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Buch lesen: «Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Elfter Band: enthaltend Kapitel 21 und 22.», Seite 20

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Schritte gegen Monmouth

Sobald die Bill zum dritten Male gelesen war, wurde die Aufmerksamkeit der Peers auf einen Gegenstand gelenkt, der die Ehre ihres Standes nahe berührte. Lady Marie Fenwick war begreiflicherweise über das Benehmen Monmouth’s höchlich entrüstet. Er war, nachdem er den ernsten Willen geäußert, ihren Gatten zu retten, plötzlich zurückgetreten und der unbarmherzigste Verfolger ihres Gatten geworden, und dies Alles lediglich deshalb, weil der unglückliche Gefangene sich nicht als Werkzeug zur Vollführung eines phantastischen Unheilplanes hatte gebrauchen lassen wollen. Sie war wohl zu entschuldigen, wenn sie dachte, daß Rache süß sein müsse. In ihrer Wuth zeigte sie ihrem Vetter, dem Earl von Carlisle, die Papiere, die sie von der Herzogin von Norfolk erhalten hatte. Carlisle brachte die Angelegenheit vor die Lords. Die Papiere wurden vorgelegt. Lady Mary erklärte, daß sie sie von der Herzogin erhalten, die Herzogin erklärte, daß sie sie von Monmouth erhalten habe, und Elisabeth Lawson bestätigte die Aussage ihrer beiden Freundinnen. Alle bitteren Dinge, die der kecke Earl über Wilhelm gesagt hatte, wurden wiederholt. Die Wuth der beiden großen Parteien brach mit unbändiger Heftigkeit aus. Die Whigs waren durch die Entdeckung erbittert, daß Monmouth im Geheimen darauf hingearbeitet hatte, zwei hochstehende Männer, mit deren Ruf der Ruf der ganzen Partei verknüpft war, in Schande und Verderben zu stürzen. Die Tories beschuldigten ihn, heimtückisch und grausam gegen den Gefangenen und dessen Gemahlin gehandelt zu haben. Unter den Whigs sowohl wie unter den Tories hatte sich Monmouth durch seine Spötteleien und Invectiven zahlreiche persönliche Feinde gemacht, welche die Furcht vor seinem scharfen Witze und seinem Degen bisher in Schach gehalten hatte.214 Alle diese Feinde erhoben jetzt die Stimme gegen ihn. Man war sehr neugierig, was er zu seiner Vertheidigung würde sagen können. Seine Beredtsamkeit, schrieb der Correspondent der Generalstaaten, habe schon oft Anderen geschadet; jetzt werde er sie aber in vollem Maße brauchen, um sich selbst zu schützen.215 Seine Beredtsamkeit war in der That mehr für den Angriff als für die Vertheidigung geeignet. Monmouth sprach nahe an drei Stunden verworren und abschweifend, rühmte sich über die Maßen seiner Dienste und Opfer, sagte dem Hause, daß er eine wichtige Rolle bei der Revolution gespielt, daß er in den schlimmen Zeiten vier Reisen nach Holland gemacht, daß er seitdem hohe Aemter ausgeschlagen, daß er den materiellen Gewinn stets verachtet habe. „Ich habe,” sagte er, sich bedeutungsvoll zu Nottingham wendend, „keine große Herrschaft gekauft, ich habe keinen Palast gebaut, ich bin um zwanzigtausend Pfund ärmer als zu der Zeit meines Eintritts in das öffentliche Leben. Mein altes Erbschloß droht mir über dem Kopfe einzustürzen. Kann irgend Jemand, der sich erinnert, was ich für Se. Majestät gethan und gelitten habe, glauben, daß ich unehrerbietig von ihm sprechen würde?” Er erklärte feierlich – und dies war die schwerste von den vielen schweren Sünden seines langen und bewegten Lebens, – daß er mit den Papieren, welche so großes Aergerniß erregt, nichts zu thun habe. Die Papisten, sagte er, haßten ihn, sie hätten sich vorgenommen, ihn zu verderben, seine undankbare Cousine habe sich zu ihrem Werkzeuge hergegeben und habe seine eifrigen Bemühungen, ihre Ehre zu wahren, damit vergolten, daß sie es versucht habe, die seinige zu untergraben. Als er geendet hatte, trat ein lange anhaltendes Stillschweigen ein. Er fragte, ob Ihre Lordschaften wünschten, daß er sich entferne. Jetzt ergriff Leeds, für dessen treuen Freund er sich einst erklärt, den er aber mit characteristischer Unbeständigkeit verlassen und mit characteristischer Rücksichtslosigkeit angegriffen hatte, die Gelegenheit, sich zu rächen. „Es ist ganz unnöthig,” sagte der schlaue alte Staatsmann, „daß der edle Earl sich jetzt entfernt. Die Frage, die wir für jetzt zu entscheiden haben, ist lediglich die, ob diese Papiere unsren Tadel verdienen oder nicht. Wer sie geschrieben hat, ist eine Frage, die nachher erörtert werden kann.” Es wurde hierauf beantragt und einstimmig beschlossen, daß die Papiere verleumderisch seien und daß der Verfasser derselben sich eines schweren Verbrechens und Vergehens schuldig gemacht habe. Monmouth selbst mußte sich in Folge dieser geschickten Taktik der Verurtheilung seiner eigenen Schriftstücke anschließen.216 Dann ging das Haus zur Inbetrachtnahme der gegen ihn vorliegenden Beschuldigung über. Seine Cousine, die Herzogin, stand zwar nicht im besten Rufe; aber ihre Aussage wurde sowohl durch directes als durch aus den Umständen geschöpftes Zeugniß bestätigt. Ihr Gemahl sagte mit höhnischem Scherze, daß er Allem was sie ausgesagt habe, vollkommenen Glauben schenke. „Mylord Monmouth hielt sie für gut genug, um meine Gattin zu sein, und wenn sie gut genug ist, um meine Gattin zu sein, so bin ich überzeugt, daß sie auch gut genug ist, um gegen ihn zu zeugen.” In einem Hause von nahe an achtzig Peers schienen nur acht bis zehn geneigt, gegen Monmouth einige Nachsicht zu üben. Er wurde der That, an der er unschuldig zu sein auf das Feierlichste betheuert hatte, für schuldig erklärt, in den Tower geschickt und aller seiner Stellen entsetzt, und sein Name aus dem Rathsbuche gestrichen.217 Man hätte denken sollen, daß der Verlust seines Rufes und seines irdischen Glückes unwiederbringlich sein müßte. Aber seine Natur besaß eine unverwüstliche Elasticität. In seinem Gefängnisse war er zwar so unbändig wie ein eben in den Käfig gesperrter Falke, und er würde vor bloßer Ungeduld gestorben sein, wenn er lange in Haft geblieben wäre. Sein einziger Trost war, wilde und romanhafte Pläne zu ersinnen, wie er sich aus seiner unangenehmen Lage befreien und sich an seinen Feinden rächen könne. Als er seine Freiheit wieder erlangte, stand er allein in der Welt, ein entehrter Mann, von den Whigs mehr gehaßt als irgend ein Tory, und von den Tories mehr gehaßt als irgend ein Whig, und zu solcher Armuth reducirt, daß er davon sprach, sich auf das Land zurückzuziehen, wie ein Pächter zu leben und seine Gemahlin in die Milchkammer zu stellen, um Butter und Käse zu machen. Doch selbst nach diesem Sturze erhob sich dieser ruhelose Geist noch einmal und stieg höher als je. Als er das erste Mal wieder vor den Augen der Welt erschien, hatte er den Earltitel des Oberhauptes seiner Familie geerbt, führte nicht mehr den befleckten Namen Monmouth und umgab den Namen Peterborough bald mit neuem Glanze. Er war noch immer lauter Feuer und Leben. Sein schlagender Witz und sein unerschrockner Muth machten ihn gefährlich, einige liebenswürdige Eigenschaften, die mit seinen Lastern auffallend contrastirten, und einige große Thaten, deren Eindruck durch die sorglose Leichtfertigkeit, mit der er sie ausführte, noch erhöht wurde, machten ihn populär und seine Landsleute vergaßen gern, daß ein Held, auf dessen Thaten sie stolz waren und der sich eben so sehr durch Talent und Muth, wie durch Ritterlichkeit und Freigebigkeit auszeichnete, sich zu Streichen erniedrigt hatte, die den Pranger verdienten.

Stellung und Gesinnung Shrewsbury’s

Es ist interessant und lehrreich, das Schicksal Shrewsbury’s mit dem Schicksale Peterborough’s zu vergleichen. Shrewsbury’s Ehre war unbefleckt. Er war von den in Fenwick’s Bekenntniß enthaltenen Anklagen triumphirend freigesprochen worden. Bald darauf wurde er noch triumphirender von einer noch abscheulicheren Anklage freigesprochen. Ein schändlicher Spion, Namens Matthäus Smith, welcher nicht genügend belohnt worden zu sein meinte und sich gern rächen wollte, behauptete, Shrewsbury habe frühzeitig Kenntniß von dem Mordcomplot gehabt, habe aber gethan als wisse er nichts davon, und habe keine Maßregeln ergriffen, um die Verschwörer an der Ausführung ihres Vorhabens zu hindern. Daß dies eine niederträchtige Verleumdung war, kann Niemand bezweifeln, der die Prozeßacten geprüft hat. Der König erklärte, daß er selbst die Unschuld seines Ministers beweisen könne, und die Peers erklärten, nachdem sie Smith vernommen hatten, die Anklage für unbegründet. Shrewsbury war soweit gereinigt, als es in der Macht der Krone und des Parlaments stand, ihn zu reinigen. Er besaß Macht und Reichthum, die Gunst des Königs und die Gunst des Volks. Niemand hatte eine größere Anzahl ergebener Freunde. Er war der Abgott der Whigs, und auch die Tories waren ihm persönlich nicht abgeneigt. Man sollte demnach meinen, daß er sich in einer Lage befand, um die ihn Peterborough wohl beneiden konnte. Aber Glück und Unglück kommen von innen. Peterborough besaß eines von jenen Gemüthern, deren tiefste Wunden heilen, ohne Narben zurückzulassen. Er war öffentlich beschuldigt worden, mit Saint-Germains in Verbindung zu stehen, und obwohl König, Lords und Gemeine ihn für unschuldig erklärt hatten, sagte ihn doch sein Gewissen, daß er schuldig sei. Die Lobsprüche, die er nicht verdient zu haben sich bewußt war, klangen ihm wie Vorwürfe. Er erlangte seinen verlornen Seelenfrieden nie wieder. Er trat aus dem Amte; aber eine quälende Erinnerung begleitete ihn in die Zurückgezogenheit. Er verließ England; aber eine quälende Erinnerung begleitete ihn über die Alpen und Apenninen. An einem denkwürdigen, für sein Vaterland folgenschweren Tage trat er jedoch nach einer Reihe unthätiger und ruhmloser Tage noch einmal als der Shrewsbury von 1688 hervor. Es giebt kaum etwas Schwermüthigeres in der Geschichte als dieser späte und vereinzelte Lichtstrahl, der das Ende eines Lebens beleuchtet, das so glänzend begonnen und das frühzeitig hoffnungslos getrübt und verdüstert worden war.

Die Verurtheilungsbill angenommen

An dem Tage, an welchem die Lords die Verurtheilungsbill annahmen, vertagten sie sich für die Dauer der Weihnachtsfeiertage. Das Schicksal Fenwick’s blieb daher über vierzehn Tage ungewiß. Während dieser Zeit wurden Fluchtpläne entworfen, und man hielt es für nöthig, Newgate mit einer starken Militärwache zu umgeben.218 Einige Jakobiten kannten Wilhelm so wenig, daß sie anonyme Briefe an ihn schrieben, worin sie ihm mit Erschießen oder Erstechen drohten, wenn er dem Gefangenen ein Haar zu krümmen wagte.219 Am Morgen des 11. Januars genehmigte er die Bill. Zu gleicher Zeit genehmigte er auch eine Bill, welche die Regierung ermächtigte, Bernardi und einige andere Verschwörer ein Jahr lang in Haft zu halten. Am Abend dieses Tages bildete ein höchst trauriges Ereigniß in London das Stadtgespräch. Die Gräfin von Aylesbury hatte mit ängstlicher Spannung die Untersuchung gegen Sir John verfolgt. Ihr Gemahl war eben so tief wie Sir John in hochverrätherische Pläne verwickelt gewesen, war, wie Sir John, in Haft, und hatte, wie Sir John, Theil an Goodman’s Flucht genommen. Mit Schrecken hatte sie erfahren, daß es ein Mittel gab, um ein Verbrechen, das außer dem Bereiche des ordentlichen Rechtsweges lag, zu bestrafen. Ihre Angst hatte mit jedem Stadium der Verurtheilungsbill zugenommen. An dem Tage, an welchem die königliche Genehmigung ertheilt werden sollte, wurde ihre Aufregung so groß, daß ihre Constitution sie nicht mehr zu ertragen vermochte. Als sie den Donner der Kanonen vernahm, welche verkündeten, daß der König sich nach Westminster begab, fiel sie in Ohnmacht und starb nach wenigen Stunden.220

Versuche, Fenwick zu retten

Selbst nachdem die Bill zum Gesetz erhoben war, wurden noch immer energische Anstrengungen zur Rettung Fenwick’s gemacht. Seine Gattin fiel Wilhelm zu Füßen und überreichte ihm ein Gnadengesuch. Er nahm das Gesuch an und sagte sehr freundlich, es solle erwogen werden, die Sache aber sei von öffentlicher Wichtigkeit und er müsse daher erst mit seinen Ministern zu Rathe gehen, bevor er sich entscheiden könne.221 Sie wendete sich nun an die Lords und sagte ihnen, daß ihr Gatte seine Verurtheilung nicht erwartet habe, daß er nicht Zeit gehabt, sich auf den Tod vorzubereiten, daß er während seiner langen Haft noch keinen Geistlichen bei sich gesehen habe. Sie ließen sich leicht bewegen, um eine Woche Aufschub für ihn nachzusuchen. Die Frist wurde bewilligt, aber achtundvierzig Stunden vor Ablauf derselben überreichte Lady Mary den Lords eine zweite Petition, worin sie sie bat, sich beim Könige dahin zu verwenden, daß die Strafe ihres Gatten in Verbannung verwandelt werden möchte. Das Haus war überrascht von dem Ansinnen und ein Antrag auf Vertagung der Sache wurde mit Mühe mit zwei Stimmen durchgebracht.222 Am folgenden Tage, dem letzten, den Fenwick noch zu leben haben sollte, wurde eine ähnliche Petition den Gemeinen überreicht. Aber die Whighäupter waren auf ihrer Hut; das Haus war gefüllt, und ein Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung wurde mit hundertzweiundfunfzig gegen hundertsieben Stimmen angenommen.223 Eigentlich konnte auch keiner der beiden Zweige der Legislatur, ohne sich selbst zu verurtheilen, Wilhelm ersuchen, Fenwick’s Leben zu schonen. Geschworne, die in Ausübung einer schmerzlichen Pflicht einen Angeklagten für schuldig erklärt haben, können ihn ohne die mindeste Inconsequenz der Gnade der Krone empfehlen. Aber die Parlamentshäuser hätten die Verurtheilungsbill nicht annehmen dürfen, wenn sie nicht überzeugt waren, nicht nur daß Sir John ein Hochverräther war, sondern auch daß er nicht ohne ernstliche Gefahr für den Staat am Leben gelassen werden konnte. Er konnte nicht zu gleicher Zeit ein geeigneter Gegenstand für eine solche Bill und ein geeigneter Gegenstand für die königliche Gnade sein.

Fenwick’s Hinrichtung

Am 28. Januar fand die Hinrichtung statt. Aus Artigkeit gegen die vornehmen Familien, mit denen Fenwick verwandt war, wurde Befehl gegeben, daß das Ceremoniell in jeder Hinsicht das Nämliche sein sollte, wie bei der Hinrichtung eines Peers des Reichs. Ein schwarz behangenes Schaffot war auf Towerhill errichtet, und der Gefangene wurde von Newgate in der Equipage seines Vetters, des Earls von Carlisle, die von einer Abtheilung Leibgarden umgeben war, auf den Richtplatz gebracht. Obgleich der Tag kalt und stürmisch war, hatte sich doch eine ungeheure Zuschauermenge eingefunden; aber es fand keine Störung statt, und nichts verrieth, daß das Volk mit dem Verbrecher sympathisirt hätte. Er benahm sich mit einer Standhaftigkeit, die man nicht von ihm erwartet hatte. Festen Schrittes bestieg er das Schaffot, verbeugte sich artig vor den darauf versammelten Personen, sprach aber mit Niemandem als mit White, dem abgesetzten Bischofe von Peterborough. White betete ungefähr eine halbe Stunde mit ihm. In dem Gebete wurde der König dem göttlichen Schutze empfohlen, aber kein Name genannt, der hätte Anstoß geben können. Fenwick übergab hierauf den Sheriffs ein versiegeltes Papier, nahm Abschied von dem Bischofe, kniete nieder, legte den Kopf auf den Block und rief aus: „Herr Jesus, empfange meine Seele.” Ein einziger Schlag trennte sein Haupt vom Rumpfe. Seine irdischen Reste wurden in einen prachtvollen Sarg gelegt und noch in derselben Nacht bei Fackelschein unter den Steinplatten der Martinskirche beigesetzt. Seitdem hat in England Niemand wieder kraft einer Verurtheilungsacte die Todesstrafe erlitten.224

Bill zur Regulirung der Wahlen

Inzwischen war eine wichtige Frage, über welche die öffentliche Stimmung sehr aufgeregt war, discutirt worden. Sobald das Parlament zusammengetreten war, wurde eine Bill zur Regulirung der Wahlen, die sich im Wesentlichen wenig von der Bill unterschied, der der König in der vorhergehenden Session seine Genehmigung versagt hatte, im Hause der Gemeinen eingebracht, von den Landgentlemen freudig willkommen geheißen und rasch durch alle Stadien gebracht. Bei der Berichterstattung wurde beantragt, daß fünftausend Pfund persönliches Vermögen eine genügende Qualification für den Vertreter einer Stadt oder eines Burgfleckens sein sollten. Doch dieses Amendement wurde verworfen. Bei der dritten Lesung wurde ein Zusatz beigefügt, der einem Kaufmanne, welcher fünftausend Pfund besaß, gestattete, seinen Wohnplatz zu vertreten; aber es war zugleich bestimmt, daß Niemand als Kaufmann betrachtet werden sollte, weil er Actien der Bank oder der Ostindischen Compagnie besaß. Der Kampf war heiß. Cowper zeichnete sich unter den Gegnern der Bill aus. Seine sarkastischen Bemerkungen über die jagenden Bauern, welche die ganze Gesetzgebung in ihren Händen behalten wollten, veranlaßte einige heftige bäuerische Gegenhiebe. Ein schlichter Squire, sagte man ihm, könne dem Lande voraussichtlich eben so gute Dienste leisten, als der zungenfertigste Jurist, der für eine Guinee bereit sei zu beweisen, daß schwarz weiß aussehe. Bei der Abstimmung über die Frage, ob die Bill angenommen werden solle, betrug die Zahl der Jas zweihundert, die der Neins hundertsechzig.225

Die Lords waren zwölf Monate früher einer ähnlichen Bill bereitwillig beigetreten; seitdem aber hatten sie sich die Sache noch einmal überlegt und waren andren Sinnes geworden. Wenn ein Gesetz, das von jedem Mitgliede des Hauses der Gemeinen den Besitz eines Vermögens in Landgrundstücken von einigen hundert Pfund Rentenwerth verlangte, streng hätte durchgeführt werden können, so würde ein solches Gesetz allerdings den Landgentlemen von mäßigem Grundbesitz sehr vortheilhaft, den Großen des Reichs aber keineswegs vortheilhaft gewesen sein. Der Besitzer eines kleinen Gutes würde als Candidat für die Stadt, in deren Nachbarschaft seine Familie seit Jahrhunderten wohnte, aufgetreten sein, ohne die mindeste Besorgniß, daß sich ihm ein Alderman von London entgegenstellen würde, den die Wähler vor dem Tage des Vorschlags nie gesehen hatten und dessen Hauptanspruch auf ihre Gunst in einer mit Banknoten gefüllten Brieftasche bestand. Ein reicher Cavalier aber, der ein Vermögen von zehn- bis zwanzigtausend Pfund jährlicher Einkünfte besaß und über zwei bis drei Burgflecken zu gebieten hatte, würde ferner nicht mehr im Stande gewesen sein, seinen jüngeren Sohn, seinen jüngeren Bruder oder seinen Geschäftsmann ins Parlament zu bringen oder sich den Hosenbandorden oder einen höheren Grad in der Pairie zu verdienen, indem er einem Lord des Schatzes oder einem Generalfiskal einen Sitz verschaffte. Bei dieser Gelegenheit fiel demnach das Interesse der Häupter der Aristokratie, eines Norfolk und Somerset, eines Newcastle und Bedford, eines Pembroke und Dorset, mit dem der reichen Kaufleute der City und der jugendlichen Aspiranten des Temple zusammen und war dem Interesse eines Squires von tausend bis zwölfhundert Pfund Einkünften direct entgegengesetzt. An dem zur zweiten Lesung festgesetzten Tage waren die Lords sehr zahlreich anwesend. Es wurden mehrere Petitionen von Wahlkörpern, denen es hart dünkte, daß der Ausübung des Wahlrechts eine neue Beschränkung auferlegt werden sollte, überreicht und vorgelesen. Nach einer mehrstündigen Debatte wurde die Bill mit zweiundsechzig gegen siebenunddreißig Stimmen verworfen.226 Nur drei Tage später schlug eine von Groll erfüllte zahlreiche Partei unter den Gemeinen vor, die so eben von den Peers verworfene Bill einer Grundsteuerbill anzuhängen. Dieser Antrag würde wahrscheinlich durchgegangen sein, hätte nicht Foley die Obliegenheiten seiner Stellung ein wenig überschritten und unter dem Vorgeben, der Ordnung das Wort zu reden, bewiesen, daß ein derartiges Anhängen in der Geschichte unserer Parlamente ohne Beispiel sei. Als die Frage gestellt wurde, erhoben die Jas ein so lautes Geschrei, daß man glaubte, sie bildeten die Majorität; bei der Abstimmung aber ergab es sich, daß ihre Zahl nur hundertfünfunddreißig betrug, während sich die Neins auf hundertdreiundsechzig beliefen.227

Bill zur Regulirung der Presse

Auch noch andere parlamentarische Verhandlungen dieser Session verdienen Erwähnung. Während die Gemeinen eifrig mit dem großen Werke der Wiederherstellung der Finanzen beschäftigt waren, ereignete sich ein Vorfall, der eine kurze Zeit der jungen Preßfreiheit verderblich zu werden drohte, der sich aber gerade als das Mittel zur Befestigung derselben erwies. Eine von den vielen Zeitungen, welche seit dem Aufhören der Censur gegründet worden, war die Flying Post. Der Herausgeber, John Salisbury, war das Werkzeug einer Gesellschaft von Börsenspekulanten der City, in deren Interesse es zufällig lag, den Cours der Staatspapiere herunterzudrücken. Er veröffentlichte eines Tages einen unwahren und böswilligen Artikel, der offenbar den Zweck hatte, die Schatzkammerscheine zu verdächtigen. Von dem Credit der Schatzkammerscheine hing in diesem Augenblicke die politische Größe und die Handelsblüthe des Reichs ab. Das Haus der Gemeinen war empört, und der Sprecher erließ eine Vorladung an Salisbury. Es wurde ohne Abstimmung beschlossen, daß eine Bill eingebracht werden sollte, die das Veröffentlichen von Neuigkeiten ohne Censur verbot. Achtundvierzig Stunden darauf wurde die Bill schon überreicht und gelesen. Aber die Mitglieder hatten inzwischen Zeit gehabt, sich abzukühlen. Es gab fast Keinen unter ihnen, dessen Aufenthalt auf dem Lande im vergangenen Sommer durch die Londoner Journale nicht angenehmer gemacht worden wäre. So dürftig diese Journale auch Demjenigen erscheinen müssen, der jeden Morgen die Times auf seinem Frühstückstische findet, für die damalige Generation waren sie eine neue und reiche Quelle der Unterhaltung. Kein Gentleman von Devonshire oder Yorkshire, mochte er ein Whig oder ein Tory sein, konnte den Gedanken ertragen, wieder sieben Monate des Jahres hindurch in Bezug auf Alles was in der Welt vorging auf die Neuigkeitsbriefe beschränkt zu sein. Wäre die Bill angenommen worden, so hätten die Blätter, welche jetzt zweimal die Woche auf jedem Landsitze des Königreichs so ungeduldig erwartet wurden, nichts weiter enthalten, als was der Staatssekretär publik werden zu lassen für gut fand; sie wären factisch lauter London Gazettes gewesen, und der eifrigste Leser der London Gazette wäre über die wichtigsten Ereignisse seiner Zeit in Unkenntniß geblieben. Ein paar Stimmen erhoben sich jedoch auch zu Gunsten der Censur. „Diese Blätter,” sagten sie, „sind oft schädlichen Inhalts.” – „Warum werden sie dann nicht gerichtlich verfolgt?” war die Antwort. „Hat der Generalfiskal jemals gegen eines von ihnen eine Klage angestellt? Und ist es nicht absurd, von uns zu verlangen, daß wir ein neues Abhülfsmittel durch ein Gesetz schaffen sollen, während das Abhülfsmittel, welches das Landrecht darbietet, noch nie versucht worden ist?” Bei der Abstimmung über die Frage, ob die Bill zum zweiten Male gelesen werden sollte, beliefen sich die Jas auf nur sechzehn, die Neins auf zweihundert.228

214.Dohna, der Monmouth genau kannte, schildert ihn folgendermaßen: „Il avoit de l’esprit infiniment, et même du plus agréable; mais il y avoit un peu trop de haut et de bas dans son fait. Il ne savoit ce que c’étoit que de ménager les gens; et il turlupinoit à l’outrance ceux qui ne lui plaisoient pas.”
215.L’Hermitage, 12. (22.) Jan. 1697.
216.Lords’ Journals, Jan. 9. 1696/97; Vernon an Shrewsbury von dem nämlichen Datum; L’Hermitage, 12. (22.) Jan.
217.Lords’ Journals, Jan. 15. 1696/97; Vernon an Shrewsbury von dem nämlichen Datum; L’Hermitage desgleichen.
218.Postman vom 29. und 31. Dec. 1696.
219.L’Hermitage, 12. (22.) Jan. 1697.
220.Van Cleverskirke, 12. (22.) Jan. 1697; L’Hermitage, 15. (25.) Jan.
221.L’Hermitage, 15. (25.) Jan. 1697.
222.Lords’ Journals, Jan. 22, 26. 1696/97; Vernon an Shrewsbury, 26. Jan.
223.Commons’ Journals, Jan. 27. 1696/97. Die Eintragung in die Protokolle, welche leicht der Beachtung entgehen könnte, wird durch einen Brief L’Hermitage’s vom 29. Jan. (8. Febr.) erläutert.
224.L’Hermitage, 29. Jan. (8. Febr.) 1697; London Gazette vom 1. Febr.; Gazette de Paris; Vernon an Shrewsbury, 28. Jan.; Burnet II. 193.
225.Commons’ Journals, Dec. 19; Vernon an Shrewsbury; 28. Nov. 1696.
226.Lords’ Journals, Jan. 23. 1696/97; Vernon an Shrewsbury, 23. Jan.; L’Hermitage, 26. Jan. (5. Febr.).
227.Commons’ Journals, Jan. 26, 1696, 97. Vernon an Shrewsbury und Van Cleverskirke an die Generalstaaten von dem nämlichen Datum. Es ist merkwürdig, daß der König und die Lords einen der fünf Punkte der Volkscharte so nachdrücklich gegen die Gemeinen vertheidigten.
228.Commons’ Journals, April 1. 3. 1697; Narcissus Luttrell’s Diary; L’Hermitage, 2. (12.), 6. (16.) April. L’Hermitage sagt: „La plupart des membres, lorsqu’ils sont à la campagne, estant bien aises d’estre informez par plus d’un endroit de ce qui se passe, et s’imaginant que la Gazette qui se fait sous la direction d’un des Sécrétaires d’Etat, ne contiendroit pas autant de choses que fait celle-cy, ne sont par fâchez que d’autres les instruisent.” Die Zahlen bei der Abstimmung entnehme ich L’Hermitage. Sie finden sich nicht in den Protokollen. Diese wurden allerdings damals nicht so sorgfältig geführt als jetzt.