Meine Seele will endlich fliegen

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Phase 1: Verleugnung, Verdrängung, Nicht-Wahr-Haben-Wollen: mit allerletzter Kraft bäumen wir uns gegen das Unvermeidliche auf. Wir wollen es nicht wahrhaben, setzen uns zur Wehr. Aussagen wie „Es kann nicht sein, dass …“, „Ich bin nicht krank“ … begleiten diese Phase, in der geleugnet wird, was nicht mehr zu leugnen ist. Wir scheuen die Konfrontation mit dem Thema unserer Krise (Krankheit, Verlust, Trennung, Tod …).

Phase 2: Ist das Unausweichliche zu unserer Realität geworden, dann folgt der Zusammenbruch und mit ihm brechen im wahrsten Sinne des Wortes unsere Gefühle auf. Wir fühlen uns ohnmächtig, sind frustriert, fühlen uns vom Leben verraten, ungerecht behandelt. Gefühle wie Wut, Angst, Verwirrung, Unsicherheit, Selbstzweifel, Schuld, Scham etc. brechen aus uns hervor. Wir verlieren die Kontrolle. Werden mit unseren Ängsten konfrontiert und hadern mit dem Schicksal: „Warum geschieht das ausgerechnet mir?“, „Was habe ich getan, dass …?“

Dann, nach all der Zeit der Trauer, des Beweinens, der Verzweiflung, der Hoffnungs- und Orientierungslosigkeit beginnen wir uns nach und nach im Leben wieder ganz vorsichtig zurechtzufinden.

In Phase 3 kommen wir langsam wieder zur Ruhe. Unser aufgebrachter Geist beruhigt sich. Wir lernen, immer weniger mit unserem Schicksal zu hadern, stattdessen nehmen wir es an. Wir stellen uns Fragen wie: Was kann ich aus dieser Krise lernen? – Worin besteht ihr Sinn? – Was will sie mich lehren?

In Phase 4 schauen wir uns die Antworten an und überlegen, in welche Richtung wir weitergehen. Wir gehen positiv mit der Krise um, sind an einer Neufindung, an einem Neustart, an Lösungsmöglichkeiten interessiert. Suchen nach Alternativen und orientieren uns neu. Nach und nach schöpfen wir wieder Kraft, finden wieder neuen Mut. Balance stellt sich wieder her. Nach und nach merken wir, dass all das, von dem wir einst glaubten, dass es unser Leben zerstört, immer mehr zum „Geburtshelfer“ für eine zweite und weitaus schönere und reellere Chance Leben wird. Und so wie wir dies immer mehr erkennen, können wir rückblickend auf die vergangenen Ereignisse eines schönen Tages sogar sagen: „Das Leben ist immer für uns.“

Das Leben ist immer für uns – Stimmt das?

Wenn dieser Satz zutrifft, kann ich dann in einer Krise auch eine Chance sehen? – Kann es sein, dass das Leben tatsächlich immer für uns ist? – Ausnahmslos? – Auch in der Krise? – In einer Krise wie dieser, die uns alle weltweit betrifft? – Wie passt das zusammen? – Ist es nicht ziemlich naiv, im Hinblick auf eine solche Krise eine derartige Behauptung aufzustellen und diese dann auch noch öffentlich vertreten zu wollen? – Ist das nicht Irrsinn? – Blanker Hohn?

Ob eine Behauptung wie „Das Leben ist immer für uns“, liebe Leserin, lieber Leser, zutreffen mag, das können letztlich nur Sie entscheiden. Ich wähle mit Absicht diesen ungewöhnlichen Beginn und gebe zu, dass es im ersten Moment so aussehen mag, als könnte eine derartige Aussage niemals zutreffend sein. Denn stehen wir am Anfang einer Krise, dann erschüttert uns diese durch Mark und Bein. Schließlich bringt sie unser gesamtes Lebenskonzept durcheinander und führt im Falle von Corona weltweit zu sehr viel Kummer und Leid. Um es mit einem Bild zu sagen: Das Schiff unseres Lebens gerät derart ins Wanken, sodass Schieflage und Untergang drohen. Man sieht sich nur noch einem gewaltigen Sturm gegenüber, der scheinbar unaufhaltsam ins Chaos führt. Das Einzige, was bleibt, ist die Frage: Was war der Auslöser dafür? – Ungewollt werden wir mit einer gewaltigen Wucht aus dem bisherigen Leben herausgerissen und auf eine „Reise“ geschickt, die so (!) keiner von uns jemals gebucht hat. – Aber warum? – Was ist Sinn und Zweck dieser Krise? – Was ist da irgendwann passiert, dass alles, was wir uns bis zu einem bestimmten Punkt erarbeitet haben, auf einmal nicht mehr funktioniert, sondern wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt? – Oder mit einem anderen Bild gesagt: Wer hat den ersten Dominostein bewegt, der jetzt für uns alle zu diesen Ausmaßen einer weltweiten Katastrophe führt?

Die Welt sucht nach einem Schuldigen im Außen. Irgendjemand muss doch für diese gigantische Misere verantwortlich zu machen sein. Doch was, wenn der ursprüngliche Verursacher nicht im Außen, sondern in jedem von uns selbst zu suchen ist? – Wenn jeder von uns bewusst wie unbewusst im Kleinen wie im Großen irgendwie an dem Ganzen seinen Beitrag geleistet hat? – Eine Provokation meinerseits?

2016 war ich in einer Lebenssituation, die für mich persönlich ähnliche dramatische Ausmaße hatte wie die Krise, die wir derzeit erleben. Daraus ergibt sich für mich heute der Vorteil: die jetzige Krise tut mir nicht mehr weh. Ich kann zuversichtlich auf sie schauen, weil ich so gut wie nichts mehr zu verlieren hab. Tränen sind diesbezüglich mehr als genug geweint. Panik, Angst, nicht zur Ruhe kommen, keinen Schlaf finden usw., das habe ich vor vier Jahren zur Genüge erlebt. Ich stand vor dem Aus und weiß, wie sich dies anfühlt.

Die Angst und Not vieler Menschen, die derzeit vom Schicksal auf Herz und Nieren geprüft werden, kann ich sehr gut nachvollziehen und verstehen. Ich fühle mit ihnen, weil ich nur zu gut weiß, was sie derzeit erleben. Ich weiß und kann es förmlich fühlen, durch welchen Schmerz diese Menschen gerade gehen. Welche Wüste sie gerade durchwandern. Durch welches tiefe Tal der Ohnmacht und Verzweiflung sie gehen. Und ich bin nicht die Einzige, die ein derartiges Schicksal namens Krise mit ihnen teilt. Ich habe viele kennengelernt, denen es ähnlich geht. Manche noch sehr jung an Jahren. Krise kennt weder Alter, noch sozialen Status, noch Geschlecht. Krise hat gänzlich anderes im Sinn. Krise will aufbrechen. Krise will demaskieren. Krise will wandeln. Krise will Erneuerung. Krise will, dass wir endlich die Komfortzone verlassen, in der wir es uns schon viel zu lange eingerichtet haben. Sie schickt uns zunächst auf einen mitunter sehr dramatischen, auf alle Fälle einen sehr unbequemen und harten Weg. Einen sehr steinigen Weg. Einen Weg, den so freiwillig keiner wählen würde. Und doch haben wir ihn zu gehen. Heute, vier Jahre nach meinem persönlichen Kollaps, kann ich sagen: Das Leben bricht uns auf, um unser falsches Denken und Handeln zu korrigieren. Wenn wir im Leben da angekommen sind, dass wir in uns über genügend Ressourcen verfügen, um mit krisenhaften Situationen bewusster umgehen zu können und aus ihnen bzw. unseren Fehlern zu lernen, dann will das Leben von uns, dass wir mehr an Verantwortung übernehmen, dass wir uns unseres Denkens und Handelns, ja selbst unseres Sprechens bewusster werden. Dann will das Leben von uns Entwicklung und Wachstum.

Doch Wachstum wohin? – Noch mehr Leistungs- und Profitdenken? – Noch mehr Wirtschaftskriminalität? – Noch mehr Kriege, persönliche Konflikte, Vorurteile? – Noch mehr Konsumdenken, Konkurrenzdenken, Vergleich, sozialer Neid? – Noch mehr Gier, Heuchelei und Selbstsucht? – Noch mehr Missbrauch und Gewalt? – Noch mehr Tierleid und Artensterben? – Noch mehr Umweltverschmutzung und Raubbau auf unserem Planeten? – Noch mehr debattieren, kritisieren, diskutieren, jammern und streiten? – Noch mehr Oberflächlichkeit? usw. – Ergibt das hier alles denn überhaupt noch einen Sinn? – Heißt das hier wirklich Entwicklung und Fortschritt? Welche Art von Mensch muss hier geboren werden, die ein solches Leben noch lebens- und liebenswert findet? – Will man deshalb den Menschen klonen, um noch mehr Macht über ihn zu haben? – Brauchen wir dafür die Impfpflicht? usw. – Können wir Menschen als soziale Wesen und hoch entwickelte Spezies noch länger so nach diesen Maximen unbewussten Handelns leben?

Wofür bricht uns die Krise auf? – Welche Rolle übernimmt der Virus dabei? – Er setzt unser Leben zurück, um uns absichtlich zu stoppen, damit wir alle miteinander gefordert sind, innezuhalten und uns anzusehen, was wir da tagein, tagaus erschaffen. – Er will, dass wir uns bewusst machen, wie bewusst bzw. wie unbewusst wir unser Leben leben. – Lässt sich ein derartiges Leben denn überhaupt noch Leben nennen, oder haben wir uns alle nur noch im Betriebsmodus des bloßen Funktionierens verloren? Was will Leben wirklich? – Was gehört zu einem wirklich guten Leben dazu? – Ist der Virus eine Einladung im Sinne von: Back to the roots? – An welcher Stelle in unserem Leben haben wir aufs falsche Pferd gesetzt? – Wo sind wir falsch abgebogen? – Wo haben wir angefangen, die ungesunden Entscheidungen zu treffen? – Mit diesen und noch so manch anderen Fragen wurde ich bereits 2016 konfrontiert. Seitdem lerne ich für mich jeden Tag dazu, um besser zu verstehen, was Leben wirklich von mir will. Auf meine Art und auf der Grundlage meiner Herausforderungen habe ich nach Antworten gesucht. Das, was ich für mich dabei erfahren konnte, teile ich mit Ihnen in diesem Buch. Vielleicht kann es Ihnen auf Ihrem Weg dienen. Vielleicht unterstützt es Sie. Vielleicht können Sie – an meinem Beispiel lernend – für sich eine Abkürzung nehmen und müssen nicht so lange wie ich in einem Zustand von Desorientierung, Angst, tiefer Verzweiflung und Verunsicherung bleiben. – Ich wünsche es Ihnen!

Herz und Hirn – Wir brauchen beides

Was hatte ich bei alledem als Allererstes zu lernen? Ich musste raus aus der Vorherrschaft meines Kopfes. Mein Leben lang wollte ich Leben mit dem Verstand erfassen und begreifen, weil ich mich nur so sicher fühlte. Wollte ausprobieren, wie weit ich gehen kann. Grenzen ausloten. Das ist für einen neugierigen Menschen wie mich ganz schön. Doch Leben überwiegend nur noch so zu leben macht nicht glücklich. Mein Leben entsprach immer mehr nur noch dem Schein, weniger einem Sein. Doch es geht weder um den Schein, noch um den Mammon Geld. – Heute bin ich davon überzeugt, dass es im wahren Leben ums Sein geht. Ich sollte lernen, mich von Herzen her wieder auf das bloße Sein einzulassen, um mich wieder wie ein Kind am Leben zu freuen. – Nicht weniger. Nicht mehr.

 

Ich hatte zu lernen, meine Aufmerksamkeit wieder mehr zurück ins Herz zu bringen. Sollte lernen, dass sich ein Leben, das überwiegend nur noch aus dem Verstand heraus geschieht, auf Dauer nicht wirklich gut anfühlt und einen wahrhaft leben lässt, denn das Gehirn ist vergleichbar mit einer Maschine. – Der Nachteil: Es funktioniert nur, es kann nicht fühlen. Doch was das Leben von uns will, ist auch das Fühlen. Fühlen können nur Körper und Herz. – Herz und Hirn. – Wir brauchen beides. – Es kommt auf die Balance, die Ausgewogenheit, die Kohärenz zwischen beidem an. Durch die verschiedensten Ereignisse der letzten Jahre war ich eindeutig immer mehr aus dem Herz-Bewusstsein herausgefallen und versuchte mir daraufhin meine Welt nur noch mit dem Geiste irgendwie passend oder gar schön zu reden. Das funktionierte eine Zeitlang ganz gut. Doch heute weiß ich: Der Mensch brennt nach und nach dabei aus, denn da ist keine Nahrung, die ihn nährt. Da gibt es keine Berührung von Herz zu Herz. Nur noch ein bloßes Funktionieren, solange das Herz bereit ist zu schlagen und in den Diensten des Menschen seine Arbeit zu tun. Aber so wie bei einer batteriebetriebenen Maschine die Batterie irgendwann zur Neige geht, so verliert nach und nach auch die Flamme des Lebens immer mehr und mehr an Energie.

Im Mittelpunkt unseres Körpers ruht unser wichtigstes Organ. Das Herz. Heute bin ich davon überzeugt, dass das nicht nur anatomisch gesehen von Bedeutung ist. Unser ganzes Leben sollte sich mehr um diese Mitte drehen. Sie will umsorgt, genährt und gepflegt sein. Denn in dieser Mitte ruht unser wahres Sein. Mit dem ersten Herzschlag beginnt unser Leben und mit dem letzten hört es auf. Leider haben wir als Mensch des Industriezeitalters das ursprüngliche Wissen um die Bedeutung unserer Mitte immer mehr verloren. Und leider wird dieses Wissen – aus welchen Gründen auch immer – weder an Schulen, noch an den Universitäten gelehrt. Ist es, weil man den Menschen dann leichter manipulieren kann, wenn er um die Geheimnisse von Herz- und Gehirn-Kohärenz nicht weiß? – Wird uns dieses Wissen bewusst vorenthalten, weil es bestimmten Industriezweigen und einigen nach Macht strebenden Menschen nicht zuträglich ist, wenn der Mensch um sein Schöpferpotential und seine Selbstheilungskräfte weiß? – Wissen, das so kostbar ist und dabei so wenig kostet, wurde es uns doch vom Schöpfer gratis mitgegeben.

In den letzten Jahren war es meine Aufgabe, mich vertraut zu machen mit dem Wissen um diese Gehirn- und Herz-Kohärenz, damit ich lernen konnte, Körper, Herz und Geist wieder besser miteinander in Einklang zu bringen, um das Schiff meines Lebens wieder steuern zu können. – Nach und nach wurde mir bewusst, dass ich über Jahrzehnte hinweg mit jedem schmerzhaften Ereignis, mit jeder Verletzung, mit jeder negativen Situation bewusst wie unbewusst Mauern um mein Herz aufgebaut hatte, um mich vor weiteren Verletzungen zu schützen. Diese Mauern galt es jetzt anzusehen, wieder einzureißen und stattdessen mit den Menschen und mit mir selbst nach und nach wieder ins Vertrauen zu gehen. Meine Aufgabe war es dabei, alte Traumata, Schmerz und Erinnerungen an die Vergangenheit immer mehr hinter mir zu lassen. Gefühle und Emotionen nicht länger zu verdrängen, sondern bewusst durch sie hindurch zu gehen. Meinen Körper, meinen Geist, mein Nervensystem wieder in die Ruhe zu bringen. Gelassener zu werden, besser für mich zu sorgen, sowohl für meine körperliche als auch seelische Gesundheit. Und mich von all den äußeren Reizen und Überstimulationen fern zu halten, die meiner Gesundheit nicht zuträglich waren. Ich lernte, besser auf meine Gesundheit zu achten, mitfühlender, wertschätzender und liebevoller mit mir selbst umzugehen. Mir trotz meiner hohen Empathie-Fähigkeit und Hochsensibilität, um die ich bis dato gar nicht wusste, meiner inneren Stärke bewusst zu werden. Insgesamt gelassener zu reagieren und mich selbst weniger wichtig zu nehmen. Lernte, mich dem Leben wieder zu öffnen und das Schöne darin zu sehen. Lernte mich selbst besser kennen, überhaupt mal meine Bedürfnisse wahrzunehmen, um künftig besser für mich einzustehen. Fand wieder zu Gott zurück und erkannte dabei, dass es für mich extrem wichtig war, dass sich das Gottesbild meiner Kindertage endlich wandeln konnte von einem Gott, den ich mir als Kind immer als einen strafenden Gott vorgestellt hatte, weil ich es so gelernt hatte, hin zu einem bedingungslos liebenden Gott.

Ich will und kann nicht leugnen, dass Krisen äußerst unangenehm sind, doch auf lange Sicht haben sie etwas Gutes, vorausgesetzt wir sind bereit, aus ihnen zu lernen. Tun wir dies, bringen sie uns in unserer persönlichen Entwicklung voran und helfen uns zu erkennen, welche Kräfte in uns ruhen, um die wir sonst gar nicht wüssten. Wir lernen wieder an uns zu glauben und neue Fähigkeiten, neues Potential in uns zu sehen und können somit wieder kraftvoll aus besagter Krise gehen. Doch damit etwas Neues beginnen kann, muss das Alte ausnahmslos gehen, sonst bleiben wir ewig in alten Mustern und Gewohnheiten verhaftet, denn der Mensch ist ein Gewohnheitstier, das seine Komfortzone über alles liebt. Wir kommen definitiv nicht weiter, wenn uns alte Gewohnheiten und Beziehungen immer und immer wieder zurückziehen. Ich habe es versucht, alte Beziehungen aufrecht zu erhalten, doch es geht nicht: Was vorbei ist, ist vorbei, selbst wenn es noch so schmerzhaft ist. Um für sich selbst voranzukommen und sich nicht stets nur im Kreis zu drehen, müssen wir uns selbst so sehr lieben, dass wir uns aus der Abhängigkeit von anderen befreien. Damit etwas Neues geschieht, bricht uns die Krise auf. Dies geschieht mehr oder weniger unbewusst, nämlich dann, wenn der Mensch „reif“ dafür ist. Unsere Seele übernimmt dabei die Regie, denn sie weiß um die beste Zeit und kennt den Weg. Wäre für uns keine Entwicklung vorgesehen, müsste es weder Veränderungsprozesse, noch Krise geben. Die Krise geschieht, weil wir dem materiellen Bewusstsein mehr Raum und Zeit gegeben haben als dem Seelen- und Herz-Bewusstsein.

Heute will meine Seele von mir, dass ich ihr regelmäßig Raum und Zeit zugestehe. Und je mehr ich dies tue, umso besser gelingt mir mein Leben wieder. Von daher wage ich immer mehr den Versuch, mein ganzes Leben mehr aus der Seelen-Perspektive heraus zu sehen. Wundern Sie sich also nicht, wenn ich an den verschiedensten Stellen im Buch immer wieder auf die Seele zu sprechen komme und dabei vielleicht für Sie ganz ungewohnte Schritte gehe. Dass das so sein wird, hat mich beim Schreiben zunächst selbst auch etwas überrascht, doch insgesamt war es sehr erhellend und wichtig für mich, diesen anderen Blickwinkel immer mehr einzunehmen. Schließlich sprechen wir beim Konzept für Heilung ja auch von der Einheit von Körper, Geist und Seele.

„Die Kunst der Menschwerdung besteht darin,

die Wunden in Perlen zu verwandeln.“

Hildegard von Bingen

2

Wo fange ich am besten zu erzählen an?

Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum die Zahl der an Burnout, Depression, Posttraumatischen Belastungsstörungen und an Krebs Erkrankten in den letzten zehn Jahren weltweit so massiv angestiegen ist? – Als Betroffene wollte ich nach Antworten suchen, um besser zu verstehen, was mögliche Auslöser dafür sind. Dabei war es mir wichtig, aus den verschiedensten Perspektiven heraus auf die Ursachen für diese Diagnosen zu schauen. Zwar bin ich kein Mediziner, auch kein Psychotherapeut, aber eine Frau, die von allen vier Diagnosen plus diversen anderen chronischen Erkrankungen betroffen ist. Daher meine Motivation, aus den verschiedenen Ebenen heraus auf diese Krankheitsbilder zu sehen, um zu reflektieren und um zu verstehen, was mögliche Gründe dafür sind, dass ich mich überhaupt immer mehr in dieser Situation verloren habe. Obwohl ich mich seit mehr als zwanzig Jahren regelmäßig in ärztlicher Betreuung weiß, hatte sich meine gesundheitliche Situation nicht verbessert, sondern in den Jahren 2010 bis 2016 nach und nach immer mehr verschlechtert. Dies soll hier aber kein Vorwurf an die Schulmediziner sein, denn ich bin überzeugt, jeder der Ärzte, bei denen ich war, tat mit Sicherheit sein Bestes. Nur wirklich helfen konnten sie mir nicht.

Letztlich musste ich jedoch erkennen, dass ich selbst es war, die es versäumt hatte, meine Zeit und Energie mehr in meine Gesundheit zu investieren. Ich tat zwar als Patientin brav, was man mir sagte, und achtete darauf, mit bewusster Ernährung, regelmäßiger Bewegung und zusätzlicher Unterstützung durch Heilpraktiker, meinen Beitrag zur Genesung zu leisten. Doch heute weiß ich, dass dies entschieden zu wenig war. Ich hatte es versäumt, zu 100 % selbst die Verantwortung für den Prozess meiner Gesundung zu übernehmen. Ich habe zwar vieles getan und konnte dadurch über längere Zeit hinweg einigermaßen stabil bleiben, aber in Summe war es wiederum zu wenig, um wirklich und vor allem nachhaltig zu gesunden. Mein Fokus lag zu sehr auf meinem Beruf. Hier war ich vom Ehrgeiz angetrieben und wollte so vieles erreichen. Hätte ja auch fast geklappt, wenn nicht andere Mächte dafür gesorgt hätten, dass sie mich eines Besseren belehren. Leider bedurfte es somit erst einer Krise, um mich dahin zu bringen, endlich die Verantwortung für den Prozess meiner Gesundung selbst zu übernehmen und nach und nach zu lernen, meine Selbstheilungskräfte immer mehr zu aktivieren.

Welchen Weg ich dabei gegangen bin, möchte ich hier in meinem Buch mit Ihnen teilen.

Ein Buch, das Ihnen an manchen Stellen, an denen es mir wichtig erscheint, auch Passagen aus meinem Leben erzählt. Doch dies nur insoweit, dass Sie verstehen, warum ich in vielen Dingen gehandelt habe, wie ich gehandelt habe, um meinen Weg so und nicht anders zu gehen. Mit dem zweiten und größeren Teil des Buches möchte ich Ihnen davon berichten, wie ich nach dem Erleben der dunkelsten Nächte meines Lebens wieder beschlossen habe, mutig zu sein. Noch einmal in dieses Leben „zurückzugehen“, um mich selbst zu finden. Um heute letztlich als die Person, als die mich Gott gemeint hat, meinen Weg zu gehen. Den Weg meines wahren Selbst, den Weg meiner Seele.

Sie werden sich jetzt vielleicht fragen, was mich dazu gebracht hat, über diesen Part meines Lebens zu schreiben. – Nun, ganz einfach, weil mich eine innere Stimme immer wieder dazu aufgefordert hat. – Lange Zeit habe ich versucht, diese Stimme in mir zu ignorieren. Habe immer und immer wieder versucht sie wegzuschicken. Mit Sätzen wie „Was hast du denn der Welt schon zu sagen?“ oder „Nimm dich doch bitte nicht so wichtig!“ oder „Willst du dich der Lächerlichkeit preisgeben?“ versuchte ich mich vor dieser Aufgabe zu drücken und diese Stimme im Keim zu ersticken. Im Ergebnis blieb dies alles aber ziemlich erfolglos. Diese innere Stimme war nicht wirklich zu besänftigen oder gar zum Schweigen zu bringen.

Ganz im Gegenteil. Je bockiger ich mich anstellte, um so lauter und drängender wurde sie, weil sie nicht länger wollte, dass ich mich vor dieser Seelenaufgabe drücke. Also kehrte sie zu den unterschiedlichsten Zeiten wieder. Vermehrt dann, wenn ich es mir gerade im Sessel mit einem Buch in der Hand so richtig gemütlich machen wollte. – Kaum, dass ich zur Ruhe kam, setzte sich diese Stimme neben mich. Doch interessanterweise nicht in meinem Verstand, sondern in meinem Herzen. Und aus dieser Position heraus flüsterte sie mir immer wieder zu: „Was, wenn du deine Geschichte mit anderen teilst? – Was, wenn du mit all dem, was du in deinem Buch, mit deiner Geschichte zu sagen hast, anderen Menschen (Jung & Alt) helfen könntest, dass es ihnen besser geht? – Was, wenn der eine oder die andere Person vielleicht schon auf ein Buch dieser Art wartet? – Was, wenn du nicht so viel Angst hättest vor der Meinung anderer Menschen? – Bist du davon immer noch so abhängig? – Komm, lass es endlich zu. Wage es. Was hast du denn schon zu verlieren? – Mach es nicht so kompliziert. – Du reflektierst einfach deine eigene Situation und schilderst den Weg, den du gegangen bist. Und indem du den Leserinnen und Lesern erzählst, wie es dir ergangen ist, gibst du denen, die daran interessiert sind, mitunter ein paar wichtige Gedanken mit auf ihren Weg, so dass sie letztlich selbst schauen können, ob das, was für dich gut war, auch für sie als Betroffene oder gar als Angehörige bzw. Freunde wichtig und von Interesse sein kann. – Nicht mehr, nicht weniger. – Nutze die Zeit und schreibe dieses Buch.“ Tja, was will ich noch sagen? – Das Ergebnis sehen Sie hier. Lassen Sie es mich so formulieren:

„Es gibt Momente im Leben,

da steht die Welt für einen Augenblick still und

wenn sie sich dann weiterdreht,

 

ist nichts mehr wie es war.“

Verfasser unbekannt

Siebenundzwanzig Jahre lang hatte ich einen Beruf. – Einen sehr guten sogar und als Beamtin des Freistaates Bayern noch dazu einen sehr sicheren. In den letzten fünf Dienstjahren war ich Schulleiterin an einer bayerischen Realschule. Davor war ich vier Jahre als Konrektorin im Amt. Und die Jahre davor Lehrerin für die Fächer Haushalt & Ernährung und Deutsch. Bevor ich mich für den Kurswechsel in die „Schulleitung“ entschied, war ich etliche Jahre bereits als Seminarlehrerin für das Fach Haushalt & Ernährung, als Schulbuchautorin, sowie als Evaluatorin für Realschulen in Bayern tätig. Ich liebte die Arbeit mit Kindern und jungen Menschen im Alter zwischen 10 und 16/17 Jahren, auch wenn diese gerade im „interessantesten“ Alter ihres Lebens sind. Und ich liebte es, in der Ausbildung junger Lehrer/Referendare mitgestaltend tätig zu sein. Über all die Jahre hinweg ging ich mit viel Engagement, Freude zum Beruf und Liebe zu den Kindern meiner beruflichen Tätigkeit nach.

Privat versuchte ich gleichzeitig die „perfekte“ Ehefrau, Tochter und Schwiegertochter zu sein. Lange Zeit war ich davon überzeugt, dass es mir bestens gelingt, meine privaten wie beruflichen Interessen unter einen Hut zu bringen. Doch letztendlich musste ich mit der Zeit immer mehr erkennen, dass meine Realität, mein Wunschdenken und das Wunschdenken der anderen oft nicht so deckungsgleich waren mit dem, wie ich das sah. Wann letztendlich die Veränderung in mein Leben kam, weiß ich nicht ganz so genau zu sagen. Im Nachhinein lässt es sich für mich am besten mit dem Zeitraum erfassen, als ich mit der Bewerbung auf eine Konrektoren-Stelle im Jahr 2007 meine berufliche Veränderung einleitete. Ab da wurde alles ganz langsam – dafür aber stetig – irgendwie anders. Fürs Auge im Außen zwar noch nicht wirklich ersichtlich, aber irgendwie doch schon spürbar. Mit der Zeit nahmen eine zunächst noch undefinierbare Unzufriedenheit und Unausgeglichenheit immer mehr Raum in meinem Leben ein, die im Verlauf der nächsten Jahre eine Form annahmen, die leider nicht mehr mit „gut“ und „günstig“, sowohl für mich selbst als auch für meinen Mann, zu bezeichnen waren. Da ich ab Herbst 2007 mit dem Hineinwachsen und Ankommen in der neuen beruflichen Situation beschäftigt war, war mir der Blick auf ein erfülltes und gelingendes Privatleben immer mehr abhandengekommen. Viel zu sehr hatte ich meinen Fokus auf den Beruf ausgerichtet. So vollzog sich im Privatleben ein Wandel, der schleichend begann, doch von Jahr zu Jahr immer mehr an Fahrt aufnahm. Als mir die Situation dann insoweit bewusst war, dass auch ich davor die Augen nicht mehr verschließen konnte, redete ich mir zwar immer noch ein, dass sich die Wogen des Sturmes auch wieder glätten könnten. Dass alles nur vorübergehend sei. Dass es nur so lange so anstrengend und an der Substanz zehrend sei, bis ich mich beruflich an der neuen Schule wieder integriert sah und mich im neuen Aufgabengebiet wieder sicher fühlen konnte. Doch was ich gänzlich übersah, war, dass ich zu dieser Zeit bereits mit so viel Neuem konfrontiert war, was bei mir bereits einen höheren Stresslevel „aufflammen“ ließ.

Schließlich hatte ich nicht nur den Schul- und Ortswechsel von der Stamm-Schule zur neuen Schule zu bewältigen, sondern sah mich auch der Herausforderung gegenüber, wieder vertraut zu werden mit neuen Klassen, einem neuen Kollegium, sowie einem völlig neuen Aufgabengebiet. Folglich für mich kein ganz so leichter Beginn. Kaum waren diese vier Jahre des Hineinwachsens in das neue Kollegium gemeistert, erfolgte ein erneuter Standortwechsel mit meiner Berufung auf die Schulleiterstelle. Meine Freude darüber war riesengroß, war es doch genau das, worauf ich in den letzten Jahren hingearbeitet hatte. Doch zugleich hieß es erneut: neuer Standort – neue Schule – neue Klassen – neues Kollegium – neues Aufgabengebiet. Was folgte, waren also weitere Jahre der Veränderung und des Lernens. Eine Zeit, die ich im Leben nicht missen möchte. Doch ich gebe zu, dass es auch eine sehr intensive und mitunter sehr harte Zeit war, in der ich mich oft auch sehr einsam fühlte. Beruflich hatte ich erreicht, was ich erreichen wollte. Ich war da angekommen, was ich mir erwünscht hatte. Ich wollte als Schulleiterin etwas bewirken, etwas gestalten, meine Visionen leben und hatte mir dafür die beste Ausgangsposition geschaffen. Zumindest dachte ich mir dies. Doch beruflich am Zielort der Träume angekommen zu sein heißt noch lange nicht, in der Erfüllung und im wahren Leben angekommen zu sein. Mit meinem beruflichen Engagement hatte ich zwar erreicht, was meinem Ego gefiel. Ich war davon überzeugt eine wunderbare Startposition eingenommen zu haben, auf der sich nun mein weiteres Leben beruflich wie privat entfalten könnte. Doch falsch gedacht. Die Rechnung habe ich ohne die anderen Personen und Variablen gemacht. – Doch dazu später mehr.

Da es mir heute zum Glück wieder um so vieles besser geht – wenn auch noch nicht vollständig in allen Bereichen geheilt –, fühle ich mich dazu motiviert und inspiriert, Ihnen einen Einblick davon zu geben, was mich im Jahr 2016 mit knapp 55 Jahren in der sogenannten „Blüte meines Lebens“ aus meiner „Umlaufbahn“ (privat wie beruflich) geworfen hat. Doch ich möchte dabei keineswegs lamentieren oder gar mit Ihnen „meinen“ Schmerz und „meine“ Wunden aufarbeiten. Manches sei nur deshalb erwähnt, damit Sie sich ein Bild davon machen können, was mein Leben derart durcheinandergeworfen hat, dass es derart aus allen Fugen und Bahnen geriet. Ein Zustand, den man weder sich selbst, noch anderen wünscht. Doch wenn das Leben es so will, dann liegt es letztlich an uns selbst, wieder allen Mut zusammenzunehmen, einen Fuß vor den anderen zu setzen und Stück für Stück nach vorne weiterzugehen. Und dies so lange, bis sich im Leben auch wieder Alternativen zeigen. Nicht umsonst heißt es immer wieder: „Der Weg geht durch die Dunkelheit ins Licht!“

Nun, ich weiß, dass ich dieses „Schicksal“ mit vielen teile. Ich bin nicht die Einzige mit der Diagnose „Burnout, Depression und PTBS“. – Nicht die Einzige, die von ihrem Leben auf eine derart „interessante“ Art und Weise auf diesen Weg gebracht wird. Die vom Leben selbst auf diese Probe gestellt wird. Auf eine Probe, die – so kann ich das heute, vier Jahre später sagen – für jeden Einzelnen von uns trotz aller Krisen und Einschränkungen doch auch zu einer unglaublichen Lernchance wird. Vorausgesetzt wir erlauben es uns daraus zu lernen und uns dabei vor allem die sogenannte „Dunkelheit“ anzusehen. Allein in Deutschland teile ich das Los der Diagnose „Depression“ bereits mit weit über 5 Millionen Menschen. Und die Zahl der Erkrankungen ist nicht rückläufig, sondern ganz im Gegenteil stetig ansteigend. Jede vierte Person soll davon bereits betroffen sein. Was mich bei der Thematik „Depression“ besonders erschreckt, ist die unglaublich hohe Zahl, mit der bereits Kinder & Jugendliche zu Leidtragenden werden, die noch weniger als wir – der betroffene Erwachsene – verstehen, warum sie bereits in so frühen Jahren ihres Lebens in eine solche Krisensituation geworfen werden. Als Schulleiterin habe ich mitunter die Erfahrung gemacht, dass bereits Jugendliche im Alter von 13/14/15 Jahren vor diese große Herausforderung gestellt sind. – Und ihnen oder ihren Eltern nicht wirklich helfen zu können, das hat mich zum einen ohnmächtig und zum anderen aber auch richtig wütend gemacht. Sie sehen: Auch heute noch lässt mich das Schicksal dieser jungen Menschen nicht kalt. Allein schon von Berufswegen her liegt mir das Wohlergehen junger Menschen ganz besonders am Herzen.