Buch lesen: «Spitzenleistungen in der Steuerberatung», Seite 5

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dd) Etappe 4 – intersubjektive Perspektive anhand getroffener Entscheidungen

70Am Ende der Werte-Expedition steht die Überprüfung der bisherigen Ergebnisse. Bekanntlich stimmen Selbstbild und Fremdbild oft nicht überein. Und oft ist das Fremdbild treffender. Stellen Sie deshalb einem Menschen, der Sie sehr gut und lange kennt, die folgenden Fragen:

„Anhand welcher Werte – glaubst Du – treffe ich meine Entscheidungen? An welchen Werten – glaubst Du – orientiere ich meine Handlungen?”

Ihr Lebenspartner, Ihr Kanzleipartner, ein sehr guter Freund, ein langjähriger Mitarbeiter oder eben jede Ihnen sehr vertraute Person kann gut einschätzen, für welche Werte Sie stehen. Erklären Sie ihm die Bedeutung der Fragen, fordern Sie ihn zu Offenheit auf und hören Sie dann einfach zu. Ohne sich zu rechtfertigen. Deckt sich diese Einschätzung in weiten Teilen mit den Ergebnissen der ersten drei Etappen der Werte-Expedition, dann spricht sehr viel dafür, dass Sie Ihre fundamentalen Wertehaltungen entdeckt haben. Sollten deutliche Differenzen vorhanden sein, dann ist es Zeit für eine Analyse: Worin bestehen die Unterschiede? Welche Schlüsse ziehen Sie daraus? Und möglicherweise ist es eine gute Idee, nochmals an den Start zu gehen.

Das Ziel der Expedition ist erreicht, wenn Sie das Gefühl haben, genau jene Werte entdeckt zu haben, für die Sie stehen, die Sie bereits leben und von anderen einfordern. Ideal ist es, wenn Sie Ihren Handlungen drei bis fünf fundamentale Werte unterlegt haben. Weniger als drei bedeuteten eine enorme Einschränkung des Handlungsspektrums und mehr als fünf bergen die Gefahr des Abgleitens in die Beliebigkeit in sich.

71Die Konkretisierung Ihrer Werte erfolgt durch drei Fragen, denen wir im Prozess der Leitbilderstellung immer wieder begegnen werden:


Was verstehe ich unter ______?


Woran erkennt man ______?


Wie arbeitet ein Unternehmen, das sich ______ auf die Fahnen schreibt?

Beantworten Sie diese Fragen so konkret wie möglich für Ihre fundamentalen Werte. Damit legen Sie einen äußerst soliden Grundstein für ein klares und eindeutiges Kanzleileitbild, das mit Ihren Wertehaltungen übereinstimmt.

b) Der Umweg über die Partnerrunde

72Die „Expedition Wertefindung” hat gezeigt, dass es schwierig genug ist, die individuellen Wertehaltungen eindeutig zu definieren.8) Für Kanzleipartnerschaften, deren Stärke zu einem großen Teil auf den unterschiedlichen persönlichen Eigenschaften der Partner beruht, ist die Festschreibung gemeinsamer Werte eine mehr oder weniger große Herausforderung. Ich betone „mehr oder weniger”, da diese Frage wesentlich vom Wachstumsprozess der Partnerschaft abhängt. Wurde bereits bei der Gründung der Partnerschaft bzw. bei jedem Neueintritt eines Partners die Wertehaltung offen angesprochen, so findet sich meist schnell ein Grundkonsens. Ist dies nicht geschehen, so tickt in der Kanzlei eine Zeitbombe, denn eine aufgeschobene Wertediskussion hat eine nicht zu unterschätzende Sprengkraft.

73Um sich in einer Kanzleipartnerschaft möglichst frühzeitig auf gemeinsame Werte zu verständigen, sollte zunächst jeder Partner die bereits beschriebenen vier Etappen der Werte-Expedition9) für sich allein durchführen. Danach ist eine ausführliche Auseinandersetzung innerhalb der Partnerrunde über die Wertehaltungen der einzelnen Partner ein Muss. Allein der Austausch der Ergebnisse bringt für die Partnerschaft einen hohen Erkenntniswert. Sind die Werte deckungsgleich bzw. ähnlich? Gibt es Abweichungen? Wie gravierend sind diese? Auf welche Werte können Sie sich einigen? Sie und Ihre Partner müssen sich die drei bereits genannten Fragen zur Feststellung eines werteorientierten Kanzleileitbildes stellen:


Was verstehen wir unter ______?


Woran erkennt man ______?


Wie arbeitet ein Unternehmen, das sich ______ auf die Fahnen schreibt?

Die Diskussion im Partnerkreis soll sicherstellen, dass die Wertehaltungen nicht nur begrifflich (Beispiel: Fairness), sondern auch inhaltlich miteinander korrespondieren (Was ist darunter im Einzelnen zu verstehen?), um ein abgestimmtes Handeln aller Partner zu ermöglichen.

74Was aber ist zu tun, wenn Partner feststellen, dass ihre Wertehaltungen voneinander abweichen? Im Wesentlichen gibt es in einer derartigen Situation vier Möglichkeiten:


Erstens, die Partner versuchen, die bestehenden Differenzen über die Aufgabenverteilungen innerhalb der Kanzlei auszugleichen, wobei darauf zu achten ist, das die divergierende Wertehaltungen repräsentierenden Partner nicht in demselben Funktionsbereich tätig sind, denn dann käme es früher oder später zu offenkundigen Disharmonien. Die Lösung eines Wertekonflikts auf diesem Weg ist, was auf der Hand liegt, sehr schwierig.


Zweitens, alle Partner erklären sich bereit, hart an ihrem individuellen Werteverständnis im Sinne einer Harmonisierung mit dem mehrheitlich gewünschten Wertekanon zu arbeiten. Das geschieht dadurch, dass sie sich und ihre Vorstellungen hinterfragen und sich dort verändern, wo es für das Erreichen gemeinsamer Ziele notwendig ist. Auch das ist eine große Herausforderung für alle Beteiligten.


Die dritte in der Praxis am häufigsten zu beobachtende Reaktion auf divergierende Wertevorstellungen der Partner ist die Variante „Business as usual”, also mit einem zwischen den Partnern nicht harmonisierten Kanzleileitbild einfach so weiterzumachen wie bisher. Diese Partnerschaften werden mittel- bis langfristig scheitern.


Die letzte – aber nicht notwendigerweise schlechteste – Option ist, sich in Freundschaft zu trennen. Sollten nämlich die grundsätzlichen Vorstellungen zum Kanzleileitbild bei den Partnern besonders unterschiedlich ausgeprägt sein, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis Unstimmigkeiten, Reibungsverluste und ein schlechtes Betriebsklima die Existenz der Kanzlei gefährden. Wie bereits erwähnt,10) decken passable Betriebsergebnisse diese Tatsache oft längere Zeit zu. Sobald allerdings die Gewinne sinken, wird das Problem sehr schnell virulent.

Alfried Längle11) bringt die Bedeutung und die Kraft von Werten auf den Punkt: „Werte sind wie Brenngläser, die unsere Lebenskraft bündeln und ihr eine Richtung geben.”

c) Prinzipien finden – ein kurzer Ausflug

75Verglichen mit der Herausforderung, Ihre persönlichen Werte zu finden, ist die Suche nach Prinzipien für den Kanzleierfolg eine reine Fleißarbeit. Die herrschenden Gesetzmäßigkeiten im Geschäftsleben sind bekannt und zwingend zu berücksichtigen. Denn – wie gezeigt – gerät ohne Ihre Beachtung jedes Unternehmen in existenzielle Schwierigkeiten.12)

Während bei der Suche nach Werten ein schrittweises Vorgehen notwendig ist, reicht für das Finden von Prinzipien die Anwendung einer der nachfolgend vorgeschlagenen Methoden aus. Sind die Prinzipien identifiziert, geht es nur noch um die Konkretisierung und das gemeinsame Verständnis der Prinzipien innerhalb Ihres Teams.

aa) Methode N° 1: Empirisch ermittelte Prinzipien

76In seinem Buch „Practice What You Preach” hat sich David Maister mit der Frage befasst, in welchem Maß die Profitabilität eines freiberuflichen Unternehmens von der Einstellung der Mitarbeiter zu bestimmten Themen abhängt. In einer aufwändigen empirischen Untersuchung (74 Fragen, 139 Büros von 29 Unternehmen in 15 verschiedenen Ländern) konnte er einen eindeutigen Zusammenhang nachweisen. Aus der Fülle der Daten ermittelte er diejenigen Faktoren, die mit der größten Wahrscheinlichkeit für ein außergewöhnliches finanzielles Ergebnis verantwortlich sind. Er nennt dies das „Predictive Package”. Die Einhaltung dieser Prinzipien hat geschäftlichen Erfolg zur Konsequenz. Die Missachtung der dort genannten Faktoren führt zu deutlich schlechteren Betriebsergebnissen.

Erwarten Sie jetzt nicht, dass eines der letzten Geheimnisse des Managements von Steuerberatungskanzleien gelüftet wird, denn die Erfolgsfaktoren sind seit langem bekannt. Neu ist allerdings die Erkenntnis darüber, wie stark diese Erfolgsfaktoren den Gewinn beeinflussen. Es geht hier nicht um eine Verbesserung des wirtschaftlichen Ergebnisses um 10, 20 oder 30 %. Die Rede ist vielmehr von einem Schritt in eine andere Dimension! Die Untersuchung von Maister zeigt nämlich, dass Unternehmen, die bei den genannten Erfolgsfaktoren außergewöhnlich gut abschneiden, ein Vielfaches (!) des Gewinns erzielen verglichen mit solchen Unternehmen, in denen diese Faktoren nicht so stark ausgeprägt sind.

77Unter diesem Gesichtspunkt erlangen die von David Maister identifizierten empirischen Erfolgsprinzipien ihre besondere Bedeutung, ja Faszination. Hier sind jene neun Grundprinzipien, deren Beachtung nach der Untersuchung von Maister mit der größten Wahrscheinlichkeit dazu beiträgt, dass eine Kanzlei wirtschaftlich erfolgreich ist:


Mandantenzufriedenheit hat höchste Priorität.


Die Fachkompetenz der Mitarbeiter wird den höchsten Erwartungen gerecht.


Wir sind verpflichtet, und werden nicht nur dazu ermutigt, neue Fähigkeiten zu lernen und zu entwickeln.


Mitarbeiter behandeln andere immer mit Respekt.


Jene, die am meisten zum Erfolg beitragen, verdienen am besten.


Qualitätsstandards in der Mandantenarbeit werden streng eingehalten.


Investition eines beträchtlichen Teils der Arbeitszeit in Dinge, die sich erst in Zukunft „rechnen”.


Keine Beschäftigung von Mitarbeitern, die ihre persönlichen Interessen vor jene der Mandanten oder der Kanzlei stellen.


Der Geschäftsführung gelingt es, das Beste aus den Mitarbeitern herauszuholen.

Diese neun Aussagen klingen ziemlich vertraut. Und sie sind es auch: Mandantenzufriedenheit, Fortbildung, Kompetenz etc. sind eben allgemein gültige Grundprinzipien.

Sieht man jedoch genauer hin, bemerkt man folgende Besonderheit: Es wird nicht von „gut”, sondern von „am besten” gesprochen. Das Prinzip der Mandantenorientierung ist nicht „wichtig”, sondern „von höchster Priorität”. Respekt ist „immer” gefordert und nicht nur ab und zu. In allen Aussagen stecken Superlative. Sie lassen keinen Spielraum für Interpretationen zu. Und genau das macht den Unterschied aus. Schwammige, weiche Formulierungen würden unerwünschte Interpretationsspielräume offenlassen.

bb) Methode N° 2: Definition von Professionalität13)

78Unzweifelhaft ist Professionalität ein Prinzip, an dem sich eine Kanzlei orientieren soll. Professionalität lässt sich an den folgenden Kriterien festmachen:


Mitarbeiter erklären sich damit einverstanden, gecoacht und an festgesetzten, vereinbarten Standards gemessen zu werden.


Führungskräfte in einer Kanzlei werden ausschließlich an der Leistung des Teams gemessen; entsprechend sind persönliche verrechenbare Zeiten irrelevant.


Teamarbeit ist verpflichtend und nicht der Wahl des Mitarbeiters überlassen. Jeder, der einem Team angehört, hat diesem ein Mindestmaß an nicht verrechenbarer Zeit zu widmen und seine Zeit an den Erfordernissen des Teams auszurichten.


Jedes Team widmet eine bestimmte Anzahl nicht verrechenbarer Stunden folgenden Aufgaben: Akquisition neuer Mandanten durch innovative Dienstleistungen, Kostensenkungen bei der Erbringung bestimmter, vorher definierter Dienstleistungen und Steigerung der individuellen Fertigkeiten


Der Mitarbeiter muss in der Lage sein, die Rentabilität eines Mandanten abzuschätzen. Er hat die Rentabilität seiner Projekte zu verantworten (Erträge und Kosten) und wird nicht nur an verrechenbaren Stunden gemessen.


Verbindliche Befragungen der Mandanten, da ihre Zufriedenheit höchste Priorität hat. Die Ergebnisse sollen als Grundlage für Leistungs- und Gehaltsgespräche dienen.


Persönliche berufliche Weiterentwicklung des Mitarbeiters ist eine nicht verhandelbare Mindestanforderung. Jeder muss seine berufliche Weiterentwicklung unter Beweis stellen.


Alle Mitarbeiter der Kanzlei müssen ein echtes Interesse für die Anliegen der Mandanten entwickeln und den unbedingten Willen, ihnen zu helfen. Verpflichten Sie alle Mitarbeiter also dazu, Verständnis für die Branche ihrer Mandanten aufzubauen und somit zum Geschäftserfolg beizutragen.


Oberste Zielsetzung ist dauerhafte Mandantenbindung.


Seien Sie unnachgiebig, wenn es darum geht, Höchstleistungen einzufordern. Scheuen Sie nicht davor zurück, Mitarbeiter zu entlassen, die Ihre Prinzipien nicht beachten und etwa Umsetzungsmaßnahmen sabotieren.

Die beschriebenen Maßnahmen sind nicht die einzig zielführenden Kriterien, um einen hohen Grad an Professionalität zu erreichen. Der Katalog ist sicherlich noch ergänzungsfähig, erfasst aber die wichtigsten Kriterien.

cc) Methode N° 3: Ein Musterbeispiel

79Der dritte Weg Prinzipien festzulegen, besteht darin, sich an einem Muster zu orientieren. Auf einigen Homepages von Steuerberatungskanzleien finden sich gut formulierte Geschäftsprinzipien. Ein Beispiel, allerdings nicht aus der Steuerberatungsbranche, möchte ich besonders hervorheben, und zwar die Business Principles von Goldman Sachs, einem weltweit tätigen Investment- und Wertpapierhandelsunternehmen mit Sitz in New York (frei übersetzt):14)


Die Interessen unserer Kunden stehen immer an erster Stelle. Unsere Erfahrung zeigt uns, dass, wenn der Service für unsere Kunden gut ist, unser eigener Erfolg folgen wird.


Unser Vermögen sind unsere Mitarbeiter, unser Kapital und unser Ruf. Wenn einer dieser Werte beschädigt wird, ist der letztgenannte derjenige, der am schwierigsten wiederherzustellen ist. Wir widmen uns vollkommen dem Erfüllen der gesetzlichen Vorgaben und Regeln und den ethischen Prinzipien, welche uns leiten.


Unser Ziel ist es, ausgezeichnete Gewinne für die Eigentümer zu erzielen. Die Profitabilität ist entscheidend, um diese ausgezeichneten Gewinne zu erzielen, Eigenkapital zu bilden, die besten Mitarbeiter anzuziehen und zu halten. Signifikante Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmenserfolg verbindet die Interessen der Mitarbeiter und der Eigentümer.


Unser Stolz gründet auf der professionellen Qualität unserer Arbeit. Wir haben das kompromisslose Ziel, in allem was wir unternehmen, exzellent zu sein. Wir sind in einer breiten und großen Vielzahl von unterschiedlichsten Bereichen tätig, dennoch würden wir – vor die Wahl gestellt – uns dafür entscheiden, Bester und nicht Größter zu sein.


Wir legen Gewicht auf Kreativität und Fantasie in allem was wir tun. Auch, wenn wir davon ausgehen, dass der alte Weg vielleicht immer noch der Beste sei, sind wir ständig bestrebt, eine bessere Lösung für das Problem unseres Kunden zu finden. Wir sind stolz auf uns, da wir viele der Praktiken und Techniken, die in der Industrie Standard sind, revolutioniert haben.


Wir geben uns große Mühe, für jeden Job die beste Person zu finden und zu rekrutieren. Obwohl unsere Aktivitäten in Milliarden von Dollar gerechnet werden, suchen wir unsere Mitarbeiter einzeln aus. Als Dienstleister wissen wir, dass wir ohne die besten Leute, nicht die beste Firma sein können.


Wir bieten unseren Mitarbeitern die Möglichkeit, schneller Karriere zu machen, als dies in den meisten anderen Firmen möglich ist. Eine Beförderung ist abhängig von der Leistung, und wir müssen dauernd die Grenzen der Verantwortung herausfinden, welche unsere besten Mitarbeiter bereit sind anzunehmen. Um erfolgreich zu sein, müssen unsere Mitarbeiter die Vielseitigkeit der Gemeinschaften und Kulturen, mit welchen wir zusammenarbeiten, reflektieren. Das heißt, wir müssen Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Perspektiven anziehen, halten und motivieren. Verschieden zu sein ist nicht eine Möglichkeit; es ist etwas, das wir sein müssen.


Wir bevorzugen Teamwork in allem was wir tun. Obwohl zur individuellen Kreativität immer ermutigt wird, fanden wir heraus, dass Teamwork oft die besten Resultate liefert. Wir haben keinen Platz für jene, welche ihre persönlichen Interessen vor die Interessen der Firma und jener der Kunden stellen.


Die Hingabe unserer Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmen und die intensiven Bemühungen an ihrem Arbeitsplatz sind größer als bei den meisten anderen Firmen. Wir sind überzeugt, dass dies ein wichtiger Faktor unseres Erfolges ist.


Wir gehen davon aus, dass unsere Größe ein Wert ist, den wir unbedingt beibehalten wollen. Wir wollen groß genug sein, um das größte Projekt, an welches unser Kunde denken könnte, übernehmen zu können, dennoch auch klein genug, um Loyalität, Intimität und den „Esprit de Corps”, welchen wir so schätzen und mit unserem Erfolg verbinden, beizubehalten.


Wir sind ständig bemüht, die sich schnell verändernden Bedürfnisse unserer Kunden vorherzusehen und neue Dienstleistungen zu entwickeln, welche diesen Bedürfnissen entgegenkommen. Wir wissen, dass die Finanzwelt nicht stillstehen wird und dass Selbstzufriedenheit zum Untergang führen kann.


Wir erhalten regelmäßig vertrauliche Informationen in unseren Kundenbeziehungen. Ein Vertrauen zu brechen oder eine vertrauliche Information ungeschickt oder sorglos zu benutzen, wäre undenkbar.


Die Konkurrenz in unserem Geschäft ist groß, daher wir sind ständig bemüht, die Beziehung zu unseren Kunden auszubauen. Dennoch müssen wir immer faire Gegner sein und dürfen andere Firmen nicht anschwärzen.


Integrität und Ehrlichkeit sind das Herz unseres Geschäfts. Wir erwarten von unseren Mitarbeitern ethische Standards in allem was sie tun, sowohl bei der Arbeit für ihre Firma als auch für ihr Privatleben.

80Unternehmensleitbilder lassen sich im www zuhauf finden. Es gibt drei Gründe dafür, dass ich die von Goldman Sachs formulierten Prinzipien als mustergültig beurteile: Erstens enthalten sie alle Elemente, die für die Festlegung von Prinzipien (und Werten) notwendig ist. Zweitens sind sie ausgezeichnet formuliert. Und drittens belegen sie mit Blick auf die aktuelle Entwicklung von Goldman Sachs, dass Prinzipien nicht nur formuliert, sondern auch gelebt werden müssen. Das schönste mit hehren Prinzipien bis zum Bersten angefüllte Unternehmensleitbild führt ins Leere, wenn die Prinzipien nicht gelebt werden. „Es ist besser, hohe Grundsätze zu haben, die man befolgt, als noch höhere, die man außer Acht lässt.” Mir scheint, dieser Satz von Albert Schweitzer ist ein guter Maßstab für die Festlegung und den Umgang mit Prinzipien.

3. Kanzleileitbild statt Kanzleileidbild

81Werte und Prinzipien sollten die Mitarbeiter einer Kanzlei leiten. Eine überhastet entwickelte Kanzleiphilosophie, eine nicht ausreichende Kommunikation der Werte und Prinzipien, eine Diskrepanz zwischen beschriebenem und tatsächlichem Verhalten der Führungskräfte – diese Mängel lassen aus einem Kanzlei-Leit-Bild ein Kanzlei-Leid-Bild werden.

Wird beispielsweise die Aussage „Der Mitarbeiter steht bei uns im Mittelpunkt” als Grundsatz definiert, sieht die Realität jedoch ganz anders aus (keine regelmäßigen Mitarbeitergespräche, wenig oder gar keine Anerkennung der Arbeit, mangelnde Fortbildungsmöglichkeiten, wenig Flexibilität bei Arbeitszeiten etc.), reagieren die Mitarbeiter mit Verbitterung und Zynismus, denn ihre Erwartungen wurden enttäuscht: „Der Mensch ist bei uns Mittel. Punkt!” Damit hat das Leitbild nicht nur nichts bewegt, sondern es hat erheblichen Flurschaden angerichtet.

Die Kanzleiführung muss, nachdem sie die verbindlichen Werte und Prinzipien festgelegt hat, das Kanzleileitbild dem gesamten Team vermitteln. Denn ein gemeinsames Verständnis von den Werten und Prinzipien ist zwingende Voraussetzung, um diese auch leben zu können. Dies geschieht am besten in einem oder mehreren Team-Workshops, die – mit oder ohne externe Unterstützung – drei Pflichtaufgaben und eine optionale Küraufgabe zu erledigen haben.

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