Killerrache: Krimi Koffer 9 Romane

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

4













"Was würdest du davon halten, in Rio zu leben?"



"Häh?"



"Rio. Rio de Janeiro, Brasilien."



"Was spricht man denn da?"



"Portugiesisch."



"Kannst du Portugiesisch?"



Ich grinste.



"Muito bem."



Tina lachte. Ihre Zähne blitzten dabei. "Na, dann kann ja nichts passieren!"



Ich langte über den Tisch und nahm ihr Handgelenk. Sie war am Essen und hatte eine Gabel zwischen den Fingern. Ich sah ihr in die Augen.



"Was ist?"



"Ich meine es ernst", sagte ich.



"Wenn ich genug Geld hätte, dann... Warum nicht? Dann kann man überall leben, oder?"



Ich nickte.



"So sehe ich das auch."



"Ich wollte immer schon mal nach Afrika."



"So?"



"Zum Kilimandscharo. Muss toll sein." Sie zuckte mit den Schultern. "Leider ist das nötige Kleingeld nicht vorhanden."



"Nimm mal an, wir hätten genug."



"Ach, hör auf!"



"Warum? Stell's dir doch mal vor!"



Sie seufzte und lehnte sich zurück. Ich ließ ihr Handgelenk los. "Das ist doch bestimmt wieder irgend so eine Spinnerei von dir! Ich kann dir nur sagen, lass die Finger davon!"



Ich zuckte die Schultern.



"Ich glaube, du hast mich missverstanden."



"Nein, das glaube ich nicht."



Das ist einer der Nachteile einer längeren Beziehungskiste. Man kennt sich einfach zu gut.



"Ich muss nachher noch weg", sagte ich ihr.



"Wohin denn?"



"Weg."



"Du warst schon mal auskunftsfreudiger!"



"Ich sag's dir ja auch bloß."















































































5













Am späteren Nachmittag machte ich mich richtig fein.



Krawatte, Jackett, sogar eine leidlich gebügelte Hose. Und der Drei-Tage-Bart war auch ab. Ich wollte ungefähr so aussehen, wie die Typen, die im Maritim aus und ein gingen, Marke Handelsreisender mit aufdringlichem Rasierwasser. Mit letzterem konnte ich zwar nicht dienen, aber in dem Hotel hing schon soviel davon in der Luft, dass das auch gar nicht nötig war. Natürlich wurde Tina neugierig.



"Wie kommt es, dass du dich so in Schale schmeißt?"



"Ich muss jemanden beobachten", sagte ich. Und damit log ich noch nicht einmal. "Eine Art Detektiv-Job."



"Und dafür gibt's Geld?"



"Ja."



"Und du findest nicht, dass das alles ziemlich weit hergeholt klingt?"



"Nein, so ist es nun mal. Du kannst es glauben oder nicht."



"Warum nimmst du mich nicht mit?"



"Nein. Das geht nicht."



"Entweder die Sache ist nicht so sauber, wie du mir weiszumachen versuchst, oder..."



"Oder was?"



"Oder die Person, die beobachten sollst ist weiblich und hat sich zu dieser Beobachtung vorher mit dir verabredet."



"Ha, ha!"



"Ich finde das nicht witzig."



"Wie wär's, wenn du mir einfach ein bisschen mehr vertrauen würdest?"



Sie hob die Augenbrauen.















































































6













Ich hing eine ganze Weile in der Eingangshalle des Maritim herum und wartete darauf, Erikson zu begegnen. Ich war zwar bereits entschlossen, die Sache durchzuziehen, wollte aber das Risiko abschätzen können. Und ich wollte zumindest in Umrissen wissen, mit wem ich es zu tun hatte. Andererseits bei einer halben Million wurde meine Risikoempfindlichkeit natürlich um einiges gedämpft.



Ich musste eine ganze Weile auf Erikson warten. Leider war inzwischen ein neuer Portier an der Rezeption, sonst hätte ich ihn gefragt, ob der Mann von Nummer vierunddreißig zur Zeit in seinem Zimmer war. Wenn nicht, dann hätte mich dort mal ein bisschen umschauen können. Aber meine Polizeimasche wollte ich nicht noch einmal abziehen. Am Ende fiel die Sache auf und dann war ich der Gelackmeierte.



Und einfach so bei Nummer vierunddreißig vorbeischauen?



Auf gut Glück sozusagen? Aber das konnte in die Hose gehen.



Schließlich kam Erikson doch noch. Sein Jackett wirkte ziemlich zerknittert - und zwar auf eine Art und Weise, die nicht klar erkennen ließ, ob es modische Absicht oder Nachlässigkeit war. Er ging in Richtung Hotelbar an mir vorbei, ohne mich überhaupt zu bemerken. Ich folgte ihm und sah ihn wenig später vor einem Drink sitzen. Er wirkte ziemlich nachdenklich. Was hätte ich dafür gegeben, jetzt zu wissen, was hinter seiner hohen, sonnengebräunten Stirn vor sich ging? Ich drückte mich irgendwo in die Ecke, um ihn besser beobachten zu können und dabei nicht allzusehr aufzufallen.



Vielleicht traf Erikson sich ja mit jemanden. Jedenfalls, wenn ich Glück hatte. Aber ich hatte keins.



Ein dickbäuchiger Rothaariger quatschte Erikson mehrmals an. Der Schwede reagierte erst nicht, ließ sich dann aber schließlich doch auf einen Small Talk ein.



Der Dicke erzählte eine Menge über sich. Er war Vertreter für Dessous-Mode, tingelte von Kaufhaus zu Kaufhaus und hatte sich jetzt ein Ferienhaus an der Ostsee gekauft. Und seine Tochter würde in drei Monaten Abitur machen und dann studieren. Beides sei ziemlich teuer, die Tochter und das Ferienhaus.



Der Schwede sagte nicht viel dazu. Das Wenige, was er über die Lippen brachte, war jedenfalls kein bisschen Akzentbeladen. Schließlich machte der Dicke den Vorschlag, dass sie beide zusammen noch ein wenig herumziehen könnten.



"Ich bin öfter hier", meinte er. "Ich kenne mich hier aus, glauben Sie mir. Auch was das Nachtleben angeht und so." Er grinste dreckig. "Ich weiß, wo was los ist."



Anfangs zögerte der Schwede. Dann leerte er seinen Drink und nickte. "Gut", meinte er. "Warum eigentlich nicht?" Erikson lächelte müde. "Ein bisschen Abwechselung könnte ich vertragen!"



"Nicht wahr?", meinte der Dicke. "So was braucht man einfach ab und zu!"



"Schon möglich."



Der Dicke strich sich über seine roten Haare, die ziemlich kurzgeschoren waren und sich wie die Stoppeln eines abgeernteten Kornfeldes in die Höhe reckten. "Ich muss nur vorher mal für kleine Jungs", meinte er.



Erikson nickte nur. Und der Dicke verschwand für ein paar Minuten. Ich verschwendete indessen ein paar Gedanken auf die Frage, ob dies wirklich eine zufällige Begegnung war oder ein geschickt inszenierter konspirativer Treff. In dem Milieu, in das meinen Fuß gesetzt hatte, musste man in dieser Hinsicht schließlich mit allem rechnen. Trotzdem entschied ich mich für die erste Möglichkeit.

 



"Nehmen wir meinen Wagen oder Ihren?", fragte der Dicke, als er zurückkam.



Der Schwede grinste.



"Wenn wir überhaupt einen nehmen, dann Ihren!"



"Wieso?"



"Ich habe keinen hier."



"Ach so."



Sie verließen die Bar und ich folgte ihnen so unauffällig wie möglich, um mich zu vergewissern, dass sie das Hotel auch wirklich verließen. Dann machte ich mich auf den Weg zu Zimmer Nummer vierunddreißig. Einer der Hotelangestellten war so freundlich, mir den Weg zu zeigen. Vermutlich hätte ich mich sonst auch erst einmal verlaufen. Der Kerl schöpfte überhaupt keinen Verdacht. Nicht den Geringsten. Wahrscheinlich war es bei ihm wie bei den meisten Leuten: Sie können einfach nicht glauben, dass ein Gauner sich rasiert und einen Schlips trägt. So stand ich schließlich vor Nummer vierunddreißig und musste nur noch ein paar Augenblicke abwarten, bis ich allein auf dem Flur war.



In der Tür steckte ein ganz gewöhnliches Schloss. Also keine Schwierigkeit für mich. Ich hatte extra ein Stück Draht für diesen Teil des Dramas mitgebracht. Ein paar Sekunden brauchte ich, dann hatte ich es geschafft. Ich trat ein und schloss die Tür hinter mir, während ich mit einem flüchtigen Blick die Lage sondierte. Es war ein ganz gewöhnliches Hotelzimmer. Nichts besonderes. Ein Einzelzimmer. Und es schien von einem Mann bewohnt zu sein, der penibel darauf achtete, dass alles an seinem Ort stand.



Auf dem Nachttisch befand sich ein kleiner elektronischer Wecker mit Leuchtanzeige. Daneben eine Zeitschrift. Ich sah mir den Wecker genau an. Made in Hongkong. Soweit man sehen konnte, schien es wirklich nur ein Wecker zu sein.



Die Nachttischschublade war leer.



Ich ging zum Kleiderschrank, öffnete ihn, sah ein paar Jacketts, eine Hose, ein Hemd und unten drunter einen Koffer. Ich schaute mir die Jacketts an. Sie hatten keinerlei Etiketten, waren aber von offensichtlich guter Stoffqualität. Schurwolle oder Kaschmir oder etwas anderes in der Preisklasse. Es sah ganz so aus, als legte Erikson keinen Wert darauf, dass irgend jemand die Herkunft dieser Kleidungsstücke zurückverfolgen konnte - wer auch immer das sein mochte. Ich durchsuchte die Jacketttaschen und die Taschen der Hosen. Es war nichts darin, außer einer Packung Tempo-Taschentücher. Danach nahm ich mir den Koffer vor und bemühte mich, dabei nicht die Unterwäsche in Unordnung zu bringen, die der Schwede so sorgfältig gefaltet hatte. Für sie galt dasselbe, wie für seine restlichen Sachen. Gute Qualität und keinerlei Etiketten. Ich ließ den Blick noch einmal sorgfältig durch das ganze Zimmer kreisen. Aber es schien, als sollte heute nicht mein Tag sein. Hier war nichts zu finden. Kein Krümel. Nicht einmal im Aschenbecher war etwas. Dann blieb mein Blick noch einmal bei der Zeitschrift auf dem Nachttisch hängen.



Ich ging hin, nahm das Blatt an mich und blätterte etwas darin herum. Ich weiß auch nicht genau, warum ich das eigentlich machte. Vielleicht Instinkt oder etwas in der Art. Jedenfalls war dieses bunte Blatt das einzige in diesem Raum, das sozusagen eine persönliche Note hatte.



Es war ein Magazin über Segelyachten.



Immerhin, dachte ich. Jetzt weiß ich, dass Erikson möglicherweise Segler ist. Oder es werden will und sich dafür interessiert. Viel war das auch nicht.



Und dann sah ich die Nummer, die mit einem Filzstift dahingekritzelt war. Vermutlich eine Telefonnummer. Und vermutlich eine Ausländische. Ich notierte sie mir auf die Hand, weil ich nur einen altersschwachen Kugelschreiber, aber kein Papier bei mir hatte. Dann machte ich, dass ich endlich aus dem Zimmer herauskam. Es gelang mir auch, ohne irgend jemanden auf mich aufmerksam zu machen.



Vielleicht sollte ich Hoteldieb werden!, dachte ich dabei.



War das nicht eine Alternative zu dem, worauf ich im Begriff war, mich einzulassen?



Aber als Mörder hatte ich einfach den besseren Tarif.















































































7













Wir lagen zusammen in Tinas ausgeleiertem Bett. Sie hatte den Kopf auf meine Schulter gelegt und schnurrte vor sich hin. Meine Hand glitt durch das dichte Haar. Sie würde Mühe haben, es zu kämen. Ich hatte es ihr ziemlich gründlich zerzaust.



"Wie wär's, wenn du dir nächste Woche ein paar Tage frei nimmst", meinte ich.



"Hm."



Sie schwebte wohl noch auf Wolke sieben oder acht. Sex beeindruckte sie immer ziemlich nachhaltig. Aber die Sache, die ich mit ihr besprechen wollte, war wichtig. Und allzu lange vor mir herschieben konnte ich sie auch nicht mehr.



Ich fragte: "Hast du überhaupt gehört, was ich gesagt habe?"



"Hm."



"Ich mache nächste Woche 'ne kleine Reise."



Jetzt wurde sie wacher. "Wohin?"



"Zürich, Switzerland. Ich dachte mir, du hast vielleicht Lust, mitzukommen. Ein paar schöne Tage in einer schönen Stadt. Mal was anderes, als deine Scheißkonditorei."



"Gut, ich frage mal meinen Chef."



"Mach das."



Der einzige Urlaub, den wir bis jetzt zusammen gemacht hatten, war ein Billig-Trip in der Nachsaison an die Costa Brava gewesen. Sie hob den Kopf und sah mich an. Und dann wurde sie plötzlich misstrauisch.



"Was willst du in Zürich?"



"Wieso?"



"Nicht wieso! Du fährst doch nicht einfach so nach Zürich."



"Ich will ein Konto einrichten."



"Wo du die Millionen lassen kannst, von denen du immer träumst, was?"



"Ja, genau."



"Spinner!"



"Weißt du was, du kümmerst dich darum, dass du Urlaub kriegst - und ich mich um den Rest. Klar?"



Sie lachte.



"Aye,aye, Sir!"















































































8













Ich rief die Nummer, die sich Erikson notiert hatte, zweimal an. Das erste Mal noch am Abend. Aber es nahm niemand ab. Das nächste Mal am nächsten Morgen und diesmal mit mehr Glück.



"Firma Kreuzpaintner, Wien", sagte eine Stimme in schauerlichem Wiener Schmäh Marke Arnold Schwarzenegger.



"Ja, guten Tag", sagte ich. "Ich wollte fragen, ob noch Plätze frei sind."



"Verzeihung?" Er sprach es so aus, dass es wie Verzeeääihung klang.



"Na Sitzplätze. Für die Busreise nach Rimini."



"Wir sind ein Import/Export-Kontor, kein Reisebüro", kam es jetzt etwas hochdeutscher, dafür aber auch schon merklich unfreundlicher durch die Leitung. "Ich glaube, Sie sind falsch verbunden."



"Nein. Mir hat jemand Ihre Nummer gegeben. Und Kreuzpaintner stimmt auch."



"Ein seltener Name ist das ja auch nicht gerade!"



"Kann schon sein, aber..."



"Hören Sie, mein Herr." Er sagte Heeäär. "Es tut mit leid, ich kann Ihnen nicht helfen." Damit legte er auf. Und mir tat es auch leid. Schließlich hätte ich gerne noch ein bisschen mehr erfahren.



Wien, dachte ich. Warum nicht einen kleinen Abstecher nach Wien machen? Wien, Zürich... Lag ja fast aus dem Weg, oder?



Naja, fast.















































































9













In der nächsten Woche machten wir unseren Trip nach Zürich. Tina hatte tatsächlich die ganze Woche freibekommen, womit ich nicht im Traum gerechnet hatte. Aber so konnten wir uns ein bisschen Zeit lassen.



Wir fuhren per Intercity. Einmal quer durch durch Deutschland und dann in die Berge. Es ist eine schöne Art zu reisen. Mein Volvo hätte so eine Strecke wahrscheinlich auch gar nicht überlebt.

 



Wir stiegen in einem guten Hotel ab. Es war so gut, dass Tina ganz von den Socken war. Ich sagte ihr, sie solle ihr Erstaunen etwas weniger deutlich zeigen. Es fiel nämlich schon auf. Auf jeden Fall hatten wir ein paar schöne Tage.



Ich richtete mein Konto ein und Tina bohrte noch etwas deswegen herum. Hartnäckig war sie ja. Warum ich denn hier ein Konto haben wollte, wo ich doch gar keine Steuern zahlen würde, die ich hinterziehen könnte und so weiter. Sie war halt ziemlich neugierig. Einer ihrer ganz wenigen unangenehmen Seiten. Aber damit konnte ich leben.



"Was hältst du davon, wenn wir noch 'nen kleinen Abstecher nach Wien machen?", meinte ich.



"Wien?"



"Ja."



"Einen kleinen Abstecher nennst du das?"



"Wien ist ist doch toll."



"Sicher."



"Stell dir vor: Wir fahren mit dem Vieracker durch die Stadt und..."



"Meinetwegen."



"Also einverstanden?"



"Ja. Ich frage mich nur, ob das alles nicht zu teuer wird."



Ich lächelte. "Ist es dein Geld?"



"Nein."



"Dann lass es mich doch verplempern, wie ich es will."



"Na, gut."



"Wenn's alle ist, können wir uns ja immer noch an die Bahnhofsmission wenden."



"Ach, hör auf!" Sie lachte.



"Ich weiß gar nicht was du hast! Ich habe das schon einmal gemacht!"



"Ja, du."



Es war nur ein paar Minuten später, da las ich in der Zeitung eine Meldung. Keine Schlagzeile, sondern eine kleinen Kurzmeldungen auf der letzten Seite.



Der russische Wissenschaftler Prof. Dr. Jurij Sergejewitsch Snegow ist gestern in Bern bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Ein Personenwagen erfasste den 52jährigen in einer unübersichtlichen Nebenstraße. Der Fahrer ist flüchtig. Nach ihm wird gefahndet. Snegow, der in der ehemaligen Sowjetunion an der Entwicklung von Trägersystemen für Nuklearsprengköpfe gearbeitet hatte, hielt sich zu einem Privatbesuch in der Schweiz auf.















































































10













Auf der ganzen Fahrt nach Wien ging mir der verdammte Russe nicht aus dem Kopf. War dieser Snegow wirklich an einem Unfall gestorben? Es sah so aus. Es konnte aber auch etwas ganz anderes dahinterstecken. Schließlich war es ja auch möglich, dass die Leute, in deren Auftrag der graue Mann mich angeworben hatte, noch eine ganze Reihe weiterer Geheimnisträger der ehemaligen UdSSR auf ihrer Todesliste hatten, um zu verhindern, dass Libyen, der Iran oder wer auch immer eine Art Ex-Sowjet Brain Trust zusammenstellten. Die Gelegenheit war ja schließlich auch ziemlich einmalig. Preise wie im Ausverkauf auf dem Grabbeltisch.



Später, als wir in Wien waren, versuchte ich, etwas über diesen Snegow in anderen Zeitungen zu finden. Tina war schon ganz kribbelig, weil ich einen Stapel Papier am Bahnhof kaufte und dann mit ins Hotel nahm.



"Was willst du damit?"



"Lesen."



"Steht doch überall dasselbe drin!"



"Manchmal nicht."



Am Abend gingen wir aus. Ins Burgtheater. Tina wollte unbedingt dorthin. Irgendein schwieriges Stück wurde da gespielt, deshalb gab es auch noch mehr als genug freie Plätze. Ich sah auf mein Programm. Glückliche Tage von Beckett. Eine Frau sitzt in einem Sandhaufen und redet und redet und redet, während ihr Mann sich irgendwo auf der Bühne herumflezt und ab und zu mal eine knappe Erwiderung hervorgrunzt. Hinterher gingen wir noch essen.



Als wir ins Hotel zurückkamen, war Tina ziemlich müde und fiel wie ein Stein ins Bett.



Ich blätterte noch die Zeitungen durch. Eine nach der anderen durchforstete ich nach dem Namen Snegow. Ich fand ihn nicht. Nur im Kurier stand eine kleine Meldung, aber ohne Namensnennung. Es war einfach nur von einem russischen Wissenschaftler die Rede.



Schlauer war ich jetzt auch nicht.



Ich sah zu Tina hinüber.



Sie schlief schon richtig tief und fest. Eigentlich war ich müde, aber ich hatte das Gefühl, jetzt unmöglich schlafen zu können. Da war einfach zu viel, was sich mir im Kopf herumdrehte.



Ich stand auf, öffnete die Hebetür und trat auf den kleinen Balkon hinaus, der zu unserem Zimmer gehörte. Es war eine laue Nacht. Eine der ersten lauen Nächte dieses Jahres.



Unser