Substantieller Rechtsschutz im Mitarbeitervertretungsrecht der Evangelischen Kirche in Deutschland

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63Vgl. hierzu Bauersachs, Die Beteiligung der kirchlichen Mitarbeiter, S. 99 ff.

64Vgl. hierzu Bauersachs, Die Beteiligung der kirchlichen Mitarbeiter, S. 100/101.

65So § 30 II des Kirchengesetzes über die Mitarbeitervertretung in kirchlichen Dienststellen der evangelischen Landeskirche von Kurhessen – Waldeck vom 2.12.1965 (abgedruckt bei Bauersachs, Die Beteiligung der kirchlichen Mitarbeiter, S. 178); vgl. auch § 37 III des Kirchengesetzes über die Bildung von Mitarbeitervertretungen in kirchlichen Dienststellen (Mitarbeitervertretungsgesetz – MVG) i.d.F. vom 1.4.1982, abgedruckt bei Bioly/Hintz/Wolf, MVG, S. 27-51, 50.

66ABl.EKD 1972, S. 285.

67Vgl. z. B. § 37 Mitarbeitervertretungsgesetz – Kirchengesetz für die Evangelische Kirche von Westfalen, die Evangelisch – Lippische Landeskirche und die Diakonischen Einrichtungen i.d.F. der Bekanntmachung v.1.4.1982 (KABl. 1982, S. 58-70) und die Ordnung für das Verfahren des Schlichtungsausschusses nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz (Schlichtungsausschussordnung) i.d.F. der Bekanntmachung vom 1.4.1982.

68„Man ging davon aus, daß sich beide Beteiligte nach der Entscheidung des Schlichtungsausschusses richten werden“ (Schilberg, Rechtsschutz und Arbeitsrecht, S. 167).

69„Da in den Dienststellen und Einrichtungen der evangelischen Kirche die Ausführungskompetenz bei den jeweiligen Dienststellenleitungen liegt, besteht für die Mitarbeitervertretung das Problem, inwieweit ein verbindlicher Schiedsspruch, der die Dienststellenleitung verpflichtet, etwas zu tun oder zu unterlassen, auch zwangsweise durchgesetzt werden kann. Weder das Mitarbeitervertretungsgesetz noch die Ordnung für das Verfahren des Schlichtungsausschusses nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz beinhalten hierzu eine Regelung, das Mitarbeitervertretungsgesetz sieht keine Form von Straf– und Ordnungswidrigkeitsbestimmungen vor. Vollstreckungsmöglichkeiten zur zwangsweisen Durchsetzung von Schlichtungsausschuß-Entscheidungen sind damit nicht gegeben“ (Bioly/Hintz/Wolf, MVG, S. 347/348). Vgl. auch Duhnenkamp, Mitarbeitervertretungsrecht, S. 904.

70„Die Schlichtungsstelle sollte dann, wenn nicht rechtzeitig entschieden werden kann …in entsprechender Anwendung der ZPO eine einstweilige Verfügung treffen, wenn es sich um eine wichtige, unaufschiebbare Angelegenheit handelt. Besonders dringliche Entscheidungen können allein durch Beschluß des Vorsitzenden ergehen, wenn z. B. die Beisitzer nicht verfügbar sind“ (Schilberg, Rechtsschutz und Arbeitsrecht, S. 162).

71Nach Schilberg nur in Berlin-Brandenburg und der Konföderation Niedersachsen (Rechtsschutz und Arbeitsrecht, S. 172/173).

72ABl.EKD 1992, S. 445.

73Vgl. hierzu Fey, ZMV 1993, 3 f.

74Das Mitarbeitervertretungsrecht im Bereich der Diakonie wurde bis zu diesem Zeitpunkt geregelt durch die „Ordnung für die Mitarbeitervertretungen in diakonischen Einrichtungen vom 24. September 1973 in der Fassung vom 10. Juni 1988 (MVO)“ (abgedruckt bei Scheffer/Leser, Das Mitarbeitervertretungsrecht der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie). § 40 (Verfahren vor der Schlichtungsstelle) IV lautet: „Der Beschluß ist zu begründen und den Beteiligten zuzustellen. Er ist im Verhältnis zwischen Mitarbeitervertretung und Leitung der Einrichtung verbindlich …“.

Das Diakonische Werk der EKD hat 1993 die Ersetzung der MVO durch das MVG.EKD vollzogen (vgl. hierzu Fey/Rehren, MVG.EKD, Einl. Rn. 31).

75Begründung zum Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (Mitarbeitervertretungsgesetz – MVG), Stand: 1.Oktober 1991, in Bad Wildungen, 1991, Bericht über die zweite Tagung der achten Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 3.-8. November 1991, Band 47, Hannover 1992 (nachfolgend: Begründung), S. 894-896.

76Richter, in: Berliner Kommentar zum MVG.EKD, Einl. Rn. 24.

77Vgl. hierzu Begründung, S. 894 f.

78Vgl. hierzu Begründung, S. 928. Das Ratsmitglied Dr. Hofmann wies bei der Einbringung des MVG. EKD darauf hin, es kämen immer wieder Klagen der Mitarbeitervertretungen, dass ihre Mitbestimmungsrechte oder Schlichtungsausschusssprüche nicht beachtet würden; deshalb sei im Gesetz ein Beschwerderecht vorgesehen (Bad Wildungen, 1991, Bericht über die zweite Tagung der achten Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 3.-8. November 1991, Band 47, S. 435 ff., 437 f.).

79Schilberg, Rechtsschutz und Arbeitsrecht, S. 167.

80ABl.EKD 1993, S. 515 ff.

81Kienitz weist daraufhin, dass zwar der Zuständigkeitskatalog des § 63 MVG.EKD 1992 den Eindruck erweckt, dass es vorrangig um die Prüfung reiner Rechtsfragen gehe, andererseits der kirchliche Gesetzgeber jedoch nicht ausdrücklich ausgeschlossen habe, dass Tatsachenfragen auch in zweiter Instanz erörtert und geprüft werden können (NZA 1996, 963, 966).

82Vgl. z. B. VerwG.EKD, Beschluss v. 16.11.1995 – 0124/9-9, ZMV 1996, 37; hierzu Kienitz, NZA 1996, 963, 966.

83Kienitz, NZA 1996, 963, 969; dazu ausführlich unten Teil V B I 1.

84Kienitz, NZA 1996, 963, 969.

85VerwG.EKD, Beschluss v. 30.5.1996 – 0124/A5-96, ZMV 1997, 83.

86Kienitz, NZA 1996, 963, 969.

87So Fey/Rehren, MVG.EKD, Einl. Rn. 40.

88ABl.EKD 1996, S. 521.

89Schliemann, NZA 2000, 1311, 1314.

90Fey, ZMV 1997, 3, 4.

91Fey, ZMV 1997, 4.

92Vgl. etwa Kienitz, NZA1996, 963, 969. Der Entwurf des „Ersten Änderungsgesetzes zum Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der EKD“, Stand: 4.6.1996, sah gem. § 63 II MVG.EKD die Festsetzung einer Geldbuße durch das VerwG.EKD bis zu 20000 DM vor, wenn keine Ersatzvornahmemöglichkeit nach § 60 VII MVG.EKD besteht (vgl. hierzu Kienitz, NZA 1996, 963, 969 in Fn. 77). Nach Schliemann wird zwar durch den Ausschluss der Zwangsmittel der Entscheidungsvollstreckung die Gerichtsförmigkeit des Verfahrens und der gerichtliche Charakter der Schlichtungsstellen nicht in Frage gestellt. „Allerdings sollte neben der Durchsetzung von Entscheidungen der Schlichtungsstelle im Wege der Kirchenaufsicht auch entsprechende Instrumentarien für die Diakone geschaffen werden“ (NZA 2000, 1311, 1317).

93Schliemann, NZA 2000, 1311, 1316., der anmerkt, dass nicht geregelt wird, was ein „Eilfall“ ist.

94So Kienitz noch zum MVG.EKD 1992, NZA 1996, 963, 969.

95Vgl. z. B. VerwG.EKD, Beschluss v. 15.5.1998 – 0124/C 3-98, ZMV 1998, 237; Beschluss v. 4.5.2000 – 0124/D 40-99, ZMV 2000, 227; Kienitz, NZA 1996, 963, 966.

96Schliemann, NZA 2000, 1311, 1317.

97ABl.EKD 2003, S. 414-416.

98ABl.EKD 2003, S. 408.

99Fey, ZMV- Sonderheft 2005, 9, 11.

100Vgl. hierzu Hartmeyer, Präjudizialität, S. 146 ff.

101Vgl. hierzu bereits Schliemann, NZA 2000, 1311, 1313.

102Nichtamtliche Begründung zum Kirchengerichtsgesetz – Begründung zum Kirchengerichtsgesetz vom. 6.11.2003 (ABl.EKD 2003, S. 408), S. 9, abrufbar: www.kirchenrecht-ekd.de, unter Nummer 1001.9, zuletzt abgerufen am 31.3.2020). Vgl noch dazu unten Teil III C III 2 c.

103Schliemann, NJW 2005, 392 ff., 395.

 

104Vgl. hierzu Bohnenkamp, in: Berliner Kommentar zum MVG.EKD, § 61 Rn. 29, 30, 35 und 36.

105KGH.EKD, Beschluss v. 9.7.2007 – I-0124/N31-07, ZMV 2007, 257.

106KGH.EKD, Beschluss v. 2.2.2004 – I-o124/H 41-03, ZMV 2004, 188. Unzutreffend dagegen Jüngst, ZMV-Sonderheft 2005, 46, 52: „Durch die Verweisung in § 62 MVG.EKD auf die gesetzlichen Bestimmungen des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens scheidet bei Erlass einer einstweiligen Verfügung ein Rechtsmittel aus (§ 92 Abs. 1 S. 3 ArbGG analog).“ Hier wird übersehen, dass § 92 ArbGG das Rechtsbeschwerdeverfahren regelt; im Mitarbeitervertretungsverfahren gibt es keine Rechtsbeschwerde, weil der KGH.EKD eine volle zweite Tatsacheninstanz ist (Fey/Rehren, MVG.EKD, § 56 Rn. 11).

107Baumann-Czichon/Gathmann/Germer, MVG.EKD, § 63 Rn. 24.

108So Fey/Rehren, MVG.EKD, § 63 Rn. 14.

109Müller, in: Berliner Kommentar zum MVG.EKD, § 63 Rn. 28.

110Dies erkennt auch Müller an, indem er auf die „ausnahmsweise“ bestehende Möglichkeit, nach Erschöpfung des kirchlichen Rechtsweges staatliche Gerichte anzurufen, hinweist (in: Berliner Kommentar zum MVG.EKD, § 63 Rn. 28 und § 56 Rn. 4).

111ABl.EKD 2013, S. 425.

112„Nur dort, wo mitbestimmungsrechtliche Vorfragen in das individualrechtliche Rechtsverhältnis ausstrahlen, ist mittelbar Beachtungsdruck vorgegeben. Wo dies aber nicht der Fall ist, stellt sich doch die Frage der Sinnhaftigkeit des Verfahrensaufwandes, bringt man den Regelungen des MVG.EKD nicht die Grundeinstellung, auf denen die gesetzlichen Regelungen aufbauen, entgegen. Da dies leider nicht bezogen auf alle Einrichtungen und Verfahrensbeteiligten der Fall ist, sollte hier ernsthaft über Ergänzungen der gesetzlichen Vorgaben nachgedacht werden“ (Achenbach, ZMV-Sonderheft 2005, 34, 40).

113Jüngst, ZMV-Sonderheft 2005,46, 52.

114Schliemann, NZA-Sonderheft 2012, 36, 42.

115Jüngst, ZMV-Sonderheft 2005, 46, 54/55; Weiß, ZMV-Sonderheft 2005, 20, 26/27.

116Vgl. Vorlage des Rats der EKD gem. Art. 26a I GO-EKD – Begründung zum Entwurf des Zweiten Kirchengesetzes über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland 2013 (MVG. EKD), Geschäftsstelle der Synode, Drucksache IX/1, S. 9/10, abrufbar: www.kirchegeld.de/download/s13_ix_kg_mitarbeitervertretungen_2013.pdf., zuletzt abgerufen am: 31.3.2020.

117Vgl. z. B. Brief der Mitarbeitervertretungen des Diakonischen Werkes an die Bundestagsfraktionen, abgedruckt in: ZMV 1995, 124-125.

118So kritisierte etwa das BAG im Hinblick auf die „Ordnung für Mitarbeitervertretungen in diakonischen Einrichtungen v. 24.9.1973 i.d.F. vom 8.10.1982 (MVO), die hinsichtlich der Regelungen des Rechtschutzes den landeskirchlichen Mitarbeitervertretungsgesetzen bzw. -ordnungen in etwa entsprach, dass ein „Dilemma“ im Bereich der Streitigkeiten aus dem Mitarbeitervertretungsrecht bestehe, als die Kirchen insoweit den Bereich des Rechtsschutzes noch nicht in ihr System des Gerichtsschutzes vollständig integriert hätten (Beschluss v. 25.4.1989 – 1 ABR 88/87 – NJW 1989, 2284, 2285).

119In diesem Sinne jedoch Maurer, der im Hinblick auf die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit die Auffassung vertritt, die Vollstreckung gerichtlicher Urteile bliebe sekundär, weil die Rechtsprechung davon lebe, dass sie von den am Verfahren Beteiligten und von der Rechtsgemeinschaft akzeptiert werde (ZevKR 17 (1972), 48, 86).

120Auf die negativen Erfahrungen, die Anwälte mit diakonischen Arbeitgebern gemacht haben, weil diese ihrer ihnen vom Kirchengericht verbindlich auferlegten Verpflichtung, die Kosten für den durch die Mitarbeitervertretung beauftragten Rechtsbeistand zu tragen, nicht nachkamen, wurde einleitend bereits hingewiesen (vgl. hierzu insbesondere Warnecke, die diesbezüglich von einer „unhaltbaren Situation“ spricht, ZMV 2009, 71, 74). Der ehemalige Präses der Ev. Kirche im Rheinland N. Schneider sah sich veranlasst, auf der 15. Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht am 5./6.3.2012 ausführlicher auf den Umgang mit regelverletzenden (diakonischen) Dienstgebern einzugehen (ZMV-Sonderheft 2012, 8, 11). Schließlich beruht auch die Aufnahme des § 63a in das MVG.EKD auf der Kritik von Gewerkschaft und Mitarbeitern, dass Entscheidungen der Kirchengerichte von einzelnen Dienststellen nicht eingehalten worden seien (vgl. Vorlage des Rats der EKD gem. Art.26a I GO-EKD – Begründung zum Entwurf des Zweiten Kirchengesetzes über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland 2013 (MVG.EKD), Geschäftsstelle der Synode, Drucksache IX/1, S. 9, www.kirchegeld.de/download/s13_ix_kg_mitarbeitervertretungen_2013.pdf., zuletzt abgerufen am: 31.3.2020.

B. Die mitarbeitervertretungsrechtliche Rechtsschutzgewährung im System des Arbeitnehmervertretungsrechts

Das Mitarbeitervertretungsrecht übernimmt weitgehend die Regelungstechnik der staatlichen Mitbestimmungsgesetze. Dies bedeutet allerdings nicht, dass dem staatlichen Mitarbeitervertretungsrecht eine „partielle Leitbildfunktion“ zukäme. Bereits aus der „Einheitslösung“, also dem Verzicht auf eine Trennung von Regelungswerken für die öffentlich-rechtlich strukturierte verfasste Kirche einerseits und die privatrechtlich strukturierte Diakonie andererseits (vgl. § 1 MVG.EKD), folgt, dass sich das Mitarbeitervertretungsrecht in der Institution Kirche nicht ohne Abänderungen in das System der betrieblichen Mitbestimmung einordnen lässt121.

Andererseits beanspruchen alle Mitbestimmungsgesetze, dem einzelnen Arbeitnehmer – gleichgültig in welchem Bereich er tätig wird – eine Grundsicherung seiner Rechte durch eine kollektive Vertretung zu gewährleisten122. Diesem Anspruch kann allerdings nur dann genügt werden, wenn Mitbestimmung auch durchsetzbar ist. Eine ernstzunehmende Interessenvertretung der Arbeitnehmer muss nicht nur in der Lage sein, Verhandlungen in Augenhöhe zu führen, sondern – wenn dies erforderlich wird – in einem gerichtlichen Verfahren erstrittene Rechtspositionen auch durchzusetzen. Andernfalls könnte sie vom Arbeitgeber nur als lästige, aber den Grundrechten und dem Sozialstaat geschuldete, und von den Beschäftigten als überflüssige Alibiinstitution angesehen werden. Auf welche Weise das Betriebsverfassungsgesetz, das Personalvertretungsgesetz und das Mitarbeitervertretungsgesetz diesem Anspruch genügen, soll nachfolgend untersucht werden.

I. Die Durchsetzbarkeit arbeitsgerichtlicher Beschlüsse im Betriebsverfassungsrecht.
1. Die Vollstreckung

Aus rechtskräftigen Beschlüssen der Arbeitsgerichte nach §§ 2a I Nr. 1, 80 ff. ArbGG in Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz findet gem. § 85 I 1 ArbGG die Zwangsvollstreckung statt. Gem. § 85 I 3 ArbGG gelten grundsätzlich die Vorschriften der Zivilprozessordnung (§§ 704 ff.ZPO).

a) Vollstreckung gegen den Arbeitgeber

Bei groben Verstößen gegen die sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz ergebenden Pflichten können gegen den Arbeitgeber auf Antrag eines Viertels der Belegschaft oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflichten auferlegt werden (§ 23 III 1 BetrVG). Beinhaltet ein rechtskräftiger Beschluss eine Verpflichtung zum Handeln, kann bei Verstößen hiergegen ein Zwangsgeld, bei Verstößen gegen einen rechtskräftigen Beschluss, der eine Verpflichtung zur Duldung oder Unterlassung vorsieht, nach vorheriger Androhung ein Ordnungsgeld verhängt werden, allerdings nur auf Antrag des Betriebsrats oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft (§ 23 III 3 BetrVG). Die Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangshaft ist nicht möglich (§ 85 I 3 ArbGG).

Daneben erkennt das Bundesarbeitsgericht einen nicht an die engen Voraussetzungen des § 23 III geknüpften allgemeinen Unterlassungsanspruch im Bereich der sozialen Mitbestimmung (vgl. § 87 BetrVG) an, der Mitbestimmung unterliegende Maßnahmen ohne Beteiligung des Betriebsrats zu unterlassen bzw. vorgenommene Maßnahmen aufzuheben. Dieser Anspruch wird aus der besonderen Rechtsbeziehung, die zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat bestehe, hergeleitet; das Betriebsverhältnis werde durch die sich aus § 2 I BetrVG ergebenden wechselseitigen Rücksichtnahmepflichten sowie die Rechte und Pflichten, die in den einzelnen Mitbestimmungstatbeständen normiert seien, bestimmt. Hieraus folge für den Arbeitgeber als Nebenpflicht, alles zu unterlassen, was der Wahrnehmung des konkreten Mitbestimmungsrechts entgegensteht. Jedoch führe nicht jede Verletzung von Rechten zu einem Unterlassungsanspruch. Vielmehr komme es auf die einzelnen Mitbestimmungstatbestände, deren konkrete gesetzliche Ausgestaltung und die Art der Rechtsverletzung an123. Der Schutz des Betriebsrates sei wegen fehlender Sanktionen bei Verletzung von Mitbestimmungsrechten in sozialen Angelegenheiten lückenhaft und müsse durch richterliche Rechtsfortbildung geschlossen werden124.

Diese dogmatische Herleitung ist in der Literatur umstritten125. Zum Teil wird ein allgemeiner Unterlassungsanspruch des Betriebsrates abgelehnt, zum Teil wird lediglich seine dogmatische Begründung durch das Bundesarbeitsgericht kritisiert126. Hierauf muss allerdings im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden; denn die Existenz eines allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs in sozialen Angelegenheiten wird heute kaum noch in Frage gestellt127.

Der Unterlassungsanspruch ist nicht begründet, wenn eine Wiederholungsgefahr fehlt128; für diese besteht allerdings eine tatsächliche Vermutung129.

Dieser Unterlassungsanspruch wurde später um einen Beseitigungsanspruch in Bezug auf die Folgen früheren mitbestimmungswidrigen Verhaltens ergänzt130.

Bei Verletzung von Mitbestimmungstatbeständen im personellen Bereich verneint das Bundesarbeitsgericht einen allgemeinen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats131; nur im Fall des § 95 I BetrVG (Auswahlrichtlinien) ist ein allgemeiner Unterlassungsanspruch begründet, weil dem Betriebsrat kein anderer wirksamer Weg zur Durchsetzung dieses Mitbestimmungsrechts zur Verfügung steht; weder drohen dem Arbeitgeber Sanktionen noch existiert ein eigenes gesetzliches Verfahren wie bei den §§ 99, 100 BetrVG132.

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen nach den §§ 99, 100 BetrVG werden durch die Vorschrift des § 101 BetrVG geschützt. Danach kann der Betriebsrat die Beseitigung des durch die einseitige Durchführung der Maßnahme herbeigeführten betriebsverfassungswidrigen Zustandes verlangen.

Die Zwangsvollstreckung aus rechtskräftigen Beschlüssen des Arbeitsgerichts richtet sich gem. § 85 I 3 ArbGG nach den Vorschriften der ZPO (§§ 704 ff.)133.

Wurde der Arbeitgeber rechtskräftig zur Duldung oder Unterlassung einer Handlung verpflichtet, erfolgt die Vollstreckung gem. § 85 I ArbGG, § 890 ZPO. Kommt er dieser Verpflichtung trotz Androhung eines Ordnungsgeldes nicht nach, so kann das daraufhin auf Antrag festgesetzte Ordnungsgeld, das bis zu 250000 Euro beträgt (§ 890 I 2 ZPO), von Amts wegen gem. § 1 Nr.3 JBeitrO vollstreckt werden134. Dabei gilt nach § 6 I Nr.1 JBeitrO u. a. § 758 III ZPO sinngemäß, d. h. im äußersten Fall kann bei der Vollstreckung Gewalt ausgeübt und zu diesem Zweck um Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachgesucht werden.

 

Gem. § 892 ZPO kann der Gläubiger zur Beseitigung des Widerstandes, den der Schuldner gegen die Vornahme einer Handlung, die er nach § 890 ZPO zu dulden hat, einen Gerichtsvollziehet zuziehen, der nach den Vorschriften des § 758 III ZPO und des § 759 ZPO zu verfahren hat. Zur Beseitigung eines Widerstandes für die Durchsetzung einer Duldungsverpflichtung kann der Gläubiger damit wahlweise im Zwangsverfahren nach § 890 ZPO oder durch Zuziehung eines Gerichtsvollziehers nach § 892 ZPO vorgehen135.

Kommt der Arbeitgeber der rechtskräftig festgestellten Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen nicht nach, weigert er sich z. B., Einsicht in Lohn- und Gehaltslisten zu gewähren136, so erfolgt die Vollstreckung gem. § 85 I ArbGG, § 888 ZPO. Das aus diesem Grund auf Antrag festgesetzte Zwangsgeld, das den Betrag in Höhe von 250000 Euro nicht überschreiten darf (§ 888 I 2 ZPO), wird nicht von Amts wegen nach der JBeitrO, sondern auf Antrag des Gläubigers zugunsten der Staatskasse nach den Bestimmungen der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen (§ 803-§ 882 a ZPO) beigetrieben137. Dies bedeutet, dass auch hier im äußersten Fall § 758 III ZPO anzuwenden ist.

Ist der Arbeitgeber gem. § 101 S. 1 BetrVG rechtskräftig zur Aufhebung einer personellen Maßnahme verpflichtet, kann der Betriebsrat beantragen, ihn zur Aufhebung der Maßnahme durch Zwangsgeld anzuhalten, wenn er der Verpflichtung nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen nachkommt (§ 101 S. 2 BetrVG). Die Vollstreckung des Zwangsgeldes, dessen Höchstmaß für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro beträgt (§ 101 S. 3 BetrVG), erfolgt gem. § 85 I ArbGG i. V. m. § 888 ZPO mit der Maßgabe, dass Zwangshaft nicht festgesetzt werden kann (§ 85 I 3 ZPO).

Bei der Zwangsvollstreckung wegen einer nicht erfüllten Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann (vertretbare Handlung, § 887 ZPO), z. B. Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Betriebsrat Sachmittel zur Verfügung zu stellen138, kann der gerichtliche Antrag des Gläubigers, ihn zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen, mit dem Antrag auf Verurteilung zur Vorauszahlung der voraussichtlich durch die Vornahme der Handlung entstehenden Kosten verbunden werden (§ 887 II ZPO). Widersetzt sich der Schuldner der von ihm zu duldenden Maßnahme, kann dieser Widerstand mit Hilfe des Gerichtsvollziehers überwunden werden (§ 892 ZPO). Der Beschluss, der die Verpflichtung zur Kostenvorauszahlung beinhaltet, ist Vollstreckungstitel nach § 794 I Nr.3 ZPO. Die Beitreibung erfolgt mit Geldvollstreckung nach §§ 803-882 ZPO139.

Die Vorschrift des § 61 II ArbGG, wonach in dem Fall, dass im Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung ausgesprochen wird, auf Antrag des Klägers zugleich eine Verurteilung zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung erfolgen kann, wenn die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen wird, findet im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren keine Anwendung, weil eine entsprechende Verweisung fehlt140.

Bei der Herausgabevollstreckung, etwa bei einer vom Arbeitgeber verweigerten Herausgabe von Unterlagen gem. § 80 II 2 BetrVG141, hat der beauftragte Gerichtsvollzieher dem Schuldner die herauszugebende Sache wegzunehmen und dem Gläubiger zu übergeben (§ 883 ZPO). Anwendung finden dabei die §§ 754 – 763 ZPO142.

Die Vollstreckung wegen Geldforderungen143 erfolgt u.a. durch Pfändung in das bewegliche Vermögen (§§ 803 ff.ZPO)144. Auf diese Art der Zwangsvollstreckung finden ebenfalls die Vorschriften der §§ 704- 802 ZPO Anwendung145.

Besteht der durchzusetzende Anspruch in der Abgabe einer Willenserklärung, so erfolgt die Vollstreckung gem. § 894 ZPO: die Willenserklärung gilt (mit Rechtskraft des zur Abgabe einer Willenserklärung verpflichtenden Urteils) infolge gesetzlicher Funktion als abgegeben. Weitere Vollstreckungsmaßnahmen sind weder nötig noch zulässig146.