Dialektik des geisteswissenschaftlichen Universums

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2.8.3 Freundschaft

Die Freundschaft ist im engeren Sinne eine positive soziale Beziehung zwischen Menschen, deren Gegebenheit auf Wertschätzung, Zuneigung und Vertrauen basiert. Auch die Freundschaft hat historische Bedeutung244 und nährt sich von einem vertrauten Umgang.245 Es wird dann von Freundinnen oder Freunden gesprochen: Freundschaft basiert auf gegenseitiger Wertschätzung und Anziehung. Gerade heute, wo Partner bzw. Jobs häufig wechseln, eine eigene Familie nicht mehr selbstverständlich ist, werden Freundschaften immer wichtiger. Sie sind nicht nur die Gefährten unserer Jugendzeit, sondern zunehmend auch als Erwachsene die Stützen unseres Lebens: „Freunde machen stark“ (E. Pannek). Bestätigend ist die folgende Feststellung: „Freundschaft ist eine Seele in zwei Körpern“ (Aristoteles). Es ist auch Gefühl dabei: „Freundschaft ist das edelste Gefühl, dessen ein Menschenherz fähig ist“ (C. Hilty). Die Freundschaft ist hochwertig, wenn sie uns ein Leben lang begleitet. Im weiteren Sinne kann sie auch auf Nationen bezogen sein. Wie ist die Freundschaft zu beurteilen?

► Freundschaft zu halten, ist gar nicht so schwer: „Der beste Weg einen Freund zu haben, ist der, selbst einer zu sein“ (R.W. Emerson). Manche Freundschaften halten langfristig: „Es gibt Begegnungen, die halten ein Leben lang“ (A. Rademacher). Gute Freundschaft zahlt sich aus: „Die Freundschaft ist ein Kapital, dessen Zinsen niemals verloren gehen“ (J.G. Hamann). Dabei bleibt zu beachten, dass wir gegenüber Freunden nicht zu kritisch sind: „Wer einen Freund sucht ohne Fehler, bleibt ohne Freund“ (aus der Türkei). Vor allem müssen Freundschaften gepflegt werden: „Wer die Freundschaft aus dem Leben streicht, nimmt die Sonne aus der Welt“ (M.T. Cicero). Der Physiker und Philosoph Stefan Klein kommt zum Ergebnis, dass jener Mensch länger lebt, der Freunde hat.246 Deshalb: „Freundschaftliche Bindungen sind unverzichtbar und steigern unsere Lebenszufriedenheit.“247 Dazu folgende Weisheiten von klugen Köpfen:

▪ „Wer Freunde will, der besänftige sein Blut“ (J.W. von Goethe).

▪ „Reich sind die, die wahre Freunde haben“ (T. Fuller).

▪ „Keine Straße ist lang mit einem Freund an der Seite“ (R.M. Rilke).

▪ „Die gute Freundschaft entsteht, wenn man den anderen sehr achtet, und zwar mehr als sich Selbst“ (F.W. Nietzsche).

▪ „Freundschaft ist sicherlich der beste Balsam für die Wunden einer enttäuschten Liebe“ (J. Austen)

▪ „Der ist mein Freund, der auch hinter meinem Rücken Gutes über mich sagt“ (T. Fuller).

▪ „Freundschaft ist nicht nur das, was man sucht, sondern auch das, was man geben soll“ (F. Beutelrock).

▪ „Freundschaft fließt aus vielen Quellen, am reinsten aber aus dem Respekt“ (D. Defoe).

Aus diesen Einsichten schließen wir: „Nimm dir Zeit für deine Freunde, sonst nimmt die Zeit dir deine Freunde“ (A. Brie). Wir beenden diesen Abschnitt mit einem Ausspruch von Marie von Ebner-Eschenbach: „Wirkliche Freunde sind Menschen, die uns genau kennen und trotzdem zu uns halten.“

► Wir wissen, dass Freundschaften nicht immer unproblematisch sind: „Wer ausschließlich Freunde mit vielen Fehlern hat, ist dann auch allein.“* Mancher muss einiges ertragen: „Wer sich viel bieten lässt, bekommt viel geboten!“ (Sprichwort). Zum Nachdenken: „Hohe Intelligenz muss Freundschaften nicht immer dienlich sein.“* Denn: „Wer allzu klug ist, findet keine Freunde“ (aus Japan). Manchmal gibt es mit Freunden Enttäuschungen: „Wer aufhört ein Freund zu sein, war nie ein guter Freund“ (H.G. Bohn). Wie wahr: „Auch Freunde dürfen sich nicht alles erlauben“ (Querulix). Und: „Die meisten Freundschaften zerbrechen nicht, sondern verwelken“ (E. Zacharias). Manchmal entstehen Freundschaften aus einer Laune heraus: „Die Freundschaft, die der Wein gemacht, wirkt wie der Wein nur eine Nacht“ (F.v. Logau). Zum Schluss zum Überlegen: „Wenn man jemand alles verziehen hat, ist man mit ihm fertig“ (S. Freud).

► Was ist für uns hinsichtlich der Freundschaften bedeutsam? „Ich habe begriffen, dass es reicht, wenn man mit den Menschen zusammen ist, die man mag“ (W. Whitman). Und es gilt: „Freundschaft und Liebe werden an den Enttäuschungen gemessen, die sie zu ertragen vermögen“ (Ch. Tschopp). Man kommt in der Freundschaft nicht weit, wenn man nicht bereit ist, kleine Fehler zu verzeihen (J. de la Bruyère). Ähnlich: „Wer mit den Menschen auskommen will, darf nicht zu genau hinsehen“ (O. Flake).

Nachhaltige Freundschaften müssen gepflegt werden: „Sie sind nicht nur ein köstliches Geschenk, sondern eine dauerhafte Aufgabe“ (E. Zacharias). „Wahre Freunde sind die Gehhilfen in schweren Zeiten“ (F. Schmidberger). „Echte Freunde brauchen einander.“* Vor allem gilt schon immer: „In einer guten Männerfreundschaft sind Entschuldigungen überflüssig“ (M. Knecht). Freundschaftliche Gesten sind für ein erfülltes Leben eines jeden Menschen unverzichtbar und steigern unsere Lebenszufriedenheit: „… Freundschaften haben den bedeutenden Vorteil, dass ihnen Irrungen und Missverständnisse, von welcher Art sie auch seien, niemals von Grund aus schaden und die alten Verhältnisse sich nach einiger Zeit wieder herstellen“ (J.W. von Goethe). „Trotz allem bleibt der Kreis wahrer Freunde begrenzt.“* Das zeigt sich vor allem, wenn man selbst in Not kommt: „Den wahren Freund erkennt man in der Not“ (M.T. Cicero). Das heißt in kompakter Form: „Wer viele gute Freunde hat, ist reich, wer gar keine Freunde hat, ist ein armer Hund.“* Und zum Schluss ein sehr guter Verhaltensgrundsatz: „Lasse nie zu, dass du jemandem begegnest, der nicht nach der Begegnung mit dir glücklicher ist“ (Mutter Theresa).

2.8.4 Ziel

Ein Ziel ist eine bestimmte, künftig zu erreichende Gegebenheit, die von einem Menschen für sich oder für eine Organisation248 definiert wird. Merkmale eines Ziels sind Inhalt, Ausmaß und Zeitbezug. In der Psychologie gibt es persönliche Ziele, die dem Menschen zur Orientierung dienen und ihm zeigen, wohin der Weg gehen soll. Nach dem Konzept der persönlichen Ziele249 reagieren Menschen nicht auf äußere Anreize, sondern handeln vor allem, um eigene, selbst gesetzte Ziele zu erreichen. In der Betriebswirtschaftslehre wird zwischen Unternehmenszielen unterschieden, z. B. ökonomische, soziale und ökologische Ziele.250 E. Heinen251 unterschiedet zwischen komplementären (z. B. die Erreichung eines Zieles fördert die Erreichung eines anderen Zieles), konkurrierenden und indifferenten Zielen, bei denen die Erreichung eines Zieles keinen Einfluss auf die Erreichung eines anderen Zieles hat. Die einzelnen Ziele können zueinander in harmonischer, neutraler oder antinomischer Beziehung stehen.252 Auch sind verschiedene Zielränge zu unterscheiden.253 Auch die Ziele werden unterschiedlich gesehen.

► Grundsätzlich gilt für uns Menschen: „Man muss eine Aufgabe vor sich sehen und nicht ein geruhsames Leben“ (L.N. Tolstoi). Wir brauchen Ziele: „Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg“ (Laotse). Konfuzius stellte bekanntlich fest: „Der Weg ist das Ziel.“ Und: „Wohin du auch gehst, geh’ mit deinem ganzen Herzen“ (Konfuzius). Vor allem sollten wir bei der Zielverfolgung mutig und strebsam sein, denn: „Zuversicht lässt Flügel wachsen“ (E. Pannek). Auch: „Beharrlichkeit in der Verfolgung von Zielen ist die Grundlage des Erfolges“ (E. Rutemöller). Auf ein ganzes Leben bezogen verändern sich die Ziele des Menschen: „Die persönlichen Ziele sind im gesamten Leben in jeder Lebensphase unterschiedlich.“* Aber: „Sobald ein Geist auf ein Ziel gerichtet ist, kommt ihm vieles entgegen“ (J.W. von Goethe).

► Wer meint ohne Ziele gehe es auch, der irrt sich: „Wer im Leben kein Ziel hat, verläuft sich“ (A. Lincoln). „Ohne Ziel führen alle Wege ins Unbekannte“ (A. Saheb). Schon bei der Zielsetzung sollte man achtgeben: „Zu hoch gesetzte Ziele sind unerreichbar und daher nutzlos (K. Haberstock). „Was uns oft im Weg steht, sind die Ziele anderer“ (E. Ferstl). Zu beachten ist auch: „Heftiges Streben nach einem Ziel macht die Seele für anderes blind“ (Demokrit). Beim Verfolgen von Zielen können Probleme und Widerstände auftreten. Treffend: „Wenn man einen falschen Weg einschlägt, verirrt man sich umso mehr, je schneller man geht“ (D. Diderot). Und es gilt: „Wer das Ziel nicht weiß, kann den Weg nicht haben“ (Ch. Morgenstern). Mancher hatte bei der Zielerreichung gute Helfer: „Wer ans Ziel getragen wurde, darf nicht glauben, es erreicht zu haben“ (M. von Ebner Eschenbach). Am Ende gibt es Wertungen: „Über das Ziel hinausschießen ist ebenso schlimm, wie nicht ans Ziel kommen“ (Konfuzius). Zum Schluss: „Wer alle seine Ziele erreicht hat, hat sie als zu niedrig ausgewählt“ (H. von Karajan).

► Zusammenfassung: Der Zielbildungsprozess zeigt den Weg von der Zielsuche bis zur Zielkontrolle. „Wer im Leben Erfolg haben möchte, wird sich anspruchsvolle persönliche Ziele setzen.“* Dabei gilt manchmal: „Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen“ (H. Hesse). „Wer ziellos agiert, wird untergehen.“* „Der Ziellose erleidet sein Schicksal, der Zielbewusste gestaltet es“ (I. Kant). „Der Langsamste, der sein Ziel nicht aus dem Auge verliert, geht noch immer geschwinder, als jener, der ohne Ziel umherirrt“ (G.E. Lessing). Manche kennen den Weg, kommen aber nicht ans Ziel: „Es reicht nicht aus, den richtigen Weg erkannt zu haben, man muss ihn auch gehen“ (S. Gönül). Manchmal gilt. „Der Zweck heiligt die Mittel“ (N. Machiavelli). „Am Ziel deiner Wünsche angekommen, wirst du jedenfalls eines vermissen: dein Wandern zum Ziel“ (M. von Ebner-Eschenbach).

 

Trotzdem erreicht der Mensch in der Regel nicht alle Ziele: „Wir Menschen machen Fehler und manchmal übernehmen wir uns auch.“* „Die meisten Misserfolge kommen kurz vor dem Ziel“ (T.A. Edison). Mitunter müssen wir auch etwas riskieren: „Geht nicht immer auf dem vorgezeichneten Weg, der nur dahin führt, wo andere bereits gegangen sind“ (A.G. Bell). Entscheidend ist: „Der Preis des Erfolgs ist Hingabe, harte Arbeit und unablässiger Einsatz für das, was man erreichen will“ (F.L. Wrigt). Dennoch: „Aller Eifer, etwas zu erreichen, nutzt freilich gar nichts, wenn du das Mittel nichts kennst, das dich zum erstrebten Ziel trägt und leitet“ (M.T. Cicero). Und zum Schluss das positive Fazit: „Was lange währt, wird endlich gut“ (Ovid).

2.8.5 Charakter

Der Charakter (griech.: Prägung) ist die typische Eigenart einer Person, Sache oder Gesamterscheinung, z. B. einer Landschaft. „Charakter ist innere Festigkeit“, sagt der Pädagoge J.F. Herbart. Hippokrates unterscheidet im Hinblick auf die Menschentypen zwischen melancholischen (Schwermut), sanguinischen (Heiterkeit), cholerischen (Reizbarkeit) und phlegmatischen (Ruhe) Charaktertypen. Aristoteles spricht von Verstandestugenden, die durch Belehrung erworben wurden, und von gegebenen Charaktertugenden, z. B. Tapferkeit, Besonnenheit und Gerechtigkeit. Auch Toleranz ist ein Charaktermerkmal: „Toleranz kennt keine Grenzen“ (A. Marti). Es wird versucht, den Charakter des Menschen über die Sternbilder zu ergründen.254 In der Lebenspraxis unterscheiden wir zwischen gut- bzw. bösartigen Charaktertypen.

► Was sagen kluge Köpfe über den Charakter eines Menschen? Arthur Schopenhauer behauptet: „Der Charakter eines Menschen ist angeboren und unveränderlich.“ Das hat für uns Menschen Auswirkungen: „Der Charakter des Menschen ist sein Schicksal“ (B. Brecht). Ist der Charakter mehr mit dem Denken oder mehr mit Gefühlen verbunden? „Der Charakter eines Menschen sitzt nicht im Verstand, sondern im Herzen“ (F.H. Jacobi). Setzt der edle Charakter Talente voraus? „Der Charakter beruht auf der Persönlichkeit nicht auf den Talenten“ (J.W. von Goethe). Unser Charakter zeigt sich vor allem im Verhalten: „Unser Charakter ergibt sich aus unserem Benehmen“ erkannte schon Aristoteles. „Ein gutartiger Charaktertyp ist u. a. gefühlvoll, dankbar, tapfer, besonnen, gerecht, ehrlich, hilfsbereit, barmherzig, geduldig, bescheiden, zurückhaltend, höflich und glaubwürdig.“* „Die Glaubwürdigkeit ist die schönste Visitenkarte eines Menschen“ (H. Joost). Bedenke dabei, dass ein guter Mensch nicht ständig jammert: „Ein edler Charakter wird nicht leicht über sein eigenes Schicksal klagen“ (A. Schopenhauer). Außerdem gilt: „An einem edlen Pferd schätzt man nicht seine Kraft, sondern seinen Charakter“ (Konfuzius). Und zum Schluss: Der Charakter hat Bedeutung für das Gelingen eines ganzen Lebens.255

► „Ein bösartiger Charakter lügt häufig und ist z. B. aggressiv, sehr egoistisch, häufig zornig, sehr neidisch und unzuverlässig.“* „So hat ein Wendehals zwar einen Hals, aber keinen Charakter“ (unbekannt). Der polnische Aphoristiker S.C. Lec meint pfiffig: „Wenn keine Winde wehen, hat sogar der Wetterhahn auf dem Turm Charakter.“ Der französische Dramatiker Nicolas Chamfort kommt demgegenüber zu folgendem Ergebnis: „Wer keinen Charakter hat, ist kein Mensch, sondern eine Sache.“ Oft wird behauptet, dass Geld den Charakter verderbe: „Vielleicht verdirbt Geld tatsächlich den Charakter, auf keinen Fall macht Mangel an Geld ihn besser“ (J. Steinbeck). Ändert der Mensch über das Leben hinweg seinen Charakter? „Der Mensch ändert seinen Charakter nicht. Er lernt nur, seine dunklen Seiten besser zu verbergen“ (N. Pomes). Zum Schluss zum Nachdenken: „Idealismus bringt keine Rendite“ (St. Radulian).

► Fazit: Wir sollten in unserem Urteil nicht zu streng sein: „Es ist kein Mensch ohne ein Aber“ (Sprichwort). Oder anders gesagt: „Wo viel Licht, ist starker Schatten“ (J.W. von Goethe). Und vor allem gilt: „Von nichts kommt nichts.“ (unbekannt). „Ohne Leiden bildet sich kein Charakter, ohne Vergnügen kein Geist. Der Mensch soll also wohl an beiden reifen“ (E. Freiherr von Feuchtersleben). Es gibt außerdem Verbindungen zwischen Charakter und Kraft: „Wenn unser Charakter ausgebildet ist, fängt leider unsere Kraft an, zusehends abzunehmen“ (J.G. Seume). Mit der Selbsterkenntnis ist es nicht so einfach: „Ein Mensch muss Charakter haben, um sein wahres Ich zu erkennen.“* Interessant ist auch die Erkenntnis, dass es Zusammenhänge zwischen der Art des Lachens und dem Charakter gibt: „Man erkennt den Charakter eines Menschen an den Späßen, über die er lacht.“ (A.M. Biolek). Oder noch klarer: „Das Lachen verrät den Charakter“ (Molière). Manchmal reicht schon ganz wenig: „Den Charakter kann man auch aus den kleinsten Handlungen erkennen“ (L.A. Seneca). „Manchmal müssen wir auch nachgiebig sein und manches ganz einfach vergessen können:“*

„On peut mesurer la souplesse d’une personne á son art d’oubliez“

(S. Kierkegaard)

Außerdem: „Wer nicht vergessen kann, aus dem wird nichts Gescheites“ (Kierkegaard). Franz von Sales hat es einmal so gesagt: „Mit Adleraugen sehen wir die Fehler der anderer, mit Maulwurfaugen unsere eigenen.“ Ein weiterer Aspekt ist hinsichtlich eines bestimmten Irrtums zu beachten: „Manche verwechseln Unbelehrbarkeit mit Charakterstärke“ (unbekannt). Es gibt auch den Bezug zur großen Politik: „Politik verdirbt den Charakter“ (B. Brigl). Hinzu kommt: Regieren ist keine Sache für Leute von Charakter und Erziehung! Hinsichtlich der schlimmen Finanzkrise, wo sicherlich auch dunkle Charaktere mitgewirkt haben, gilt: „Nicht nur Geld verdirbt den Charakter, mancher Charakter verdirbt auch das Geld“ (M.G. Reisenberg). Auch trotz guter Menschenkenntnis ist man nie vor Überraschungen sicher: „So manchen dunklen Charakter erkennt man nicht einmal im hellsten Licht“ (E. Blanck). Zum Schluss die weise Erkenntnis: „Am besten erkennt man den Charakter eines Menschen in Geldangelegenheiten, beim Trinken und im Zorn“ (Talmud).

2.8.6 Vorbild

Das Vorbild ist das an bestimmte Personen gebundene Leitbild eines Menschen. Es kann beispielsweise einem heranwachsenden Individuum256 aber auch einem Erwachsenen bei der Verhaltensorientierung dienen. Der Mensch identifiziert sich mit seinem Vorbild und zeigt ihm damit seine Wertschätzung. In der Soziologie und Psychologie beschäftigt man sich mit besonderen Rollenmodellen. So sah Siegmund Freud die Identifizierung mit einem Vorbild als einen psychodynamischen Prozess. Das Lernen am Vorbild spielt auch in der Lerntheorie eine Rolle. „Vorbild ist besser als Vorschrift“ (H.J. Quadbeck-Seeger). Als Vorbilder von Jugendlichen gelten Sportler, Sänger, Schauspieler oder Politiker. Für viele Menschen ist der liberale Politiker H.D. Genscher ein echtes Vorbild. Er schrieb einmal den bemerkenswerten Satz: „Man muss vor sich selbst bestehen können.“257 In jungen Jahren stehen die Eltern als Vorbilder ganz vorn. Und als Vorbild der Kleinen gilt: „Kinder würden Kasper wählen“ (P. Hohl). Ein Leitbild lässt sich ganz unterschiedlich betrachten und beschreiben.

► Thesen: Leitbilder kommen einem Ideal nahe: „Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren“ (C. Schurz). Und: „Die wertvollsten Bilder sind die Vorbilder“ (F. Ammon). Man bringt ihnen Liebe entgegen: „Vorbilder werden geachtet, aber manchmal auch geliebt“ (J.J. Flanagan). Das gilt auch für Eltern: „Die Taten der Väter sind den Söhnen ein Wegweiser“ (Talmud). Karl Valentin stellt fest: „Wir brauchen Kinder nicht erziehen, sie machen uns sowieso alles nach.“ Leitbilder möchten etwas auslösen: „Ein großes Muster weckt Nacheiferung und gibt dem Urteil höhere Gesetze“ (F. von Schiller). Aber es ist dabei zu beachten: „Nichts ist schrecklicher, als ein Vorbild einzuholen“ (T. Lenk). Kluge Köpfe geben dazu folgende Ratschläge:

▪ „Man soll zu erreichen suchen, die Gedanken der Besten nachzudenken und den Besten gleich zu empfinden“ (J.W. von Goethe).

▪ „Wer Gutes tun will, der sei erst gut“ (J.W. von Goethe).

▪ „Kannst du kein Stern am Himmel sein, so sei eine Leuchte im Haus“ (aus Arabien).

Vorbilder weisen mitunter den Weg: „Gute Menschen sind wie Navigationshilfen in unserer Gesellschaft“ (F. Schmidberger). Auch Schiedsrichter258 und Trainer sollten Vorbilder sein: „Für mich spielen Werte eine große Rolle. Sie sind die Basis für Schiedsrichter“ (M. Merk). Ähnlich sieht das O. Hitzfeld: „Ich finde, der Trainer muss Vorbild sein.“ Vielsagend: „Rüpel sind als Trainer keine Vorbilder.“* Edle Menschen sind Vorbilder, was sich auch im Umgang mit den Mitmenschen zeigt: „Je vollkommener jemand ist, desto milder und nachsichtiger geht er mit dem anderen um“ (Th. Morus). Auf den Nenner gebracht heißt das: „Vorbilder fallen aus dem Rahmen“ (E.H. Bellermann).

► Antithesen: „Auch Vorbilder soll man nicht überschätzen.“* „Leitbilder sind wie Kochbücher: „Beide beschreiben Idealzustände, die selten so gelingen“ (H. Lahm). E. von Feuchtersleben meint dazu: „Vorbilder werden geachtet, aber nicht geliebt.“ Vorbilder haben es mitunter zu Hause nicht so leicht: „Oft werden Vorbilder intern anders gesehen als von außen.“* Vorbilder lassen sich nicht so einfach für persönliche Zwecke missbrauchen: „Der Edelgesinnte ist kein Werkzeug für die Zwecke anderer“ (aus China). Vorbild zu sein ist nicht immer einfach: „Wer immer Zugpferd ist, wird am Ende zum Esel“ (aus Andalusien). Leitbilder möchten mit ihrem Tun etwas bewirken, was nicht immer eintritt: „Die Leute zu kränken ist leicht, sie zu bessern ist schwer, wo nicht unmöglich“ (A. Schopenhauer). Denn das Leben ist voller Überraschungen: „Wer etwas bewirken will, muss mit allem rechnen, besonders mit Nebenwirkungen“ (E. Ferstl). Zum Schluss zum Nachdenken: „So wertlos ist keiner, dass er nicht wenigstens als schlechtestes Beispiel herhalten könnte“ (M.M. Ronner).

► Synthese: Gute Vorbilder braucht jeder junge Mensch zu seiner Orientierung.259 Deshalb der Rat von W. von Humboldt: „Wirke auf andere durch das, was du bist.“ Man soll also auch selbst ein Vorbild sein, sagt mein Lieblingsphilosoph Konfuzius: „Der wahrhaft Edle predigt nicht, was er tut, bevor er nicht getan hat, was er predigt.“ Th. von Megara schließt sich an: „Nur von den Besten erlernst du das Beste.“ Gibt es denn ein wirkungsvolles Konzept gegen das Böse?

„Das wirkungsvollste Konzept gegen das Böse in unserer Welt ist die Hinwendung zum Guten“

(E. Ferstl)

Eines meiner Vorbilder ist Prof. Dr. Ekkehard Crisand (Hochschule Ludwigshafen), weil er sehr feinfühlig, freundlich und zuvorkommend war, wie man es in dieser Welt nur selten findet. In wissenschaftlicher Hinsicht haben mich auch die Persönlichkeit und das Werk von Prof. Dr. August Marx (Uni Mannheim) sehr beeindruckt. Beide haben in mir frühzeitig und sehr intensiv das Interesse an dem betrieblichen Personalwesen geweckt. Dafür bin ich beiden sehr dankbar.

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