin, vor allem Schweren bewahrt zu bleiben, die Gewissheit besteht darin, dass uns nichts von Ihm trennen kann.

16. JANUAR

Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an,

so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt;

und wer da sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird aufgetan.

MATTHÄUS 7, 7 – 8

Kennen Sie die Geschichte von der rostigen Spitzhacke?

Irgendwo im Goldgebiet von Colorado fand man eines Tages eine alte, verrostete Spitzhacke. Der hölzerne Stiel war fast gänzlich verrottet, aber die Spitze der Hacke steckte auch nach hundert Jahren noch fest im Boden. Wahrscheinlich war der Goldschürfer eines Tages entmutigt davongelaufen. Seine Enttäuschung hatte ihn übermannt, und resigniert hatte er aufgegeben. Einige Jahre später hatten andere Schürfer, nur wenige Meter vom Fundort der Spitzhacke entfernt, eine ergiebige Goldader entdeckt. Sie hatte ihnen ein Vermögen eingebracht. Aber der Mann mit der Spitzhacke hatte resigniert aufgegeben.

Vielen Christen ist es ähnlich ergangen. Sie haben gebetet und nach kurzer Zeit aufgegeben. Sie haben bei Gott um Hilfe nachgesucht, und als nicht umgehend eine positive Antwort kam, haben sie die Hilfesuche eingestellt. In der Not haben sie bei Gott angeklopft, haben aber der Tür den Rücken gekehrt, als sich dort nichts bewegte.

Jesus macht uns Mut, nicht lockerzulassen. Er macht uns Mut, nicht zu resignieren.

Wissen Sie, was das Wort »Resignation« eigentlich bedeutet? Die ursprüngliche Bedeutung ist: Eine Unterschrift, die ich gegeben habe, wieder rückgängig machen. Einen Vertrag, den ich abgeschlossen habe, aufzulösen.

Wer als Christ resigniert, macht den Vertrag, den er mit Jesus geschlossen hat, rückgängig. Doch Jesus ermutigt uns, die Hoffnung nicht aufzugeben. Unser himmlischer Vater wird keinen Bittenden mit einer giftigen Schlange abspeisen, wird niemandem Steine zum Essen anbieten.

Wir können uns auf Jesus verlassen. Denken Sie an die rostige Spitzhacke. Wer aufgibt, der kann keinen Segen empfangen.