Dialektik des geisteswissenschaftlichen Universums

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Dialektik des geisteswissenschaftlichen Universums
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Horst-Joachim Rahn

Dialektik des

geisteswissenschaftlichen

Universums

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2016


Horst-J. Rahn (geb. 20. 02. 1944) studierte Betriebswirtschaftslehre, Pädagogik und Psychologie an der Universität Mannheim (1968 - 1972). In 1964 absolvierte er eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei der Firma Grünzweig & Hartmann AG in Ludwigshafen/​Rhein. Danach erwarb er dort als Ausbildungsleiter seine Führungserfahrungen und Praxis im Personal- und Ausbildungswesen. Seit 1975 hielt er an der Fachhochschule Ludwigshafen über 30 Jahre hinweg Vorlesungen u. a. über Personalwesen und Führungspsychologie. Außerdem nahm er Lehrtätigkeiten an der FH Heidelberg, BA Mannheim und an der IHK Ludwigshafen wahr. Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen. In den letzten Jahren seiner schriftstellerischen Tätigkeit beschäftigte er sich mit dem Sinn des Lebens und insbesondere mit Aphorismen. Für seine bleibenden Verdienste an der FH Ludwigshafen wurde er in 2005 mit der Hochschulmedaille ausgezeichnet. Heute ist er im Ruhestand.

E-Mail: Horst.Rahn@t-online.de

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Coverabbildungen (gemeinfrei):

Vorderseite (v. l. n. r.):

Goethe, von Ebner-Eschenbach, Marx, Papst Johannes XXIII.

Rückseite (v. l. n. r.):

Voltaire, Schlegel, Kant, Trotzky

Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2016

Meinen Eltern gewidmet

Vorwort

Die Idee für dieses umfassende Werk basiert auf der Entdeckung, dass sich viele Aphorismen und Zitate zu bestimmten Stichworten als Thesen bzw. Antithesen eignen und im Ergebnis als thematische Synthese präsentierbar sind. Vor allem die Inhalte folgender Bücher haben mich zu diesem Buch angeregt: Einerseits das Zitatenhandbuch von Eberhard Puntsch (erschienen 1967 bei der Modernen Verlags-GmbH) und andererseits das Argumente-Buch (pro und contra) von Rudolf Walter Leonhardt aus dem Jahre 1974 (Piper-Verlag). Es reifte in mir der Wunsch, diese Inhalte grundsätzlich zu erweitern und durch viele Zitate der Literatur und durch zusätzliche Stichworte anzureichern. Hinzu kamen weitere Anregungen in 2012 nach Abschluss meiner Veröffentlichung zum „Sinn des Lebens – Erinnerungen und Postulate zur Lebensbewältigung“ und insbesondere die Veröffentlichung meiner Aphorismen in 2015 beim Engelsdorfer Verlag in Leipzig. Es ergab sich die Gelegenheit, die obigen Gedanken zu vollenden und unter Sichtung von dazu passender Literatur die vorliegenden Inhalte zusammenzutragen und sinnvoll zu ordnen. Dabei bin ich von folgendem Aufbau des Buches ausgegangen:

(1) Die Stichworte münden in die dialektische Betrachtung des Menschen, die Dialektik der Sinnbasis bzw. des philosophischen Überbaus, die dialektische Sicht der Welt und des theologischen Überbaus.

(2) Die Thesen zu den einzelnen Stichworten sind als Pro-Argumente zu verstehen, die jeweils ausdrücken, was für das jeweilige Argument spricht.

(3) Die Antithesen der Phänomene sind Contra-Argumente, die inhaltlich verdeutlichen, was jeweils gegen das Argument gerichtet ist.

(4) Die Synthese bildet die Conclusio als Schlussfolgerung, die insbesondere von meinem persönlichen Standpunkt getragen wird.

(5) Im Namensteil finden Sie ein Register mit den Hinweisen auf Daten der über eintausend großen Geister, welche mit ihren Weisheiten dieses Werk tragen.

(6) Im Literaturteil werden über achthundert ausgewählte Werke zitiert, deren Autoren sich um diese Thematik verdient gemacht haben. Über eintausend Fußnoten und ein Stichwortverzeichnis runden dieses Werk ab.

Schon Fichtes Dialektik ging vom Kampf der Gegensätze aus, dem ewigen Widerspruch der Polaritäten, die am Ende in die Zusammengehörigkeit des Verschiedenen münden. Nachdem ich mich viele Jahre lang ausschließlich mit betriebswirtschaftlicher und pädagogischer Literatur auseinandergesetzt habe, suchte ich nach neuen, ebenfalls interessanten Aufgaben und fand sie in obiger Aufgabenstellung. Der besondere Reiz eines solchen Werkes, in präziser Form, Thesen und Antithesen zusammenzutragen, liegt vor allem in der enorm hohen Abwechselung und in dem Ineinandergreifen natur- bzw. geisteswissenschaftlichen Gedankenguts. Bei der Sammlung dieser Thesen galt im Zweifel: „In der Kürze liegt die Würze!“ Damit wurden die Idee und der Versuch geboren, wesentliche Aussagen über das geisteswissenschaftliche Universum zu sammeln, zu ordnen und zu interpretieren.

Meine persönlichen Beiträge wurden dabei im Text jeweils mit einem Stern versehen.* Gerade die Darlegung der jeweiligen, persönlich geprägten Synthesegedanken in kompakter Form kann und will es nicht jedem Leser recht machen. Das kann auch nicht das Ziel sein, sondern das Buch möchte zur Unterhaltung beitragen, zum Nachdenken anregen und zur vernünftigen Gewinnung weiterer, interessanter Standpunkte verhelfen. In vielen Fällen sind zur Findung einer Konklusion als logischem Schluss vor allem Kompromisse notwendig. Auch Widerspruch ist erwünscht!

Grünstadt, im November 2015

Horst-Joachim Rahn

Gliederung

Cover

Titel

Der Autor

Impressum

Widmung

Vorwort

1. Grundlagen des geisteswissenschaftlichen Universums

1.1 Geisteswissenschaftliches Universum

1.2 Faszination der Dialektik

1.3 Wissenschaft und Forschung

1.4 Theorie und Praxis

2. Dialektische Betrachtungen des Menschen

2.1 Entwicklung des Menschen

2.1.1 Geburt

2.1.2 Kindheit

2.1.3 Jugend

2.1.4 Frau

2.1.5 Mann

2.1.6 Ehe

2.1.7 Altern

2.1.8 Sterben

2.1.9 Leben nach dem Tode?

2.2 Menschlicher Geist

2.2.1 Denken

2.2.2 Vernunft

2.2.3 Verstand

2.2.4 Gefühl

2.2.5 Wollen

2.2.6 Wissen

2.2.7 Gewissen

2.2.8 Klugheit

2.2.9 Dummheit

2.2.10 Intelligenz

2.3 Das Gute, das Böse und das Schöne

2.3.1 Das Gute und das Böse

2.3.2 Das Schöne

 

2.4 Tugenden des Menschen

2.4.1 Tapferkeit

2.4.2 Mut

2.4.3 Mäßigung

2.4.4 Dankbarkeit

2.4.5 Vertrauen

2.4.6 Ehrlichkeit

2.4.7 Besonnenheit

2.4.8 Hilfsbereitschaft

2.4.9 Barmherzigkeit

2.4.10 Hoffnung

2.4.11 Geduld

2.4.12 Fleiß

2.4.13 Bescheidenheit

2.4.14 Höflichkeit

2.4.15 Menschlichkeit

2.5 Untugenden des Menschen

2.5.1 Stolz

2.5.2 Geiz

2.5.3 Eitelkeit

2.5.4 Wollust

2.5.5 Zorn

2.5.6 Neid

2.5.7 Lüge

2.5.8 Faulheit

2.5.9 Völlerei

2.6 Antriebe des Menschen

2.6.1 Bedürfnis

2.6.2 Begehren

2.6.3 Egoismus

2.6.4 Leidenschaft

2.6.5 Ehrgeiz

2.7 Verhalten des Menschen

2.7.1 Aggression

2.7.2 Vorsicht

2.7.3 Anstand

2.7.4 Entschuldigung

2.7.5 Freundlichkeit

2.7.6 Anpassungsfähigkeit

2.7.7 Kritik

2.8 Gegebenheiten des Menschen

2.8.1 Ich

2.8.2 Du

2.8.3 Freundschaft

2.8.4 Ziel

2.8.5 Charakter

2.8.6 Vorbild

2.8.7 Ehre

2.8.8 Erfahrung

2.8.9 Ruhe

2.8.10 Freude

2.8.11 Emotionen

2.8.12 Humor

2.8.13 Selbsterkenntnis

2.9 Bittere Gegebenheiten

2.9.1 Einsamkeit

2.9.2 Leid

2.9.3 Not

2.9.4 Schmerz

3. Dialektik der Sinnbasis und des philosophischer Überbaus

3.1 Persönliche Sinnbasis

3.1.1 Leben

3.1.2 Lebensbewältigung

3.1.3 Lebensgrundsätze

3.1.4 Lebenssinn

3.2 Philosophischer Überbau

3.2.1 Wahrheit

3.2.2 Weisheit

3.2.3 Gerechtigkeit

3.2.4 Freiheit

3.2.5 Glück

3.2.6 Liebe

3.2.7 Zufriedenheit

4. Dialektische Sicht der Welt

4.1 Gesellschaft

4.1.1 Gemeinschaft

4.1.1.1 Nation und Vaterland

4.1.1.2 Orden und Ehrentitel

4.1.2 Politische Systeme und Anschauungen

4.1.2.1 Diktatur

4.1.2.2 Sozialismus/Kommunismus

4.1.2.3 Klassengesellschaft

4.1.2.4 Monarchie

4.1.2.5 Demokratie

4.1.3 Gesellschaftsprobleme

4.1.3.1 Streit

4.1.3.2 Mobbing

4.1.3.3 Frauenquote

4.1.3.4 Moral

4.1.3.5 Kongress

4.1.3.6 Großstadt

4.1.4 Rechtsprobleme

4.1.4.1 Schwangerschaftsabbruch

4.1.4.2 Todesstrafe

4.1.4.3 Tötung auf Verlangen

4.2 Kultur

4.2.1 Kunst

4.2.2 Kulturbereiche

4.2.2.1 Musik

4.2.2.2 Malerei

4.2.2.3 Festspiele

4.2.2.4 Drama

4.2.2.5 Dichtung

4.2.2.6 Theatersubventionen

4.2.3 Buchkultur

4.2.3.1 Bestseller

4.2.3.2 Bücher

4.2.3.3 Buchmesse

4.2.3.4 Schriftsteller

4.2.3.5 Fremdwörter

4.2.3.6 Aphorismen

4.2.3.7 Handgeschriebenes

4.2.3.8 Kleinschreibung

4.2.3.9 Klassiker

4.2.3.10 Journalismus

4.2.3.11 Literaturkritik

4.2.3.12 Stilblüten

4.2.4 Medienkultur

4.2.4.1 Fernsehen

4.2.4.2 Film

4.2.4.3 Internet

4.2.5 Verkehrskultur

4.2.5.1 Autofahren

4.2.5.2 Bahnreisen

4.2.5.3 Flugreisen

4.2.5.4 Schiffsreisen

4.2.5.5 Reisen ins Ausland

4.2.5.6 Sportwagen

4.2.5.7 Motorradfahren

 

4.2.5.8 Radfahren

4.2.6 Ernährungskultur

4.2.6.1 Essen und Trinken

4.2.6.2 Alkoholkonsum

4.2.6.3 Cocktail

4.2.7 Lebenskultur

4.2.7.1 Feste

4.2.7.2 Abendanzug

4.2.7.3 Feuerwerk

4.2.7.4 Bordelle

4.2.7.5 Zigaretten

4.2.7.6 Camping

4.2.7.7 Folklore

4.2.7.8 Heimat

4.2.7.9 Freikörperkultur

4.2.7.10 Frühaufsteher

4.2.7.11 Sex

4.2.7.12 Zeitumstellung

4.2.8 Sportkultur

4.2.8.1 Fußball

4.2.8.2 Videobeweis (Fußball)

4.2.8.3 Olympische Spiele

4.2.8.4 Reiten

4.2.8.5 Wandern

4.2.9 Kulturtechniken

4.2.9.1 Reden

4.2.9.2 Schreiben

4.2.9.3 Lesen

4.2.9.4 Rechnen

4.2.9.5 Spielen

4.2.9.6 Schachspiel

4.2.9.7 Tanzen

4.3 Natur

4.3.1 Biologie

4.3.2 Chemie

4.3.3 Entdeckung

4.3.4 Experiment

4.3.5 Forschung

4.3.6 Fortschritt

4.3.7 Medizin

4.3.7.1 Gesundheit

4.3.7.2 Krankheit

4.3.8 Physik

4.3.9 Technik

4.3.10 Tiere

4.3.10.1 Hunde

4.3.10.2 Katzen

4.3.11 Jahreszeiten

4.4 Erziehung

4.4.1 Erziehungsbereiche

4.4.1.1 Abitur

4.4.1.2 Studium

4.4.1.3 Numerus clausus

4.4.1.4 Bildung

4.4.1.5 Berufswahl

4.4.2 Erziehungspersonen-/institutionen

4.4.2.1 Eltern

4.4.2.2 Familie

4.4.2.3 Vorschulerziehung

4.4.2.4 Schule

4.4.2.5 Schulfreier Samstag

4.4.3 Erziehungsmaßnahmen

4.4.3.1 Gespräch

4.4.3.2 Strenge

4.4.3.3 Lob

4.4.3.4 Tadel

4.4.3.5 Schulnoten

4.4.3.6 Hausaufgaben

4.4.4 Erziehungsprozesse

4.4.4.1 Lehren

4.4.4.2 Lernen

4.4.4.3 Latein

4.4.4.4 Mündliche Prüfung

4.4.5 Erziehungsmerkmale

4.4.5.1 Autorität

4.4.5.2 Persönlichkeit

4.5 Politik

4.5.1 Frieden

4.5.2 Gewalt

4.5.3 Gesetz und Ordnung

4.5.4 Macht

4.5.5 Lobbyismus

4.5.6 Militär und Krieg

4.5.7 Parlamentsdebatten

4.5.8 Podiumsdiskussionen

4.5.9 Bundespräsident

4.5.10 Rassentrennung

4.5.11 Strategie

4.5.12 Wahlkampf

4.6 Wirtschaft

4.6.1 Wirtschaftordnungen

4.6.1.1 Marktwirtschaft

4.6.1.2 Zentralverwaltungswirtschaft

4.6.1.3 Kapitalismus

4.6.2 Unternehmungsformen

4.6.2.1 Aktiengesellschaft

4.6.2.2 GmbH

4.6.2.3 OHG

4.6.2.4 Kommanditgesellschaft

4.6.3 Wirtschaftselemente

4.6.3.1 Arbeit

4.6.3.2 Arbeitsteilung

4.6.3.3 Betrug

4.6.3.4 Bewirtungsaufwand

4.6.3.5 Computer

4.6.3.6 Fehler

4.6.3.7 Gerücht

4.6.3.8 Globalisierung

4.6.3.9 Hauseigentum

4.6.3.10 Ideen

4.6.3.11 Innovation

4.6.3.12 Irrtum

4.6.3.13 Recht

4.6.3.14 Sonntagsarbeit

4.6.4 Wirtschaftsfaktoren

4.6.4.1 Kapital

4.6.4.2 Geld

4.6.4.3 Einkommen

4.6.4.4 Gewinn

4.6.4.5 Erfolg

4.6.5 Führung

4.6.5.1 Unternehmer

4.6.5.2 Führungskraft

4.6.5.3 Karriere

4.6.5.4 Gruppe

4.6.5.5 Gruppenarbeit

4.6.5.6 Projektgruppe

4.6.5.7 Matrixorganisation

4.6.5.8 Kommunikation

4.6.5.9 Aufgabe

4.6.5.10 Kompetenz

4.6.5.11 Verantwortung

4.6.5.12 Delegation

4.6.5.13 Planung

4.6.5.14 Stellenbeschreibung

4.6.5.15 Leistungsbeurteilung

4.6.5.16 Vorgesetztenbeurteilung

4.6.5.17 Vorstandsgehälter

4.6.5.18 Strategische Allianzen

4.6.5.19 Zentralisation

5. Dialektik des theologischen Überbaus

5.1 Schöpfung

5.2 Evolution

5.3 Himmel

5.4 Seele

5.5 Glaube

5.6 Kirchenaustritt

5.7 Weihnachten

5.8 Religion

5.9 Christentum

5.10 Gott

5.11 Gebet

5.12 Zehn Gebote

Gesamtfazit

6. Namensregister

7. Literaturverzeichnis

8. Stichwortverzeichnis

Fußnoten

1. Grundlagen des geisteswissenschaftlichen Universums

Das Universum als Kosmos1 bezeichnet in der Physik die umfassende Anordnung aller Materie und Energie. Dabei ist das Gegebene aus der Zeit heraus bedingt.2 Es ist das zu einem Ganzen zusammengefasste Weltall.3 Im Gegensatz zu diesem Universum mit der Sonne, der Milchstraße, den Sternen, dem Mond und der Erde besteht das geisteswissenschaftliche Universum insbesondere aus Gott, dem Gebet, dem Himmel, der Welt, der Gesellschaft und dem Menschen. Gott ist hier das Zentrum des geisteswissenschaftlichen Universums. Das erstgenannte Universum wird von den Naturwissenschaften4 analysiert.

1.1 Geisteswissenschaftliches Universum

„Das geisteswissenschaftliche Universum ist ein theoretisches Konstrukt als spezielle Gesamtordnung in Form einer mehrdimensionalen Raum-Zeit-Welt. Es ist insbesondere Gegenstand theologischer und philosophischer Betrachtungen und zeigt den Wirkzusammenhang zwischen Gott, der Gesellschaft, dem Menschen und seiner Welt.“5 Wir gehen davon aus, dass die Philosophie die Wissenschaft der Wahrheit ist (Aristoteles) und dass die Theologie die Lehre von Gott im Himmel, des Glaubens und der Glaubensdokumente darstellt. Aber auch andere Geisteswissenschaften tangieren dieses Thema. Theologie und Philosophie bilden in der Welt des Menschen als Metaebene den theoretischen Überbau und damit das Äquivalent zu dessen persönlicher Sinnbasis,6 die sich mit dem Sinn des menschlichen Lebens auseinandersetzt.

Der Philosoph Konrad P. Liessmann beschäftigte sich intensiv mit dem „Universum der Dinge.“ Nach seiner Auffassung geht es im Grunde bei dieser Betrachtung der Welt des Menschen darum, viele Dinge, mit denen wir es täglich zu tun haben, besser zu verstehen.7 Die Welt des Menschen ist unvorstellbar groß, aber der einzelne Mensch ist darin nur ein ganz kleines, aber bedeutendes Element. Mit seinem Geist (z. B. Intelligenz, Denken, Gefühl, Wollen, Wissen, Gewissen), seinen Tugenden und Untugenden, seinem bewussten Erleben (z. B. Wahrnehmung, Emotionen, Liebe), seiner inneren Haltung (z. B. Gesinnung, Besonnenheit, Mut), seinem Handeln (z. B. Verhalten), seinem Umfeld (z. B. Das Böse, das Gute, die Natur) und dem Ergebnis des Handelns (z. B. Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit) bildet er Ansatzpunkte für tiefere dialektische Betrachtungen. Das Ziel dieser Arbeit besteht darin Wege aufzuzeigen, wie sich der Mensch in dem großen geisteswissenschaftlichen Universum besser zurechtfinden kann.

1.2 Faszination der Dialektik

Wir wollen den Versuch wagen, das schwierig zu erfassende geisteswissenschaftliche Universum mit der Methode der Dialektik zu ergründen und zu beschreiben. „Wir können das geisteswissenschaftliche Universum in seiner Gesamtheit bzw. Funktionsweise nicht vollständig erklären, weil es unübersehbar komplex ist und uns Menschen dazu die Kenntnisse fehlen.“*

Der Begriff Dialektik wird in der philosophischen Literatur sehr unterschiedlich verwendet.8 Johann Gottlieb Fichte spricht 1794 das erste Mal von einem synthetischen Verfahren, welches die Vereinigung der Gegensätze von These und Antithese zum Zweck hat.9 Der Philosoph F. W. J. Schelling10 behauptet, dass die Triade als Dreiheit von These-Antithese und Synthese der Entwicklung in Natur und Geschichte entspricht. „In der durchgängigen Tiefe und Breite zu analysierender Inhalte des geisteswissenschaftlichen Universums gewinnt die dialektische Methode nicht nur für den Dialektiker eine gewisse Faszination.“* Dieser ist ein Mensch, „… der das Für und Wider einer Sache scharfsinnig darlegen Widersprüche, die im Denken auftauchen, geschickt erklären und lösen kann.“11

Vereinfachend lässt sich der Zusammenhang in folgender Weise ausdrücken:

► Eine These ist eine allgemeine Aussage, die das Wesentliche aus einem Aussagenkomplex zur Geltung bringen soll. Thesen sind als Pro-Argumente zu verstehen, die jeweils zeigen sollen, was für das jeweilige Argument spricht.

► Eine Antithese ist die auf das Wesentliche begrenzte Gegenbehauptung zu einer These. Die Antithesen sind also Contra-Argumente, die detailliert angeben, was gegen das jeweilige Argument spricht.

► Die Synthese bildet den Versuch einer sinnvollen Verknüpfung von These bzw. Antithese und bildet dabei die Conclusio als Schlussfolgerung, die z. B. von einem persönlichen Standpunkt getragen wird und im Ergebnis als subjektiv zu interpretieren ist.

Die dialektische Sicht des geisteswissenschaftlichen Universums soll zunächst am Beispiel des Menschen und seiner Welt beschreiben werden. Die vielen Aphorismen, Thesen, Fußnoten, Sprüche und Aussagen dieses kompakten Werkes stammen von vielen großen Geistern und wurden in mehrjähriger, zeitlich sehr aufwändiger Arbeit jahrelang gesammelt und später systematisch geordnet.12 Es kommen in diesem Buch viele Meinungen zu Wort, die nicht alle im Einzelnen reflektiert werden können. Es ist ein weiteres Ziel dieser Arbeit, den Leser mit den Thesen bzw. Antithesen und Synthese zum Genießen, zum Nachdenken, und zur vertiefenden Diskussion anzuregen.