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Buch lesen: «Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Elfter Band: enthaltend Kapitel 21 und 22.», Seite 15

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Anstrengungen um dem Geldmangel abzuhelfen

Inzwischen wurden energische Anstrengungen gemacht, um die Umprägung zu beschleunigen. Seit der Restauration war die Münze, wie alle anderen öffentlichen Anstalten im ganzen Lande, ein Nest von Müßiggängern und Arbeitsmaschinen gewesen. Der wichtige Posten des Münzmeisters, der zwischen sechs- und siebenhundert Pfund jährlich eintrug, war eine bloße Sinekure geworden und mit einer Reihe eleganter Gentlemen besetzt gewesen, die am Hazardspieltische zu Whitehall wohl bekannt waren, die sich aber nie herabließen, dem Tower zu nahe zu kommen. Dieser Posten war eben vakant geworden und Montague hatte ihn für Newton erlangt.155 Die Geschäftstüchtigkeit, der Fleiß und die strenge Rechtschaffenheit des großen Philosophen bewirkten bald eine vollständige Revolution in dem seiner Leitung anvertrauten Departement.156 Er widmete sich seiner Aufgabe mit einer Thätigkeit, die ihm keine Zeit zu den Studien übrig ließ, in denen er Archimedes und Galilei übertroffen hat. Bis das große Werk vollendet war, widerstand er mit Festigkeit und fast mit Unmuth jedem Versuche, den Männer der Wissenschaft sowohl im Inlande als auf dem Continente machten, ihn von seinen Amtspflichten abzuziehen.157 Die bisherigen Beamten der Münze hatten es für wunder etwas Großes gehalten, wenn in einer Woche funfzehntausend Pfund Sterling Silbergeld geprägt wurden. Als Montague von dreißig- bis vierzigtausend sprach, erklärten diese Männer der Form und des Hergebrachten die Sache für unausführbar. Aber die Energie des jungen Kanzlers der Schatzkammer und seines Freundes, des Münzwardeins, bewirkte noch viel größere Wunder. Bald gingen neunzehn Prägewerke zu gleicher Zeit im Tower. So schnell als in London Leute zu der Arbeit angelernt werden konnten, wurden Gruppen derselben nach anderen Theilen des Landes geschickt. In Bristol, York, Exeter, Norwich und Chester wurden Münzen errichtet. Diese Maßregel war im höchsten Grade populär. Die Maschinen und Arbeiter wurden an den neuen Bestimmungsorten mit Glockengeläute und Kanonensalven empfangen. Die wöchentliche Emission stieg auf sechzigtausend, auf achtzigtausend, auf hunderttausend und endlich auf hundertzwanzigtausend.158 Doch selbst diese Emission, die nicht nur alle bisherigen Emissionen, sondern auch alle Erwartungen übertraf, war unbedeutend im Vergleich zu dem Bedarf der Nation. Auch kam nicht alles neugeprägte Silber in den Verkehr, denn während des Sommers und Herbstes waren diejenigen Politiker, welche eine Erhöhung des Nominalwerthes der Münzen wünschten, thätig und laut und man erwartete allgemein, daß sogleich nach dem Wiederzusammentritt des Parlaments der Münzfuß herabgesetzt werden würde. Natürlich wollte Niemand, der es für wahrscheinlich hielt, daß er in nicht ferner Zeit eine Schuld von einem Pfund Sterling mit drei Kronenstücken anstatt mit vier werde bezahlen können, bis zu dieser Zeit ein Kronenstück ausgeben, das meiste gemünzte Geld wurde daher zurückgelegt.159 Die Monate Mai, Juni und Juli vergingen ohne eine merkliche Zunahme in der Quantität des guten Geldes. Erst im August konnte ein aufmerksamer Beobachter die ersten schwachen Anzeichen des wiederkehrenden Wohlstandes erkennen.160

Noth des Volks; seine Stimmung und sein Verhalten

Die Noth der unteren Volksklassen war groß und wurde noch vermehrt durch die Thorheiten der Magistratsbeamten und durch die Kunstgriffe der Mißvergnügten. Ein Squire, der zu dem Quorum gehörte, hielt es zuweilen für seine Schuldigkeit, in dieser schweren Prüfungszeit gegen seine Nachbarn die Billigkeit vorwalten zu lassen; da aber nicht zwei von diesen ländlichen Prätoren genau dieselben Begriffe von der Billigkeit hatten, so wurde durch ihre Edicte die Verwirrung immer ärger. In dem einen Kirchspiele wurde den Leuten, in offenem Widerspruch mit dem Gesetz, Gefängnißstrafe angedroht, wenn sie sich weigerten, beschnittene Schillinge in Zahlung anzunehmen. Im nächsten Kirchspiel war es gefährlich, solche Schillinge anders als nach dem Gewicht auszugeben.161 Die Feinde der Regierung waren zu gleicher Zeit in ihrem Berufe unermüdlich thätig. Sie haranguirten an allen öffentlichen Orten, vom Chokoladenhause in Saint-James Street bis zu der mit Sand bestreuten Küche der Dorfschenke. In Versen und in Prosa stachelten sie die leidende Menge zur bewaffneten Erhebung auf. Von den Schriften, welche sie damals erscheinen ließen, war die bemerkenswertheste von einem abgesetzten Priester, Namens Grascombe, geschrieben, dessen Heftigkeit und Gemeinheit sich die achtungswertheren Eidverweigerer schon längst schämten. Er that jetzt sein Möglichstes, um den Pöbel zu überzeugen, daß diejenigen Parlamentsmitglieder, welche für die Wiederherstellung der Valuta gestimmt hatten, in Stücken zerrissen werden müßten.162 Es wäre zuviel gesagt, wollte man behaupten, daß das böswillige Treiben dieses Mannes und Anderer seines Gelichters auf eine Bevölkerung, die ohne Widerrede schwer geprüft wurde, keinen Eindruck gemacht habe. Es fanden in verschiedenen Gegenden des Landes Unruhen statt, die aber mit leichter Mühe und, soweit es sich ermitteln läßt, ohne einen Tropfen Blut zu vergießen, unterdrückt wurden.163 An einem Orte belagerte ein Haufen armer unwissender Geschöpfe, durch einen nichtswürdigen Agitator angereizt, das Haus eines whiggistischen Parlamentsmitgliedes und verlangte lärmend die Umwechselung ihres zu leichten Geldes. Der Gentleman willigte ein, es ihnen umzutauschen und fragte wieviel sie mitgebracht hätten. Nach einer Weile vermochten sie nicht mehr als eine einzige beschnittene halbe Krone aufzuweisen.164 Tumulte wie dieser wurden in der Entfernung zu Aufständen und Metzeleien vergrößert. In Paris wurde in gedruckten Schriften allen Ernstes versichert, daß in einer englischen Stadt, welche nicht genannt war, ein Soldat und ein Fleischer wegen eines Goldstücks in Streit gerathen seien, daß der Soldat den Fleischer getödtet, daß der Gehülfe des Fleischers hierauf ein Hackmesser ergriffen und den Soldaten erschlagen habe, daß sich ein großer Kampf entsponnen habe und daß funfzig Todte auf dem Platze geblieben seien.165 In der Wirklichkeit aber war das Benehmen der großen Masse des Volks über alles Lob erhaben. Als die Richter im September von ihren Rundreisen zurückkehrten, berichteten sie, daß die Stimmung der Nation vortrefflich sei.166 Sie zeige eine Geduld, eine Einsicht, eine Gutherzigkeit und eine Zuverlässigkeit, die Niemand erwartet habe. Jedermann sehe ein, daß nur gegenseitige Unterstützung und gegenseitige Nachsicht die Gesellschaft vor Auflösung bewahren könne. Auf einen hartherzigen Gläubiger, der streng auf den Tag Bezahlung in klingender Münze verlange, werde mit Fingern gezeigt und er von seinen eigenen Gläubigern mit Forderungen bestürmt, die ihn bald zur Vernunft brächten. Sehr besorgt war man wegen der Truppen gewesen. Es war kaum möglich, sie regelmäßig zu bezahlen; wenn sie nicht regelmäßig bezahlt wurden, mußte man mit gutem Grunde befürchten, daß sie ihren Bedürfnissen durch Raub genügen würden, und solche Räubereien ließ sich die Nation, welche ganz und gar nicht an militärische Erpressung und Tyrannei gewöhnt war, gewiß nicht ruhig gefallen. Merkwürdigerweise herrschte jedoch während dieses prüfungsreichen Jahres ein besseres Einvernehmen zwischen den Soldaten und der übrigen Gesellschaft, als man es je gekannt hatte. Die Gentry, die Landwirthe und die Krämer lieferten den Rothröcken ihre Bedürfnisse in so freundlicher und liberaler Weise, daß es weder Zwistigkeiten noch Marodiren gab. „So schmerzlich diese Calamitäten empfunden worden sind,” schreibt L’Hermitage, „haben sie doch etwas Erfreuliches bewirkt: sie haben gezeigt, wie gut der Geist des Landes ist. Kein Mensch, möge er eine noch so günstige Meinung von den Engländern gehabt haben, hätte erwarten können, daß eine Zeit solcher Noth eine Zeit solcher Ruhe sein würde.”

Männer, welche in dem so außerordentlich verwickelten Labyrinth der menschlichen Dinge die Spuren einer mehr als menschlichen Weisheit zu erkennen meinten, waren der Ansicht, daß ohne die Einmischung einer allgütigen Vorsehung der von großen Staatsmännern und großen Philosophen so mühsam entworfene Plan vollständig und schmachvoll gescheitert sein würde. Oftmals seit der Revolution waren die Engländer mürrisch und streitsüchtig, unvernünftig eifersüchtig auf die Holländer und geneigt gewesen, jeder Handlung des Königs die schlimmste Deutung zu geben. Hätte der 4. Mai unsere Vorfahren in einer solchen Stimmung gefunden, so unterliegt es kaum einem Zweifel, daß der drückende Nothstand, indem er schon gereizte Gemüther noch mehr reizte, einen Ausbruch veranlaßt haben würde, der Wilhelm’s Thron unfehlbar erschüttert, vielleicht sogar umgestürzt hätte. Zum Glück war der König in dem Augenblicke wo die Loyalität der Nation auf die härteste Probe gestellt wurde, populärer als er es seit dem Tage, an welchem ihm im Bankethause die Krone überreicht worden, je gewesen war. Die gegen sein Leben angezettelte Verschwörung hatte allgemeinen Unwillen und Abscheu erweckt. Sein zurückhaltendes Wesen, seine Anhänglichkeit an Ausländer waren vergessen. Er war für sein Volk ein Gegenstand der persönlichen Theilnahme und der persönlichen Zuneigung geworden. Allenthalben strömte es massenhaft herbei, um das Actenstück zu unterzeichnen, das sie verpflichtete, ihn zu vertheidigen und zu rächen. Allenthalben trugen sie Zeichen ihrer Loyalität gegen ihn an den Hüten. Nur schwer war es abzuhalten, den Wenigen, die sein Recht auf den Thron noch offen zu bestreiten wagten, eine summarische Bestrafung zu Theil werden zu lassen. Jakobit war jetzt gleichbedeutend mit Kehlabschneider. Angesehene jakobitische Laien hatten so eben einen schändlichen Mordanschlag gemacht. Angesehene jakobitische Priester hatten ganz unverhohlen und bei der Ausübung eines feierlichen Kirchendienstes ihre Billigung dieses Mordanschlags ausgesprochen. Viele rechtschaffene und fromme Männer, die der Meinung waren, daß ihre Unterthanentreue noch immer Jakob gebühre, hatten entrüstet jede Verbindung mit Zeloten abgebrochen, welche zu glauben schienen, daß ein guter Zweck die schlechtesten Mittel heilige. So war die Gesinnung der Nation während des Sommers und Herbstes 1696, und daher kam es, daß ein drückender Nothstand, der in jedem der vorhergehenden sieben Jahre sicherlich einen Aufstand, vielleicht eine Contrerevolution hervorgerufen haben würde, nicht eine einzige Ruhestörung veranlaßte, welche zu ernst gewesen wäre, um durch den Stab des Constablers unterdrückt werden zu können.

Unterhandlungen mit Frankreich; der Herzog von Savoyen fällt von der Coalition ab

Die Rückwirkung der commerciellen und finanziellen Krisis in England wurde gleichwohl bei allen Flotten und Armeen der Coalition empfunden. Die reiche Quelle der Subsidien war versiegt. Nirgends konnte eine wichtige militärische Operation unternommen werden. Zu gleicher Zeit waren Friedensvorschläge gemacht und Unterhandlungen eröffnet worden. Callieres, einer der geschicktesten von den vielen geschickten Gesandten im Dienste Frankreich’s, war nach den Niederlanden gesandt worden und hatte eine Menge Conferenzen mit Dykvelt gehabt. Diese Conferenzen wären vielleicht zu einem baldigen und befriedigenden Schlusse gelangt, hätte nicht Frankreich um diese Zeit auf einer andren Seite einen großen diplomatischen Sieg errungen. Seit sieben Jahren dachte und laborirte Ludwig vergebens daran, die große Potentatenphalanx zu zerreißen, welche die Furcht vor seiner Macht und seinem Ehrgeize zusammengebracht hatte und zusammenhielt. Aber seit sieben Jahren waren alle seine Kunstgriffe durch Wilhelm’s Geschicklichkeit vereitelt worden, und als der achte Feldzug begann, war die Conföderation noch nicht durch einen einzigen Abfall geschwächt. Bald jedoch begann man zu argwöhnen, daß der Herzog von Savoyen im Geheimen mit dem Feinde unterhandle. Er versicherte Galway, dem Vertreter England’s am Hofe von Turin, feierlich, daß nicht der mindeste Grund zu einem solchen Verdachte vorhanden sei und schrieb Wilhelm Briefe, in denen er seinen Eifer für die gemeinsame Sache betheuerte und dringend um mehr Geld bat. Diese Verstellung dauerte so lange, bis ein französisches Armeecorps unter den Befehlen Catinat’s in Piemont erschien. Jetzt warf der Herzog die Maske ab, schloß Frieden mit Frankreich, vereinigte seine Truppen mit denen Catinat’s, rückte in’s mailändische Gebiet ein und zeigte den Verbündeten, die er eben verlassen hatte, an, daß sie Italien für neutralen Boden erklären müßten, wenn sie ihn nicht zum Feinde haben wollten. Die Höfe von Wien und Madrid unterwarfen sich in großer Angst den von ihm vorgeschriebenen Bedingungen. Wilhelm beschwerte sich und protestirte vergebens; sein Einfluß war nicht mehr das was er gewesen war. Europa war allgemein der Ansicht, daß der Reichthum und Credit England’s völlig erschöpft seien, und seine Verbündeten wie seine Feinde glaubten es ungestraft mit Geringschätzung behandeln zu können. Der spanische Hof, getreu seinem feststehenden Grundsatze, daß Alles für ihn und Nichts durch ihn geschehen müsse, hatte die Frechheit, dem Prinzen, dem er es verdankte, daß er nicht die Niederlande und Catalonien verloren, Vorwürfe zu machen, weil er nicht Truppen und Schiffe zur Vertheidigung der spanischen Besitzungen in Italien gesandt habe. Die kaiserlichen Minister faßten und vollzogen Beschlüsse, welche die Interessen der Coalition sehr ernst berührten, ohne Den zu fragen, der der Schöpfer und die Seele der Coalition gewesen war.167 Ludwig hatte sich nach dem Scheitern des Mordanschlags in die unangenehme Nothwendigkeit gefügt, Wilhelm anzuerkennen, und hatte Callieres ermächtigt, eine Erklärung in diesem Sinne abzugeben. Aber der Abfall Savoyen’s, die Neutralität Italien’s, die Uneinigkeit unter den Verbündeten und vor Allem die Verlegenheiten England’s, die in allen Briefen der Jakobiten in London an die Jakobiten in Saint-Germains noch übertrieben wurden, bewirkten eine Sinnesänderung. Callieres’ Ton wurde hochmüthig und anmaßend, er nahm sein Wort zurück und verweigerte jede Zusage, daß sein Gebieter den Prinzen von Oranien als König von Großbritannien anerkennen würde. Die Freude der Eidverweigerer war groß. Sie seien stets überzeugt gewesen, sagten sie, daß der große Monarch seines eignen Ruhmes und des gemeinsamen Interesses der Souveraine nicht so uneingedenk sein würde, daß er die Sache seiner unglücklichen Gäste aufgeben und einen Usurpator seinen Bruder nennen könnte. Sie wüßten aus sicherster Quelle, daß Se. Allerchristlichste Majestät vor kurzem in Fontainebleau dem Könige Jakob befriedigende Zusicherungen in dieser Hinsicht gegeben habe. Es ist in der That Grund zu dem Glauben vorhanden, daß der Plan einer Invasion unsrer Insel von neuem in Versailles ernsthaft erwogen wurde.168 Catinat’s Armee war jetzt frei. Frankreich, das von Seiten Savoyen’s nichts mehr zu fürchten hatte, konnte zwanzigtausend Mann zu einer Landung in England entbehren, und wenn die Noth und Unzufriedenheit bei uns wirklich so groß war, als es allgemein hieß, so konnte die Nation wohl geneigt sein, fremde Befreier mit offenen Armen zu empfangen.

So trübe waren Wilhelm’s Aussichten, als er im Herbst 1696 sein Lager in den Niederlanden mit England vertauschte. Seine englischen Diener sahen inzwischen seiner Ankunft mit sehr lebhaften und sehr verschiedenen Gefühlen entgegen. Die ganze politische Welt war durch eine Ursache in heftige Aufregung versetzt worden, die auf den ersten Anblick einer solchen Wirkung nicht zu entsprechen schien.

Nachforschungen nach jakobitischen Verschwörern in England; Sir Johann Fenwick

Während seiner Abwesenheit waren die Nachforschungen nach Jakobiten, welche bei den Comploten vom vergangenen Winter betheiligt gewesen waren, nicht eingestellt worden, und von diesen Jakobiten war keiner in größerer Gefahr als Sir Johann Fenwick. Seine Geburt, seine Connectionen, die hohe Stellung, die er eingenommen, die unermüdliche Thätigkeit, mit der er mehrere Jahre lang auf den Umsturz der Regierung hingearbeitet, und die persönliche Rohheit, mit der er die verstorbene Königin behandelt hatte, bezeichnete ihn als eine geeignete Persönlichkeit für ein zu statuirendes Exempel. Es gelang ihm jedoch, sich den Dienern der Gerechtigkeit zu entziehen, bis die erste Hitze der Verfolgung vorüber war. In seinem Versteck sann er auf eine List, durch die er dem Schicksale seiner Freunde Charnock und Parkyns entgehen zu können meinte. Es bedurfte zweier Zeugen, um ihn zu überführen. Aus dem Gange der Prozesse seiner beiden Complicen schien ihm klar hervorzugehen, daß es nur zwei Zeugen gebe, die seine Schuld beweisen könnten: Porter und Goodman. Sein Kopf war gerettet, wenn einer von diesen beiden Männern überredet werden konnte sich zu verbergen.

Fenwick war nicht der Einzige, der gewichtige Gründe hatte zu wünschen, daß Porter und Goodman bewogen werden möchten, England zu verlassen. Aylesbury war verhaftet und im Tower untergebracht worden, und er wußte sehr gut, daß, wenn diese beiden Männer gegen ihn auftraten, sein Kopf in ernster Gefahr sein würde. Seine und Fenwick’s Freunde brachten eine Summe zusammen, die sie für genügend hielten, und zwei Irländer oder, wie die damaligen Zeitungen sich ausdrückten, Sumpftraber (bogtrotter), ein Barbier, Namens Clancy, und ein verabschiedeter Hauptmann, Namens Donelagh, übernahmen das Werk der Bestechung.

Der erste Versuch wurde bei Porter gemacht. Clancy richtete es so ein, daß er in einem Wirthshause mit ihm zusammentraf, ließ bedeutungsvolle Winke fallen, und da er sah, daß diese Winke günstig aufgenommen wurden, eröffnete er eine ordentliche Unterhandlung. Die offerirten Bedingungen waren lockend: dreihundert Guineen sogleich, weitere dreihundert, sobald der Zeuge über dem Wasser war, eine anständige Leibrente, eine unbedingte Amnestie von König Jakob und einen sichern Aufenthalt in Frankreich. Porter schien geneigt einzuwilligen, und er war es vielleicht wirklich. Er sagte er sei noch immer Derselbe, der er gewesen, im Herzen ein treuer Anhänger der guten Sache; aber er sei über seine Kräfte geprüft worden. Das Leben sei schön. Leute, die nie in Gefahr gewesen seien, könnten leicht sagen, daß nur ein Schurke sich dadurch rette, daß er seine Genossen an den Galgen brächte; ein paar Stunden in Newgate mit der nahen Aussicht auf eine Schleifpartie nach Tyburn würden diese Großsprecher wohl lehren, milder zu urtheilen. Nach wiederholten Besprechungen mit Clancy wurde Porter der Gattin Lord Fenwick’s, Lady Marie, einer Schwester des Earls von Carlisle, vorgestellt, und bald war Alles geordnet. Donelagh traf die Vorkehrungen zur Flucht. Es wurde ein Boot in Bereitschaft gehalten und Fenwick schrieb die Briefe, welche dem Flüchtlinge den Schutz König Jakob’s sichern sollten. Zeit und Ort waren festgesetzt, wo er die erste Rate der versprochenen Belohnung in Empfang nehmen sollte. Aber sein Muth verließ ihn. Er war in der That so weit gegangen, daß es Wahnsinn von ihm gewesen wäre, wieder umzukehren. Er hatte Charnock, King, Keyes, Friend, Parkyns, Rookwood und Cranburne an den Galgen gebracht. Einem solchen Judas konnte unmöglich jemals wirklich vergeben werden. In Frankreich, unter den Freunden und Kameraden Derer, die er vernichtet hatte, würde er keinen Tag seines Lebens sicher gewesen sein. Kein Begnadigungsbrief mit dem großen Siegel würde den Streich des Bluträchers abgewendet haben. Ja, wer konnte wissen, ob die ihm verheißene Belohnung nicht ein Köder war, durch den man das Opfer an den Ort locken wollte, wo ein furchtbares Geschick seiner wartete? Porter beschloß, derjenigen Regierung treu zu sein, unter der er allein sicher sein konnte; er zeigte die ganze Intrigue in Whitehall an und empfing ausführliche Instructionen von den Ministern. Am Vorabend des zu seiner Abreise festgesetzten Tages hatte er in einem Wirthshause noch eine Abschiedszusammenkunft mit Clancy. Dreihundert Guineen waren auf dem Tische aufgezählt. Porter nahm sie an sich und gab ein Zeichen. Im nächsten Augenblicke traten mehrere Boten vom Staatssekretariat ins Zimmer und zeigten einen Verhaftsbefehl vor. Der unglückliche Barbier wurde ins Gefängniß abgeführt, wegen seines Vergehens in Untersuchung gezogen, für schuldig erkannt und mit Ausstellung am Pranger bestraft.169

155.Haynes’s Brief Memoires; Lansdowne Mss. 801. Montague’s freundschaftlicher Brief an Newton, worin er diesem seine Ernennung anzeigt, ist mehrmals gedruckt worden. Er trägt das Datum 19. März 1695/96.
156.Ich führe mit großem Vergnügen die Worte Haynes’ an, eines geschickten, erfahrenen und praktischen Mannes, der mit Newton vielfach zu thun hatte. Sie sind meines Wissens nie gedruckt worden. „Mr. Isaak Newton, öffentlicher Professor der Mathematik in Cambridge, der größte Philosoph und einer der besten Menschen dieses Jahrhunderts, war durch einen großen und weisen Staatsmann der Berücksichtigung des vorigen Königs für den Posten eines Oberaufsehers der königlichen Münze und Auswechslungskasse empfohlen worden, wozu er sich wegen seiner außerordentlichen Fertigkeit im Rechnen und wegen seiner großen Rechtschaffenheit ganz vorzüglich eignete, denn mit Hülfe der ersteren übersah er sogleich beim Antritt seines Amts die Rechnungen und den Geschäftsgang der Münze vollständig und die letztere – ich meine seine Rechtschaffenheit – wurde alsbald ein Vorbild zur Nachahmung für alle bei der Münze angestellten Beamten. Gut wäre es für den Staat gewesen, wenn er schon vor einigen Jahren dieses Amt übernommen hätte.” Es ist interessant, dieses Zeugniß eines Mannes, der das Münzwesen gründlich verstand, mit dem kindischen Geschwätz Pope’s zu vergleichen. „Sir Isaak Newton,” sagt Pope, „war zwar ein ausgezeichneter Kenner der Algebra und Differentialrechnung, konnte aber bei alledem keinen gewöhnlichen Rechnungsabschluß machen und pflegte daher, während er Münzmeister war, Jemanden anzunehmen, der ihm die Rechnungen anfertigte.” Einige von den Staatsmännern, mit denen Pope verkehrte, hätten ihm sagen können, daß Leute, die an der Spitze wichtiger Verwaltungszweige stehen, nicht immer aus Unkenntniß der Arithmetik untergeordneten Beamten das Zusammenrechnen von Pfunden, Schillingen und Pence überlassen.
157.„Ich liebe es nicht,” schrieb er an Flamsteed, „bei jeder Gelegenheit meinen Namen gedruckt zu sehen und noch weniger, von Fremden mit mathematischen Gegenständen behelligt und gequält zu werden, und bei unseren Landsleuten in den Verdacht zu kommen, als vertändelte ich meine Zeit mit Jenen, während ich für den König zu thun habe.”
158.Hopton Haynes’s Brief Memoires; Lansdowne Mss. 801.; Old Postmaster vom 4. Juli 1696; Postman vom 30. Mai, 4. Juli, 12., 19. Sept. und 8. Oct.; L’Hermitage’s Depeschen von diesem Sommer und Herbst an verschiedenen Stellen.
159.Gazette de Paris vom 11. August 1696.
160.Am 7. August bemerkte L’Hermitage zum ersten Male, daß das baare Geld reichlicher vorhanden zu sein schien.
161.Vergleiche Edmund Bohun’s Brief an Carey vom 31. Juli 1696 mit der Pariser Gazette von dem nämlichen Tage. Bohun’s Schilderung des Zustandes von Norfolk ist allerdings durch sein von Haus aus mürrisches Temperament und durch das Gefühl mit dem er begreiflicherweise das Haus der Gemeinen betrachtete, verdüstert. Seinen statistischen Angaben ist nicht zu trauen und seine Prophezeiungen erweisen sich als auffallend unrichtig. Seinen Erzählungen einfacher Thatsachen, die in seiner unmittelbaren Nähe vorgingen, kann man Glauben schenken.
162.Ueber Grascombe’s Character und über die Meinung, welche die ehrenwertheren Jakobiten von ihm hatten, sehe man die Lebensgeschichte Kettlewell’s, Bd. III. Section 55. Lee, der Compilator dieses Werks, erwähnt mit wohlverdientem Tadel einige von Grascombe’s Schriften, übergeht aber die schlimmste von allen, den Account of the Proceedings in the House of Commons in Relation to the Recoining of the Clipped Money, and Falling the price of Guineas, mit Stillschweigen. Daß Grascombe der Verfasser war, wurde vor einem Ausschusse der Gemeinen bewiesen. Siehe die Protokolle vom 30. Nov. 1696.
163.L’Hermitage, 12. (22.) Juni, 7. (17.) Juli 1696.
164.Siehe die Antwort gegen Grascombe, betitelt: Reflections on a Scandalous Libel.
165.Gazette de Paris vom 15. Sept. 1696.
166.L’Hermitage, 2. (12.) Oct. 1696.
167.Die Monthly Mercuries; Correspondenz zwischen Shrewsbury und Galway; Wilhelm an Heinsius, 23., 30. Juli 1696; Denkschrift des Marquis von Leganes.
168.Wilhelm an Heinsius, 27. Aug. (6. Sept.), 15. (25.) und 17. (27.) Nov. 1696; Prior an Lexington, 17. (27.) Nov.; Villiers an Shrewsbury, 13. (23.) Nov.
169.Meine Darstellung des Versuchs, Porter zu bestechen, ist seinem Verhör im Hause der Gemeinen am 16. Nov. 1696 und folgenden Quellen entnommen: Burnet II. 183; L’Hermitage an die Generalstaaten, 8. (18.), 12. (22.) Mai 1696; Postboy vom 9. Mai; Postman vom 9. Mai; N. Luttrell; London Gazette vom 19. Oct. 1696.