Fight #1 - Deine Strafe ist der Tod

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Aus der Reihe: Keep-Fighting-Reihe #1
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Fight #1 - Deine Strafe ist der Tod
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Über das Buch:

»Und wenn ich sage, dass du Scheiße fressen sollst, dann wirst du Scheiße fressen!«

Die Tatsache, dass er keine Familie und eine Vergangenheit auf der Schattenseite des Lebens hat, macht den Polizisten Aidan O`Connor in den Augen des FBI zum perfekten Kandidaten für einen gefährlichen Undercover-Einsatz. Als Straßenkämpfer getarnt soll er einen der mächtigsten russischen Mafiapaten unterwandern und seinen Vorgesetzten die nötigen Informationen zuspielen, um Juri Pastrow hochgehen zu lassen.

»Halt ja die Klappe, du Miststück! Ich zeig dir jetzt, wie du dich zu benehmen hast!«

Janka Pastrowa, der Tochter des russischen Paten von New York steht ein von Gewalt dominiertes Leben an der Seite des Straßenkampf-Champion Alexej Antonowitsch bevor. Sie hat ihrem brutalen Verlobten stets zu gehorchen und ihre Familie zu repräsentieren. Erst, als der fremde Kämpfer »Mir« in ihr Leben tritt, beginnt Janka, Hoffnung zu schöpfen.

Deutsche Originalausgabe, 1. Auflage 2017

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Inhaltsverzeichnis

Janka - Familie

Aidan - Altbekanntes

Janka - Auf der Suche

Aidan - Von alten und neuen Feinden

Janka - Neue Aufgaben

Aidan - Unerwartete Hilfe

Janka - Er ist noch nicht soweit

Aidan - Der Schlächter von New York

Janka - Überfall mit Folgen

Aidan - Beschützerinstinkt

Janka - Keine Liebe, nur Gehorsam

Aidan - Auf in den Kampf!

Janka - Warum habt ihr mir das nicht gesagt?

Aidan - Treffer, versenkt!

Janka - Alles verändert sich

Aidan - Bittere Wahrheit

Janka - Du willst sie? Dann finde sie!

Aidan - Final Countdown

Janka - Versuch sie dir zu holen

Aidan - Deine Strafe ist der Tod

Janka - Notwehr

Epilog – Auf zu neuen Ufern

Danksagung Alisha Mc Shaw

Über Alisha Mc Shaw

Danksagung Melanie Weber-Tilse

Über Melanie Weber-Tilse

Janka - Familie

»Janka«, knurrte mein Vater neben mir, »halt endlich still. Es ist eine Ehre für die Kämpfer, wenn du ihnen zuschaust.«

Ich dagegen wäre am liebsten aufgesprungen und davongeeilt. Aber als Tochter des großen Juri Pastrow, dem Paten von New York, ziemte sich das nicht. Sollte ich mich so etwas je wagen, würde mein Vater nicht zögern, mich vor allen auspeitschen zu lassen. Nicht umsonst führte er den Pastrow-Clan so erfolgreich. Keine Schwäche zeigte er, noch nicht einmal, wenn es um die eigene Familie ging.

Mein Großvater war vor vielen Jahren von Russland nach Amerika ausgewandert und seither führte die Pastrow-Familie einen Großteil von New Yorks Untergrund mit harter Hand. Mein Vater Juri war seit dem Tod meines Großvaters Victor der Kopf des Kartells und ich als Tochter hatte mich repräsentativ zu zeigen.

Dabei hasste ich dieses Leben. Ich hasste die illegalen Kämpfe, den Drogen- und Waffenverkauf, die Frauen, die von Russland hierhergeholt wurden und für den Clan anschaffen gehen mussten. Es war meine Welt und doch fragte ich mich jeden Tag, warum gerade ich in diese Familie geboren worden war.

Trotz dessen, dass ich in Amerika aufwuchs, hatte ich schnell mitbekommen, wie anders ich war. Wie anders ich mich aufgrund meiner Familie zu verhalten hatte. Gingen meine Mitschüler feiern oder auf Klassenfahrt, so hatte ich diese Zeit zuhause zu verbringen. Wohlbehütet und abgeschottet, damit ich auch ja nicht entführt und als Druckmittel gegen meinen Vater eingesetzt werden konnte. Auch wenn ich stark bezweifelte, dass es ihn scherte, sollte der Fall einmal eintreten. Und doch zeigte er nach außen hin immer, wie wichtig ihm seine Familie war. Ich hingegen wusste es besser.

Die Kämpfer betraten die Halle und ich musste mich zwingen, weiter hinzuschauen. Das waren keine normalen Boxkämpfe, wie sie im TV übertragen wurden. Hier wurden die Männer in einen Käfig gesperrt und durften mit allen Mitteln kämpfen, die ihnen zur Verfügung standen. Zwei gingen hinein und nur einer kam wieder heraus. Gnade gab es keine und so war der Boden des Käfigs von all dem Blut, das dort schon vergossen worden war, dunkel gefärbt.

Die Menge in der Halle jubelte, Juri stand auf und nickte den Kämpfern zu. Fast schon brutal griff er nach meinem Arm und zog mich auf die Füße. Auch ich hatte ihnen die letzte Ehre zu erweisen. Wem diese Ehre am Ende zuteil käme, würde sich nach dem Kampf zeigen. Verkrampft lächelte ich, nickte und setzte mich dann mit meinem Vater gleichzeitig hin.

»Geht doch, aber das nächste Mal stehst du gefälligst alleine auf, Janka, haben wir uns verstanden?« Während er augenscheinlich ganz entspannt beobachtete, wie die Kämpfer in den Käfig stiegen, hätte seine Stimme nicht kälter sein können.

»Natürlich otets, Vater.«

Ich richtete die Augen wieder auf die Kämpfer vor mir. Einer von ihnen war Alexej Antonowitsch. Er war der einzige Kämpfer, bei dem ich wirklich hoffte, dass er in den Käfig ging und nie wieder herauskam, doch bisher wurde mir dieser Gefallen nicht erfüllt. Ich war Alexej versprochen und ich wusste jetzt schon, würde der Tag kommen, an dem ich ihn ehelichen musste, würde ich nicht lange an seiner Seite aushalten, bis ich zerbrach. Alexej war kalt und brutal. Verglichen mit ihm war mein Vater schon fast sanftmütig.

Vielleicht würde ja heute mein Wunsch in Erfüllung gehen und mein Verlobter endlich einen Kampf verlieren.

»Alexej ist nach dem Kampf zum Essen eingeladen. Ich erwarte, dass du dich entsprechend nett ihm gegenüber verhältst. Deine offen zur Schau getragene Abneigung muss aufhören«, unterbrach mein Vater meine Mordgedanken, und mein Kopf schnellte herum.

»Ich verstehe, Vater«, erwiderte ich schnell demütig.

Mein Blick fiel wieder auf die Kämpfer. Es würde ein ungerechter Kampf werden. Mein Verlobter machte mir mit eindeutiger Geste klar, dass ich ihn während des Kampfes beobachten sollte und zeigte dann ein breites Grinsen. Sein rasierter Schädel und das kantige Gesicht wirkten dadurch noch abstoßender. Und doch rang ich mir ein zaghaftes Lächeln ab.

Als sie den Käfig betraten, jubelte die Menge. Als der Kampf begann, schrien sie auf. Mit jedem Schlag, den Alexej landen konnte, sackte mein Herz weiter hinab. Ich hörte trotz der Lautstärke Knochen brechen, sah das Blut spritzen und die Galle stieg mir hinauf.

Für die Zuschauer viel zu schnell, für mich jedoch viel zu langsam, war der Kampf entschieden und mit einer einzigen Bewegung brach Alexej seinem Gegner das Genick. Dieses Geräusch fuhr mir durch den ganzen Körper und ich würde es wohl nie wieder vergessen.

 

Zeitgleich mit meinem Vater stand ich auf und applaudierte dem Gewinner. Dieser ließ mich keine Sekunde aus den Augen. Ich wusste, dass er mich schon seit Wochen beobachtete und meinen Vater immer wieder darum bat, mich zu ihm nehmen zu dürfen. Doch bei all der Kälte, die in unserer Familie herrschte, so gab es zu meinem Glück Regeln und Gesetze, an die sich auch ein Alexej Antonowitsch halten musste. Erst nach der Hochzeit durfte er mich zu seiner Frau machen. Bis dahin hatte ich unberührt zu bleiben.

***

Seine Hand auf meinem Bein riss mich aus meinen Gedanken. Alexejs Blick ging mir durch und durch und ich hoffte, dass mein Vater diese Geste mitbekam und Alexej dafür die Hand abhacken ließ. Doch Juri war viel zu sehr in das Gespräch mit meinem Verlobten vertieft und beachtete meine entsetzte Reaktion überhaupt nicht.

Meine Mutter, die es sich nie wagen würde, etwas gegen meinen Vater zu sagen, bemerkte meinen Blick und schüttelte kaum merklich den Kopf. So war es schon immer gewesen. Die Männer in unserem Clan führten an, wir Frauen hatten den Mund zu halten und willig zu sein.

Wieder war ich weit weg mit den Gedanken gewesen und registrierte zu spät, dass das Gespräch an Tisch verstummt war und mein Vater und Alexej mich fragend anschauten.

»Bitte? Ich ... ich«, fing ich stotternd an.

Der missbilligende Blick meines Vaters ließ mich auf dem Stuhl immer kleiner werden, bis mich Alexejs Hand auf meiner zu ihm schauen ließ.

»Janka, meine Liebste.« Er nahm meine Hand und führte sie an seine Lippen. »Wo bist du nur mit deinen Gedanken? Etwa schon bei den Hochzeitsvorbereitungen?«

Natürlich entging mir das gefährliche Glitzern in seinen Augen nicht.

»Meine Gedanken kreisen nur noch um diesen einen Tag«, gab ich zurück und das war noch nicht einmal gelogen.

»Mein lyubimyy, dein Vater meinte gerade, dass du mir euer schönes Anwesen zeigen solltest.«

Schnell entzog ich ihm die Hand und sprang fast von meinem Stuhl hoch, denn er sollte mich nicht lyubimyy nennen. Das war ich ganz sicher nicht, sein Liebling.

»Es wäre mir eine Ehre, dir alles zeigen zu dürfen, Alexej.« Mein aufgesetztes Lächeln würde irgendwann in meinem Gesicht festfrieren.

Wieder nahm er einfach meine Hand und verschränkte seine Finger mit meinen. Als er so neben mir stand, machte er mir enorm Angst. Dieser Mann war pure Muskelmasse und sicherlich fast zwei Köpfe größer als ich. Dass er jetzt so zart meine Hand hielt, war Show, denn ich konnte schon wieder das Glitzern in seinen Augen erkennen. Und tatsächlich, als wir das Obergeschoss erreicht hatten, drängte er mich in das nächste Zimmer und fasste mir grob in meine langen Haare.

»Meinst du, mir fallen deine abschätzigen Blicke nicht auf, du kleine Schlampe?«, zischte er dicht an meinem Ohr und mir brach der Schweiß aus. »Wenn du erst einmal mir gehörst, werde ich dir zeigen, wie du dich als Frau eines Antonowitsch zu verhalten hast. Dein Vater hat dich verweichlicht.«

Mit einem Ruck drehte er mich herum und drückte mich auf die Sessellehne hinab. Scheiße, warum mussten wir auch in einem kleinen Salon landen. Brutal schob er mir den Rock hoch, riss mein Höschen entzwei und trat dicht hinter mich. Mein Blut rauschte durch die Adern, mein Herz schlug mir bis zum Hals und doch würde ich nie auf die Idee kommen zu schreien. Denn egal, was Alexej jetzt mit mir machte, allein weil ich eine Frau war, war ich schuld.

Ich hörte, wie er sich in die Hand spuckte, zuckte zusammen, als er grob die Feuchtigkeit über meinen Anus verteilte und schloss die Augen. Meine Hände krampften sich in den Sessel und als er sich in mich drängte, schoss der Schmerz durch meinen Körper und ließ mich wimmern.

»Halt ja die Klappe, du Miststück. Ich zeig dir jetzt, wie du dich zu benehmen hast!«

Unaufhörlich schob er sich in meinen Körper. Noch nie hatte ich solche Schmerzen gespürt. Lautlos liefen mir die Tränen über die Wangen.

»Nach jedem Sieg wirst du in Zukunft in der Kabine auf mich warten, um mich gebührend zu belohnen«, keuchte er hinter mir.

Ich biss mir auf die Unterlippe, bis ich den metallischen Geschmack von Blut schmeckte. Und doch schaffte es der Schmerz nicht, mich von dem abzulenken, was Alexej mit mir tat.

Mit einem letzten heiseren Aufkeuchen rammte er sich in mich. Dann zog er sich schnell aus mir heraus und ich hörte das Schließen eines Reißverschlusses.

»Mach dich sauber und sieh zu, dass du auf der Stelle wieder bei uns erscheinst. Und wage es dich, einen Ton zu sagen, du gehörst mir!«

Die Tür fiel ins Schloss und ich sackte auf dem Boden zusammen. Von Weinkrämpfen geschüttelt, wusste ich, dass ich es noch nicht einmal eine Woche an seiner Seite aushalten würde.

Aidan - Altbekanntes

»O’Connor! In mein Büro!«

Die Stimme Chief Goodmans donnerte über den Flur und ich zuckte zusammen. Hilflos sah ich über den Schreibtisch hinweg zu Dave, meinem Kollegen. Seit drei Monaten schon saß ich in der sogenannten Papierabteilung des Departments, Außendienst durfte ich bis auf Weiteres nicht mehr machen. Ich solle froh sein, dass ich nicht freigestellt würde, hatte man mir süffisant lächelnd mitgeteilt und mir somit durch die Blume gesagt, dass ich meine Fresse zu halten hatte.

Der Chief hatte allerdings nicht danach geklungen, als würde er mich in sein Büro bitten, um mit mir einen Kaffee zu trinken. Ich fragte mich, was ich beim Sortieren von alten Fallakten schon großartig falsch hätte machen können. Seufzend erhob ich mich und trottete langsam in Richtung seines Büros.

»Setzen Sie sich, O’Connor!«

Erstaunlicherweise lächelte mich Goodman freundlich an, was mich sofort in Alarmbereitschaft versetzte. Nicht gut, Aidan!, schoss es mir durch den Kopf. Der Chief musterte mich von oben bis unten, dann nickte er. »Sie haben Recht, Specialagent Mahony. Er ist perfekt!« Mein Kopf ruckte herum. In der Ecke hinter der Tür stand noch jemand, den ich beim Reinkommen übersehen hatte, so fixiert war ich auf den Chief.

Es war ein Kerl im schicken schwarzen Anzug, der jetzt seine Sonnenbrille zusammenklappte und in seiner Jackeninnentasche verstaute. Schweigend verschloss er alle Jalousien und nahm damit jedem draußen die Sicht ins Büro hinein. Ich musste schlucken und der Schweiß brach mir aus. Der Typ war vom FBI.

Was zur Hölle konnte ich verbrochen haben, und wieso erinnerte ich mich an kein Vergehen? Mein letzter Ausrutscher war drei Monate her und hatte mich in die Papierabteilung gebracht. Da ich meinen Job eigentlich mochte, hatte ich mich seitdem am Riemen gerissen und mit zusammengebissenen Zähnen jede noch so erniedrigende Arbeit ausgeführt, ohne aufzumucken. Mich ebenfalls von oben bis unten betrachtend kam der Agent auf mich zu, nachdem er jegliche Sicht nach draußen - oder nach drinnen – verhindert hatte und nickte mir zu.

»Aidan O’Connor, 23 Jahre alt, aufgewachsen in Philadelphia. Als 13-Jähriger beim Gammeln in einem Abbruchhaus aufgegriffen und in ein Sozialprojekt für Straßenkids aufgenommen. Es zeigte sich schnell, dass Sie Talent zum Boxen haben. In den nächsten vier Jahren gelang es Ihnen, einige Jugendtitel zu erringen, und Sie hätten vermutlich ein Großer im Boxen werden können, wenn Sie sich nicht selbst im Weg gestanden hätten. Mit 17 Jahren wurden Sie vom Verband rausgeworfen, weil Sie mal wieder eine Prügelei außerhalb des Ringes mit einem Ihrer Boxgegner anzettelten.«

Ich klatschte provozierend in die Hände. »Prima, meine Akte gelesen haben Sie also schon mal!«, stieß ich sarkastisch hervor. Natürlich wusste ich, was ich jetzt zu hören bekommen würde.

Der Agent ließ sich davon nicht stören, sondern fuhr unbeeindruckt fort. »Nachdem Sie vom Verband rausgeworfen wurden, versuchten Sie sich einige Zeit als Straßenkämpfer, bis bei einem dieser Kämpfe Ihr bester Freund Jonathan Leary ums Leben kam. Ihr Glück war, das Sie damit nichts zu tun hatten. Aber zu diesem Zeitpunkt scheint es bei Ihnen zumindest teilweise zu einer Einsicht gekommen zu sein, denn Sie absolvierten die Tests der Policeacademy.«

Wut machte sich in mir breit, ich sprang auf. »Können wir bitte«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, »von etwas anderem sprechen als meiner Vergangenheit? Ich war dabei, ich kenne sie!« Die Dinge, von denen der Agent da sprach, suchten mich bis heute noch oft genug nachts heim, er musste nicht deutlicher werden.

»Setzen Sie sich, O’Connor!«, fuhr Goodman mich an. Ich raufte mir die Haare und ballte meine Hände zu Fäusten, aber ich setzte mich. »Specialagent Mahony ist nicht hier, um Sie mit Samthandschuhen anzufassen, Aidan, sondern, weil wir Ihre Hilfe brauchen.«

Ich horchte auf. Jetzt wurde es interessant. Mit hochgezogener Augenbraue verschränkte ich die Arme vor der Brust und lehnte mich zurück. »Ich höre?«

Der Agent schob sich einen Stuhl zurecht und ließ sich darauf nieder. Dann glitt sein Blick erneut musternd zu mir, so als ob er feststellen wollte, inwieweit er mir vertrauen konnte. »Officer O’Connor, sagt Ihnen der Name Juri Pastrow etwas?« Ich runzelte die Stirn. Sollte das eine Fangfrage sein? Wer kannte den russischen Paten New Yorks nicht?

»Natürlich«, murrte ich.

»Dann wissen Sie sicher auch, dass er illegale Kämpfe abhält?«

Ich schnaufte vernehmlich. Auch das war mir bekannt. Bevor das mit Jonathan passiert war, hätte ich die besten Chancen gehabt, einer dieser Kämpfer zu werden. Aber wenn Mahony das mit Jon wusste, würde ich ihm das sicher nicht erzählen müssen. »Specialagent«, seufzte ich, »reden Sie nicht um den heißen Brei. Sie wissen genauso gut wie ich, dass ich selbst an solchen Kämpfen schon teilgenommen habe.«

Mahony nickte. »Womit wir beim Grund meines Hierseins wären. Officer, könnten Sie sich vorstellen, erneut zu kämpfen?«

Meine Kinnlade fiel runter und ich starrte zwischen Mahony und Chief Goodman hin und her. Das hier müsste doch jetzt der Punkt sein, wo einer von beiden lachen und mir auf die Schulter klopfen würde, um mir zu sagen, dass ich einem Scherz aufgesessen war? Aber keiner der Beiden lachte.

Goodman beugte sich vor. »Glauben Sie mir, O’Connor, es wäre niemandem lieber als mir, wenn das ein schlechter Scherz wäre. Aber gerade aufgrund Ihrer Vorgeschichte sind Sie ...«, er seufzte, »leider die beste Alternative, die wir haben.«

Na, danke für die Blumen. Ich warf dem Chief einen finsteren Blick zu, ehe ich vehement den Kopf schüttelte. »Ihnen sollte klar sein, dass ich keinesfalls in der körperlichen Verfassung dazu bin, an solch einen Kampf auch nur zu denken!«

»Das wäre kein Problem. Sie haben zwei Wochen, um sich vorzubereiten.«

Ich sagte keinen Ton, blickte nur zwischen den beiden Männern hin und her. Dann legte ich meinen Kopf in den Nacken und fing an zu lachen.

»In meiner Verfassung könnte ich genauso gut vom Empire State Building springen, meine Herren. Die Überlebenschancen bei diesem Sprung dürften in etwa meine Chance beschreiben, die ich hätte, wenn ich versuchen würde, gegen einen dieser Leute in den Ring zu steigen!« Meine Stimme hatte jeglichen Humor verloren, während ich das sagte und ernst in die Runde blickte.

»Was und wie lange würden Sie brauchen?« Mahony schien nicht im Geringsten beeindruckt zu sein.

Der meinte das echt ernst! »Mindestens sechs Wochen. Ich boxe regelmäßig, aber natürlich nicht in dem Maß, das ich benötigen würde, um mithalten zu können. Des Weiteren müsste ich klein anfangen. Und wenn ich klein sage, meine ich klein. Es würde Monate dauern, bis ich überhaupt auch nur in die Nähe einer Möglichkeit käme, dass Juri Pastrow mich überhaupt kämpfen sehen will.«

Ich überlegte. »Ich würde nicht nur eine Trainingsmöglichkeit brauchen, sondern auch Geld. Viel Geld. Einen Trainer, der was vom Fach versteht. In diesem Metier kommt man nicht weit, wenn man keinen Gönner hat. Und das Wichtigste haben Sie dabei noch außer Acht gelassen.«

»Was?« Mahony kniff die Augen zusammen.

»Ich bin ein verdammter Cop!«

»Wenn Sie sich auf dieses Ding einlassen, sind Sie kein Cop mehr, O’Connor. Dann sind Sie auf sich allein gestellt«, mischte sich Goodman ein. »Pastrow hat seine Männer überall. Wir werden einen Background vorbereiten, der glaubhaft genug sein sollte. Vor allem, wenn man Ihre bisher wenig rühmliche Karriere im Department kennt.«

Ich schnaubte. Wem erzählte er das? Ich verdankte es vermutlich nur der Tatsache, dass ich mich bereit erklärt hatte, einen dieser bescheuerten Therapeuten aufzusuchen, dass ich noch nicht arbeitslos war. Was konnte ich dafür, dass auf den Straßen New Yorks so viele Vollpfosten herumliefen, die es nicht vertrugen, wenn man ihnen die Wahrheit ins Gesicht sagte?

 

Gut, der letzte Vollpfosten war Bürgermeisterin Cooper gewesen, aber sie war nun mal ein eiskaltes Miststück! Ich verengte die Augen. »Was genau wäre meine Aufgabe?«

»So dicht wie möglich an Pastrow herankommen. Wir wollen ihn drankriegen.«

Ich schloss meine Augen und massierte mir mit den Händen die Schläfen. So langsam wurde mir klar, warum man mich für diese Aufgabe gewählt hatte. Es lag nicht nur an meiner Vergangenheit, sondern auch an der Tatsache, dass ich allein war. Es würde niemanden geben, der um mich weinte, sollte das Ding schiefgehen. Das war keines der Spielchen, die ich früher gern gespielt und aus denen ich glücklicherweise immer als Sieger hervorgegangen war.

Das hier war der fucking Ernst des Lebens und ich würde genau das riskieren. Mein Arsch würde metertief in der Scheiße stecken, wenn ich das versaute, und niemand – wirklich niemand! – würde kommen, um mich da rauszuholen.

»Ich mach’s.« Goodman holte Luft, doch ich hob meine Hand, um ihn am Sprechen zu hindern. »Zu meinen Bedingungen: Ich suche mir die Leute, mit denen ich zusammenarbeite, selbst aus. Mein Leben, mein Vertrauen. Dass ich Geld brauche, sollte klar sein. Ich werde einiges brauchen, hier ist nix mit Taschengeld, ich brauch richtig Kohle.« Meine Finger machten die entsprechende Handbewegung.

Goodman wechselte einen Blick mit Mahony. Dann nickte er.

»Eins noch«, redete ich weiter. Wenn der Chief schon mal in Geberlaune war, musste ich das ausnutzen.

»Was?«, knurrte er. »Reizen Sie es nicht aus, O’Connor!«

»Ich trainiere seit zwei Jahren Straßenkids im Boxen. Wenn mir was passiert, dann ... versprechen Sie mir, das sich jemand um die Kids kümmert. Und wenn ich kümmern sage, dann meine ich nicht, dass einmal in der Woche jemand schaut, ob sie noch alle leben. Ich spreche von wirklichem Kümmern«, ich sah Goodman abwartend an.

Dieser streckte mir die Hand entgegen, so etwas wie Anerkennung blitzte kurz in seinen Augen auf.

»Deal!«

***

Der Schweiß lief mir in Strömen den Rücken hinunter und ich konnte mich selbst riechen. Jeder Muskel meines Körpers tat weh. Vier Wochen waren seit meinem Gespräch mit dem Chief und Mahony vergangen, und es war viel passiert.

24 Stunden nach dieser Zusammenkunft hatte man mich gefeuert. Ein fingierter positiver Drogentest und der Fund von einigen nicht erlaubten Substanzen hatten hoffentlich äußerst glaubwürdig dafür gesorgt, dass ich für die Öffentlichkeit als Schande der New Yorker Polizei gefeuert und von der Presse zerrissen wurde.

Bürgermeisterin Cooper musste es ein innerer Triumph gewesen sein, in ihrer Pressekonferenz von Inkompetenz und dem besten Beispiel für fehlgeschlagene Re-Integration zu sprechen. Eines Tages würde ich diesem Miststück ...

Ich hämmerte auf meinen Boxsack ein, als stünde Cooper vor mir.

»Aidan, lass den Sack in Ruhe, er kann nichts für deine Aggressionen!« Mein Trainer Dario, von allen nur Dog genannt, zog mich ein Stück zurück. Auch er kannte den wahren Grund nicht, warum ich wieder kämpfen wollte. Er war, wie halb New York, ebenfalls der Meinung, dass ich wegen der Drogen gefeuert worden war und nun auf anderen Wegen mein Geld verdienen wollte.

Es fiel mir schwer, einen der wenigen echten Freunde, die ich aus Kindertagen zurückbehalten hatte, so zu belügen, aber zu meiner eigenen Sicherheit war es besser, dass so wenig Personen wie möglich die Wahrheit kannten. Neben Chief Goodman und dem Agent des FBI gab es nur eine Handvoll Leute, die wussten, wie es wirklich war.

Ich hatte eine Tasche voll mit Geld bekommen, wirklich viel Geld - die ich in einem Schließfach meiner Bank deponiert hatte und eine Telefonnummer, die ich mir einprägen musste. Diese Nummer war nicht nur dafür gedacht, sollte ich erfolgreich sein, sondern auch mein einziger erlaubter Kontakt zur Polizei. Nur unter diesen Zahlen würde ich jemanden erreichen, der die Wahrheit kannte, den ich informieren und der mir dann helfen konnte. Ansonsten war ich vollkommen auf mich allein gestellt. Ich, Aidan O’Connor, die aktuell schlimmste Schande der Polizei.

Es gab einen Vertrag, den nicht nur ich, sondern auch der Chief und Mahony unterschrieben hatten. In diesem war klar festgelegt, dass ich als Undercoveragent auch Dinge würde tun müssen, die nicht mit dem Eid einhergingen, den ich als Polizist geschworen hatte. Hierfür wurde mir absolute Straffreiheit garantiert, und dieser Vertrag beinhaltete wirklich alles. Ich wusste aus Erfahrung, dass ich mit großer Wahrscheinlichkeit auch würde töten müssen – auf der Straße überlebten nur die Harten.

Das Töten war auch der Punkt gewesen, bei dem ich am längsten gezögert hatte. Ich war damals nur knapp mit dem Leben davongekommen, während mein bester Freund Jonathan nicht so viel Glück gehabt hatte. Ich hatte dabei zugesehen, wie er elendig verreckt war, während unsere sogenannten Freunde mit wehenden Fahnen flüchteten. Aber ich war geblieben. Ich hatte ihn gehalten und leise mit ihm geredet, bis seine Augen vor meinen brachen. Denn so tragisch das damals auch alles war, für mich stand fest, dass Jon mir mit seinem Tod das Leben gerettet hatte.

Als er beerdigt wurde, kam die ganze Gang auf den Friedhof. Ich stand an seinem Grab und konnte die Scheinheiligkeit dieser Bastarde nicht glauben. Sie hatten ihn liegenlassen wie Vieh, und nun standen sie hier und taten so, als sei nichts passiert? Ich weiß nur aus Erzählungen, was an diesem Tag passierte. Für mich sind die Ereignisse bis heute hinter einem Nebel verborgen, und darüber nachzudenken bereitete mir nur Kopfschmerzen.

Ich habe sie platt gemacht. Einen nach dem anderen. Jeden einzelnen habe ich ins Krankenhaus geprügelt, wie ein Berserker gewütet – so wurde es mir später erzählt. Man sperrte mich für vier Wochen in den Jugendarrest. Und dann geriet ich an eine Richterin, die offenbar hinter den Aggressionen, hinter denen ich mich versteckte, das Kind sah, das ich tief in meinem Inneren noch war.

Sie steckte mich nicht zurück in den Knast, wie es jeder erwartet hätte. Nein, sie schickte mich auf die Sozialstation im Krankenhaus. Dort musste ich Ärsche abwischen und alten Leuten stundenlang dabei zuhören, wie sie mir Dinge aus ihrem Leben erzählten, die mich nicht im geringsten interessierten. Alles, was ich wollte, war, meine Zeit abzusitzen.

Aber du musst aus Stein sein, wenn dich das, was du in solch einer Station erlebst, nicht irgendwie berührt. Und so begann ich, mich zu verändern. Es ging nicht von heute auf morgen, aber es passierte stetig. Sechs Monate nach Jonathans Tod stellte ich mich zum ersten Mal der Prüfung der Polizei. Ich hatte es der Richterin zu verdanken, dass ich überhaupt eine Chance bekam, denn durch die Sozialstunden verhinderte sie, dass ich eine echte Akte bei der Polizei besaß. Vor dem Gesetz war ich dank ihr ein unbeschriebenes Blatt, auch wenn mein Gewissen das bis heute anders sah.

Sie ließen mich drei Mal durchfallen, aber kurz vor meinem 19. Geburtstag hatte ich offensichtlich auch die letzten meiner Kritiker überzeugt, und ich durfte die Polizeischule besuchen. Mein aufbrausendes Wesen kam mir seither zwar immer wieder in die Quere, aber nichtsdestotrotz hatte ich mein Ziel erreicht, und war nie wieder kriminell geworden.

Bis heute.

Denn heute Abend würde ich meinen ersten Kampf bestreiten. Es war eine kleine Klitsche, und das Preisgeld würde gerade eben dazu reichen, die Unkosten zu decken, aber es war ein Anfang. Dog war nicht begeistert davon, dass ich heute schon auf die Matte wollte, aber ich ließ mich nicht davon abbringen. Er glaubte, dass ich während meines aktiven Dienstes so viel auf die Seite gelegt hatte, dass ich die ersten Kämpfe selbst finanzieren konnte.

Sollte heute etwas dabei rausspringen, würde die Kohle komplett an Dog gehen. Das war ich ihm schuldig. Er hatte mich aufgenommen, ohne Fragen zu stellen. Wortlos hatte er mich angesehen, als ich vor seiner Tür stand und mir jene weit geöffnet. Er kam wie ich von der Straße. Was ich bei ihm nicht lernte, würde ich nirgends lernen.

***

Das Adrenalin pumpte durch meine Venen, Schweiß stand auf meiner Stirn, verursacht nicht zuletzt durch die Scheinwerfer, die irgendwer aufgestellt hatte. Wir befanden uns im Hafen von New York in einer riesigen Halle, die extra für diesen Zweck hergerichtet worden war. Ich wusste, dass ich es nur Dogs Kontakten zu verdanken hatte, dass ich überhaupt von diesem Ort wusste. Mir gegenüber hätte niemand auch nur das geringste Wort darüber verloren. Vor den Toren standen ein paar Schränke von Männern, die mit finsterem Blick und verschränkten Armen wohl für Ordnung hier sorgen sollten.

Ob auch nur einer von denen ahnte, dass ich sie mit Leichtigkeit würde ausknocken können, wenn ich denn wollte? Sie waren allesamt größer und breiter als ich, aber in Sachen Schnelligkeit machte mir keiner etwas vor. Damals nicht und heute auch nicht. Dennoch hatte ich nur breit gegrinst, als mir einer der tumben Typen lang und breit heruntergeleiert hatte, wie der Abend abliefe.

Nachdem ich die Teilnahmegebühr entrichtet hatte, erhielt ich ein kleines, eingeschweißtes Kärtchen mit einer Nummer und wurde hineingelassen. Die Halle war, obwohl es noch mehrere Stunden dauern würde, bis die Kämpfe begannen, bereits gut gefüllt. Ich sah und ich roch es. Es stank nach Arbeiterschweiß, Alkohol und diversen Marihuana-Mischungsverhältnissen, die die gesamte Luft schwängerten. Das Grinsen, das sich in meinem Mundwinkel zusammenzog, konnte ich nur mit Mühe verhindern. Das hier auffliegen zu lassen wäre ein Traum für jeden Polizisten, eine Beförderung dann nur noch Formsache.