In der Struth Band 3

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In der Struth Band 3
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Felix Sobotta

In der Struth Band 3

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Ein paar Gedanken zu diesen Büchern

1. Kapitel: Im zweiten Winterquartier

2. Kapitel: Ein neues Jahr beginnt

3. Kapitel: Eberhard, was nun

4. Kapitel: Dienstag und Friga kommen sich näher

5. Kapitel: Ankunft in der Struth

6. Kapitel: Der Flecken in der Struth nimmt Formen an

Impressum neobooks

Ein paar Gedanken zu diesen Büchern
In der Struth Band 3

von Felix Sobotta

Ein paar Gedanken zu diesen Büchern

Die nachfolgenden Bücher widme ich meiner geliebten Frau Lydia, mit der ich schon über fünfzig Jahre verheiratet bin und hoffe, dass wir noch viele Jahre unseres Leben, nicht nur in Freud, sondern auch in weniger frohen Tagen wie bisher gemeinsam teilen dürfen. Beim Lesen wird Ihnen, verehrte Leser, immer wieder der Name Didilind auffallen! Wie Sie gelesen haben heißt meine Frau mit ihrem Vornamen Lydia. In jungen Jahren habe ich sie oft „Lidi“ oder auch, wenn sie besonders lieb war, schon mal „Didi“ oder „Didilein“ gerufen.

Hier in meinen Werken sind wir zwei Jahre lang wie Bruder und Schwester, teils auf dem Rücken unserer Pferde, teils im Planwagen ins neue Land, in unsere neue Heimat wie schon gesagt, als Bruder und Schwester getrampt.

Im wirklichen Leben wurden wir zwei Verlobte durch meine Ausreise 1957 aus Oberschlesien in die Bundesrepublik Deutschland für fast zwei Jahre von einander getrennt und unser Gedankenaustausch und Liebesbeweise fand nur per Brief oder in den sogenannten Liebesbriefen statt.

1959, fast zwei Jahre später, haben die Polen auch ihre Familie als Deutschstämmige in den Westen ausreisen lassen, denn sie, die Polen, brauchten auch ihre Wohnung für die aus der Ukraine vertriebenen Polen. Und am gemeinsamen Ziel, im neuen Land im Westen, haben wir dann geheiratet und auch unsere Familie gegründet, eine Familie unter vielen, keine neue Sippe, keinen neuen Flecken.

Und was die guten Suppen anbelangt, die sie in den Büchern immer wieder gekocht hat, das stimmt auch in Wirklichkeit, denn für ihre dicken Reis- oder Nudelgemüsesuppen mit einer kleinen Fleisch- oder Wursteinlage, lass ich jetzt in meinen alten Tagen, oder bei meiner vorgerückten Jugend, alles andere stehen, sie sind einfach ein Gedicht! Und wenn es ganz besonders gut geschmeckt hat, dann sag ich auch schon mal nach dem Essen: „Maminka, ich heirate dich gleich wieder!“

1. Kapitel: Im zweiten Winterquartier

Nachdem ich mit Didilind so ziemlich alles, was das Holzmachen anbelangt geklärt hatte, ging ich zu den Pferden und ließ sie alle hinaus auf die Wiese vor den Häusern. Es gab hier noch genug Grünfutter für sie, denn Frost und Schnee haben hier noch nicht die ganze Wiese braun werden lassen oder weiß zugedeckt. Beim Grasen fand ich noch genügend Gelegenheit, die für die Pferde schon gewohnten, aber gestern Abend vergessenen, die schon mehr als liebgewonnenen Streichel-, Tätschel- und Krauleinheiten noch nachzuholen. Für die Pferde war das ein doppelter Genuss, hier das nasse und noch grüne Gras und als Beilage die frei Hand mit- oder nachgelieferten Liebkosungen. Auch die Fohlen haben mittlerweile schon mitbekommen, dass das Kraulen im Fell eine recht angenehme Sache ist, von der man eigentlich nicht genug bekommen kann. So wie es aussieht, können die Pferde heute noch vom Gras alleine satt werden. Aber ein Blick zum Himmel und meine Frage an meinen Chef da oben: „Kann ich hier die Pferde unbewacht so herumlaufen lassen? Vor einem Jahr hast du mich vor Bären und Wölfen gewarnt, die den Pferden gefährlich werden können, was auch passiert ist. Und wie sieht es hier und heute aus?“ Doch heute bekam ich keine Antwort, was ich dahin deutete, dass heute und hier bestimmt nichts passieren wird und ließ sie erstmals frei grasen.

wieder auf und setzte danach die Suche nach den zwei Steinen zum Zerreiben des Getreides fort. Im Raum, in dem ich die Ketten und das Werkzeug fand, sah ich jetzt bei Tageslicht auch noch eine nicht zu große Tür, die ich ganz neugierig öffnete. Was ich da sah, machte mich fürs erste total sprachlos, denn das waren nicht zwei Steine zum einfachen Zerreiben des Getreides wie beim Waldmann damals, das war ein ganz richtiger, kleiner Mahlstock, den man nicht selber drehen oder hin und herschieben musste, er wurde außerhalb des Hauses von einem kleinen Wasserrad angetrieben. Die Neugier trieb mich förmlich aus der Hütte, um auch die Technik mit dem Wasserrad zu erforschen. Hinter unserer Scheune floss ein kleiner Gebirgsbach ins Tal. Und von diesem kleinen Gebirgsbach ging eine künstliche Wasser Rinne, die jetzt trocken war, direkt außen an der Wand des Mahlraumes vorbei. In diese Wasser Rinne hinein reichte das Wasserrad. Um jetzt Wasser in die Rinne zu bekommen, musste ich etwas oberhalb im Gebirgsbach zwei Schieber betätigen: Der eine stoppte den weiteren zu Tal laufenden Wasserlauf und der zweite Schieber öffnete den Wasserlauf in die künstliche Wasser Rinne und brachte das kleine Wasserrad zum Drehen, das wiederum über breite Lederriemen den Mahlstock zum Drehen brachte und das Getreide zu feinem Schrot zermahlte. Ihr könnt euch sicher denken, was ich als nächstes gemacht habe: „Ich holte drei Säcke Roggen vom Schüttboden, schüttete einen ganzen in den Getreidetrichter, ließ das Wasser des kleinen Gebirgsbächleins in die künstlich angelegte Wasser Rinne laufen, band am Auslauf der Mühle einen leeren Sack und ließ das Getreide langsam durch den Mahlstock laufen. Was unten herauskam, war fast so fein wie Roggenmehl. Es hat keine zwei Stunden gedauert und ich hatte drei Säcke Vollkornmehl zum Brotbacken. Natürlich ging die Mahlerei nicht lautlos über die Bühne. Und wer stand plötzlich neben mir und staunte nicht schlecht darüber, was ich mit dem Roggen angerichtet habe. Mit Mund, Händen und Füßen fragte er mich, ob er auch Roggen bringen kann, denn so einen Mahlstock hat er bei ihnen daheim noch nicht entdeckt. Ich ging mit ihm auf seinen Schüttboden und half ihm auch beim Einsacken von drei Säcken, die wir zu uns hinüberbrachten, die der Mahlstock auch für ihn gemahlen hat. Unsere Frauen staunten nicht schlecht, als wir ihnen das frisch gemahlene Vollkornmehl in die Küche brachten, denn zum Brotbacken wäre es hier im kalten Mahlraum zu kalt zum Lagern. Ich habe dann das Wasser durch Umstellen der Schieber wieder umgeleitet. Aber jetzt, wo ist der Backofen, ein kleiner Rest vom letzten Brotteig, um den Sauerteig anzurühren und der Holzbacktrog zum Teig-machen? Zusammen gingen wir, Dienstag und ich auf die Suche und fanden im Windschatten, zwischen der Wohn-, Stall- und Scheunenhütten, fast in der Mitte der Siedlung, ein kleines, mit Bruchsteinen stabil gemauertes Häuschen. Beim Öffnen der Tür sahen wir, dass es das kleine Backhaus war, in dem nicht nur der Backofen stand, sondern auch der Backtrog zum Teigmachen war. Und in diesem Backtrog war ein kleiner vertrockneter mehliger Rest Teig vom letzten Brotbacken, der mit warmen Wasser angerührt wieder die nötige Säure für den nächsten Brotbackteig gibt, für den wir schon mal den Roggen, im Gegensatz zu Denis und Gerid, gemahlen haben. Didilind staunte nicht schlecht, als ich ihr vom Mahlstock bei uns und vom Backhaus paar Hütten weiter berichtetet habe. Natürlich habe ich immer wieder einen Blick auf die freilaufenden Pferde und das Umland um uns herum geworfen, denn ich wollte keines der Pferde freiwillig verlieren, denn sie sind mir alle, egal ob groß oder klein, einfach ans Herz gewachsen.

Didilind fragte Dienstag, ob sie zuerst das Brot backen wollen, oder sollen wir zuerst unser Glück mit dem Backen versuchen? Doch Dienstag gab ihr zu verstehen, dass sie zuerst es mit dem Brotbacken versuchen solle. „Wir“, meinte er, „werden es dann nach euch versuchen.“ Mir gab er draußen zu verstehen, dass seine Frauen so etwas noch nie gemacht haben und er weiß nicht, wie er das Didilind sagen soll, dass sie vielleicht seinen Frauen dabei behilflich sein könnte, dass sie das Brotbacken auch lernen. Ich beruhigte ihn und versuchte ihm zu sagen, dass heute Abend wir den Sauerteig anrühren werden und morgen Abend Didilind dann bei euch, das heißt, dass übermorgen bei euch das Brot gebacken wird. Als wir am nächsten Tag unser Brot gebacken haben, kamen Denis und Gerid, angezogen von dem Duft des frischgebackenen Brotes auch ins kleine Backhaus und waren tatsächlich der Meinung, wir könnten für sie das Brot mitbacken. Doch ich sagte ihm klipp und klar, dass das Backhaus für jeden da ist und auf euren Schüttböden ist sicher auch noch genug Roggen vorhanden, den man auch irgendwie schroten kann und eure Frauen werden doch sicher in der Lage sein zumindest den Brotteig zu machen. Backen tut es dann der Ofen, wenn ihr ihn auch richtig einheizt. Bisschen eingeschnappt gingen sie von dannen. Am Abend haben wir bei Dienstag in der Küche den Sauerteig angerichtet und am nächsten Morgen den Brotteig gemacht. Während Dienstag fast wissbegierig alles was Didilind beim Brotteigmachen und so weiter machte beobachtet hat, machte ich im Backofen schon das Feuer. Dann, am späten Vormittag haben sie den Brotteig zu runden Broten geformt, in Strohkörbchen gegeben und ins warme Backhaus getragen. Didilind hat auch hier den zwei Dienstagsfrauen gezeigt, wie man die gegarten Brote in den heißen Backofen schiebt und so weiter und wie und wann man sie wieder gebacken herauszieht. Dienstag hat alle ihre Handgriffe genauestens beobachtet. Für die zwei Frauen, war das Brotbacken mit allem Drumherum absolutes Neuland und das gebackene Brot, das sie bisher nur als das gekaufte kannten, betrachteten sie fortan als ein Geschenk des Himmels und baten Didilind, dass sie es ihnen auch ganz und gar bei bringen wolle, denn vom einmaligen Zuschauen, trauen sie sich noch nicht es selber zu backen. Didilind versprach es ihnen. Am Nachmittag begann ich mit Didilind hinter unserm Holzstadel eine urige Buche umzusägen. Doch kaum ertönten die ersten Sägestreiche, stand Dienstag hinter Didilind und sagte: „Du nix chrr rrch chrr rrch machen, du Brot backen. Ich machen chrr rrch chrr rrch hier machen“, wobei er mit den Händen die Bewegungen des Sägens machte. Ich bat Didilind aus dem Werkzeugraum zwei Ketten zu bringen, um dann den Baumstamm zum Holzstadel zu ziehen, so wie im vorigen Jahr. Als sie mit den Ketten zurückkam, hat der Stamm schon auf der Erde gelegen und wir waren dabei ihn von den Ästen zu befreien. Ich bat Didilind, dass sie zwei Pferde aufschirrt und sie hier her bringt, damit wir den Baumstamm zum Holzstadel ziehen können. Wir waren gerade mit dem entästen fertig, da war sie auch mit den zwei Pferden da. Mit vereinten Kräften haben wir den Riesenbaumstamm zum Holzstadel gezogen. Didilind hat die beiden Vierbeiner zum Weitergrasen auf die Wiese vor den Stallungen gebracht. Dienstag und ich haben den Stamm in etwa dreißig Zentimeter lange Stücke zersägt und auch heute noch haben wir sehr viele Baumstücke in ziemlich gleichgroße Scheite gespalten. Am nächsten Tag kam Dienstag mit seinen beiden Frauen. Während Dienstag und ich weiter die Baumstammstücke in Scheite spalteten, haben die Frauen Dienstags aber auch Didilind und Luzia die Scheite zu Haufen gestapelt. Didilind verschwand etwa eine Stunde früher in der Küche und hat für alle eine gute und dicke Suppe, in der wieder alles drin war, was ihre Vorratskammer hergab, für das Mittagessen gekocht. Bis zum Mittagessen war die Buche, die gestern um diese Zeit noch stolz und hochgereckt in den Himmel ragte, zersägt, in Scheite gespalten und zu einem großen Stapel gestapelt. Zum Mittagessen hat Golombka der Matula einen großen Teller Suppe hinüber getragen, denn wie sie sagte, müsse sie das Haus hüten, es können doch nicht alle es verlassen! Am Nachmittag haben wir, Dienstag und ich für ihn eine ebenso große Buche umgesägt, von den Ästen befreit und mit zwei Pferden vor seinen Holzstadel gezogen. Bis zum Abend haben wir den Stamm in etwa dreißig Zentimeter lange Stücke zersägt und noch einige Stücke in ziemlich gleich große Scheite gespalten. Am nächsten Tag haben wir wieder mit vereinten Kräften, die Mannsbilder gespalten und die Weiblein die Scheite gestapelt. Golomb-ka verschwand etwa eine Stunde früher, wie gestern Didilind in ihrer Küche und hat für heute Mittag für alle Holzhacker und Holzstapler eine gute und dicke Suppe gekocht, die sicher nicht die schlechteste Suppe war; das bisschen, kleine Etwas, das Didilind in ihren Suppen noch hat, das fehlt hier noch! Als die Frauen den Abwasch taten, glaubte ich, dass Dienstag mich nach unsern Fleischvorrat fragt. Ich versuchte ihm beizubringen, dass er mich so fragen muss: „Habt ihr noch viel Fleisch?“ Oder: „Müssen wir bald wieder auf die Jagd gehen?“ Bis wir wieder auseinander gingen, hat er diese beiden Sätze schon frei aufsagen können. Ich sagte ihm, unter Mithilfe meines Mundes, meiner Hände und Füße, dass wir in etwa drei Tagen wieder auf die Jagd gehen werden müssen, denn auch unser Fleischvorrat geht langsam zu Ende. Als wir uns wieder trennten und wir ins Freie traten, schaute ich unwillkürlich nach Westen, denn da türmten sich meterhohe dunkelgraue Wolken. Beides zusammen, die kalten, frostigen Temperaturen und die dunklen Wolken im Westen, die langsam aber sicher zu uns kommen, lassen mich nichts Gutes ahnen; es sieht und riecht auch schon nach viel Schnee, was ich auch Dienstag zu erklären versuchte.

 

Zunächst habe ich mit Dienstag den Pferdestall für die nächste Nacht zurechtgemacht, die Streu auf dem Boden verteilt, Heu in die obere Futterleiter und Wasser in so vielen Eimern, wie ich auftreiben konnte im Stall an die Rückwand gestellt. Hafer wollte ich heute noch nicht beifüttern, denn bis jetzt finden sie immer noch an und für sich genug Gras, wenn auch immer weiter vom Stall weg. Dann haben wir beide noch ein paar Arme voll Holzscheite in die Küche neben die Feuerstellen gebracht. Und da kam mir der Gedanke: „Wenn das Wasser im schmalen Bach zufriert und dein Schrot geht zu Ende, was dann? Also nichts wie auf den Schüttboden und einen Sack Roggen und einen Sack Weizen gefüllt und hinab in den Mahlraum. Den Weizen hab ich gleich in den Mahlstocktrichter geschüttet hinaus zum Gebirgsbach und das Wasser umgeleitet. Das kleine Wasserrad begann sich zusehends schneller zu drehen. Wieder zurück im Mahlraum, habe ich die Transmission so umgelegt, dass die Kraft des drehenden Wasserrades die Steine des Mühlstocks zum Drehen brachte. Gerade so fein wie gestern der Roggenschrot war, so ist auch jetzt der feine Weizenschrot. Von dem Lärm angelockt, stand Dienstag plötzlich in der Tür und fragte mich mit Händen, Mund und Füßen, was das geben soll, wenn es fertig ist. Ich versuchte ihm klar zu machen, wenn der Fluss zufriert, haben wir kein Wasser, dass das Wasserrad antreibt und wir dann keinen Schrot zum Brotbacken haben aber auch kein Weizenschrot zum Kochen. Ich glaube, dass er mich verstanden hat, denn in einer halben Stunde brachte er mir auch einen Sack Weizen und einen Sack Roggen. Als ich mit meinen zwei Säcken fertig war, habe ich auch den Weizen den Dienstag und den Roggen dann in den Trichter geschüttet und beides getrennt geschrotet. Dann haben wir beide unsern Schrot in unsere Küche getragen, was eigentlich heißen müsste, jeder in seine Küche. In den Küchen bei uns hat immer ein kleines Feuer auf dem Herd gebrannt, das die Raumluft sich nicht so kalt hat anfühlen lassen. Ich weiß es nicht, denn das lange Schroten mit dem Wasserrad angetriebenen Mahlstock war weit hin hörbar gewesen, dass weder Dennis noch Gerid mal gucken kamen was sich da abspielt, denn ohne Weiteres hätte ich auch ihnen den Roggen und den Weizen geschrotet! Ob die zwei Frauen ihre Männer so unter Druck gesetzt haben? Nachdem sich keiner der beiden Männer haben blicken lassen, habe ich das Wasser draußen wieder umgeleitet und fand in der wieder trockenen Wasser Rinne einige kleinere ovale Goldfische, die nicht größer waren, als kleine Spatzen Eier. Dem aufmerksamen Gucker, musste jedenfalls die gut gefüllte Hosentasche aufgefallen sein. Das heißt, dass dieser Berg, aus dem der kleine Gebirgsbach herauskommt, auch goldhaltig sein muss und wiederum, dass man im Bach auf alle Fälle, wenn auch nicht allzu große, so doch immerhin kleine Goldfische zu finden sind. Also, lassen wir erst mal den schon wärmeren und angenehmeren Frühling kommen.

Kaum hatte ich die kleinen Goldfische in meiner Hosentasche verstaut, schien der Himmel seine Schleusen geöffnet zu haben, und das eben noch Grün der Wiese wurde immer weißer. Unsere Pferde hoben eines nach dem anderen den Kopf, schnupperten in der Luft umher und schauten fast traurig zu mir herüber, als wollten sie sagen, was soll das denn geben wenn es fertig ist? Ohne dass ich ihnen etwas gesagt habe, marschierten sie in Richtung Stall. Thor war der Vorletzte, der im Stall verschwand und den Schnee von seinem Rücken schüttelte. Als Letzter betrat ich den Stall und verabreichte allen Pferden die üblichen Streichel-, Tätschel- und Krauleinheiten. Die vierte Banditenstute kam mir so vor, als wollte sie bald ihr Fohlen zur Welt bringen. „Hoffentlich geht das Fohlen auch bei ihr alleine gut!“ Die werdende Mutter bekam viele Sondereinheiten in der Hoffnung dass alles gut klappen möchte, denn Zeit wird bei mir immer noch recht kleingeschrieben. Als ich aus dem Stall herauskam und ihn abschloss, stellte ich fest, dass es bestimmt schon fünf Zentimeter Neuschnee gefallen sein mussten; von grünem Gras war weit und breit nichts mehr zu sehen. „Wenn das so weiter geht, dann können wir morgen die Wege wieder frei schaufeln wie vor einem Jahr“, dachte ich so für mich!

Zum Abendessen gab es beschmierte und belegte Brote mit warmen Tee, Marke Didilind. Doch beim Abendessen sagte Didilind: „Genießt die Butterbrote, denn die Butter ist somit alle, alle und wo der nächste Wochenendmarkt mit frischer Butter ist, das weiß der Himmel und der scheint hinter diesen grauen Wolken mehr als eisern zu schweigen!“ Als ich meinen Mund leer hatte, sagte ich ihr: „Wenn der Himmel es für richtig hält, dass wir einen Wochenmarkt finden sollen, dann wird er ihn auch uns wieder finden lassen. Also warten wir es ab, noch sind wir nicht am verhungern!“ Als wieder alles Werkzeug, das wir zum Abendessen benutzt haben sauber in der Geschirrkiste verstaut war, haben wir unserm Chef da oben alles erzählt, was wir heute getan und auch erlebt haben, empfahlen ihm alle Menschen seiner nächtlichen Obhut wie auch uns. Danach haben auch wir uns bald in unseren kalten Betten verkrochen und waren auch bald beim Sandmann in seinem Reich. Ich weiß nicht wie lange wir heute Nacht schon geschlafen haben, denn plötzlich wurde ich von Luzia geweckt, die dann sagte, dass da draußen vor ihrem Fenster jemand sein muss, der da so komische Geräusche macht. Vorsichtig und ganz leise, denn ich wollte keineswegs Didilind wecken, stieg ich aus meinem Bett, nahm Pfeil und Bogen in meine Hände und schlich hinüber zu Luzia in die Schlafkammer. Erst lauschte ich woher die Geräusche kommen und was das für Geräusche sein können. Ich für meinen Teil konnte zunächst nichts hören. Doch dann machte es paar Mal bums, gerade so, als wollte da jemand mit dem Kopf durch die Wand. Noch leiser als sonst schlich ich ans Fenster, öffnete es fast lautlos und da sah ich wie ein ausge-wachsener Ur mit seinem Kopf gegen die Rückwand der Wagenremise stieß. Offensichtlich hat er es mitbekommen, dass da drinnen auf dem Wagen Hafer geladen ist. Dabei zeigte er mir seine blanke linke Brustseite. Mein Standort am Fenster und seine Herzgegend vor der Holzwand bildeten ungefähr einen Winkel von fünfundvierzig Grad; bisschen ungünstig für einen Blattschuss. Vorsichtshalber nahm ich einen zweiten Pfeil aus meinem Köcher, legte ihn schon mal griffbereit aufs Fensterbrett und schoss den ersten Pfeil in seine Herzgegend. Ob er das Herz auch getroffen hat, weiß ich nicht. Der getroffene Pfeil hat ihn sehr erbeben lassen und es quoll viel Blut in den Schnee. Es muss ein sehr zäher Bursche sein, denn er stand noch immer stark zitternd auf allen vieren. Doch dann brüllte er laut auf und sackte auf seinen Beinen zusammen. Nach paar Minuten knurrte er noch einmal auf, kippte rechts zur Seite und streckte alle Viere von sich, was normaler weise das sicherste Zeichen ist, dass er in die ewigen Jagdgründe gewechselt ist. Also konnte ich das Fenster wieder zu machen, half Luzia ins mittlerweile erkaltete Bett, deckte sie zu, machte ihre Tür zu und ganz leise wechselte ich in unseren Schlafraum, um ja Didilind nicht zu wecken. Aber da habe ich wieder mal die Rechnung ohne sie gemacht, denn, wie sie mir später sagte, hat sie Luzias Kommen schon mitbekommen, wollte aber keinen unnötigen Wirbel machen. Ich habe ihr kurz erzählt, dass wir wahrscheinlich nicht zur Jagd gehen müssen, denn der Hafer auf dem Wagen in der Wagenremise hat wieder einen Ur angelockt, der seine Neugier und seine Fressgier mit seinem Leben bezahlt hat. „Und wenn ich Dienstag richtig verstanden habe, da geht bei ihnen auch der Fleischvorrat langsam aber sicher zu Ende. Darum jetzt schnell wieder ein- und weiter-schlafen, denn morgen wartet auf uns ein sehr anstrengender Tag“, sagte ich ihr noch. Ich jedenfalls, ich musste sehr bald, schneller als ich denken kann, wieder eingeschlafen sein. Dafür war ich am Morgen der erste wach. Sicher hat der erlegte Ur mich in meinem Unterbewusstsein bis hierher begleitet und schon mal geweckt. Nachdem ich mich in der Waschschüssel bisschen frisch gemacht und warm angezogen habe, ging ich zuerst in den Pferdestall und musste feststellen, dass die vierte Banditenstute heute Nacht ihr Stutenfohlen zur Welt gebracht hat, an dem ich hier im Stall keine Fehler entdecken konnte und einen recht stabilen Eindruck machte. Die junge Pferdemutter bekam ihre Sonderration an Streichel-, Kraul- und Tätscheleinheiten. Dann ging ich Dienstag wecken und versuchte ihm mit Mund, Händen und Füßen verständlich zu machen, dass wir einen Ur erlegt haben, den wir jetzt ausziehen müssen. Da fiel mir wieder der Werkstattraum ein, in dem an der Decke ein stabiler Flaschenzug hing! Vielleicht können wir mit dem Flaschenzug den Ur hochziehen. Um ihn hochzubekommen, muss er aber erst mal da in seine Nähe kommen! „Was nun, Eberhard? Am besten du schirrst ein Pferd auf und ziehst den Ur durch den Schnee hier vor die Tür und dann mittels einer Kette und dem Flaschenzug hier in den Raum! Offensichtlich hat Dienstag es doch irgendwie mitbekommen, dass ich mit meinem angeschirrten Thor hinter unserm Häuschen verschwand und staunte nicht schlecht als er mir nachkam und sah, was ich da an das Pferd mit einer Kette zum Wegziehen band. Mit vereinten Kräften haben wir ihn im Schnee vor die Werkstatttür brachte. Ich habe Thor wieder ausgeschirrt und in den Stall gebracht. Dann haben wir beide den Ur mit dem Flaschenzug über die Kette in den Werkstattraum ge- und etwas hochgezogen. Danach verschwanden wir beide zum Frühstücken und kamen bald wieder mit unsern scharfen Messern zurück, um ihn zu entkleiden. Den Kopf, die Zunge aber auch die Leber, die Nieren, das Herz und die Unterschenkel für die guten Markknochen wurden gleich geteilt. Den restlichen Ur wollten wir bis morgen hier im kühlen Werkraum hängen lassen: „Angeblich soll das Fleisch, wenn es etwas länger im rohen Zustand kühl hängen kann, besser schmecken“, sagte Didilind. Probieren wir es einfach mal! Dann haben wir beide unsere Unterschenkel in nicht zu dünne Scheiben zersägt, packten unsere Sachen in eine herbeigebrachte Schüssel, schlossen den Raum ab und brachten schon mal den kleinen Anteil der nächtlichen Beute nach Hause. Dann trafen wir uns, Dienstag und ich und wollten in den restlichen Scheunen und die räumlichen Anbau-ten hineinschauen, ob da oder dort etwas Verwertbares für den Winter zu finden ist. Ich denke da an erster Stelle an einen Schlitten, der hier irgendwo untergestellt sein könnte, ähnlich dem Schlitten, den wir im vergangenen Winter durch puren Zufall so im Heu gefunden haben und der uns sehr zur Hilfe kam. Schon im dritten Häuschen, hinten in der Wagenremise fanden wir einen Schlitten, der dem im letzten Winter sehr ähnlich sah. Dienstag und seine kleine Schwester Kotschka, aber auch Didilind hatte nichts dagegen, wenn Luzia mit uns eine Schlittenfahrt ins ‚Blaue’ unternimmt. Mit vereinten Kräften haben wir den Schlitten herausgezogen, den Staub abgewischt, man kann auch sagen, dass wir ihn gleichmäßig verteilt, haben, Thor und Odin, unsere beiden Pferde, die richtige Winterschuhe anhatten, eingespannt und ab ging die Reise. Wir kamen wieder an die Kreuzung und mussten auch heute feststellen, dass das Linksabbiegen immer noch durch einen umgestürzten Raum versperrt war. Also fuhren wir gerade aus und siehe da, wir kamen in einen Flecken, der noch bewohnt war. Hier bekamen wir schon mal jeder zwei Klumpen Butter, jeder dreißig Eier und zwei Salzhüte. Ich bezahlte für alles eine halbe Goldflocke. Zu Dienstag sagte ich, dass er bei der nächsten Tour die Zeche bezahlt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er mich ganz bestimmt nicht verstanden hat. Auch erfuhren wir hier, dass am nächsten Sonn-abend auch hier wieder Wochenmarkt ist. Beim Kupferschmied bekam ich zwei kleine Glöckchen, die ich Thor und Odin unter ihr Geschirr band. Dankend verabschiedeten wir uns von dem Flecken auf ein baldiges Wiedersehen hier am Wochenendmarkt und fuhren bimmelnd und Freudestrahlend, dass wir auf so eine einfache Art einen Wochenmarkt gefunden haben, mit einem mächtigen Hunger im Bauch wieder in Richtung Winterquartier. Ob ihr es glaubt oder nicht, hier empfingen uns unsere drei Frauen mit einer guten, dicken Suppe, gekocht aus den Teilen der nächtlichen Beute. Die vier andern mit einer Portion Neugier, denn wie auch, sie konnten sich das plötzliche Gebimmel und den Schlitten vor ihrer Haustür nicht erklären. Thor, Odin und die junge Mutter bekamen schon mal zur Belohnung eine kleine Portion Extrahafer, den keines der ebengenannten abwies! Ich hatte so den Eindruck als wollten die drei mir sagen: „Es schmeckt nach mehr und riecht nach noch!“ Aber die nächste Haferportion gibt es für alle heute Abend bei der Fütterung. Zunächst kamen die beiden, Thor und Odin zu den andern Pferden in den nicht zu kalten Stall. Nach dem Essen habe ich alle Pferde hinaus in den Schnee gelassen, wo sie sich ein kleines Bisschen austoben können. Unterdessen haben Dienstag und ich den Stall für die Nacht fertig gemacht: Bisschen eingestreut, in die Futterleiter kam das Heu und in die Futterkrippe kam für jedes Pferd zwei Hände Hafer. Die Futterkrippe war so lang, das alle neun Pferde bequem und ohne zu drängeln, futtern können. Zum Schluss haben wir die Wassereimer wieder mit Wasser an der Rückwand gefüllt hingestellt. Jetzt haben wir die Pferde wieder in den Stall gelassen, die Streicheleinheiten einem jeden verpasst und den Stall von außen abgeschlossen. Danach habe ich die Mausfallen kontrolliert, die gefangenen Mäuse entfernt, sie wieder aufgestellt und auch die Wagenremise dicht abgeschlossen. An dem abgelagerten Holz-stapel habe ich mir einen kräftigen Arm Holz-scheite aufgeladen und ab ging es in die Küche. Luzia hat Didilind schon alles erzählt, was wir heute alles so bei unserer Partie entdeckt haben; was wir gekauft haben, hat Didilind schon selbst entdeckt. Dementsprechend gab es heute wieder Butterbrote mit zarten Fleischscheiben belegt. Dazu gab es klare Brühe aus einer Markknoche. Dass die wieder große Klasse geschmeckt hat, brauche ich euch hier nicht extra zu bejubeln! Nachdem wieder alles Werkzeug, das wir heute Abend zum Abendbrot benutzt haben, sauber und trocken verstaut in der Geschirrkiste war, haben wir uns in unsern Betten zum Schlafen verkrochen. Nachdem wir unserm Chef da oben alles erzählt haben was wir heute erlebt und getan haben, dankte ich ihm besonders für den Ur, der sich sicher nicht aus freien Stücken hier verlaufen hat, bat ihn wie immer alle Menschen in seine väterliche Obhut zu nehmen und auch uns morgen früh wieder gesund und heil aufwachen zu lassen. Ich weiß nicht wie lange wir heute geschlafen haben, denn plötzlich stand Luzia wieder bei uns im Zimmer und jammerte, dass da bei ihr im Zimmer immer etwas herumrumpelt und sie nicht schlafen lässt. Ich versuchte sie zu trösten, dass sie sicher etwas Böses geträumt hat und schickte sie wieder rüber in ihr Zimmer. Doch nach einer kleinen Weile kam sie wieder zu uns und sagte, dass es immer wieder so laut herumrumpelt und ich mein Bettzeug nahm und zu ihr ins Zimmer ging und mich ins leere Bett legte. Kaum habe ich im Bett gelegen, fing sie wieder an zu jammern, dass da jemand im Zimmer, mal hier und mal dort herumrumpelt, einfach so herumpoltert. Da ich nichts hörte, glaubte ich, sie wolle nur mit Didilind in einem Zimmer schlafen und half ihr mit ihrem Bettzeug beim Umzug ins andere Zimmer. Aber auch hier fing sie bald wieder zu weinen an, dass der Poltermann auch hier ihr Angst macht. Also zog ich wieder um in mein früheres Bett, und wir beide schliefen bald, Rücken an Rücken fest ein. Bei mir hat es mit dem Einschlafen doch etwas länger gedauert, denn bei mir gingen nicht immer sau-bere Gedanken durch den Kopf, warum und wieso will sie ausgerechnet mit mir zusammenschlafen. Doch am Morgen, ich war bei den Pferden, da kam Dienstag zu mir und machte, besser gesagt, er versuchte mir mit Tränen in den Augen verständlich zu machen, dass seine Matula heute Nacht gestorben ist. Vermutlich hat sie es auf ihre Art versucht sich verständlich zu machen, dass es mit ihr zu Ende geht. Luzia, die schon oft gesagt hat, dass sie mit ihrer Mami redet, während wir weiterfahren, war wohl die einzige von uns Menschen hier im Haus, die in diese Richtung eine Empfangsantenne hat und ihren Todeskampf durch ein unverständliches Poltern empfangen hat. Als ich am nächsten Tag früh bei den Pferden war, kam Luzia zu mir in den Pferdestall, einmal wollte sie sich für die heutige, unruhige Nacht bei mir entschuldigen und zum Andern, sie wollte doch das neugeborene Fohlen begrüßen, was sie auch tat. Doch dann kamen wir beide noch einmal ins Gespräch und ich sagte ihr: „Wenn du das nächste Mal mit deiner Mama sprichst, frage sie warum es in der Nacht so gepoltert hat, das aber nur du gehört hast und nicht auch wir. Glaub mir, ich bin schon sehr gespannt auf deine Antwort, denn sie sicher hochinteressant sein!“