Substantieller Rechtsschutz im Mitarbeitervertretungsrecht der Evangelischen Kirche in Deutschland

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b) Vollstreckung gegen den Betriebsrat

Eine Vollstreckung gegen den Betriebsrat ist nur teilweise möglich; denn aufgrund seiner Vermögenslosigkeit scheiden alle gegen ihn gerichteten Zwangsmaßnahmen aus, die ein Vermögen des Schuldners voraussetzen147.

Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sollte der Arbeitgeber gegen den Betriebsrat einen Anspruch auf Unterlassung von Verstößen gegen die ihm gem. § 74 II 2 BetrVG obliegende Friedenspflicht besitzen. Der Arbeitgeber sei nicht allein auf die Möglichkeiten nach § 23 I 1 BetrVG verwiesen; vielmehr enthalte § 74 II 2 BetrVG einen eigenständigen Unterlassungsanspruch, der unabhängig neben § 23 I BetrVG bestehe148.

Diese Rechtsprechung wurde vom Bundesarbeitsgericht ausdrücklich aufgegeben. Im Zusammenhang mit der Frage, ob dem Arbeitgeber bei Verstößen des Betriebsrats gegen eine parteipolitische Neutralitätspflicht ein Unterlassungsanspruch zusteht, vertritt das Gericht nunmehr die Auffassung, dass eine Androhung, Festsetzung oder Vollstreckung von Ordnungsgeld gegen den Betriebsrat nicht in Betracht komme. Das Gesetzeskonzept des § 23 BetrVG sehe deshalb einen Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers gegen den Betriebsrat nicht vor. Der vom Bundesarbeitsgericht außerhalb des § 23 III BetrVG zur Sicherung bestimmter Mitbestimmungsrechte anerkannte allgemeine Unterlassungsanspruch des Betriebsrats gebiete es nicht, auch dem Arbeitgeber einen Unterlassungsanspruch gegen den Betriebsrat zuzubilligen. Anders als ein Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers entspreche der – weitere – Unterlassungsanspruch des Betriebsrats dem strukturellen Konzept des § 23 BetrVG149.

Diese Auffassung hat das Bundesarbeitsgericht in weiteren Entscheidungen bestätigt150. In Weiterentwicklung seiner Rechtsprechung151 führt es aus, dass diese Konzeption auch für andere in Betracht kommende betriebsverfassungsrechtliche Vorschriften gelte; sie greife auch ein, wenn sich die Verpflichtungen des Betriebsrats aus Abreden zwischen ihm und dem Arbeitgeber ergäben.

Der Auffassung ist die Literatur überwiegend mit der Begründung, eine Zwangsvollstreckung komme wegen der Vermögenslosigkeit des Betriebsrats nicht in Betracht, gefolgt152.

Hinsichtlich einer Vollstreckung gegen den Betriebsrat wegen Nichterfüllung einer vertretbaren Handlung (§ 887 ZPO) wird einerseits vertreten, dass wegen dessen Vermögenslosigkeit eine Vollstreckung nicht möglich sei153; nach anderer Auffassung ist eine Vollstreckung nur modifiziert möglich: im Hinblick darauf, dass die an sich in dieser Vorschrift vorgesehene Ersatzvornahme auf Kosten des Betriebsrats wegen dessen Vermögenslosigkeit zwar ausscheidet, kann die geschuldete Verpflichtung nur dadurch vollstreckt werden, dass der Gläubiger ermächtigt wird, die vertretbare Handlung auf eigene Kosten durchzuführen154.

In seiner oben genannten Entscheidung hebt das Bundesarbeitsgericht ferner hervor, dass ein gegen den Betriebsrat gerichteter Unterlassungstitel auch nicht im Wege der Zwangsvollstreckung gegen seine Mitglieder durchgesetzt werden könne. Der Betriebsrat sei als Organ der Betriebsverfassung im Rahmen seines betriebsverfassungsrechtlichen Wirkungskreises rechtsfähig und damit rechtlich von seinen Einzelmitgliedern zu unterscheiden. Die gegen ihn ergehenden Entscheidungen richteten sich nicht gegen seine Mitglieder. Diese seien anders als etwa Organmitglieder juristischer Personen auch nicht in der Lage, die Handlungen des Betriebsrats so zu steuern, dass sie zwangsvollstreckungsrechtlich für die Erfüllung von titulierten Verpflichtungen gegen den Betriebsrat in Anspruch genommen werden könnten155.

Demgegenüber wird allerdings die Auffassung vertreten, dass ein gegen den Betriebsrat gerichteter Unterlassungstitel unmittelbar alle Mitglieder zur Unterlassung verpflichte. § 85 II ArbGG sehe die Vollstreckung von Beschlüssen in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsrechts einschränkungslos vor. Dasjenige Mitglied, das der sich aus diesem Titel ergebenden Verpflichtung zuwiderhandle, verwirke selbst unmittelbar die Sanktionen in Form von Ordnungsgeld und Ordnungshaft156. Diese Auffassung setzt allerdings einen Titel begründenden Unterlassungsanspruch gegen den Betriebsrat voraus.

Gegen die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts spricht die von ihm selbst zur Begründung des allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs angeführte Argumentation. Wenn das durch die Bildung des Betriebsrats kraft Gesetzes zustande kommende Betriebsverhältnis einem Dauerschuldverhältnis ähnlich ist, das bestimmt wird durch Rechte und Pflichten, die in den einzelnen Mitwirkungstatbeständen normiert sind, sowie durch wechselseitige Rücksichtnahmepflichten, die sich aus § 2 BetrVG ergeben, insoweit also eine dem vertraglichen Schuldverhältnis vergleichbare Lage gegeben ist157, erscheint es wenig logisch, dass die aus diesem Schuldverhältnis resultierenden (Neben-) Pflichten nur den einen Vertragspartner, also den Arbeitgeber, treffen sollen. Demgegenüber kann nicht mit dem strukturellen Konzept des § 23 BetrVG argumentiert werden; dass darin ein Unterlassungsanspruch für den Arbeitgeber nicht vorgesehen ist, kann nämlich nicht dazu führen, ihm einen derartigen Anspruch zu verwehren. Das Bundesarbeitsgericht erkennt selbst einen Unterlassungsanspruch gegenüber einem Wahlvorstand an. Zwar fehle diesbezüglich eine Anspruchsgrundlage, doch ergebe der gesetzliche Gesamtzusammenhang, nämlich die Auswirkungen einer Betriebsratswahl auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (z. B. die Pflicht, die Wahlkosten zu tragen), dass der Arbeitgeber unterbinden könne, wenn in seinem Betrieb eine nichtige Betriebsratswahl durchgeführt werden solle158. Verletzt der Betriebsrat aber die sich nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts aus § 2 BetrVG ergebenden Rücksichtspflichten, so wirkt sich auch dies auf den Betriebsablauf aus, sodass der als Anspruchsgrundlage anerkannte gesetzliche Gesamtzusammenhang auch hier gegeben ist.

Soweit das Bundesarbeitsgericht seine Ablehnung eines Unterlassungsanspruchs des Arbeitgebers damit begründet, wegen der Vermögenslosigkeit des Betriebsrats sei eine Vollstreckung nicht möglich, ist dem entgegenzuhalten, dass es – wie gesehen – einen Unterlassungsanspruch gegenüber einem Wahlvorstand anerkennt, der ebenfalls vermögenslos ist159. Ferner wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die Frage der Möglichkeit einer Vollstreckung vom materiellen Recht zu trennen ist. Ein subjektives Recht könne nicht dadurch faktisch wertlos werden, dass seine Vollstreckung ausscheide. Der verurteilten Partei bzw. dem verpflichteten Beteiligten steht es frei, die gerichtliche Entscheidung auch ohne gesetzliche Zwangsmittel zu befolgen160.

Handelt es sich um einen Titel, der die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung vorsieht, wird auch von der in der Literatur vorherrschenden Auffassung eine Vollstreckung gegen den Betriebsrat wegen dessen Vermögenslosigkeit abgelehnt; eine Vollstreckung des Titels gegen den Vorsitzenden oder einzelne Mitglieder oder eine Umschreibung des Titels sei unzulässig, weil es für die Umschreibung des Titels keine Rechtsgrundlage gebe161. Allerdings komme entsprechend § 731 ZPO ein Beschlussverfahren mit dem Ziel der Erteilung einer Vollstreckungsklausel gegen die Person in Betracht, die nach materiellem Recht verpflichtet ist, die Handlung für die Stelle vorzunehmen162.

Das Bundesarbeitsgericht lehnt diese Auffassung allerdings ab163. Weder lägen die Voraussetzungen gem. §§ 726 ff.ZPO für die Einleitung eines Klauselverfahrens gemäß § 85 I 3 ArbGG i. V. m. § 731 ZPO vor (Rn. 17), noch komme eine analoge Anwendung in Betracht. Es fehle nämlich an einer planwidrigen Regelungslücke (Rn. 20). So sähe § 85 I ArbGG nicht vor, dass alle Titel, auch solche gegen den Betriebsrat, ausnahmslos vollstreckt werden müssten; das Regelungskonzept des § 23 BetrVG, das keinen gegen den Betriebsrat gerichteten Unterlassungsanspruch beinhalte, weil wegen dessen Vermögenslosigkeit eine Vollstreckung ohnehin sinnlos sei, spräche bereits dagegen (Rn. 22). Betriebsratsmitglieder seien zudem nicht Rechtsnachfolger des Betriebsrates. Die Rechtskraftwirkung eines Titels sei jedoch nur auf das Beteiligungsverhältnis beschränkt (Rn. 25). Schließlich sei eine analoge Anwendung des § 731 ZPO auch nicht mit dem Justizgewähranspruch zu begründen; denn einer Vollstreckung gegen Betriebsratsmitglieder sei ggf. deren Privatvermögen unterworfen, obwohl ihnen im Erkenntnisverfahren kein rechtliches Gehör gewährt worden sei. Dies könne im Klauselerteilungsverfahren nach § 731 ZPO auch nicht nachgeholt werden, weil dort die Frage, ob das Betriebsratsmitglied materiell-rechtlich zur Vornahme der Handlung für den Betriebsrat verpflichtet sei, nicht mehr geprüft würde (Rn. 27).

Mit diesem Beschluss bekräftigt das Bundesarbeitsgericht einerseits erneut seine Ablehnung eines gegen den Betriebsrat gerichteten Unterlassungsanspruchs. Andererseits vermag es die Bedenken, es bliebe dann dem Betriebsrat überlassen, ob er den durch Gericht auferlegten Handlungspflichten nachkomme164, nicht zu teilen. Es weist nämlich am Ende seiner Entscheidung darauf hin, dass bereits in einem Erkenntnisverfahren ein Titel gegen das Betriebsratsmitglied erstritten werden könne, das materiell-rechtlich verpflichtet sei, für den Betriebsrat zu handeln (Rn. 27). Wenn sich der Titel gegen den Vorsitzenden des Betriebsrats oder gegen ein für die Vornahme der Handlung zuständiges Mitglied richtet, kann er auch vollstreckt werden165.

 

Der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist zu folgen, soweit sie sich gegen die Durchführung eines Klauselerteilungsverfahrens wendet. Die Klauselklage gem. § 731 ZPO ist ein subsidiärer Rechtsbehelf für den Fall, dass der einfachere Weg (urkundlicher Nachweis in der erforderlichen Form für die Klauselerteilung durch den Rechtspfleger) keine Erfolgsaussicht bietet166. Ein derartiger Fall liegt nicht vor, wenn ein auf den Betriebsrat lautender Titel nunmehr im Wege eines Klauselerteilungsverfahrens gegen einzelne Betriebsratsmitglieder durchgesetzt werden soll. Ferner muss ein zur Handlung für den Betriebsrat materiell-rechtlich verpflichtetes Mitglied in einem Verfahren, dass ggf. sein Privatvermögen der Vollstreckung unterwirft, in der Lage sein, alle Einwendungen zu erheben, die es auch in einem Erkenntnisverfahren geltend machen könnte. Dies ist im Klauselerteilungsverfahren aber nicht möglich; denn Streitgegenstand ist die Erteilung der Klausel, nicht die nochmalige Verurteilung zur Leistung des materiellen Anspruchs. Der Justizgewähranspruch ist nicht eingeschränkt, denn der Arbeitgeber kann ein Beschlussverfahren unmittelbar gegen das Betriebsratsmitglied einleiten, das nach seiner Auffassung materiell-rechtlich zur Handlung für den Betriebsrat verpflichtet ist.

Zusammenfassend lässt sich somit feststellen:

Folgt man der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, kann der Arbeitgeber gegen den Betriebsrat nach Maßgabe des § 883 ZPO nur aus Beschlüssen vollstrecken, die die Verpflichtung zur Herausgabe von im Besitz des Betriebsrats befindlichen Sachen oder zur Rückzahlung geleisteter Vorschüsse beinhalten. Der Gerichtsvollzieher darf aufgrund des gegen das Gremium Betriebsrat ergangenen Titels gegen dessen Mitglieder Gewalt üben wie gegen Organpersonen, weil diese die dem Betriebsrat zuzurechnende Sachherrschaft innehaben; eines Titels gegen die Mitglieder bedarf es nicht167.

Demgegenüber ist nach hier vertretener Auffassung mit einem Teil der Literatur davon auszugehen, dass ein Unterlassungsanspruch gegen den Betriebsrat besteht, und ein hierauf beruhender Unterlassungstitel unmittelbar gegen das Betriebsratsmitglied vollstreckt werden kann, das gegen die Verpflichtung verstößt. Die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts, die Mitglieder des Betriebsrates seien nicht in der Lage, die Handlungen des Betriebsrates so zu steuern, dass sie zwangsvollstreckungsrechtlich für die Erfüllung von titulierten Verpflichtungen gegen den Betriebsrat nicht in Anspruch genommen werden könnten, trifft jedenfalls auf die Vollstreckung von gegen den Betriebsrat gerichteten Unterlassungsansprüchen nicht zu.

Will der Arbeitgeber den Betriebsrat allerdings zur Vornahme einer Handlung verpflichten, muss er, um notfalls vollstrecken zu können, in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren einen Leistungstitel gegen das Betriebsratsmitglied erstreiten, das materiell-rechtlich verpflichtet ist, die Handlung für den Betriebsrat vorzunehmen.

c) Die vorläufige Vollstreckbarkeit (§ 85 I 2 ArbGG)

Gem. § 85 I 2 1.HS ArbGG sind nur Beschlüsse in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vorläufig vollstreckbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegen vermögensrechtliche Streitigkeiten vor, wenn in erheblichem Maße wirtschaftliche Zwecke verfolgt werden oder wenn es um Ansprüche geht, die auf Geld oder geldwerte Leistungen gerichtet sind bzw. auf vermögensrechtlichen Beziehungen beruhen168. Dies sind im Beschlussverfahren im Wesentlichen Streitigkeiten über Kosten der Betriebsratstätigkeit, Sachmittel und Wahlkosten169. Dagegen handelt es sich bei einem Streit über Beteiligungsrechte auch dann nicht um einen „vermögenswerten“ Streit, wenn dabei vermögenswerte Interessen der Betriebsparteien berührt werden, weil es bei den Beteiligungsrechten nicht in erster Linie um die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen geht, sondern um die Teilhabe an der Gestaltung des Geschehens im Betrieb170.

Dies bedeutet, dass z. B. Beschlüsse, die den Arbeitgeber zur Unterlassung mitbestimmungswidriger Maßnahmen verpflichten, erst nach ihrer Rechtskraft vollstreckt werden können. Aus diesem Grunde kommt dem einstweiligen Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht erhebliche Bedeutung zu.

2. Die Vollziehung einstweiliger Verfügungen im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren

Der Erlass einer einstweiligen Verfügung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren richtet sich gem. § 85 II 2 ArbGG nach den Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung. Einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kann nur dann entsprochen werden, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts eines Beteiligten vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO) oder wenn die Regelung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 940 ZPO). Wegen der von § 945 ZPO abweichenden Vorschrift des § 85 II 2 ArbGG (kein Anspruch auf Schadensersatz) sind an den Erlass einer einstweiligen Verfügung erhebliche Anforderungen zu stellen (umfassende Interessenabwägung unter Einschluss der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache). Auf die Vollziehung der einstweiligen Verfügung sind gem. § 936 ZPO die Vorschriften über die Vollziehung des Arrests und damit grundsätzlich die Vorschriften der Zwangsvollstreckung anzuwenden.

a) Zum Begriff „Vollziehung“

Der einstweilige Rechtsschutz bezweckt den Schutz des Antragstellers vor Gefahren, die der Verwirklichung des materiellen Rechts des Antragstellers im Hauptsacheverfahren, mithin mittelbar der Vollstreckung von Hauptsachetiteln drohen171. Ob zwischen „Vollziehung“ und „Zwangsvollstreckung“ im eigentlichen Sinne zu differenzieren ist, wird unterschiedlich beurteilt172. Im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes ist im Hinblick auf §§ 936, 929 II ZPO unter Vollziehung die Einleitung der Zwangsvollstreckung zu verstehen173. Die abweichende Terminologie ist allein darauf zurückzuführen, dass der Zweck der Zwangsvollstreckung im einstweiligen Rechtsschutz regelmäßig nur in einer Sicherung des Gläubigeranspruchs besteht174. Der entscheidende Sinn der einstweiligen Verfügung liegt jedenfalls in ihrer zwangsweisen Durchsetzung, wenn der Antragsgegner ihr nicht Folge leistet. Andernfalls liefe der Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes ins Leere175.

b) Die Vollziehung von gegen den Arbeitgeber gerichteten einstweiligen Verfügungen des Betriebsrats

Ob der Betriebsrat bei Verstößen des Arbeitgebers gegen seine sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz ergebenden Verpflichtungen gem. § 23 III BetrVG vorläufigen Rechtsschutz beanspruchen kann, ist umstritten176. Gegen die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung wird vor allem vorgebracht, die Verurteilung zu einem Ordnungs- und Zwangsgeld setze im Hinblick auf § 85 I 3 ArbGG die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung voraus. Dies sei mit der notwendigen Eilbedürftigkeit eines auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Verfahrens nicht vereinbar. Es bleibe jedoch die einstweilige Verfügung zur Sicherung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats177. Dieser Auffassung ist allerdings schon deshalb nicht zu folgen, weil für den Erlass einstweiliger Verfügungen gem. § 85 II ArbGG die Beschränkung des § 85 I 3 ArbGG nicht gilt178.

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber Unterlassung mitbestimmungswidriger Maßnahmen im Bereich sozialer Angelegenheiten (§ 87 BetrVG) im Wege der einstweiligen Verfügung verlangen, wenn ein Verstoß droht und die Bedeutung der Maßnahme für den Arbeitgeber einerseits und die Belegschaft andrerseits angemessen berücksichtigt worden ist179. Wurde eine einstweilige Unterlassungsverfügung vom Betriebsrat erwirkt, so ist auch für sie eine Vollziehung gem. §§ 936, 929 II ZPO erforderlich. „Vollziehen“ bedeutet, dass der Betriebsrat seinen Willen kundgibt, von dem Titel zwangsweise Gebrauch zu machen. Eine vom Gericht veranlasste Zustellung, also eine Zustellung von Amts wegen, reicht nicht aus. „Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil gemäß § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG die erforderlichen Zustellungen von Amts wegen erfolgen.

Damit wird nur die Parallele zum Urteilsverfahren hergestellt, also die Zustellung der Entscheidung für deren Wirksamkeit. Vollstreckungsmaßnahmen werden damit nicht ersetzt. Wäre die Amtszustellung hier ausreichend, wäre zum einen die Vorschrift des § 929 Abs. 2 ZPO überflüssig, da es insoweit keiner weiteren Initiative des Gläubigers bedürfte, zum anderen wäre dem Gläubiger aber auch die Möglichkeit genommen, vor der Amtszustellung mit der Zustellung einer entsprechend abgekürzten vollstreckbaren Ausfertigung die Zwangsvollstreckung einzuleiten. Er wäre darauf angewiesen, dass die Amtszustellung innerhalb der Vollstreckungsfrist erfolgen würde, ohne dass entsprechende Zustellungsfristen für das Gericht vorgesehen wären […] Denn würde man § 85 Abs. 2 ArbGG dahingehend auslegen, dass auch im Rahmen der Vollziehung die Amtszustellung an die Stelle der Parteizustellung tritt, könnte der Gläubiger nicht mit einer früheren Parteizustellung die Zwangsvollstreckung einleiten. Dies ist angesichts der tatsächlichen Eilbedürftigkeit vieler einstweiliger Verfügungsverfahren im Beschlussverfahren nicht sachgerecht“180.

Die Parteizustellung erfolgt gem. §§ 192 ff. ZPO, also durch Beauftragung eines Gerichtsvollziehers.

Der Betriebsrat kann im Eilverfahren auch vom Arbeitgeber die Vornahme einer Handlung verlangen, etwa die Erteilung einer Auskunft181. Die Vollziehung erfolgt auch in diesem Fall zumindest durch Parteizustellung. Ob zusätzlich noch innerhalb der Vollziehungsfrist des § 929 II ZPO ein Vollstreckungsantrag zu stellen ist, wird unterschiedlich beurteilt182.

Im Rahmen der personellen Mitbestimmung (§§ 99 ff.BetrVG) stellt sich die Frage, ob eine einstweilige Verfügung im Zusammenhang mit dem Anspruch des Betriebsrats auf Aufhebung einer personellen Einzelmaßnahme aus § 101 BetrVG zulässig ist.

Das Bundesarbeitsgericht hält eine einstweilige Leistungsverfügung zur Sicherung des gesetzlichen Aufhebungsanspruchs für nicht ausgeschlossen183.

Die einstweilige Verfügung, mit der die Herausgabe von Sachen begehrt wird, erfolgt durch rechtzeitige Beauftragung des Gerichtsvollziehers. Eine Parteizustellung ist entbehrlich, weil hier die Vollziehung durch Zwangsvollstreckung möglich ist, d. h. der Gerichtsvollzieher mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung innerhalb der Frist des § 929 II ZPO beauftragt wird184.

Gleiches gilt für die Vollziehung von Eilverfügungen, die die Zahlung einer einmaligen Geldleistung vorsehen. Der Gläubiger kann aufgrund einfacher Beschlussausfertigung die Pfändung von beweglichen Sachen mit nachfolgender Verwertung und Abführung des Erlöses nach §§ 803 ff. ZPO veranlassen185.