Killerrache: Krimi Koffer 9 Romane

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18



Wir nahmen den Aufzug und fuhren in die Etage, wo sich Reza Tannous’ Wohnung befand.

An der Tür klingelten wir.

Surrend suchte uns ein Kameraauge.

Eine Frauenstimme meldete sich an der Sprechanlage.

„Ja, bitte?“

„Harry Kubinke, BKA - Frau Christine Wistanow? Wir möchten mit Ihnen sprechen und wissen, dass Sie hier sind! Also machen Sie auf!“

Es machte klick in der Leitung.

Einige Augenblicke lang standen wir ziemlich dumm da. In wie fern es für uns überhaupt eine rechtliche Handhabe gab, in die Wohnung zu gelangen, wollten wir im Moment beide nicht erörtern. Schließlich meldete sich Frau Wistanow noch einmal und verlangte von uns, die Ausweise so in die Kamera zu halten, dass sie diese sehen könnte.

Das taten wir.

Im nächsten Augenblick wurde die Tür geöffnet.

„Ich hatte bereits mit Ihren Kollegen Carnavaro und Medina zu tun. Vielleicht haben Sie beide ja bessere Manieren.“

Ich lächelte. „Ehrlich gesagt hat daran noch kaum jemand etwas auszusetzen gehabt“, erwiderte ich.

„Was Sie nicht sagen...“

„Dürfen wir hereinkommen? Es wird sicher nicht lange dauern.“

Sie atmete tief durch. Dann machte sie eine Handbewegung. „Kommen Sie! Lassen Sie die Tür einfach ins Schloss fallen. Hier geht alles vollautomatisch.“

„Ja, so wohnt man wahrscheinlich im nächsten Jahrhundert überall“, sagte ich.

„Jetzt übertreiben Sie.“

„Na, also ich könnte mir so ein Plätzchen nicht leisten.“

„Dann arbeiten Sie vielleicht für den falschen Chef, Herr...“

„Kubinke.“

„Ja, richtig.“

„Ein Name, den Sie sich vielleicht merken sollten.“

„Übertreiben Sie nicht wieder etwas?“ Ihr Lächeln wirkte geringschätzig. Es war die Illustration des Begriffs Geringschätzigkeit.

Sie führte uns in ein sehr großes Wohnzimmer. Die Aussicht auf den Park war phantastisch. Man konnte bis hinüber nach Moabit blicken.

„Schon eigenartig, dass wir Sie hier antreffen“, sagte ich. „Wir wollten uns eigentlich mit Herrn Tannous unterhalten.“

„Reza ist im Moment geschäftlich unterwegs. Genaueres kann ich Ihnen nicht sagen. Sie müssen sich also gedulden.“

„Haben Sie den .22er Revolver, den Ihnen meine Kollegen in Rademachers Wohnung abgenommen haben, von Tannous?“

Sie sah mich verdutzt an. „Wie kommen Sie denn darauf?“

„Ist doch ziemlich naheliegend. Die .45er mit der Rademacher umgebracht wurde und Ihr .22er wurden beide während einer nie wirklich geklärten Schießerei im Club ‚El Abraxas’ benutzt, wie unsere Ballistiker herausgefunden haben.“

„Ihre Kollegen haben mir das mindestens schon zehn Mal unter die Nase gehalten, aber ich habe weder mit der Schießerei etwas zu tun, noch weiß ich überhaupt, worum es da ging!“

„Aber Sie kennen die einzige Person, die damals angezeigt wurde ziemlich gut: Reza Tannous! Ich kann da ehrlich gesagt nicht an einen Zufall glauben, Frau Wistanow. Und jetzt heraus mit der Sprache: Woher kam die Waffe?“

„Ich möchte, dass mein Anwalt dabei ist“, sagte sie schließlich nach einer etwas längeren Pause.

„Das können Sie haben. Ich schlage vor, wir fahren zur Präsidium.“

„Wollen Sie das ganze Theater wirklich von vorne beginnen?“, fragte sie. „Morgen bin ich erneut draußen und Sie haben nicht das Geringste in der Hand gegen mich oder Reza.“

„Packen Sie einfach aus, dass ist auch für Sie das Beste“, sagte ich.

„Ihr Kollege Carnavaro hat in dieser Hinsicht schon bei mir auf Granit gebissen.“

„Ich zähle jetzt einfach mal zwei und zwei zusammen. Herr Tannous werden Verbindungen zum Drogenhandel nachgesagt.“

„Herr Tannous ist ein Geschäftsmann, Herr...

„...Kubinke!“

„Diesmal wäre ich durchaus noch selbst darauf gekommen.“

„Tannous hat Sie auf Rademacher angesetzt.“

„Wer sagt das?“

„Ich will wissen, warum! Sollten Sie irgendwelches Beweismaterial verschwinden lassen, als Sie in Rademachers Wohnung aufgegriffen wurden?“

„Hören Sie auf!“

„Rademacher soll Kriminelle erpresst haben. Vielleicht hatte er auch etwas gegen Tannous in der Hand.“

„Das ist Unsinn!“

„Dann kam es zum Streit und er hat seine Erpresser aus dem Weg geräumt – oder räumen lassen!“

„Herr Kubinke, das sind nur haltlose Verdächtigungen! Sie haben noch nicht einmal einen Durchsuchungsbefehl!“

„Aber den bekommen wir, nachdem wir Sie hier angetroffen haben“, mischte sich Rudi ein. „Ich werde mal mit dem Präsidium telefonieren.“

„Warten Sie!“, rief Christine. Sie atmete tief durch und verschränkte dabei die Arme vor der Brust. „Ich werde Ihnen einiges erklären“, versprach Sie. „Aber wenn Reza zurückkommt und hier alles von Ihren Leuten durchwühlt wurde, bekomme ich großen Ärger!“

„Dann reden Sie!“

„Ich weiß, dass Sie das mir jetzt nicht glauben werden, aber meine Beziehung zu Thorben Rademacher war tatsächlich eine Liebesbeziehung.“

„Anscheinend verstehen unterschiedliche Leute darunter durchaus etwas Unterschiedliches“, stellte ich fest.

„Und wir lernen gerne noch was dazu“, ergänzte Rudi.

„Ich meine es ernst“, sagte sie.

Wenn jemand das so betonen muss, wie es in diesem Augenblick Frau Wistanow gerade tat, dann ist das meistens ein bedenkliches Zeichen. Bedenklich im Hinblick auf den Wahrheitsgehalt der entsprechenden Aussage, meine ich damit.

„Fahren Sie einfach fort“, verlangte ich.

„Wir haben uns in einer Bar kennengelernt und es hat gleich gefunkt. Für ein paar Monate waren wir ein Herz und eine Seele. Thorben war ziemlich niedergeschlagen, als man gegen ihn wegen Erpressung von Informanten und dergleichen ermittelte und er schließlich sogar die Dienststelle wechseln musste.“

„Kann ich mir vorstellen.“

„Er war von ganzer Seele Polizist! Dass wir Streit miteinander hatten, habe ich Ihnen ja gesagt. Wir trennten uns. Ich behielt aber noch einen Haustürschlüssel. Irgendwie schob ich es immer wieder vor mir her, ihn zurückzugeben. Es waren auch noch ein paar private Sachen bei ihm in der Wohnung, die ich eigentlich hätte abholen müssen, aber ich scheute mich, diesen endgültigen Schlussstrich zu ziehen.“

„Und dann sind Sie gleich zu Reza Tannous übergelaufen? Erzählen Sie uns keinen Mist. Wir können den Security Service hier im Haus dazu befragen, seit wann Sie eine Chip Card für die Wohnung von Herrn Tannous besitzen.“

Sie schwieg einige Augenblicke lang.

„Was wollen Sie mir eigentlich vorwerfen? Ich habe diese Chip Card vor zwei Wochen bekommen. Da können Sie gerne den Wachdienst befragen.“

„Das werden wir!“, versprach ich. „Verlassen Sie sich darauf!“







19



Die Wohnungsdurchsuchung bei Reza Tannous wurde richterlich genehmigt. Der Verdacht, dass sich die Tatwaffe vielleicht in Reza Tannous' Wohnung befand, erschien schwerwiegend genug, um eine derartige Maßnahme durchzuführen. Die Kollegen Annemarie O’Hara und Fred LaRocca trafen etwas später in Tannous’ Wohnung ein und reichten den schriftlichen Befehl nach. Außerdem halfen sie uns dabei, Tannous’ Traumetage auf den Kopf zu stellen.

 

Christine Wistanow bestand darauf, ihren Anwalt anzurufen.

Als wir beinahe fertig waren, erschien Karlheinz Bandella zusammen mit Reza Tannous, der von Bandella wohl inzwischen verständigt worden war.

Reza Tannous – ein großer, breitschultriger Mann mit Kinnbart und dunklem Teint – war tiefrot angelaufen. Es war ihm anzusehen, wie sehr er sich beherrschen musste, um nicht seinen Gefühlen mit den Fäusten freien Lauf zu lassen.

„Mein Mandant wird gar nichts zur Sache sagen und protestiert gegen die Durchsuchung!“, sagte Karlheinz Bandella.

Schließlich waren wir fertig. Jeden Winkel der Wohnung hatten wir durchsucht.

Selbst Wände waren abgeklopft und auf Hohlräume untersucht worden. Aber wir hatten nichts gefunden.

Tannous' Stimmung wurde im Lauf der Zeit etwas entspannter.

Maybaum rief mich zwischenzeitlich auf dem Handy an.

„Herr Kubinke?“

„Am Apparat.

„Hier Maybaum. Ich kann unseren Termin nicht wahrnehmen. Tut mir Leid.“

„Hören Sie, Herr Maybaum, das ist kein Spaß, was wir da machen. Wir versuchen den Mord an Ihrem Kollegen aufzuklären und sind dabei dringend auf Ihre Mithilfe angewiesen.“

„Ich weiß und ich bin ja auch völlig auf Ihrer Seite, Herr Kubinke.“

„Dann verstehe ich nicht, wie...“

„Ein dringender privater Termin, der sich nicht aufschieben lässt. Wir treffen uns morgen früh an gleicher Stelle. Sagen wir gegen zehn. Ich habe mir zwei Tage Urlaub genommen. Wir haben also Zeit genug.“

Die Verbindung wurde unterbrochen.

„Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass dieser Maybaum gar nicht so einen großen Wert darauf legt, sich mit uns zu unterhalten!“, lautete Rudis Kommentar, der zumindest meinen Anteil am Gespräch mit angehört hatte.

Ich zuckte mit den Schultern. „Die paar Stunden bis morgen früh machen den Kohl auch nicht fett.“

In der Zwischenzeit besprach sich Bandella mit Reza Tannous.

Dann kam Bandella schließlich auf uns zu und erklärte: „Herr Tannous will eine Aussage machen.“

„Sind Sie jetzt der Anwalt von Herr Tannous oder der von Frau Wistanow?“, fragte ich. „Das müssen Sie schon entscheiden, schließlich ist ja ein Interessengegensatz zwischen beiden durchaus möglich.“

„Jetzt lassen wir mal die Bürokratie beiseite und reden Klartext“, sagte Tannous, dessen Verfassung jetzt fast schon entspannt war. Ich fragte mich, was diesen Wechsel verursacht hatte. Lag es nur daran, dass wir nichts Belastendes bei ihm gefunden hatten? „Ich habe wegen einer dummen Unbeherrschtheit eine Bewährung laufen und bin nicht in irgendwelchem Ärger interessiert.“

„Das kann ich gut verstehen“, gab ich zurück.

„Also werde ich offen sagen, was los ist.“

„Bitte, reden Sie!“

„Mit der Schießerei im ‚Abraxas’ habe ich nichts zu tun. Das ist auch gerichtlich geklärt worden. Sie haben meine Wohnung nach einer Waffe durchsucht, mit der ein Polizist getötet worden sein soll. Da Sie nichts gefunden haben, sollte dieses Kapitel auch erledigt sein.“ Er öffnete sein Jackett und spreizte es. „Durchsuchen Sie bitte auch mich und meinen Wagen, damit die Sache endlich aus der Welt ist. Ich bitte darum!“

Fred LaRocca tastete ihn ab. Er hatte keine Waffe bei sich. Außerdem gab Tannous meinem Kollegen den Wagenschlüssel. „Es ist ein Porsche - Platz 333 im Parkdeck C der Tiefgarage. Sie kommen mit dem Aufzug hin!“ Er grinste. „Hat mich schon was gekostet, mir die Nummer reservieren zu lassen!“

Fred machte sich also auf den Weg. Niemand von uns nahm an, dass er etwas finden würde – so wie uns Tannous die Durchsuchung aufdrängte.

Er streckte uns seine Hände entgegen.

„Wenn Sie ganz sicher sein wollen, dann sollten Sie meine Hände noch auf Schmauchspuren untersuchen. Soweit ich weiß, lässt sich unter Umständen noch Tage später feststellen, ob jemand eine Waffe benutzt hat. Also bitte! Oder führen Sie solche Untersuchungen immer nur dann durch, wenn es den Betreffenden belasten könnte?“

„Wir kommen auf Ihr Angebot gerne zurück“, sagte Rudi.

„Fein. Wenn Sie damit fertig sind, können Sie mich von der Liste Ihrer Verdächtigen streichen. Dieser Rademacher war ein Bulle...“

„Polizist“, verbesserte ihn Rudi.

„...und der Ex-Lover von Christine – beides Eigenschaften, die ihn in meinen Augen nicht gerade sympathisch machten, aber das ist noch kein Grund für mich, ihn umzubringen.“

„Es bleibt noch die Waffe von Frau Wistanow“, stellte ich fest.

„Richtig. Und ich sehe ein, dass ich jetzt nicht länger schweigen kann. Frau Wistanow wollte mich nicht belasten, darum hat sie geschwiegen.“

„Worüber geschwiegen?“

Tannous atmete tief durch und fuhr sich mit einer fahrigen Geste über das Gesicht. „Sie fühlte sich nicht sicher. Man hört so viel von steigender Kriminalität und dergleichen da wollte sie vorbereitet sein und hat mich gefragt, ob ich ihr eine Waffe besorgen könnte. Das habe ich natürlich von mir gewiesen. Ich selbst besitze keine Waffe und brauche so etwas auch nicht. Als Träger des schwarzen Gürtels in Karate kann ich mich jederzeit meiner Haut wehren. Aber ich gebe zu, dass ich Christine die Nummer von Kurt Heinrichs gegeben habe. Kurt handelt mit Waffen aller Art. Ich kenne ihn aus meiner Zeit als Türsteher. Einige der Gangs im Wedding sollen gute Kunden bei ihm sein.“

„Wie soll der Handel denn abgelaufen sein?“

„Damit habe ich nichts mehr zu tun. Ich nehme an, dass Kurt so wie üblich vorging. Er bestellt den Kunden in eine Bar oder einen Club oder an irgendeinen anderen Ort. Da findet dann die Übergabe statt. Man bezahlt und geht mit einer Waffe davon.“

„Wo finden wir diesen Kurt Heinrichs?“, fragte Rudi.

„Ich habe nur seine Nummer.“

„Da meldet sich lediglich eine Mail Box“, erläuterte Christine Wistanow. „Er meldet sich dann bei einem.“

„Oder auch nicht“, grinste Tannous. „Der ist ziemlich wählerisch was seine Kundschaft angeht.“

„Wir werden das überprüfen“, kündigte ich an. „Kennen Sie eigentlich einen Mann namens Ede Gerighauser?“

Er zögerte mit der Antwort.

„Nie gehört!“, behauptete er.







20



Anderthalb Stunden später saßen wir im Besprechungszimmer von Kriminaldirektor Bock und hielten Manöverkritik.

„Tannous dürfte aus der Liste der Verdächtigen zu streichen sein“, glaubte unser Chef.

Ich konnte dem nicht ganz zustimmen.

„Ich glaube ihm nicht ein einziges Wort – allerdings könnte er von jetzt an wahrscheinlich eine Sammlung von Maschinengewehren anlegen und es würde sich kein Richter mehr finden, der einen Durchsuchungsbefehl unterschreibt!“

„Bewerten Sie die Aktion nicht als Fehlschlag“, erwiderte Kriminaldirektor Bock. „Wir wissen jetzt, dass Tannous offenbar nicht im Besitz der Tatwaffe ist. Und was seine Erklärung für die Herkunft von Christine Wistanows Waffe angeht, werden wir diesen Heinrichs finden müssen, um sie zu überprüfen.“

Es klopfte an der Tür.

Unser Kollege Max Herter kam herein.

„Ich habe über Heinrichs zusammengetragen, was sich auf die Schnelle finden ließ“, erklärte er. „Kurt Heinrichs, 42 Jahre alt, wurde seinerzeit im Zusammenhang mit der Schießerei im Club ‚El Abraxas’ nur als Zeuge vernommen. Er gilt als ein Mann von Benny Farkas. Bisher ist er nur wegen Drogenhandels, Körperverletzung und dergleichen verurteilt worden. Dass er mit Waffen dealt ist neu.“

„Adresse?“, fragte Kriminaldirektor Bock.

„Eveline Brenner Straße Nr. 443. Die Angabe ist drei Jahre alt. Seitdem hat er sich nicht mehr erwischen lassen. Ich habe versucht, den zur Adresse gehörenden Festnetzanschluss anzurufen, aber da meldet sich nur eine Frauenstimme, die ausschließlich Russisch sprach.“

„Wir könnten Heinrichs’ Bild mal herumzeigen, wenn wir den Club ‚El Abraxas’ besuchen!“, schlug Rudi vor.

„Es gibt übrigens noch ein paar Neuigkeiten zu Rademacher“, erklärte Max Herter. „Bei der Hausdurchsuchung wurden seine Kontoauszüge sichergestellt, die keinerlei Auffälligkeiten verrieten. Aber laut Auskunft seiner Bank besaß er ein Guthaben auf den Cayman Islands von mehreren Millionen Euro. Dazu gehört auch eine auf seinen Namen eingetragene Immobilie.“

„Soll das bedeuten, dass sich Rademacher darauf vorbereitet hat, auf die Cayman Islands überzusiedeln und dort einen sonnigen Lebensabend zu verbringen?“, fragte Jürgen.

„Ja, wobei natürlich die Frage ist, für wann das geplant war“, nickte Max. „Es sind bis kurz vor seinem Tod regelmäßig Bar-Überweisungen dorthin gemacht worden. Immer nur Beträge, die nicht gemeldet werden müssen – aber dafür regelmäßig.“

„Das könnte bedeuten, dass er sein Erpresser-Geschäft weiter betrieben hat“, vermutete ich.

„Dafür spricht auch die Auswertung der Anruflisten seines Apparates auf seiner Dienstelle“, ergänzte Max. „Er hatte intensiven Telefonkontakt zu mehreren Prepaid-Handys, die sich nicht weiterverfolgen lassen. Außerdem sprach er häufig mit seinen Kollegen Maybaum und Subotitsch. Mit ihnen hielt er offenbar auch über die Versetzung hinaus regen Kontakt. Zuletzt übrigens in der Mordnacht.“

„Mit beiden?“, wunderte ich mich.

„Ja. Kurz bevor er das Revier verließ, wurde er vom Anschluss einer gewissen Ludmilla Gerighauser aus Berlin angerufen.“

„Eine Verwandte von Ede Gerighauser?“, fragte Kriminaldirektor Bock.

Max zuckte mit den Schultern. „Sie ist in unseren Dateien nicht als eine seiner Angehörigen aufgelistet.“

„Bevor wir uns heute Abend im Club ‚El Abraxas’ umsehen, könnten wir das doch abklären“, schlug ich vor. „Liegt doch ohnehin auf dem Weg.“

„Wenn Sie und Rudi das übernehmen wollen – gerne“, sagte Kriminaldirektor Bock.







21



„Der letzte Fleck auf Tannous' Weste ist der Ausraster auf dem Parkplatz vor drei Jahren. Ansonsten ist da leider nichts, Rudi! Und gleichzeitig gilt er als einer der Aufsteiger in Farkas’ Organisation! Wie kann das sein?“

 

„Wäre doch nicht das erste Mal, dass jemand, der innerhalb des organisierten Verbrechens aufsteigt, sich nicht mehr selbst die Hände schmutzig macht, Harry!“

„Und das im wahrsten Sinn des Worts, denn der Schmauchspurentest war ja negativ...“

„Er könnte natürlich die Waffe irgendwo anders als in seiner Wohnung deponiert und Latexhandschuhe beim Schuss getragen haben – aber das ist doch alles recht weit hergeholt, Harry. Reza Tannous mag ein Gangster sein, aber ich glaube, mit dem Mord an Rademacher hat er nichts zu tun.“

„Das einzige, was ihn im Moment noch mit dem Fall in Verbindung bringt ist Christin Wistanow und die Herkunft ihrer Waffe. Die Rolle, die diese Frau in dem Fall spielt, durchschaue ich ehrlich gesagt noch nicht so recht.“

„Vielleicht sehen wir klarer, wenn wir den Mann auftreiben, der ihr nach Tannous’ Aussage die Waffe verkauft hat.“

„Dann sehen wir auch, wie glaubwürdig Reza Tannous ist!“, meinte ich.

Rudi zuckte mit den Schultern. „Nicht unbedingt! Dieser Kurt Heinrichs wird doch alles abstreiten und es wird schwer sein, ihm irgendetwas zu beweisen.“

„Konzentrieren wir uns auf Gerighauser.“