Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten

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Ein wenig herabrieselnder Schnee kündigte den Beginn des Angriffs an. Nur Sekundenbruchteile später kamen sechs Clanskrieger direkt vor dem Eingang herabgesprungen, denen unmittelbar darauf ein weiteres halbes Dutzend als zweite Angriffswelle folgte, anschließend eine dritte, eine vierte ...

Maziroc führte einen wuchtigen Schlag mit dem Schwert, der den Brustpanzer eines Hornmannes spaltete. Zwei weitere sanken unter den Hieben der Soldaten neben ihm zu Boden, doch wurden die Lücken von nachrückenden Clanskriegern augenblicklich wieder geschlossen. Scheinbar unbeirrbar stapften sie weiter vor.

Sie wirkten wie finstere Schatten, mehr wie Dinge als wie Lebewesen. Seelenlose Kampf- und Mordmaschinen, nur dazu geschaffen, um zu töten. Trotz ihrer humanoiden Form fiel es Maziroc schwer, sich vorzustellen, dass sich hinter ihren martialischen Rüstungen, die nur zwei schmale Schlitze für die Augen freiließen, denkende und lebende Menschen verbargen, vor allem, da er ihre Gegenwart mental nicht wahrnehmen konnte. Aber diesen Gedanken verdrängte er ganz bewusst sofort wieder. Er war sogar froh, dass er die Gesichter der Hornmänner hinter ihren heruntergeklappten Visieren nicht sehen konnte. Es war leichter zu kämpfen, wenn man das Gefühl hatte, es nur mit Maschinen zu tun zu haben, als wenn man bewusst Menschen tötete, selbst wenn es sich um vielfache Mörder handelte.

Die Luft war erfüllt vom Klirren der Waffen und vereinzeltem Keuchen und Stöhnen. Wie Maziroc erwartet hatte, bestand der Kampf nur aus einem blindwütigen Hacken, Stechen und Schlagen. Stahl blitzte, schnitt durch Stoff, Hornpanzer und Fleisch; Blut färbte den Schnee vor dem Eingang rot.

Noch gelang es den Verteidigern, sich aufgrund ihrer günstigeren Position zu halten, aber das war es nicht allein. Maziroc wusste nur zu gut, dass sie vermutlich nicht einmal die erste Angriffswelle überlebt hätten, wenn er die Hornmänner nicht - unterstützt von Miranya - mit seinen magischen Kräften attackiert hätte. Die Hornschuppen verhinderten, dass die mentalen Impulse der Clanskrieger durch ihre Rüstungen nach außen drangen, doch glücklicherweise war ihre immunisierende Kraft nicht so stark, dass sie ihre Träger völlig vor einem magischen Angriff zu schützen vermochten. Mazirocs Angriff musste ihnen rasende Kopfschmerzen verursachen, zudem Schwindelgefühl und eine leichte Orientierungslosigkeit, sodass sie nicht mit ihrer gewohnten Präzision kämpfen und sich nur etwas langsamer als normal bewegen konnten.

Aber Maziroc wusste, dass auch das ihm und seinen Begleitern nur einen kurzen Zeitaufschub verschaffte. Sie hatten bereits zahlreiche leichte Wunden davongetragen, und ihre Gegenwehr begann allmählich zu ermatten. Neben ihm stieß einer der Soldaten einen Schrei aus und sank, vom Schwerthieb eines Hornmannes gefällt, in sich zusammen. Noch bevor er vollends zu Boden gestürzt war, sprang Miranya plötzlich vor und nahm seinen Platz ein. Man merkte, dass sie keine große Erfahrung im Umgang mit dem Schwert besaß, doch sie schwang es längst nicht so ungeschickt, wie sie selbst von sich behauptet hatte. Obwohl sie die Klinge in einem nicht optimal günstigen Winkel hielt, sodass sie für jede Bewegung mehr Kraft als nötig brauchte und sie schnell erschöpft sein würde, gelang es ihr fast spielerisch, einige Hiebe der Angreifer abzuwehren.

Wie als Echo auf den Schrei des getöteten Gardesoldaten klangen gleich darauf weitere Schreie auf, allerdings außerhalb der Höhle. Die bis gerade noch einheitliche Front der Clanskrieger geriet urplötzlich ins Wanken. Schimmerndes Silber blitzte hinter dem dunklen Horn auf.

Auch Maziroc wurde von der Entwicklung völlig überrascht, so sehr, dass der kurze Augenblick der Unachtsamkeit ihm fast zum Verhängnis wurde. Erst im letzten Moment gelang es ihm, sein Schwert hochzureißen und eine herabsausende Waffe zumindest notdürftig abzuwehren. Funkensprühend scharrten die beiden Klingen aneinander entlang, dann traf das Schwert des Hornmannes Mazirocs linken Arm und fügte ihm eine tiefe, bis fast auf den Knochen reichende Wunde zu. Der Magier schrie vor Schmerz und wankte zurück.

Schlimmer noch erwischte es einen der Soldaten. Auch er war nur für einen Augenblick abgelenkt gewesen, doch überwand er seine Unachtsamkeit erst einen Sekundenbruchteil zu spät, um noch reagieren zu können. Ein Schwerthieb trennte ihm den Kopf vom Rumpf.

Die Hornmänner konnten jedoch keinen Vorteil mehr daraus ziehen. Der Kampf war bereits entschieden, noch bevor sie überhaupt richtig begriffen, was geschah. Mehr als die Hälfte von ihnen lag tot am Boden, ehe sie die Gefahr durch den unvermutet in ihrem Rücken aufgetauchten Gegner erkannten und Gelegenheit fanden, sich darauf einzustellen. Sie wehrten sich mit dem Mut der Verzweiflung, doch mit einem Mal waren sie diejenigen, die sich in der Minderheit befanden und von einem zahlenmäßig überlegenen Gegner aufgerieben wurden. Es dauerte keine halbe Minute, bis sie von der silbernen Woge überrollt worden waren und auch der Letzte von ihnen entseelt zu Boden sank. Gut zwei Dutzend in silberne Kettenhemden und stählerne Helme gekleidete Gestalten traten langsam vor. Sie reichten Maziroc gerade bis zur Brust, und erst jetzt erkannte er, dass es sich bei ihren wie vom Himmel gesandten Rettern um Zwergenkrieger handelte.

Ermattet taumelte er und wäre gestürzt, wenn sich nicht direkt neben ihm die Felswand befunden hätte, an der er sich abstützen konnte. Erschöpfung und die zahlreichen kleineren und größeren Verletzungen, die er davongetragen hatte, machten sich nun bemerkbar. Aus der Wunde an seinem Unterarm quoll ein beständiger pulsierender Blutstrom. Mit von Benommenheit bereits getrübten Sinnen nahm er wahr, wie zwei der Zwerge ihn ergriffen und sanft zu Boden sinken ließen, wo Miranya sofort damit begann, die Wunde mit Heilkräutern abzudecken, mit ihrer Magie die Blutung eindämmte und einen Verband anzulegen. Einige Sekunden lang verfolgte er ihre Bemühungen noch, dann umfingen die schwarzen Schleier einer Ohnmacht endgültig seinen Geist.

Er hatte gewusst, dass nur ein Wunder sie noch retten könnte, doch er hatte nicht mehr genug Vertrauen gehabt, auf ein solches zu hoffen. Dennoch hatte er gerade eins erlebt. Vielleicht erwies sich dies als ein gutes Omen für den Fortgang ihrer Mission. Das war sein letzter Gedanke, bevor er vollends das Bewusstsein verlor.




Aufbruch ins Unbekannte


Der Reitertrupp, der Cavillon bereits früh am nächsten Morgen verließ, stellte eine der beeindruckendsten Expeditionen dar, die es in der Geschichte Arcanas je gegeben hatte. Nach den Ausführungen Eibons vor der Magierversammlung hatte für Maziroc von Anfang an festgestanden, dass er sich ihr anschließen würde. Die Hauptüberraschung für ihn war gewesen, dass der Elbenkönig sie persönlich leiten würde, doch nachdem Eibon diesen Entschluss verkündet hatte, hatte sich auch Charalon allen dagegen angeführten Argumenten zum Trotz nicht davon abbringen lassen, ebenfalls daran teilzunehmen.

Einer der Hauptgegner dieser Entscheidung war Maziroc selbst gewesen. Es hatte ihm ganz und gar nicht geschmeckt, dass sich sowohl das Oberhaupt des Magierordens wie auch sein Stellvertreter zusätzlich zu dem Elbenkönig der Gefahr dieser Expedition aussetzten. Er wusste nicht, wie es bei den Elben aussah, aber er selbst und Charalon würden nicht ohne Weiteres zu ersetzen sein, wenn ihnen etwas zustieße und sich die Gefahr als wirklich so groß erweisen sollte, wie Eibon sie geschildert hatte. Es gab eine Menge Magier, die ungefähr so alt wie er waren und ebenfalls hoch geachtet wurden, doch würden sie sich die Führung gegenseitig streitig machen und sich untereinander bekämpfen. Keiner von ihnen besaß eine ausreichend große Autorität, als dass sich dem Betreffenden der gesamte Orden bereitwillig anschließen würde.

Um zu verhindern, dass es so weit kommen könnte, war Maziroc sogar nahe dran gewesen, seine eigene Teilnahme zurückzuziehen, nachdem er erkannt hatte, dass Charalons Entschluss unumstößlich war. Nur widerstrebend hatte er sich schließlich wieder von diesem Vorhaben abbringen lassen, vor allem durch Charalons Argumentation, dass gerade aufgrund der hohen Bedeutung einiger der Teilnehmer so umfassende Sicherheitsvorkehrungen getroffen würden, dass die Gefahr letztlich äußerst gering wäre.

In der Tat hatte die Gruppe, die die Ordensburg früh am nächsten Morgen verließ, weniger Ähnlichkeit mit einem Expeditionstrupp als vielmehr mit einer kleinen Armee. Außer Maziroc und Charalon nahmen noch vier weitere Magier und zwei Vingala daran teil, und die Eskorte aus Elbenkriegern war durch weitere zwei Dutzend berittene Soldaten verstärkt worden. Es handelte sich um in funkelnde silberne Uniformen und tiefblaue Umhänge gekleidete Angehörige der Ehrengarde Cavillons unter Führung des erfahrenen Generals Bayron. Bevor er vor vielen Jahren nach Cavillon gekommen war, hatte er sich im Fünf-Wochen-Krieg zwischen Larquina und Aslan bewährt und war mit Auszeichnungen geradezu überhäuft worden. Er mochte um die fünfzig sein, mit angegrautem Haar, blauen, stets wachsam und ein wenig misstrauisch blickenden Augen und einem markant geformten Kinn. Ein Schwerthieb hatte seine rechte Wange fast gespalten und eine tiefe und lange Narbe hinterlassen, die vom Kieferknochen bis zur Schläfe hinauf reichte.

 

Maziroc wusste nicht recht, ob er sich über die Größe und Stärke der Gruppe wirklich freuen sollte. Sicher, sie stellten eine beachtliche Streitmacht dar. Bedachte man die überlegene Kampfkraft vor allem der Elbenkrieger und die besonderen Fähigkeiten der Magier, sollten sie in der Lage sein, mit jedem selbst zahlenmäßig weit überlegenen Gegner fertigzuwerden. Der Nachteil aber war, dass sie überall auffielen und kaum in der Lage sein dürften, sich unauffällig fortzubewegen. Ein kleiner, nur aus wenigen Personen bestehender Stoßtrupp wäre ihm eigentlich lieber gewesen.

Beide Alternativen jedoch besaßen ihre Vor- und Nachteile. Während in der vergangenen Nacht ein heftiges Unwetter mit Blitz und Donner und wahren Regenfluten über Cavillon niedergegangen war, hatte er noch lange mit Charalon und Eibon zusammengesessen und über ihr weiteres Vorgehen beratschlagt. Es war kaum möglich, unauffälliger Erkundigungen einzuziehen, als es durch die zuvor einzeln losgeschickten Elbenspäher geschehen war, die vermutlich besten Scouts der bekannten Welt. Dennoch waren sie offenbar entdeckt und entweder gefangen genommen oder sogar getötet worden, wobei Letzteres angesichts der Brutalität, mit der die bekannten Überfälle durchgeführt worden waren, wahrscheinlicher erschien.

Stärke allein hingegen bot auch keine verlässliche Sicherheit, solange sie nicht gerade mit einem ganzen Heer loszogen. Auch die Barbarenkrieger waren berüchtigte Kämpfer, neben den Elben und vielleicht noch den Zwergen wahrscheinlich die gefährlichsten überhaupt. Dennoch waren auch sie getötet worden. Unter diesen Umständen würde es äußerst schwierig werden, sich eine erfolgversprechende Taktik zurechtzulegen. So, wie sie jetzt unterwegs waren, waren sie stark genug, sich gegen die meisten vorstellbaren Gefahren zur Wehr zu setzen, aber anderseits war ihre Gruppe wiederum noch klein genug, dass sie schnell und flexibel agieren und sich einigermaßen unauffällig auch in schwierigem Gelände bewegen konnten. Dieser Kompromiss erschien ihnen allen am erfolgversprechendsten.

Von vereinzelten Wölkchen abgesehen, war der Himmel bei ihrem Aufbruch wieder so azurblau wie am Vortag, und die rasch wärmer werdende Sonne brauchte nicht lange, um auch die letzten Bodennebel zu vertreiben, die mit Beginn des Morgens aus der Erde gekrochen waren und sich wie eine weißlich-graue Decke über das Land gebreitet hatte. Die einzigen Spuren, die das Unwetter der vergangenen Nacht hinterlassen hatte, waren die Feuchtigkeit der Blätter und des Grases und der Morast, in den sich die Wege stellenweise verwandelt hatten. Aber da der Tag wieder ebenso warm wie der vorige zu werden versprach, würden sie voraussichtlich schon innerhalb der nächsten zwei, drei Stunden trocknen und ihr Vorankommen nicht weiter verlangsamen.

Sie ritten auf der alten Heerstraße nach Südosten, in direkter Richtung auf die Hohe Festung an der Grenze zwischen Larquina und der Nordermark zu. So früh am Morgen war die Straße noch weitgehend frei, was sich jedoch mit jeder Stunde, die der Vormittag voranschritt, mehr und mehr änderte. Immer häufiger begegneten ihnen andere Reisende, teil allein, teils in kleinen Gruppen oder auch großen Karawanen umherziehend, die sie verwundert und ehrfurchtsvoll, vereinzelt jedoch auch misstrauisch anstarrten.

Gegen Mittag legten sie eine kurze Rast ein und ritten anschließend bis lange nach Sonnenuntergang in scharfem Tempo weiter. Mit Unwillen registrierte Maziroc, dass Eibon an mehreren einladenden Gasthäusern vorbeiritt, um sie schließlich erst in einem kleinen Wäldchen anhalten zu lassen, wo sie ein provisorisches Lager aufschlugen, sodass sie auf dem unbequemen Waldboden schlafen mussten, statt sich in die behaglichen Betten einer der Herbergen sinken zu lassen. Immerhin konnten sie auf diese Art gut zwei Stunden länger reiten, als wenn sie sich den Zeitpunkt der Übernachtung von der Lage der Schenken hätten vorschreiben lassen, und auf möglichst große Eile schien es Eibon am meisten anzukommen.

Zur Mittagsstunde des folgenden Tages erreichten sie den Bialo, der als kleiner Gebirgsbach im Thurg-Gebirge entsprang, hier jedoch schon zu einem mehr als zehn Meter breiten Strom angeschwollen war. Sie folgten dem Fluss ungefähr eine halbe Stunde lang, bis sie eine Brücke erreichten, die ihn an einer etwas schmaleren Stelle überspannte. Hier lag der "Wilde Eber", in den sie einkehrten. Das Gasthaus war ursprünglich eine Mühle gewesen, wovon noch das große, gut erhaltene Wasserrad kündete. Schon vor mehr als einem Jahrhundert jedoch hatten die geschäftstüchtigen damaligen Besitzer erkannt, dass das strategisch günstig gelegene Anwesen direkt an der Brücke der viel genutzten Straße wesentlich gewinnbringender nutzen ließ. Als Gasthof hatte sich der "Wilde Eber" seither zu einer wahren Goldgrube entwickelt.

Der Geruch von gebratenem Fleisch, Wein und Bier erfüllte den großen Schankraum. Um dem Namen des Gasthauses gerecht zu werden, hing außer einem Hirsch auch ein allerdings ganz und gar nicht mehr wilder sondern ziemlich toter Eber auf einem Spieß über dem Feuer, bei dessen bloßem Anblick Maziroc bereits das Wasser im Mund zusammenlief. Das Schlemmen war schon immer eine seiner größten Leidenschaften gewesen, und er würde sie sich auch nicht durch einen allmählich zunehmenden Leibesumfang nehmen lassen, schon gar nicht während eines Gewaltrittes wie diesem.

Ein Barde spielte auf seiner Laute, und Stimmengemurmel und Lachen schallten ihnen bei ihrem Eintreten entgegen, doch wurde es fast schlagartig stiller, als die übrigen Gäste sie bemerkten. Alle Blicke wandten sich ihnen zu. Nach ein paar Sekunden verklang auch das Lautenspiel mit einem schrillen Misston.

Der Wirt, ein kleinwüchsiger Mann mit spärlichem grauem Haar und einem von Falten zerfurchten Gesicht, kam hinter seinem Tresen hervorgeschossen. "Was ist los? Spiel schon weiter!", herrschte er den Barden an, dann verneigte er sich demutsvoll vor Eibon, während hinter ihm das Lautenspiel erneut begann. "Welch ein strahlender Glanz in meinem bescheidenen Haus. Seid herzlich willkommen, hohe Herren", grüßte er unterwürfig und verneigte sich direkt noch ein paarmal hintereinander.

Da für eine so große Gruppe wie die ihre nicht genügend Plätze frei waren, forderte er einige der weniger wohlhabend aussehenden Zecher barsch auf, sich umzusetzen, dann überschlug er sich beinahe vor Eifer, aus dem Lager und sogar seiner Wohnstube weitere Tische und Stühle herbeizuschaffen und zusammenzustellen, bis eine genügend lange Tafel entstanden war, dass sie alle daran Platz fanden. Kaum hatten sie sich gesetzt, schaffte er Becher und Krüge voller Wein herbei, von dem er behauptete, dass es der beste wäre, den er in seinem Keller hätte. Dem Wein folgten Körbe mit Brot und Früchten, zudem große Platten, auf denen so viel Bratenfleisch aufgehäuft war, dass sich die Tische fast unter der Last zu biegen begannen.

Mittlerweile hatten die anderen Gäste ihre Gespräche längst wieder aufgenommen, doch Maziroc bemerkte sehr wohl die Blicke, die auch jetzt noch immer wieder zu ihnen herübergeworfen wurden, und es war unschwer zu erraten, dass sich die meisten Gespräche um sie drehten. Es ärgerte ihn, da er ungern so im Mittelpunkt des Interesses stand, nicht einmal in positiver Hinsicht, denn auch Bewunderung machte ihn höchstens verlegen. Ein bisschen fühlte er sich wie ein exotisches Tier, das auf einem Markt von der Menge neugierig begafft wurde, auch wenn das Interesse wohl in erster Linie den Elben galt. Sie befanden sich noch nicht allzu weit von Cavillon entfernt, und Magier waren zumindest hier in Larquina nichts Ungewöhnliches.

Elben schon.

Maziroc erinnerte sich wieder daran, wie aufgeregt Brak am Vortag auf die bloße Nachricht reagiert hatte, dass Elben auf dem Weg nach Cavillon wären. Auch für viele der hier anwesenden Gäste mochte es das erste Mal sein, dass sie Elben zu Gesicht bekamen und sogar mit ihnen im gleichen Raum speisten, zudem nicht nur Spähern, sondern den noch viel seltener anzutreffenden Elbenkriegern in Begleitung ihres Königs Eibon Bel Churio, der schon zu Lebzeiten eine Legende darstellte und die Hohe Festung bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht mehr verlassen hatte. Mit einem Mal konnte er das Verhalten der meist einfachen Menschen besser verstehen, und sein Unmut über ihr Verhalten legte sich, als er sich vor Augen hielt, dass dies für sie ein historischer Moment sein musste, ein Ereignis, von dem sie noch ihren Kindern und Enkelkindern erzählen würden.

Maziroc beschloss, gar nicht weiter auf seine Umgebung zu achten. Stattdessen griff er kräftig beim Fleisch zu, spülte es ausgiebig mit Wein hinunter und beendete sein Mahl schließlich mit Brot und Käse, bis er so satt war, dass er das Gefühl hatte, im nächsten Moment zu platzen. Gleichzeitig spürte er eine immer stärker werdenden Trägheit. In der vergangenen Nacht hatte er wegen des unbequemen Lagers im Wald nicht besonders gut geschlafen, und auch schon in der vorletzten Nacht hatte er aufgrund der langen Beratungen nur wenig Schlaf bekommen. Deshalb hätte er gegen eine längere Rast und ein, zwei Stündchen Ruhe nichts einzuwenden gehabt, und er war überzeugt, dass er nicht der Einzige war, dem es so erging.

Diese Zeit gönnte Eibon ihnen jedoch nicht. Nur wenige Minuten, nachdem auch der Letzte von ihnen sein Mahl beendet hatte, drängte der Elbenkönig sie bereits wieder zum Aufbruch.

Mit gleicher Eile hetzte er sie auch in den folgenden Tagen. Gewöhnlich brauchte man unter günstigen Bedingungen mindestens drei Wochen von Cavillon bis nach Ai'Lith, eher vier. Angetrieben von Eibon brachten sie diese erste Etappe ihrer Reise in knapp der Hälfte der Zeit hinter sich. Sie schliefen in keiner Nacht länger als sechs Stunden, legten nur eine höchstens halbstündige Rast am Tag ein und ritten in der übrigen Zeit so schnell, wie es ihnen nur möglich war.

Völlig erschöpft erreichten sie auf diese Art am Nachmittag des vierzehnten Tages schließlich das Largos-Gebirge, in dessen Zentrum sich die Hohe Festung der Elben erhob.