In der Struth Band 1

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In der Struth Band 1
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Felix Sobotta

In der Struth Band 1

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Ein paar Gedanken zu diesen Büchern

1. Kapitel Odens, meine Heimat in den Südkarpaten

2. Kapitel: Auf der Nordseite der hohen Berge

3. Kapitel: Der zweite Goldfund

4. Kapitel: Im Winterquartier 213/14

5. Kapitel: Im Winterquartier

Impressum neobooks

Ein paar Gedanken zu diesen Büchern

In der Struth Band 1

von Felix Sobotta

Ein paar Gedanken zu diesen Büchern

Die nachfolgenden Bücher widme ich meiner geliebten Frau Lydia, mit der ich schon über fünfzig Jahre verheiratet bin und hoffe, dass wir noch viele Jahre unseres Leben, nicht nur in Freud, sondern auch in weniger frohen Tagen wie bisher gemeinsam teilen dürfen. Beim Lesen wird Ihnen, verehrte Leser, immer wieder der Name Didilind auffallen! Wie Sie gelesen haben heißt meine Frau mit ihrem Vornamen Lydia. In jungen Jahren habe ich sie oft „Lidi“ oder auch, wenn sie besonders lieb war, schon mal „Didi“ oder „Didilein“ gerufen.

Hier in meinen Werken sind wir zwei Jahre lang wie Bruder und Schwester, teils auf dem Rücken unserer Pferde, teils im Planwagen ins neue Land, in unsere neue Heimat wie schon gesagt, als Bruder und Schwester getrampt.

Im wirklichen Leben wurden wir zwei Verlobte durch meine Ausreise 1957 aus Oberschlesien in die Bundesrepublik Deutschland für fast zwei Jahre von einander getrennt und unser Gedankenaustausch und Liebesbeweise fand nur per Brief oder in den sogenannten Liebesbriefen statt.

1959, fast zwei Jahre später, haben die Polen auch ihre Familie als Deutschstämmige in den Westen ausreisen lassen, denn sie, die Polen, brauchten auch ihre Wohnung für die aus der Ukraine vertriebenen Polen. Und am gemeinsamen Ziel, im neuen Land im Westen, haben wir dann geheiratet und auch unsere Familie gegründet, eine Familie unter vielen, keine neue Sippe, keinen neuen Flecken.

Und was die guten Suppen anbelangt, die sie in den Büchern immer wieder gekocht hat, das stimmt auch in Wirklichkeit, denn für ihre dicken Reis- oder Nudelgemüsesuppen mit einer kleinen Fleisch- oder Wursteinlage, lass ich jetzt in meinen alten Tagen, oder bei meiner vorgerückten Jugend, alles andere stehen, sie sind einfach ein Gedicht! Und wenn es ganz besonders gut geschmeckt hat, dann sag ich auch schon mal nach dem Essen: „Maminka, ich heirate dich gleich wieder!“

In der Struth

1. Kapitel Odens, meine Heimat in den Südkarpaten

Wir haben das Jahr 212 nach Christi und vor drei Tagen die Winterwende gefeiert. Einen halben Meter hoch lag der Schnee und es was klirrend Kalt. Für uns Kinder und Jugendlichen konnte es im Paradies nicht schöner sein.

Entschuldigung, ich habe es ganz vergessen mich zuerst vorzustellen. Ich bin Eberhard V., der älteste Sohn des Ortsvorstehers und Wodandieners Eberhard IV. von Odens, der zugleich verantwortlich ist, dass die Götter uns immer wohlgesonnen sind und bleiben und bin bis zu meinem achtzehnten Lebensjahr in Odens, einer gotischen Siedlung mit einem in der Umgebung sehr bekannten und verehrten Wodanheiligtum, aufgewachsen. Dieses Wodanheiligtum, das aus einer noch viel, viel älteren, urwüchsigen und knorrigen Eiche bestand, die schon viele hundert Jahre auf dem Buckel hat, das sich auf einem Hügel befand, weithin sichtbar war und viele große und kleine Schicksalsschläge, die man an ihrer gebrochenen oder rissigen Rinde erkennen kann, schon überstanden hat, freudige und weniger freudige Gegebenheiten, wie mir mein Großvater oft an den langen Winterabenden erzählt hat, wenn die Frauen der Nachbarschaft beim Federschleißen und die Opas zum Zuhören da saßen, wenn es darum ging beim Erzählen der alten und ururalten Gruselgeschichten, den einen oder die andere Erzähler/in beim Gruseln zu übertrumpfen, was sie wiederum von ihren Groß- oder ihren Urgroßeltern erfahren haben oder erzählt bekamen. Mein Vater war zugleich für die Sicherheit im Ort und um uns herum zuständig. Und damit Wodan vor lauter Einsamkeit da oben in der Eiche nicht verkommt, auf dumme Gedanken kommt oder übermütig wird, was bestimmt nicht ohne Folgen für uns geblieben wäre, war immer ein Diener zu seinen Diensten in seiner Nähe, der ihm Gesellschaft leistete, ihm die Sorgen und Freuden seiner Mitmenschen in Odens erzählte, der aber auch zugleich für unser aller Sicherheit, wegen des weiten und guten Rundblicks, unser Wächter war. Mit den Klängen seiner Lure hat er, so glaubte er, öfters Wodan unterhalten, ihm ein Ständchen geblasen oder ihn zu besänftigen versucht, wenn dunkle Gewitterwolken oder andere Unwetter aufzogen, für die Wodan in der Regel selbst verantwortlich war. Doch bei wirklicher Gefahr durfte er nur ein ganz bestimmtes Signal blasen, das schon die Jüngsten unserer Siedlung kannten, und notfalls im Ort weitertrugen, besonders zu den älteren Menschen, die das Warnsignal kaum noch oder nicht mehr hörten. Auch sie sollten nach Möglichkeit, im Falle eines Falles, nicht in der Gefahr, die da aufzog um- oder zu Schaden kommen, sondern auch von uns Jüngeren in Sicherheit gebracht werden. Ich, als der älteste Sohn, sollte einmal das Amt meines Vaters übernehmen und wurde schon früh in die heiligen Amtshandlungen gegenüber unseren Göttern und die Kriegstechniken eingeweiht, so dass ich, wie mein Vater ein hundertprozentiger Anhänger und Diener unserer Götter mit Wodan an der Spitze sein sollte. Und ich sollte auch, als der künftige Nachfolger meines Vaters, bei den Kriegsspielen nach Möglichkeit immer einer der Besten sein, auch gegen schon ältere Jungen, um von allen Mitbewohnern unseres Ortes auch als Nachfolger meines Vaters und als ihr Oberhaupt anerkannt werden und berechtigt einmal den Namen, Eberhard V. von Odens, tragen zu dürfen.

Im vergangenen Herbst, ich wurde im Sommer gerade siebzehn Jahre alt und musste ich, um in die Schar der Krieger aufgenommen zu werden, und die Manneswürde zu erlangen, das erste mal im Spätherbst, bewaffnet mit meinem neuen Ger, mit der eisernen, scharfen Spitze vorn, dem Pfeil und Bogen und dem umgehängten Schwert, mit den erfahrenen und den jungen, angehenden Kriegern meines Alters, in den Wald, um zu beweisen, was ich schon so ziemlich alles zur Eigenverteidigung und zur Selbstversorgung gelernt habe. Diesmal ging es nicht im Kampf Mann gegen Mann, so genannte Scheingefechte, sondern wir sollten heute mit unserm Ger = Speer/Lanze, die ersten großen Tiere für die lange Winterzeit erlegen und unsern Mitstreitern, falls sie in Gefahr geraten, ihnen hilfreich beizustehen. Auf mich wollten sie besonders Acht geben, denn ich sollte ja einst nach meinem Vater sein Amt als Wodandiener, Organisator der Schutzmaßnahmen der Mitbewohner unserer kleinen Ansiedlung und als Ortsvorsteher in der Nachfolge als Verantwortlicher übernehmen. Das heißt, ich musste heute nach Möglichkeit immer in der ersten Reihe sein. Von wegen sich in der zweiten Reihe zu verdrücken, das gab es nicht. Zum Träumen war jetzt keine Zeit. Und da passierte es, vermutlich haben die Treiber mir nicht einen Bär, die es noch in unserer Gegend vereinzelt gab oder einen Wisent, die es noch seltener gab, beide zusammen, das war der Traum, eines jeden jungen heranwachsenden Kriegers, sie vor den Ger zu bekommen und zu erledigen. Aber auch das, was sie da zutrieben war keineswegs zu verachten, es war ein ausgewachsener Keiler mit riesengroßen Hauern, links und rechts von seinen Nasenlöchern. Ein langes Überlegen war im Moment nicht mehr angebracht, denn der gereizte Keiler lief mit gesenktem Kopf direkt auf mich zu, so als wollte er mich jeden Moment mit seinen Hauern aufspießen. Meinen Speer zielte ich direkt in seine Nackenpartie und warf ihn ihm im aller letzten Moment mit aller Gewalt treffsicher entgegen. Ich hörte es richtig krachen. Sicherlich hatte meine Speerspitze genau sein Genick getroffen und zersplittert. Der Keiler, vielleicht war er noch etwa einen halben Meter von mir entfernt, brach er mit einem wutschnaubenden Grunzer vor mir zusammen. Um ganz sicher zu gehen, dass er nicht doch noch mal aufsteht und seine Wut an anderen auslässt, habe ich mein frisch geschliffenes Schwert gezogen. Mit ihm habe ich mit einem Hieb seine Kehle durchschlagen, so dass er richtig ausbluten konnte. Mein Oheim hatte heute doppeltes Jagdglück. In einer anderen Ecke unseres Jagdreviers hatte er mit einem einzigen Pfeil einen großen Schwarzbär, dessen Schinken besonders gut schmecken, zur Strecke gebracht. Mir gelang es noch einen Hirsch mit einem prächtigen Geweih und einem Pfeil aus meinem Bogen zu erlegen. Ich hätte heute sicher noch mehr Tiere zur Strecke bringen können, aber da wären etliche meiner Freunde bestimmt leer ausgegangen, die dann das Nächste Mal wieder hätten antreten müssen, um ihre Waffenkünste zu beweisen und, um in die Kriegerkaste aufgenommen zu werden, was das Ziel eines jeden jungen Burschen war. So egoistisch war ich doch wieder nicht. Uns wurde doch immer wieder eingetrichtert, dass Kameradschaft zueinander, Hilfe untereinander und dass jeder für den andern da zu sein hat, unsere obersten Gebote sind. Der erste Diener meines Vaters hat, als die Sonne sich zur Neige neigte, auf seiner Lure den heutigen Jagdtag abgeblasen. Die erlegten Tiere wurden mit den Karren heimgefahren und das Fleisch an die Bewohner unseres Ortes verteilt. Jeder war bemüht seine ihm zugeteilte Fleischportion für die Wintermonate haltbar zu machen. In der Regel wurde es auf seine eigene Art geräuchert, es hing über der Feuerstelle, über der Flamme und im Rauch. Die Felle wurden dem Gerber verkauft. Verkauft ist eigentlich nicht das richtige Wort, denn wir hatten ja noch kein Geld, sondern alles wurde gegen andere Waren eingetauscht. Es waren nicht immer lederne Sachen, die wir eintauschten, sondern auch Lebensmittel, von denen er gerade einige zuviel hatte, die wir dann an unsere älteren Mitbewohnern verteilten, die unschuldig oder altersmäßig in diese Lage gerieten und sich nicht mehr genügend selbst versorgen konnten. Da waren auch schon mal das eine oder das andere Paar Winterstiefel, über die sich unsere Omas und Opas schon gefreut haben, wenn die letzten schon einige Fahrzehnte auf dem Buckel hatten und undicht wurden. Wir, die Jüngeren unseres Ortes, auch wir fühlten uns für unsere Vorfahren im Ort schon ein bisschen mitverantwortlich, denn sie waren gestern das, was wir heute sind. Und wir werden morgen das sein, was sie heute sind. Auch wussten wir, dass das, was wir heute weiter bewirtschaften, das ist unser kostbarstes Gut, das wir von ihnen übernommen haben und sie wiederum von ihren Vorfahren übernommen hatten oder, dann unsern Vätern oder Müttern überließen und unsere Eltern es dann, wenn es so weit ist, uns überlassen werden. Für den Außenstehenden mag das ein bisschen verzwickt klingen, aber für uns war das eine ganz normale Sache.

 

Und dann kam das schon oben erwähnte Wintersonnenwendfest mit dem großen Sonnen-wendfeuer. Unsere älteren Mitbewohner hatten immer die Ehre, aus dem Rauch, aus seinen Formen, wie er aufstieg, dem Wind, der die Rauchwolken in welche Richtung und ihre Höhe trieb und wie schnell sie dahin schwebten vorherzusagen, was uns Odenser im nächsten Jahr bevorsteht; ob es Unwetter oder Dürre oder sonst noch ein anderes Unheil über uns hereinbrechen werde. Uns jungen Männern ist nur aufgefallen, dass der Wind, im Gegensatz zu anderen Jahren, den Rauch diesmal kräftig in die westliche Richtung trieb und nicht wie sonst, ihn in schwankenden Richtungen einfach in die Höhe trug. Ob das gut geht, wir werden es im nächsten Jahr schon sehen! Und was die Rauchgucker, zunächst noch hinter vorgehaltener Hand da fürs nächste Jahr vorhersagten? Auweia, wenn sich das alles erfüllen sollte, dann ihr Lieben, dann gibt es mehr kein gutes nächstes Jahr für uns Ondenseer. Nach diesen schlechten „Rauchvorhersagen“ versuchten wir auch unsere Götter, um sie dennoch gütig zu stimmen, haben wir sie reichlich mit den Früchten des Feldes, der Flüsse und des Waldes bedacht, dass sie uns, besonders jetzt, wo man so viel von Menschen hört, die angeblich aus dem fernen Osten in unsere Gegend kommen, um dann weiter nach Westen zu drängen, besonders gnädig und hilfreich zur Seite stehen mögen, man weiß ja nicht, wo man sie und wann man sie brauchen wird. Ältere Frauen aus unserem Ort kamen sogar auf die Idee unserm Gott Wodan, der ja ein Mann ist, junge Jungfrauen zu opfern! Doch da widersetzte sich mein Vater vehement diesem Ansinnen und sagte wiederholt und ganz energisch, dass so etwas purer Mord sei, und dass das Blut der jungen Mädchen ihm, unserm Wodan, garantiert keine Freude bereite, dass wisse er aus langen persönlichen Gesprächen, die er nächtelang mit Wodan bei der Lösung anderer Probleme geführt habe. Sicher hat er dabei an seine eigenen Töchter gedacht, auf die er besonders stolz war, denn sie sehen heute schon so schön aus wie meine Mutter und als Chef von Odens müsste er mit gutem Beispiel vorangehen. Und da sagte er auch schon: „Ich werde keinesfalls eine meiner Töchter wegen dieses fragwürdigen Ereignisses töten oder von irgendjemand töten lassen!“ Das Frühlingsfest haben wir wieder gefeiert. Die Sonne, für jeden sichtbar, stieg von Tag zu Tag immer höher am Firmament und es war nicht mehr so kalt und die Tage wurden wieder länger und angenehm wärmer. Doch dann, eines Tages, wir waren gerade bei der ersten Heumahd! Wir staunten nicht schlecht, denn ein Treck, vollbeladen mit allem Hab und Gut und den dazu gehörigen Menschen, die in unseren Ort hineinzogen, auf dem Thingplatz stehen blieben und von ihren Wagen stiegen. Wir fragten uns gegenseitig: „Was sind das für Menschen, die da in unseren Ort kommen, auf dem Thingplatz anhalten und jetzt von ihren Wagen steigen und so gekleidet sind wie wir? Auf dem Thingplatz durfte man nur anhalten, wenn es etwas sehr Wichtiges, möglichst gleich zu besprechen gab. Nach Handelsleuten sehen sie nicht aus, denn sie haben eigentlich nichts, außer ihrem Hab und Gut, was sie uns verkaufen könnten!“ Als wir von den Wiesen auf den Thingplatz kamen, erfahren wir, das die Neuankömmlinge nicht nur so gekleidet waren wie wir, sondern auch unsere Sprache sprechen, dass es unsere Landsleute sind, die eigentlich weiter östlich von uns wohnen, westlich vom Schwarzen Meer. Und was die Ankömmlinge da erzählten machte auch uns bange, denn dass die Menschen, vor denen sie geflohen sind, die da anrücken, sehr verwildert aussehen und die von einer für uns unsichtbaren Angst getrieben werden und alles niedermachen, was sich ihnen in den Weg stellt, nur um ihr fast nacktes Leben zu retten und nicht unsere Sprache sprechen, sondern nur ein für uns unverständliches Kauderwelsch. Es sieht so aus, dass sie in einer breiten Front von Ost nach West aus ihren angestammten Wohngebieten vor jemandem nach Westen fliehen, die hinter ihnen her sind. Unsere neuangekommenen Landsleute erzählten auch, dass sie von Kaufleuten gehört haben, das sie, die anrückenden Menschen vermutlich Slawen seien, die wiederum vor den noch weiter östlich wohnenden Hunnen und Turkvölkern fliehen, warnten uns und meinten, dass in spätestens drei Tagen sie, die vermutlichen Slawen auch hier sein werden und nur eine Absicht verfolgen: „Überleben um jeden Preis, ohne auf Rücksicht zu achten und möglichst unbehelligt weder den Hunnen und Turkvölkern, noch den Goten in die Hände zu fallen!“ So etwas Ähnliches haben uns die Rauchgucker, so nannten wir die alten Bewohner unseres Ortes, die da glaubten aus dem Rauch des Feuers, beim letzten Sonnenwendfeuer, wenn auch recht verschwommen und vielsagend, die Zukunft für das nächste Jahr heraus lesen zu können. Und sie stimmten in etwa mit allem was wir jetzt hören, mit den Aussagen der Neuankömmlinge überein. Oje, was nun? Unsere wehrfähigen Männer sind vor einem Jahr mit unserem König in Richtung Rom gezogen, um die reichen und ach so trägen und feigen Römer von ihrem Reichtum etwas zu erleichtern. Scheinbar sind die Römer doch nicht so träge, feige und ängstlich, wie es hieß, denn unsere Krieger wollten mit unserm König Godehard zum Winter mit reicher Beute zurücksein! Nun haben wir schon das zweite Jahr und Frühsommer und von unserm König und Kriegern, die wir jetzt so dringend gebrauchen könnten, haben wir immer noch nichts gehört. Der Treck, der gestern Nachmittag bei uns ankam, ist am nächsten Vormittag, versorgt mit allem Essbaren was zur Verfügung stand, weitergezogen in Richtung Westen.

Odens, wir müssen dich verlassen

Doch schon am übernächsten Tag erschall in den Nachmittagsstunden lautstark das Gefahrensignal vom Wodanhügel. Alle Menschen schauten angstvoll zu Wodan hinauf und hatten nur den einen Gedanken: „Großer Wodan, was haben wir dir angetan, dass auch wir aus unserer viel geliebten Heimat, in der wir bisher so friedlich miteinander leben konnten, nun auch fliehen müssen? Wir haben dir doch zur Wintersonnenwende, aber auch danach zur Sommersonnenwende und allen Festivitäten die anstanden, dir reichliche Gaben gebracht. Wahrlich, du großer Wodan, du hast doch keinen Grund uns so böse zu sein, dass auch wir aus unserer Heimat fliehen müssen. Wir wollten dir ja auch unsere Töchter, wenn auch nicht alle, dir opfern, dass du uns vor diesem Exodus bewahren mögest. Wenn du uns deswegen von dir wegjagst, dann verjag die Bewohner unserer Siedlung, die dir ihre Töchter nicht opfern wollten! Und wenn dir etwas fehlt, so lass es uns doch wissen, und wir bringen es dir sofort! Schlage dann mit deinem Blitz und Donner in diese wilden Horden und bring sie wieder dahin, wohin sie gehören und woher sie kamen.“ Aber der große Wodan schien nichts zu unserm Schutz zu unternehmen, denn der Wächter blies auf seiner großen Lure das Gefahrensignal zum Zweitenmal und alle im Ort hatten das Gefühl, dass er es jetzt viel lauter und eindringlicher blies. Also blieb auch uns nichts anderes übrig als die Pferde an die schon gestern vorsorglich mit unserm Hab und Gut beladenen und bereitgestellten Wagen anzuspannen, unser restliches Hab und Gut dazuzuladen und unserer Heimat Odens den Rücken zu kehren. Viele, viele Menschen, besonders die älteren hatten beim Abschiednehmen viele Tränen in ihren Augen. Sicher ahnten sie dass dieses Abschiednehmen ein Abschiednehmen auf Nimmerwiedersehen ist. Wir hatten keine Zeit mehr der Straße zunächst nach Norden zu folgen, um dann nördlich der Karpaten in westlicher Richtung weiter zu fahren und zu marschieren. Die Eile zwang uns zunächst am Südhang der Karpaten zu ziehen, um den Abstand zu den Verfolgern zu vergrößern. Jeder von uns hoffte auch, dass die vorrückenden Slawen sich erstmals an den zurückgelassenen Lebensmitteln, den schärferen Getränken und den anderen kulinarischen Genüssen, die sie sicher daheim nicht kannten, stärken werden, und wir es vielleicht noch gar nicht so eilig haben müssen! Aber, Vorsicht ist die Mutter aller Laster oder aller Porzellankisten! Von unsern jungen berittenen Kriegern zog eine Abteilung vor dem Treck, die zweite teilte sich auf und begleitete die Wagenkolonne in voller Länge links und rechts und die dritte Abteilung, die kleinste, bildete hinten den Abschluss, die Nachhut. Es wurde nur kurz jeweils Rast gemacht, um die Tiere zu füttern und zu tränken und auch wir ein wenig Nahrung zu uns nahmen. Übernachtet wurde in einer Wagenburg. Wir waren schon den vierten Tag unterwegs. Einige unserer jungen Krieger glaubten links und rechts dunkle geduckte Gestalten im Wald kurz gesehen zu haben. Aber keiner konnte etwas Genaueres über sie, oder dazu sagen, denn, wie unsere jungen Krieger sagten, wären sie sehr behände gewesen. Also wurden die heutigen Nachtwachen außerhalb der Wagenburg verstärkt. Doch in dieser Nacht passierte nichts Außergewöhnliches. Außer bisschen neugieriges Wild, das uns wissbegierig beäugte, haben wir nichts Besonderes wahrgenommen. Waren unsere gestrigen Beobachtungen nur eine optische Täuschung, nur eine Halluzination? Wollen wir es hoffen! Oder haben uns heute Nacht die gestrigen flinken Beobachter von weitem beobachtet, wann und wie oft die Nachtwachen ausgewechselt werden? Nach dem unsere Tiere versorgt waren wurde gefrühstückt, angespannt und der Treck setzte sich wie gewohnt in Bewegung. Heute hat niemand von den begleitenden Kriegern oder den auf den Wagen sitzenden irgendwelche Beobachtungen links oder rechts im Wald gemacht. Also war man sich einig, dass die normale Nachtwache wieder ausreiche. Doch bei der Abendbesprechung hieß es, dass unsere Fleischvorräte zu Ende gehen. Das Los sollte entscheiden, wer, am besten noch heute Nacht auf die Jagd geht und uns mit Fleisch versorgt. Die gelosten Fleisch Besorger müssten dann heute Nacht keine Wache mehr halten. Das Los viel auf drei junge Krieger aus meiner heimatlichen Nachbarschaft und der vierte Jäger sollte ich sein.

ODENS; DU MUSST STERBEN

Bei dieser nächtlichen Jagd sollte ich meine Führungsqualitäten unter Beweis stellen. Wir hatten schon einige größere Tiere erlegt; das Fleisch würde wieder für gut eine Woche langen. Da, was war das? Wir vier haben kurz ein knisterndes Geräusch im Unterholz gehört, das sich noch einmal wiederholte. Es wird doch sicher kein größeres Wild sein, das auch lebensmüde ist und wir vier wollten dem Geräusch nachgehen. Noch ehe wir die Gefahr erkannten, trafen uns einige Pfeile. Meine drei Jagdgenossen lagen tödlich getroffen im Gras. Ich war der einzige, der seine lederne Brüstung trug, denn ich war zu faul, es den anderen nach zu machen und zum Abendessen sie abzulegen. An dieser meine Brüstung klatschten die Pfeile einfach ab. Ob der Schreck es war oder das Instinktive in mir, das mich hat fallen und wegdrehen lassen, jedenfalls war ich zur Zeit der einzige, der die nächtliche Jagdszene überlebt hat und hatte nur einen Wunsch möglichst schnell zur Wagenburg zurückzukehren, um meine Odenser Leute warnen zu können. Ob die heimtückischen Mörder uns schon beim Weggang aus der Wagenburg beobachtet haben, dann uns verfolgten, uns gewähren ließen, denn was wir an Wild erlegt hatten, mussten sie nicht mehr erlegen. Aber je näher ich glaubte, bei der Wagenburg meiner Leute zu sein, umso unruhiger wurde ich, dass da auch was passiert sein muss. Und da, ich hatte den letzten Hügel, der zwischen mir und der Wagenburg lag erklommen, der mich noch von der Wagenburg trennte, da sah ich die Bescherung, dass unsere Wagenburg nur noch ein glimmernder und rauchender Haufen war. Sicher habe ich vor lauter Jagdfieber nicht mitbekommen, dass unsere im Kreis zusammengestellten Wagen brannten, denn ein Blick nach oben hätte uns schon viel früher warnen müssen! Ich zog es vor, als wahrscheinlich einziger Überlebender der Bevölkerung des stolzen Ortes Odens, mich erstmals in einer Gebüschgruppe zu verstecken, von dem aus ich alles gut beobachten konnte, wie es weitergehen sollte. Auch von meinem stolzen Hengst, dem ich den Namen Thor gab, den ich von meinem Vater zur bestandenen Jagdprüfung, und zur Aufnahme in die Jungmännerschar bekam, war nichts zu sehen, wie auch von den übrigen Tieren und Pferden. Den Uuhuuuu Ruf, den ich sonst immer erschallen ließ, wenn ich wollte, dass Thor zu mir kommen sollte, habe ich jetzt vorsichtshalber nicht erschallen lassen, denn ich wusste ja nicht, wo die feigen Meuchelmörder, die meine drei Jagdkumpane erschossen haben sich gerade jetzt befinden und nur darauf warten, das ich mich irgendwie verraten möge. Ich habe nämlich meinem Hengst beigebracht, wenn der Uhu ruft, kommst du zu mir in die Richtung, aus der Ruf erschallte, denn ich brauche dich. Auch von den gestellten Nachtwächtern, die normalerweise außerhalb der Wagenburg hätten patrouillieren müssen, war nichts zu sehen. Es war bestimmt nicht Feigheit vor dem Feinde, der mich alleine gegenüber den Resten der qualmenden Wagenburg hat sitzen und den Beobachter spielen lassen. Ich saß immer noch, von außen konnte man mich nicht gleich auf den ersten Blick erkennen, in der Strauchgruppe und beobachtete das Gebiet, wo gestern Abend noch unsere Wagenburg mit ihren Bewohnern stand. Ich mochte mich noch so anstrengen, aber ich sah nichts was sich da noch bewegt hätte. Die, wer es auch immer war, haben ganze Arbeit getan. Aber gegen Mittag kamen die Banditen noch einmal an den Ort des nächtlichen Grauens, um eventuell noch wertvolle Sachen, die sie in der Nacht übersehen haben, jetzt zu finden. Mein erster Gedanke war, mit meinen sechs verbliebenen Pfeilen, könnte ich höchstens sechs Banditen töten, und was passiert dann mit den anderen rund fünfzig und mit mir? Nur sechs tote Banditen gegen einhundertachtundneunzig Odenser Tote, das wäre ein bisschen zu wenig, dass wäre eine schlechte Abrechnung. Und da hatte ich plötzlich die Gedanken, dass wir Odenser vielleicht nicht die ersten waren, die während der Nacht ihr Leben lassen mussten, ermordet durch feige Meuchelmörder, die heimlich auf ihre Art den abziehenden Goten folgten, um sie dann, um an ihr Hab und Gut zu kommen, sie auf heimtückische Art ins Jenseits beförderten. Als die Mörderbande wieder im Nichts verschwand, versuchte ich erstmals zu meinen nächtlichen Jagdgenossen zu gelangen, denn ihre Pfeile könnte ich gut gebrauchen. Zu meiner Überraschung musste ich feststellen, dass nicht nur ihr Köcher mit den nichtverschossenen Pfeilen und dem Bogen fehlte, sondern auch der Speer und ihre kurzen Schwerter. Auch sonst war alles verwertbare, von ihnen, einschließlich ihrer Kleidung, haben sie alles mitgenommen, auch die von uns erlegten Tiere, mit denen wir unsere Fleischvorräte auffüllen wollten. So kehrte ich zu meinem Versteck im Gebüsch zurück. Und da kamen mir wieder so die Gedanken, was ist, wenn sie morgen wieder kommen, den Platz reinigen, damit, wenn die nächste Kolonne kommt, sie nicht erschrecken und gewarnt weiterziehen, ohne zu rasten, um nicht ins Verderben zu fahren, wie auch meine Odenser Mitmenschen. Und so geschah es. Am nächsten Vormittag kamen etwa vierzig Menschen, die wenig Ähnlichkeit mit uns Goten hatten. Im Gegensatz zu uns Goten waren sie kleiner, gedrungener und mit finster alles abschreckender Mine dreinschauende Gestalten, die aber sehr gelenkig und flink waren und räumten alles fort, was Vorbeiziehende zur verstärkten Vorsicht hätte mahnen können. Lautlos wie sie kamen sind sie auch wieder verschwunden. Nichts erinnerte daran, dass hier vor zwei Tagen die Bewohner eines stolzen Ortes, bis auf einen, alle ausgelöscht wurden, auch mein Vater, meine Mutter und meine drei jüngeren Geschwister. Ich alleine konnte meine Mitbewohner nicht rächen. Da müssten noch ein paar mitmachen! So kam ich auf den Gedanken, ich müsste den Weg zurückgehen etwa bis an die Stelle, als man glaubte, die ersten schemenhaften Gestalten im Wald gesehen zu haben, die nicht in der ersten Nacht zuschlugen, als die Wachen verstärkt waren, sondern in der zweiten Nacht, als die Nachtwachen wieder auf ein Minimum beschränkt war. So marschierte ich zurück, kam an die Stelle, wo wir die vorletzte Nacht kampierten. Meine innere Stimme sagte mir: „Gehe noch ein Stück weiter, denn die Räuberbande muss hier wo in der Gegend ihr Quartier haben, und wenn noch ein Treck hier auf der alten Handelsstraße vorbeikommen sollte, ist es bestimmt besser, wenn du weiter weg bist, um sie zu warnen.

 

Ich rette einem Dorf das Leben

Tatsächlich, ich habe mir kaum etwas im Wald, zwei Händevoll verschiedener Waldfrüchte zum Essen besorgt und verspeist, da kam auch schon ein Treck, der etwas größer war als unser. Ich hielt den Treck kurz an und verlangte den Ortsvorsteher zu sprechen. Man brachte mich zu ihm. Ich stieg zu ihm auf seinen Wagen und der Treck fuhr wieder weiter. Als ich ihm sagte, dass ich der Sohn des Ortsvorstehers Eberhard IV. von Odens bin, war das Eis gebrochen. Spannend hörte er mir zu, als ich ihm dann schilderte, wie in einer einzigen Nacht, vor zwei Tagen, alle Bewohner von Odense bis auf einen, der neben ihnen sitzt, getötet wurden. Auch von den fragwürdigen Gestalten, die einige unsrer Leute im Wald gesehen haben wollten, erzählte ich ihm. Der Treck, den ich heute antraf, war fast so zusammengestellt wie der unsrige, nur dass er um einige Wagen länger war und von einpaar jungen Kriegern mehr als der unsere begleitet wurde. Der Chef des Trecks ließ anhalten und tat so, als würde er, um nicht aufzufallen, eine Futterpause einlegen. In Wirklichkeit ritt er die begleitenden Krieger ab, um zu sagen, dass sie links und rechts den Wald gut im Auge behalten und auf eventuelle Gestalten achten sollten, die entweder links oder rechts da im Wald umherstreifen. Als er alle auf den Wagen Sitzenden und alle Krieger, die den Zug begleiten gemahnt hat, taten alle so als würden sie die ‚Futterei‘ beenden und der Treck setzte sich wieder in Bewegung. Auch dieser Zug machte an der gleichen Stelle Rast, an der auch die Odenser die vorletzte Nacht verbrachten. Auch einige von diesem Treck berichteten, dass sie für kurze Momente, so komische Gestalten im Wald wahrgenommen haben, kaum dass man sie sah, waren sie schon wieder verschwunden. Und so haben auch die aus der Ortschaft Norman kommenden für heute Nacht die Wachen verstärkt, aber auf mein Anraten, sollten die Wachen nicht außerhalb der Wagenburg, für jeden sichtbar, patrouillieren, sondern möglichst lautlos innerhalb der Wagenburg und zwischen den Wagen, um jeweils das Umland gut im Auge zu behalten. Auch heute Nacht tat sich nichts, gerade so wie bei uns in der vorletzten Nacht, alles blieb ruhig. Sollten sie tatsächlich in der ersten Nacht vorerst nur weitere Erkundigungen einholen, wie es um die Wachen und ihre Wechsel bestellt ist? Am Morgen gingen mir so einige Gedanken durch den Kopf: „Haben die Mörder etwas mitbekommen, dass ein Überlebender dieser blutigen Nacht hier in dieser Wagenburg sitzt und sie eventuell gewarnt haben konnte? Ja, wenn diese Banditen rechnen könnten, so müssten sie auch bemerkt haben, dass sie auf vier Jäger in der Nacht geschossen haben, aber nur drei Tote gefunden haben! „Wo mag der vierte sein?“ Oder? Aber warten wir noch die nächste Nacht ab. Wenn dann auch nichts passiert, weiß ich nimmer weiter.“ Nachdem alle für ihr leibliches Wohl gesorgt haben, Mensch und Tier, setzte sich der Zug in Bewegung, dabei immer schön den Wald rechts und links im Auge behalten, um für einen plötzlichen Überfall gewappnet zu sein. Aber nichts passierte, gerade so wie bei unserem Odenser Treck am letzten Tag. Für diese Nacht wurden die Wachen nochmals verstärkt. Nicht nur wie in der letzen gingen die Krieger gut bewaffnet mit der dreifachen Menge an Pfeilen innerhalb der Wagenburg ihren Patrouilliergang. Die restlichen Krieger lagen unter den Wagen mit dem schussbereiten und gespannten Bogen im Anschlag. Es mochte so kurz nach Mitternacht sein, denn der Abendstern stand schon hinter dem höchsten Punkt am Firmament, als sich von allen Seiten, rundherum, dunkle Gestalten der Wagenburg näherten. Sie waren gut zu erkennen, denn sie trugen brennende Fackeln mit sich, mit denen sie sicherlich die Wagenburg in Flammen setzen wollen. Da kamen mir wieder so die Gedanken, dass es ja für die Banditen lebensgefährlich ist, mit der brennenden Fackel bis an die Wagen heranzukommen. Was ist, wenn sie mit ihrem Bogen die brennenden Fackeln zu uns schicken? Die brennende Fackel ist sicherlich etwas schwerer als der bloße Pfeil. Wenn das so ist, dann müssen sie noch etwas näher herankommen. Also was machen? Zunächst die fackeltragenden Banditen im Auge behalten, besonders die Fackeln in ihren Händen. Wenn dann die Fackeln in ihren Händen so komische, tanzenden Bewegungen machen, als wollte man sie in den Bogen spannen, sofort auf sie schießen. So passierte es auch. Plötzlich machten die Fackeln in ihren Händen so komische Bewegungen. Das war das Signal, sie mit unsern Pfeilen zu begrüßen. Nach dieser kurzen Begrüßung mit unsern Pfeilen, lagen etwa zwei Drittel der Fackeln brennend auf der Erde. Die wachhabenden Krieger wussten, dass sofort im Bogen nachgeladen werden musste, um die restlichen Fackelträger, bevor sie ihre vernichtende Ladung zu uns abschießen können, wir sie treffen müssen. Als alle Fackelträger auf der Erde lagen, und keine Fackel mehr herum spazierte, konnten wir feststellen, dass einige Fackelträge so ungünstig gefallen sind, dass ihre Kleidung Feuer fing. Einige dieser übergroßen Fackeln schienen sich zu bewegen. Und wieder kamen mir so die Gedanken, wenn wir einige Gefangene machen könnten, dann dürfte es sicherlich nicht zu schwer fallen zu erfahren, wo sie ihr Lager haben. Ich möchte zu gerne mal in ihr Beutelager schauen. Meine Mutter trug eine dicke Bernsteinkette immer um den Hals, die schon ihre Mutter, aber auch ihre Urgroßmutter getragen hat. Und mein Vater hatte eine Kette um den Hals, die aus lauter Eisbärenzähnen bestand. Im unteren Drittel der Kette baumelten vier Hauer ausgewachsener Keiler. Wie mir mein Vater erzählte, stamme die Kette, ohne die Hauer, von seinem Urururgroßvater, die, die Eisbären auf dem Eis selbst mit dem Pfeil geschossen haben, damals bei ihrer Aufnahmeprüfung in die Mannesriege. Diese Eisbärenzahnkette wurde von Generation zu Generation immer dichter mit den Zähnen der erlegten Tiere erweitert und dann jeweils an seinen ältesten männlichen Nachkommen vererbt. Die vier Hauer der Keiler stammten von meinem Vater, die er erledigt hat bei seiner Aufnahmeprüfung in die Mannesriege und dann, als er die Kette von seinem Vater übernahm, er dann die Hauer der Keiler zusätzlich an ihr befestigte. So sollte es auch geschehen, wenn ich die Kette nach meinem Vater bekommen hätte, auch ich wollte die zwei Hauer des Keilers, den ich erstmals zur Strecke brachte, an ihr dann zusätzlich befestigen. Bis auf eine Minibesatzung verließen wir die Wagenburg, um nach den brennenden Fackeln am Boden zu sehen. Wir fanden tatsächlich drei verwundete Banditen, die nicht auf ihre brennenden Fackel gefallen waren, die auch noch sprechen, aber wir ihre Sprache nicht verstehen konnten. Der Ortsvorsteher der Normaner Gruppe konnte und wollte sich nicht mit den verwundeten Banditen weiter beschäftigen und zusätzlich belasten, so ließ er sie kurzerhand ins Jenseits befördern. Am nächsten Tag wollte ich, nachdem sich unsere Wege wieder trennen sollten, meinen Weg wieder alleine fortsetzen, aber auf Schusters Rappen war das so eine Sache. Mein Frühstück habe ich mit dem Chef des Trecks eingenommen. Dabei fragte er mich nach meinen weiteren Plänen und ob ich nicht mit ihnen weiterfahren möchte. Ich sagte ihm, dass ich gerne noch ein bisschen hier in der Gegend herumstreunen möchte und vor allem möchte ich das Lager der Banditen aufsuchen, um vielleicht etwas zu finden, was meinem Vater und meiner Mutter so heilig war und das auch ich schon immer sehr hoch bei ihnen geschätzt habe. Und ich habe auch noch so das Gefühl, dass ich hier noch bald gebraucht werde. Doch der Chef der Normaner Gruppe versuchte mich von diesem meinem Ansinnen abzubringen, da das für einen Einzelnen, mag er noch so klug und wagemutig sein, einem Selbstmord gleichkäme. Bei diesem Gespräch erfuhr ich auch, dass mein Gesprächspartner Jörgensson hieß und aus einer bekannten Familie abstamme. Als er merkte, dass er mich von meinem Vorhaben nicht abbringen konnte, sagte er etwas was mich sehr beglückte, denn er fragte: „Kann ich dir dann für deine weiteren Abenteuer als unsern Dank, denn ohne deinen Rat und ohne deiner Hilfe wäre es uns gerade so ergangen wie deinen Mitbewohnern. Dürfen wir dir für deine weiteren Wege und Abenteuer ein Pferd aus unserem Besitz überlassen.“ Herr Jörgensson musste meine Freude über sein Angebot bemerkt haben, denn auf dem Rücken eines Pferdes bin ich ja viel beweglicher als auf Schusters Rappen. Am liebsten wäre ich ihm, vor lauter Dankbarkeit, um den Hals gefallen. Aber so etwas tun doch nur die Frauen aber keine Männer, die schütteln sich doch höchstens für alle sichtbar die Hände und klopfen sich, auch mal, für alle sichtbar auf die Schulter. So führte er mich zu den Pferden und gab mir ein Pferd, das sicherlich nicht zu den Zahmsten gehörte. Aber soviel Pferdeverstand hatte ich schon und wusste von einem bekannten Pferdezüchter aus unserm ehemaligen Ort Odens, dass die zahmsten Pferde oftmals nicht die schnellsten und die tapfersten sind. Mein Pferdeverstand sagte mir, dass ich mit diesem Pferd noch meine Freude haben werde. In voller Rüstung, den Köcher wieder vollgefüllt mit frischen Pfeilen, bestieg ich das Pferd, dem ich zur Ehre Wodans und meines Heimatortes den Namen Odin gab, das im ersten Moment zu buckeln versuchte, doch am Druck meiner Knie merkte es bald, dass es so etwas mit mir nicht machen konnte. Ich ließ dem Pferd erstmals freien Lauf, und bat all unsere Götter und Göttinnen, dass sie mir helfen mögen das Lager der Banditen zu finden. Dass ich da noch Lebende aus unserem Dorf finden werde, wagte ich nicht zu hoffen. Aber die Hoffnung ist etwas, was man als letztes aufgeben sollte. Und so ritten wir im ruhigen Trott, Odin versuchte paar Mal zu buckeln, als wollte er mich immer wieder daran erinnern: „He, du da droben, bitte nicht einschlafen, deine Sinne wach halten!“ Aber es sah so aus, als wären wir in die falsche Richtung geritten. Ich hielt an und witterte in alle Richtungen und meinte, dass etwa 35 ° rechts von mir etwas brennen muss. Was, konnte ich noch nicht sagen und sehen konnte ich auch noch nichts; nur meine Nase sagte mir, dass es da etwas Feuriges, etwas Rauchiges geben muss!