Sky-Troopers 3 - Piraten!

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Aus der Reihe: Sky-Troopers #3
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Sky-Troopers 3 - Piraten!
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Michael Schenk

Sky-Troopers 3 - Piraten!

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61 Hinweis „Sky-Troopers 4 – Das Sandschiff“

Kapitel 62 Hinweis auf Homepage

Impressum neobooks

Kapitel 1

Sky-Troopers 3: Piraten !

Science-Fiction-Roman

von

Michael H. Schenk

© M. Schenk 2016/2020

Orbitalstation, geostationär über Kolonialwelt Neijmark,

136 Lichtjahre Distanz zu Sol, 124 Lichtjahre Distanz zu Arcturus.

„Okay, Marge, du musst dich noch eine halbe Stunde gedulden. Julius ist gerade erst gestartet.“

„Verdammt, der Kerl bringt meinen ganzen Zeitplan durcheinander“, murrte die Shuttle-Pilotin. „Ich wette, der hat wieder Probleme mit dem Zumischer seines Triebwerks.“

Werner Schmitt, diensthabender Controller der Orbitalstation von Neijmark, grinste die Frau nahezu unverschämt an. „Ja, wahrscheinlich, Marge. Falls es dich tröstet ... Das Ersatzteil für seine Plasmapumpe befindet sich in einer der Kisten, die du geladen hast.“

„Noch mal verdammt, Werner.“ Margret de Leuuw schob ihr abgegriffenes Baseballcap ein Stück nach hinten. „Ich sage dir, Julius und seiner Jenny D muss man aber auch jeden Mist hinterher tragen. Dafür schuldet mir der Kerl ein großes Glas Kaltgerste.“

Schmitt verzichtete auf eine Erwiderung. Neijmark war eine junge Kolonie. Es gab nur fünf Shuttles, die für den Fracht- und Personenverkehr zwischen der Station und der Planetenoberfläche verfügbar waren. Zwischen ihren Besatzungen bestand ein gewisser Wettbewerb, denn wer die meisten Flüge und das meiste Frachtgut bewältigte, bekam am Jahresende eine fette Prämie.

Die Orbitalstation von Neijmark war erst vor einem Monat in Betrieb genommen worden. Bis dahin waren die ankommenden Schiffe in den Orbit gegangen und direkt von den Pendlershuttles angeflogen worden. Nun dockten sie an den beiden Pylonen der Station an und konnten Fracht oder Passagiere übergeben. Das machte die interstellaren Schiffe vom Flugbetrieb der Shuttles unabhängiger und reduzierte die sogenannte „Liegezeit“, für die Dockgebühren entrichtet werden mussten. Die Raumpendler brachten auch jene Versorgungsgüter zur Station, mit denen man die Vorräte der Raumschiffe ergänzte.

Die Orbitalstation, offiziell als „Neijmark Area Control“ bezeichnet, bestand aus vorgefertigten und genormten Teilen, die im Sol-System von Hollmann-Constructions gefertigt und dann vor Ort zusammengebaut wurden. Einfache Konstruktionen, die alle Mindestanforderungen erfüllten, jedoch wenig Komfort boten. Alles war auf Robustheit und Zuverlässigkeit ausgelegt. So verzichtete man größtenteils auf die ansonsten beliebten Sensorfelder oder Implantsteuerungen und verwendete altmodisch wirkende Schalter. Sie arbeiteten rein mechanisch und waren bei Schwerelosigkeit oder beim Tragen von Raumanzügen nicht störanfällig. Die kleine Stationsbesatzung, bestehend aus zwölf Ladearbeitern und Technikern, war zwei Wochen im Raum, bevor sie ein paar Tage auf der Oberfläche verbringen konnte. Trotz der üblichen Nörgelei arbeitete man gerne im Orbit, denn die Tätigkeit im Raum wurde gut bezahlt.

Die eigentliche Zentrale der Station befand sich in einer Kuppel aus Klarstahl von kaum fünf Metern Durchmesser. Abgesehen von den zahlreichen Bedienelementen, Anzeigen und Monitoren, gab es gerade genug Raum für drei Arbeitsplätze und eine, offiziell nicht zur Ausstattung gehörende, Kaffeemaschine. Alles war so neu, dass es kaum eine individuelle Ausprägung gab. Der Controller einer anderen Schicht hatte ein kleines Stofftier mitgebracht. Eine Topfblume fristete ihr kärgliches Dasein, von einer winzigen Pflanzenlicht-Lampe bestrahlt und von den Männern und Frauen der jeweiligen Schicht liebevoll gehegt. Die Arbeitsplätze waren indirekt beleuchtet. Das meiste Licht kam von den vielfarbigen Anzeigen und zahlreichen Monitoren. Außerhalb der Kuppel bot sich ein prachtvoller Ausblick in den Weltraum. Die Sonne, zwei der Monde und einer der Nachbarplaneten waren gut auszumachen, doch Neijmark selbst blieb hinter dem Rumpf der Station verborgen. Den Controllern der Station vermittelte dies gelegentlich ein Gefühl der Isolation, was durch die Tatsache verstärkt wurde, dass die Kuppel der Area Control nur über einen schlanken Schacht zu erreichen war, welcher der Konstruktion das Aussehen eines Pilzes verlieh. Nur wenn man dicht an die Klarstahlscheibe trat, konnte man gerade noch den Außenrand der Station und die beiden Andockpylone erkennen.

 

Seit fast hundertachtzig Jahren beherrschte die Menschheit die überlichtschnelle Raumfahrt. Dennoch hatte sie sich bisher kaum im Weltraum ausgebreitet. Die Reise zu fernen Sternen dauerte noch immer Monate oder sogar Jahre. Seit fünf Jahren gab es den neuen Nullzeit-Sturzantrieb, der alles veränderte. Nun war es möglich, jedes beliebige Sternensystem innerhalb kürzester Zeit zu erreichen. Man brauchte kaum mehr als acht Stunden, die zum Erreichen der Lichtgeschwindigkeit und dem Aufladen der Hiromata-Kristalle erforderlich waren, und dann nochmals die gleiche Zeitspanne, in denen ein Schiff seine Fahrt wieder abbremste. Wo man bisher Kryo-Schlafkammern oder aufwendige Unterkünfte und Versorgungseinrichtungen benötigte, genügte jetzt jene Ausstattung, wie man sie in der Luftfahrt des 21sten Jahrhunderts nutzte. Waren zuvor riesige interstellare Frachter und Linienschiffe eingesetzt worden, konnte man nunmehr selbst kleine Raumschiffe verwenden. Zum ersten Mal gab es einen regelmäßigen Frachtverkehr zwischen den Kolonien und sogar ein bescheidenes Touristenaufkommen.

Die neuen Möglichkeiten der Raumfahrt führten inzwischen zu einer Kolonisierungswelle. Planeten, deren Nutzung zuvor, wegen der extremen Flugdauer, zu unwirtschaftlich oder riskant erschienen war, versprachen jetzt ein lohnendes Ziel für abenteuerlustige Siedler oder jene Unzufriedene, die es in jeder Gesellschaft gab. Das Risiko schien gering, denn geriet eine junge Kolonie unerwartet in Not, so konnte sie innerhalb eines einzigen Tages auf Hilfe rechnen. Dies garantierten das Direktorat der geeinten Menschheit und die ihm unterstellten Institutionen.

Die ersten Siedler waren vor vier Jahren auf Neijmark gelandet. Inzwischen lebten hier fast vierzigtausend Menschen. Die Hälfte in der Hauptstadt Neuwstat, die anderen in kleinen Dörfern oder Farmen, die im Umland errichtet worden waren. Der Planet war bei Weitem noch nicht vollständig erforscht, aber bislang waren keine gefährlichen Tiere oder Krankheitserreger entdeckt worden. Die neuen Planetenbewohner hatten einige Pflanzen und Nutztiere mitgebracht. Die Ökologen betrachteten das mit großer Sorge, doch diese Mitbringsel bildeten die wichtigste Grundlage für den Handel Neijmarks. Holz, Getreide, Käse und Kaltgerste sorgten für ein bescheidenes Einkommen der Kolonie, die mit dem Erlös jene Dinge erwarb, die sie für ein angenehmes Überleben benötigten und noch nicht selbst herstellen konnten.

Dieser bescheidene, aber wachsende Handel war der Grund, warum eine der Institutionen des Direktorats nun seit fast zwei Wochen auf der Orbitalstation vertreten war. Sobald eine Kolonie in das sich ausweitende interstellare Verkehrsnetz eingebunden wurde, trat die IFTS, die Interstellare Flug- und Transportwesen-Sicherheitsbehörde, auf den Plan. Ihre Aufgabe war es, zu gewährleisten, dass die Besatzungen der Orbitalstationen jene Standards erfüllten, die zur Regelung des Flug- und Transportwesens erforderlich waren. Dies galt für den Verkehr der Raumschiffe, welcher im „äußeren“ Bereich der Station stattfand, und für den der Shuttles und Atmosphäreflieger, die in den „inneren“ Sektoren unterwegs waren.

Für Werner Schmitt und die anderen Mitarbeiter auf der Orbitalstation war das ein zweifelhaftes Vergnügen. Die Inspektorin der IFTS legte großen Wert auf die Wahrung der Formen und hatte kaum Verständnis für den lockeren Umgangston, der auf Neijmark üblich war.

„Rotkäppchen ist im Anmarsch.“ Schmitts derzeitiger Kollege, Piet de Smeet, blickte von den internen Überwachungsmonitoren der Station auf.

Margret de Leuuw stieß einen unflätigen Fluch aus. „Wie lange geht die uns eigentlich noch auf die Nerven?“

„Bis wir das Zertifikat von ihr bekommen, dass wir hier alles im Griff haben“, erwiderte Werner Schmitt. Er sah auf den Monitor, der den Schacht zeigte, der zur Zentrale heraufführte. „Okay, sie ist gleich da, Marge. Es wird also wieder amtlich.“

„Das ist genau der Grund, warum ich vom Mars abgehauen bin“, erwiderte die Shuttle-Pilotin und schaltete dann die Verbindung ab.

Agneta Ranskög war im Grunde eine durchaus attraktive Frau. Werner Schmitt fragte sich in den vergangenen Tagen immer wieder, ob sie ihre Schlafstelle wohl gelegentlich auch mit etwas anderem als den Dienstvorschriften teilen mochte. Bislang war jeglicher Versuch, sich ihr persönlich zu nähern, an ihr abgeprallt. Im Gegensatz zur Besatzung der Orbitalstation, welche schlichte Arbeitsoveralls bevorzugte, trug Ranskög den offiziellen Overall der IFTS. Grau, mit roten Längsstreifen an den Armen und dazu ein grellrotes Cap mit den weißen Buchstaben IFTS. Letzteres hatte ihr den Spitznamen „Rotkäppchen“ eingetragen.

Nach einem kurzen Gruß ließ sich die Inspektorin über den Status informieren und überprüfte dann sorgfältig die Anzeigen und Monitore. „Etwas Neues von der My Starship?“

„Nein“, antwortete Werner.

Agneta Ranskög schüttelte unmerklich den Kopf. „Die sind jetzt seit fast zwei Tagen überfällig. Sicher, den Kapitänen solcher Vergnügungsschiffe steht es frei, den Kurs abzuändern, aber darüber müssen sie ihre Reedereien und die zuständigen Area Controls verständigen.“ Sie sah Werner forschend an. „Und es ist überhaupt nichts von der My Starship eingegangen?“

„Ich hätte es eingetragen.“ Werner freute sich heimlich über die kleine Spitze gegen die Inspektorin.

„Selbstverständlich hätten Sie das, Controller Schmitt.“ Ranskög setzte sich in den zusätzlichen Sitz, den man für sie in der Area Control aufgestellt hatte, und der die Kuppel zu einem überfüllten Raum werden ließ. Immerhin schien sie nicht nur aus Vorschriften zu bestehen, denn sie erhob keine Einwände, als Schmitts Kollege Piet ihr einen Becher mit heißem Kaffee reichte.

„Okay, Leute, ich bin jetzt auf eurer Höhe und gehe in den Landeanflug über.“ Einer der Monitore erhellte sich und zeigte das Gesicht von Julius Portner, dem Piloten des Shuttles Jenny D. Offensichtlich bemerkte er die Anwesenheit der Inspektorin, denn sein Gesicht zeigte für einen flüchtigen Augenblick den Ausdruck von Unwillen. „Äh, Jenny D an Inner Area Control: Höhenangleichung ist erfolgt. Ich bitte um Einweisung für den Zielanflug.“

„Inner Area Control Neijmark an Shuttle Jenny D“, entgegnete Werner Schmitt ebenso förmlich, „ich bestätige Höhenangleichung. Echopeilung für Zielanflug auf Dockpylon Zwei erfolgt ... jetzt.“

Schmitt betätigte einen Schalter und Portner zwinkerte ihm kurz zu. „Jenny D an Inner Area Control: Echosignal wird empfangen. Endanflug beginnt. Voraussichtliche Andockzeit in zwanzig Minuten.“

„Bestätigt, Jenny D. Inner Area Control Neijmark behält Sie im Leitstrahl.“ Werner schaltete den Monitor um. „Inner Area Control Neijmark an Shuttle Bonnie Blue Charles: Voraussichtliche Ankunft von Shuttle Jenny D in zwanzig Minuten. Flugkorridor Inner Area ist frei. Sie haben Starterlaubnis für Anflug auf Neuwstat. Unterer Luftraum ist frei von Flugbewegungen in Ihrem Anflugbereich. Groundcontrol Neijmark übernimmt ab Flughöhe 5.000 Meter.“

„Bestätigt, Area Control“, entgegnete Margret de Leuuw mit übertrieben freundlicher Stimme. „Bonnie Blue Charles löst Andockklammern und zündet Manövertriebwerke. Korridorüberwachung aktiv. Shuttle ist frei und beginnt Sinkflug.“

„Bestätigt, Bonnie Blue Charles. Inner Area Control Neijmark wünscht einen guten Flug.“

Vor der Klarstahlkuppel der Area Control war das kurze Aufblitzen der Manöverdüsen des Shuttles zu erkennen, welches sich langsam von der Orbitalstation entfernte. Der Raumpendler war ein älteres Modell mit chemischen Triebwerken, die er auch in der Lufthülle nutzen musste, da er nicht mit den modernen Atmosphäreantrieben ausgerüstet war. Der Flug würde dadurch für Margret etwas unruhiger werden und sie benötigte eine lange Start- und Landebahn, aber auf Neijmark konnte man sich noch keine wirklich modernen Raumpendler leisten. Man war schon froh, fünf der älteren Modelle erworben zu haben.

Agneta Ranskög machte sich ein paar Notizen auf ihrem Mini-Comp. „Ich bin nicht blöd und weiß, dass ich Ihnen ziemlich auf die Nerven gehe“, sagte sie unvermittelt. „Glauben Sie mir, das bin ich gewöhnt. Inspektoren der IFTS sind nirgendwo wirklich willkommen. Es lässt sich ja kaum jemand gerne über die Schultern schauen, nicht wahr?“ Sie nippte an ihrem Heißgetränk und lächelte die beiden Controller unerwartet freundlich an. „Sie glauben sicher, hier alles im Griff zu haben, und im Grunde ist das ja auch so. Aber was wir hier tun, das dient Ihrer eigenen Sicherheit und natürlich auch der jener Besatzungen und Passagiere, die sich in Ihrem Kontrollbereich befinden. Neijmark ist eine sehr junge Kolonie und daher ist das Verkehrsaufkommen noch bescheiden. Kaum mehr als zwei Raumschiffe in der Woche, aber warten Sie einmal, bis sich das Verkehrsnetz zwischen den Siedlungswelten entwickelt. Auf dem Mars haben wir Dutzende von Flugbewegungen durch Raumschiffe und Tausende durch Raumpendler und Atmosphäreflieger. Täglich, meine Herren, täglich. Nun, wahrscheinlich wird sich Ihre Welt niemals zu einem großen Handelszentrum entwickeln, aber Sie müssen die Standards beherrschen. Die Standards, meine Herren. Sie sind überall identisch und verhindern, dass das Chaos zwischen den Sternen ausbricht.“ Sie registrierte die skeptische Miene von Schmitts Kollege Piet. „Es gibt immer mehr Kolonien und gelegentlich sprachliche Eigenheiten. Es muss aber eine einheitliche Verkehrssprache geben, damit Missverständnisse vermieden werden. Missverständnisse, die zu ...“

„Moment“, unterbrach Werner Schmitt die Ausführungen der Inspektorin. Neben dem Monitor des Tiefenraumscanners blinkte ein rotes Licht. „Da ist gerade etwas in unser System gerauscht.“

„Versuchen Sie das zu präzisieren, Controller Schmitt“, empfahl Agneta Ranskög.

Der betätigte inzwischen die Feineinstellungen und betrachtete die Informationen, die über den Monitor scrollten. „Eintauchimpuls. Da ist etwas aus dem Nullzeit-Sturz gekommen. Intensität Fünf.“

„Entweder ein kleines Objekt in großer Nähe“, meinte Piet, „oder ein weit entferntes großes Objekt. Kannst du es identifizieren?“

„Echoimpuls wird abgestrahlt.“ Werner Schmitt arbeitete konzentriert. Der Tiefenraumscanner der Station strahlte nun einen Impuls ab, der die Kennung der Station an das unbekannte Objekt übermittelte. Gleichzeitig forderte er dessen Identifikation an. Alle Funkgeräte reagierten automatisch auf solche Echoimpulse. Im Grunde waren sie mit der Freund-Feind-Kennung militärischer Systeme identisch und erfüllten auch einen ähnlichen Zweck.

„Echo kommt.“ Auf dem Monitor erschien eine Kolonne aus Zahlen und Buchstaben, die sofort mit dem interstellaren Katalog abgeglichen wurde. „Objekt identifiziert als My Starship.“

„Na endlich“, seufzte die Inspektorin.

Werner Schmitt langte an sein Headset. „Outer Area Control Neijmark an Star-Liner My Starship: Sie sind auf direktem Kurs. Ich sende Peilstrahl für Andockmanöver. Willkommen auf Neijmark.“

Der Star-Liner war mit Lichtgeschwindigkeit aus dem Nullzeit-Sturz gekommen und begann bereits mit dem Bremsmanöver. Aufgrund der Entfernung dauerte es eine Weile, bis Schmitts Willkommen bei dem Schiff eintraf und dessen Erwiderung die Station erreichte. „My Starship an Outer Area Control Neijmark: Danke für das Willkommen. Bremsmanöver läuft.“

„Ich bin gespannt, warum die so spät kommen“, brummte Schmitts Kollege. „Zwei Tage Verspätung sind ganz ordentlich.“

„Vielleicht hat der Captain den Touristen unterwegs etwas Besonderes zeigen wollen“, vermutete Werner. „Interstellarer Tourismus ist ja noch sehr neu und die entsprechenden Reedereien lassen sich eine Menge einfallen, um zahlungskräftige Kunden zu locken.“

„Das entbindet die Crew nicht von der Pflicht, die zuständige Area Control zu verständigen“, wandte Agneta ein. „Aber das erwähnte ich, glaube ich, schon.“

„Jedenfalls ist diese My Starship ein echt beeindruckendes Schiff. Trotz des schwachsinnigen Namens.“ Piet schenkte sich Kaffee nach und sah durch den Klarstahl in die Richtung, aus der das Raumschiff kommen musste. Es war eine unbewusste Handlung, denn es würden noch Stunden vergehen, bis es ohne Hilfsmittel beobachtet werden konnte. „Ich habe das Werbe-Holo gesehen. Fast fünfhundert Meter lang, hundert breit und zweihundert hoch. Ein Drittel der Außenhülle besteht aus Klarstahl. Mann, die haben an Bord eine fabelhafte Aussicht in den Weltraum. Und drinnen wird richtig was geboten. Jede Menge Unterhaltung und Kultur, ein normales und ein schwerefreies Schwimmbecken, eine vierhundert Meter lange Wasserrutsche, schwereloses Tanzen, Kletterwände, Gravball ... Verdammt, wenn nur die Tickets nicht so teuer wären.“

 

„Wenn der Konkurrenzdruck wächst, werden die auch billiger“, tröstete Werner Schmitt seinen Kollegen. „Im Augenblick ist der Tourismus wohl noch ein Verlustgeschäft.“

„Wie kommst du denn darauf?“

„Weil die My Starship auch erhebliche Mengen an Fracht befördert. Fast ein Drittel des Schiffes ist für die Frachtkapazität reserviert. Habe ich in dem gleichen Holo gesehen.“

„Mag sein“, brummte der Kollege. „Aber ich sage dir, ein Erlebnis ist das ganz bestimmt. Du hast doch auch den Slogan von denen gehört, oder? Geben Sie uns drei Wochen und wir geben Ihnen das ganze Universum.“

Agneta Ranskög räusperte sich. „Nichts gegen Ihren netten Planeten, aber was hat Neijmark zu bieten, dass My Starship es anfliegt?“

„Sie haben sich wohl noch nicht für unsere Sehenswürdigkeiten interessiert, Inspektorin? Na, ich kann Ihnen sagen, warum wir angeflogen werden, weil ich an der Versammlung teilnahm, in der uns das ein Vertreter der Reederei erklärte. Bei der ersten Erkundung von Neijmark hat man die Donnerfälle entdeckt. Das Wasser fällt eine vier Kilometer tiefe Schlucht hinunter. Angeblich gibt es das auf keinem anderen bekannten Planeten und ich will das gerne glauben. Ich meine, die müssen Sie wirklich einmal gesehen haben. Wenn Sie noch ein paar Wochen bleiben, dann können Sie die Fälle sogar in gefrorenem Zustand sehen. Das ist wirklich einzigartig.“

„In gefrorenem Zustand?“

„In zwei Wochen beginnt bei uns der Winter. Im Augenblick haben wir eine Durchschnittstemperatur von zwanzig Grad im Plus. Innerhalb von nur zwei Wochen sinken die auf zwanzig Grad minus. Das bleibt dann für fünf Monate und dann beginnt wieder der Sommer. Wir kennen hier keinen Herbst und keinen Frühling. Neijmark ist da ein klein wenig extrem.“

„Nun, ich bin mehr der Sonnentyp und hoffe, vor Ihrem, sicherlich sehr interessanten, Wintereinbruch wieder abreisen zu können.“

„Pendler Jenny D an Inner Area Control Neijmark: Ich beginne mit dem Andockmanöver.“

Schmitt wandte sich Portners Gesicht auf dem Monitor zu. „Bestätigt, Jenny D.“

„Marge ist fast unten“, warf sein Kollege ein. Piet ignorierte den mahnenden Blick der Inspektorin. „Sieht so aus, als wäre die Bonnie Blue Charles noch in einem Stück.“

Portner dockte mit seinem Shuttle an und Werner Schmitt organisierte die Beladung des Pendlers. Für eine Weile war die My Starship vergessen, bis auf Schmitts Pult ein Warnsignal aufleuchtete. Wieder glitten Zahlenkolonnen und Buchstaben über den Monitor, die in einer rhythmisch blinkenden Warnung resultierten.

Werner Schmitt blinzelte überrascht, aktivierte dann aber sofort das Mikrofon seines Headsets. „Outer Area Control Neijmark an My Starship: Warnung! Ihr Bremsmanöver ist unzureichend. Gehen Sie auf maximalen Bremsschub. Es besteht sonst Kollisionsgefahr.“

Augenblicke später erfolgte die Antwort. „My Starship an Outer Area Control Neijmark: Danke für das Willkommen. Bremsmanöver läuft.“

Schmitt benötigte nur einen kurzen Blick, um zu erkennen, dass sich die Bremswerte nicht veränderten. „Outer Area Control Neijmark an My Starship: Ihr Bremsmanöver ist unzureichend. Gehen Sie auf vollen Gegenschub. Bestätigen Sie das, My Starship.“

My Starship an Outer Area Control Neijmark: Danke für das Willkommen. Bremsmanöver läuft.“

„Was soll das?“, ächzte Piet irritiert.

Werner wechselte einen kurzen Blick mit Agneta Ranskög. Er war blass, als er abermals das Mikrofon aktivierte. „Neijmark an My Starship: Geben Sie Identifikation!“

My Starship an Outer Area Control Neijmark: Danke für das Willkommen. Bremsmanöver läuft.“

Werner Schmitt schien einen Moment wie erstarrt. Dann schlug seine flache Hand auf einen auffallend großen roten Knopfschalter. In den Räumen der Orbitalstation war das auf- und abschwellende Heulen des Kollisionsalarms zu hören. „Piet, berechne den exakten Kurs und die vermutliche Aufprallgeschwindigkeit der My Starship! Auf den Millimeter genau!“

„Mein Gott.“ Piets Hände begannen zu zittern. „Die ... Die werden mit uns kollidieren!“

Werner Schmitt registrierte eher unbewusst, dass sein Kollege, angesichts der sich abzeichnenden Gefahr, wohl die Nerven zu verlieren begann. Piet würde wohl nicht die Freigabe vom IFTS erhalten. Sofern das überhaupt noch eine Rolle spielte. „Inspektor!“

Agneta Ranskög zögerte nicht. Sie erhob sich, zerrte den wie gelähmt erscheinenden Piet aus dem Sessel und nahm dessen Platz ein. „Ich kümmere mich um das verdammte Schiff“, versicherte sie Werner. „Kümmern Sie sich um den Rest. Sie kennen sich da besser aus.“

Der Controller nickte und schaltete sein Headset auf die allgemeine Frequenz. „An alle! Es besteht Kollisionsgefahr mit einem unkontrollierten Raumschiff! Alle begeben sich sofort an Bord der Jenny D! Das Shuttle liegt an Pylon Zwei! Julius, du wartest, bis alle an Bord sind, verstanden?“

Das Gesicht des Shuttle-Piloten wurde auf einem der Monitore sichtbar. „Was, verdammt noch mal, dachtest du denn? Meinst du, ich lasse euch im Stich? Wie viele?“

Werner stieß Piet grob an. „Mach, dass du zum Shuttle kommst! Los, verschwinde endlich.“ Er blickte Agneta an, die ihm sanft zulächelte. „Elf Leute, Julius. Piet dürfte der Letzte sein. Warte auf ihn, solange es möglich ist.“

„Und du und das Rotkäppchen?“

„Wir haben hier noch zu tun.“

„Verdammt.“ Der Shuttle-Pilot schaltete ab.

Die Orbitalstation war noch neu. Werner war Fluglotse und kein Stationstechniker, sonst hätte er vielleicht daran gedacht, dass die Station über eigene Triebwerke verfügte, um ihre orbitale Position jederzeit korrigieren zu können. Doch im augenblicklichen Schrecken dachte keiner an diese Möglichkeit, der Gefahr auszuweichen.

Agneta Ranskög warf Werner einen vorwurfsvollen Blick zu. „So, so. Rotkäppchen?“ Sie schüttelte auflachend den Kopf und wurde dann wieder ernst. „Hier die aktuellen Daten der My Starship: Geschwindigkeit: 20,3 und abnehmend. Abstand: 25 und abnehmend. Kurs: Lage Null und gleichbleibend.“ Sie schwieg einen Augenblick. „Ich korrigiere. Kurs: Lage 0,1 Negativ und auswandernd. Das Schiff wird uns knapp verfehlen.“

„Julius, das Schiff wird uns verfehlen. Du hast also Zeit.“

„Hab´s gehört. Wenn du es mir früher gesagt hättest, müsste ich jetzt die Wäsche nicht wechseln.“

„Kann ohnehin nicht schaden“, brummte Werner. „Status?“

Agnetas Blick ruhte unverwandt auf dem Monitor des Scanners. „Geschwindigkeit: 15,7 und abnehmend. Abstand: 20 und abnehmend. Kurs: 0,2 Negativ und auswandernd. Schmitt, die verfehlen uns nur, weil die Station geostationär ist. Wir rotieren mit dem Planeten, während sich das Schiff nähert. Die werden an uns vorbeifliegen und in die Atmosphäre eintreten.“

„Allmächtiger. Versuchen Sie den genauen Eintrittsort und wahrscheinlichen Aufschlagspunkt zu berechnen.“

„Schon dabei.“

Werner hob den Blick von seinen Monitoren und spähte in den Weltraum hinaus, doch von dem heranrasenden Raumschiff war noch nichts zu sehen. Für einen Moment fragte er sich, was an Bord geschehen sein mochte. Die Besatzung reagierte nicht auf die Funksprüche der Station. Die Meldungen des Schiffes waren Aufzeichnungen. Die automatische Notfallsteuerung schien zu versagen. Aber gleichgültig, welche Ursache das alles auch hatte, an der Gefahr bestand kein Zweifel.

Werner Schmitt zwang sich zur Ruhe und stellte die Verbindung zur Verwaltung von Neuwstat her. Das ruhige Gesicht seines Gesprächspartners verzog sich zu einer Grimasse, als der Controller erklärte, dass ein Raumschiff auf dem Planeten abzustürzen drohte. „Das ist doch ein übler Scherz, oder?“

„Nein, das ist kein Scherz“, erwiderte Werner hart. „Ich schalte eine synchrone Datenübertragung unserer Scanner auf diese Frequenz.“ Er betätigte mehrere Schaltungen und sah nun dieselben Angaben, die auch Agneta auf dem Monitor hatte. „Aktueller Status: Geschwindigkeit: 10,5 und abnehmend. Abstand: 11 und abnehmend. Kurs: Negativ 0,5 und auswandernd. Oh, mein Gott, die müssen in unmittelbarer Nähe der Stadt runterkommen.“

Hinter dem Verwaltungsbeamten war Bewegung zu erkennen. Dazu das leise Heulen des Katastrophenalarms. „Welche Masse hat das Schiff?“, fragte der Mann, der nun wieder zu seiner Ruhe fand. „Modulare Bauweise oder kompakt?“

Agneta rief den interstellaren Schiffskatalog auf, las die Zahlen ab und teilte sie Werner mit. Der gab sie zur Oberfläche weiter. „Keine modulare Bauweise“, fügte er hinzu. „Das Schiff ist kompakt.“

Der Fluch des Beamten war verständlich. Wäre das Schiff, wie einer der alten großen Raumfrachter, aus Containern und Segmenten zusammengesetzt, so hätte die Hoffnung bestanden, dass es sich beim Eintritt in die Atmosphäre in seine Bestandteile zerlegte und die meisten davon verglühten, ohne den Boden zu erreichen. Die Bedrohung durch ein kompaktes Schiff, mit durchgehend massiver Hülle, war ungleich höher. „Wie viel Zeit bleibt uns noch?“

„Zwanzig oder fünfundzwanzig Minuten“, schätzte Werner. Er sah zu Agneta. „Lässt sich genauer bestimmen, wo das Schiff runtergehen wird?“

„Ich bin noch dabei“, murmelte die Inspektorin. „Ist kompliziert. Ich versuche Geschwindigkeit und Winkel zu berechnen, in dem die My Starship auf die Atmosphäre trifft. Dann hängt viel vom Zustand des Rumpfes ab und wie sich die Reibungshitze auswirkt. Ich kann bestenfalls einen Schätzwert geben. Nichts Exaktes.“

„Dann den Schätzwert.“

„Aufschlag zwischen acht und zwanzig Kilometern Entfernung vom Stadtzentrum und in nordwestlicher Richtung zur Stadtgrenze.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Wenn das Ding in einem Stück runterkommt. Wenn es zerfällt, lässt sich gar nichts voraussagen.“

Ein anderer Mann erschien auf dem Monitor, der die Verbindung zur Stadtverwaltung aufrechterhielt. „Wir haben die Stadtbevölkerung über das Alarmsystem aufgefordert, sich schnellstens, und so weit wie möglich, nach Nordosten zu begeben. Sobald das abstürzende Schiff in die Atmosphäre eintritt, geben wir einen Dauerton über die Sirenen. Dann bleibt uns nur noch übrig eine Deckung zu finden.“

Werner Schmitt konnte sich sehr gut vorstellen, welche Panik nun in Neuwstat herrschen musste. Die meisten der Häuser bestanden aus Holz und gebrannten Ziegeln, da dieses Material reichlich vorhanden, billig und leicht zu verarbeiten war. Die meisten Gebäude hatten, aufgrund des niedrigen Grundwasserspiegels, keine Keller. Das bedeutete eine Menge Nahrung für mögliche Feuer und eine Unzahl an Trümmerteilen, die bei einer Druckwelle entstehen mussten. Dazwischen Männer, Frauen und Kinder, für die es praktisch keinen Schutz gab. Dem Controller wurde speiübel bei der Vorstellung, was mit den Menschen geschehen mochte.

„Da ist sie.“ Agneta wies durch die Klarstahlkuppel in den Weltraum hinaus. Ihre Stimme klang unnatürlich ruhig. „Geschwindigkeit: 3,7 und abnehmend. Abstand: 2 und abnehmend. Kurs: Negativ 0,8 und auswandernd.“

Werner folgte ihrer Blickrichtung. Viel war nicht zu erkennen. Ein künstlicher Stern, der sich rasch näherte. In einem schrägen Winkel zur Station, der keine Details erkennen ließ. Der Aufprall auf die Atmosphäre erfolgte nahezu senkrecht und scheinbar direkt über Neuwstat. Vor dem Objekt begann die Luft zu glühen. Flammen hüllten es ein und bildeten eine lange Schleppe aus Feuer und Rauch, die es auf seinem Flug durch die Lufthülle begleitete.