Buch lesen: «101 Fragen zur mandantenorientierten Honorargestaltung», Seite 4

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19. Auf welche Emotionen des Mandanten im Zusammenhang mit dem Honorar muss ich achten?

Emotionen spielen in jedem Kaufprozess eine wichtige – wenn nicht die wichtigste – Rolle. Kaufentscheidungen werden oft „aus dem Bauch heraus“ getroffen und nachher rationalisiert, d. h. mit guten Argumenten begründet. Den Kaufprozess zu verstehen, bedeutet, die Gefühle des Käufers zu verstehen. Mandantenorientierte Honorargestaltung beinhaltet, die Honorargefühle des Mandanten zu kennen und darauf passend zu reagieren.

Im Wesentlichen sind es vier Emotionen, die bei jedem Mandanten und bei jeder Auftragserteilung, allerdings in unterschiedlicher Ausprägung, vorkommen:


1. Honorarunsicherheit


Honorarunsicherheit lässt sich durch Honorarvereinbarungen im Vorhinein fast vollständig vermeiden. Solange Sie nicht im Vorhinein das Honorar klären, haben Sie keine Chance, dem Mandanten sein unsicheres Gefühl in Bezug auf das Steuerberatungshonorar zu nehmen. Sie verlieren damit auch die Chance, auf die anderen drei Honoraremotionen zu reagieren.

Die Möglichkeit, auf Honoraremotionen professionell reagieren zu können, ist daher ein weiterer Grund, Honorare immer im Vorhinein zu vereinbaren (neben vielen weiteren Gründen, die ich an anderer Stelle schon mehrfach genannt habe).


2. Honorarwiderstand


Darunter versteht man den sprichwörtlichen „Preisetiketten-Schock“, den man spürt, wenn man z. B. in einem Kaufhaus den Blick auf das Preisetikett eines wirklich hochwertigen, tollen und interessanten Artikels wirft. Mit dieser Honoraremotion ist man immer konfrontiert. Sie ist eine vollkommen natürliche Reaktion.

Der Honorarwiderstand des Mandanten ist leicht zu erkennen, da er immer am Beginn der Auftrags- bzw. Honorarverhandlungen zu Tage tritt. Der beste Weg, Honorarwiderstand zu verringern oder ganz zu beseitigen, ist, den Wert und Nutzen Ihrer Leistung ausreichend und umfassend darzustellen.

Der Honorarwiderstand in Form des „Preisetiketten-Schocks“ ist, konsequent gedacht, eine „gesunde“ Emotion. Durch das Aussprechen Ihres (hohen) Honorars erkennen Sie, ob der Mandant bereit ist, den Wert Ihrer Leistung zu schätzen. Tut er das nämlich nicht, stellt sich die Frage, ob Sie den Mandanten betreuen bzw. den Auftrag annehmen sollten.


3. Honorarunbehagen


Nach der Vereinbarung eines Fixhonorars besteht beim Mandanten die Sorge, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. So ergeht es jedem Käufer, der eine Kaufentscheidung größeren Umfangs getroffen hat. Die vielen Werbeeinschaltungen der führenden Automarken zielen vor allem auf bestehende Kunden ab, die durch die Anzeigen in ihrer bereits getroffenen Kaufentscheidung bestärkt werden sollten.

Dem möglichen Honorarunbehagen Ihrer Mandanten nach einer Fixhonorar-Vereinbarung können Sie am besten dadurch begegnen, indem Sie sich nach der Auftragserteilung besonders um den Mandanten kümmern, ihn von sich aus kontaktieren, ihm vermitteln, dass Sie sich anstrengen und er die richtige Entscheidung getroffen hat. Eine Zufriedenheitsgarantie (siehe Frage 96) ist ein weiterer Baustein, um das Honorarunbehagen des Mandanten nach der Auftragserteilung zu reduzieren.


4. Zahlungswiderstand


Wer bezahlt denn schon wirklich gerne seine Rechnungen? Der Zahlungswiderstand ist das schlichte Herausschieben der Banküberweisung. Je weniger Sie gegen die anderen drei Honoraremotionen unternehmen, desto größer ist der Zahlungswiderstand des Mandanten.


Eine Verringerung des Zahlungswiderstandes erreichen Sie in erster Linie durch promptes Abrechnen Ihrer Leistungen. Spätes Fakturieren ist für den Mandanten eine Einladung zu spätem Bezahlen Ihrer Honorarnote! Eine weitere Verringerung des Zahlungswiderstands erreichen Sie, wenn Sie den Mandanten bei den Zahlungsmodalitäten mit einbeziehen. Die Fixhonorarvereinbarung sollte daher auch die Zahlungsbedingungen nach Absprache mit dem Mandanten enthalten.


Die stärkste Wirkung gegen den Zahlungswiderstand hat selbstverständlich eine Einzugsermächtigung bzw. ein Bankeinzug. Dieses Instrument wird aus meiner Sicht noch zu wenig eingesetzt. Die Ursache dafür ist die unbegründete Angst des Steuerberaters vor dem drohenden Mandatsverlust. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass der Großteil der Mandanten ganz und gar keine Abneigung gegen eine Einzugsermächtigung hat.

Hinweis

Mandantenorientierte Honorargestaltung hat sehr viel mehr mit Emotionen zu tun, als es den Eindruck macht. Genauso wie Preisfindung eine Kunst ist, und Sie dafür ein „Gespür“ brauchen, so sind erfolgreiche Honorargespräche vom Gespür für die Gefühle des Mandanten geprägt.

III. Preis- und Werttheorie
20. Welches theoretische Grundgerüst hilft mir bei der Etablierung einer mandantenorientierten Honorargestaltung?

Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie. Für die Umsetzung mandantenorientierter Honorargestaltung sind zwei Theorien besonders nützlich:


1. Die Preistheorie für die abrechnungsorientierten Leistungen


2. Die Werttheorie für die wissensorientierten Leistungen.

Mit den Kernaussagen dieser beiden Theorien lassen sich fast alle Konzepte, Vorgangsweisen und Modelle mandantenorientierter Honorargestaltung erklären und begründen. Auf Basis dieses theoretischen Wissens lassen sich Lösungen für alle Leistungsangebote logisch ableiten.


Zur Preistheorie


Möchte ein Anbieter möglichst viele Nachfrager erreichen, so gelingt ihm das dadurch, dass er seine Preise segmentiert. Man spricht dabei auch von Preisdifferenzierung oder Preisdiskriminierung. Preissegmentierung ist nichts Negatives. Es bedeutet lediglich, dass Unternehmen für gleiche oder nahezu gleiche Produkte an unterschiedliche Kunden unterschiedliche Preise verlangen. Eine Differenzierung der Leistungen und damit zusammenhängend unterschiedliche Preise sind die Grundlagen für ein strukturiertes Leistungsangebot. Mandanten können dadurch deren unterschiedlich ausgeprägte Anforderungen zu differenzierten Honoraren erfüllt werden.


Eine Preissegmentierung nach Größe und Umfang des Auftrags ist logisch für den Mandanten nachvollziehbar. Mindesthonorare für Kleinstaufträge und Honorarzuschläge für terminlich knappe Aufträge lassen sich durch die Preistheorie gut begründen.


Zur Werttheorie


Es sind vor allem die folgenden vier Aussagen der Werttheorie, die Ihnen bei der Honorargestaltung von wissensorientierten Leistungen eine Leitlinie sein können:

1. Der Wert liegt im Auge des Betrachters!


Ihre eigene Werteinschätzung einer z. B. anstehenden Unternehmensübergabe eines Mandanten ist für die Honorarfindung sekundär. Die Werteinschätzung des Mandanten ist jene, die zählt. In nahezu allen Fällen von wissensorientierten Leistungen, liegt die Werteinschätzung des Mandanten höher, als die des Steuerberaters. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass über diese Werteinschätzung ausführlich gesprochen wird.

2. Der Wert einer Dienstleistung ist am größten, bevor sie ausgeführt wird.


Der subjektive Wert einer Dienstleistung ändert sich im Lauf der Zeit. Im Regelfall ist der Wert vor der Erbringung der Leistung höher, da die Notwendigkeit der Erledigung noch vorhanden ist. Einmal ausgeführt, sinkt der Wert üblicherweise. Selten bis nie steigt der wahrgenommene Wert einer Leistung nach deren Erbringung.

3. Ein fixer (gesicherter) Wert ist höher als ein variabler.


Sicherheit ist per se wertvoll. Besonders in der deutschen und österreichischen Vollkasko-Mentalität wird Sicherheit sehr viel beigemessen. Ein Fixzinssatz wird immer höher liegen als der variable Zinssatz.

4. Preis ist, was Du zahlst. Wert ist, was Du erhältst.


Jeder Geschäftsabschluss, außer wenn man sprichwörtlich über den Tisch gezogen wurde, bedingt, dass Preis und Wert auseinanderfallen. Der gezahlte Preis muss subjektiv betrachtet geringer sein als der mit der Leistung erhaltene Wert.

Hinweis

Selbst wenn Ihnen diese Gedanken im Moment als zu theoretisch erscheinen, bei der Beantwortung der weiteren Frage werden Sie extrem nützlich sein.

21. Lassen sich Preismodelle aus anderen Branchen auf die Steuerberatung übertragen?

Ja, eindeutig lassen sich Preismodelle anderer Branchen auf die Steuerberatung übertragen. Hier ein paar wenige Beispiele, die sich beliebig ergänzen lassen:

Kreditkarteninstitute bieten unterschiedliche Karten an, deren Grundfunktion – das Bezahlen – dieselbe ist. Die verschiedenen Karten sind über diese Grundfunktion hinaus mit wahlweisen – oder gebündelten – Funktionen ausgestattet. Die Preise zwischen der einfachsten und der umfangreichsten Kreditkarte eines Instituts differieren um ein Mehrfaches.

Softwarehersteller verkaufen ihre Produkte mit oder ohne Support. Der Kunde wählt – abhängig von seiner Einschätzung über die Nutzung der Software – den für ihn passenden Leistungsumfang aus. Der Preis des Supports ist üblicherweise an den Grundpreis der Software geknüpft.

Fluglinien sind die Meister der Preisdifferenzierung. Nicht nur dass zwischen First Class, Business Class und Economy Class unterschieden wird, je nach Zeitpunkt der Buchung variieren die Preise innerhalb der Klasse stark. Nur durch dieses Yield-Management kann es Fluglinien gelingen, ihre hohen Fixkosten zu decken. Was übrigens nicht alle Fluglinien schaffen.

Kunden von Mobiltelefonanbietern lieben Flatrates. Eine fast grenzenlose Nutzung, selbst wenn sie so gut wie nie ausgenutzt wird, wird von den meisten Kunden bevorzugt.

Markenartikelhersteller verlangen Premiumpreise, selbst wenn das Produkt bei weitem nicht derartig hohe Produktionskosten verursacht. Denken Sie nur an die aktuellen Preise des iPhones.

Hinweis

Solche Grundmuster der Leistungs- und Preisgestaltung lassen sich auch in der Steuerberatung umsetzen. Zum Nutzen des Mandanten und der Kanzlei.

22. Ist eine Preisdifferenzierung nicht ungerecht?

Ich denke, dass genau das Gegenteil ungerecht ist. Nicht die Preise zu differenzieren schafft Ungerechtigkeit und Unzufriedenheit beim Kunden.

Jeder kann doch sehr gut mit den in der vorigen Frage dargestellten Beispielen des Wirtschaftslebens leben. Dass die gebundene Ausgabe eines Buches ein Mehrfaches des Taschenbuchs kostet, selbst wenn die Herstellungskosten nicht im selben Verhältnis höher sind, ist für die potenziellen Leser doch nur gerecht. Ein Teil der Leserschaft will nicht auf die Taschenbuchausgabe warten und kauft sofort nach dem Erscheinen den brandaktuellen Roman. Ein anderer Teil entscheidet sich zu warten und kauft das Taschenbuch. Und einige Leser kaufen beide Ausgaben. Die Eine für das Regal zu Hause und die Andere für die Urlaubsreise. Dem nicht genug, folgt auch noch der Kauf der Kindle-Version.

Die starken Preisdifferenzen in den Urlaubshotels, abhängig von den Ferienzeiten, stören jene Gäste, die an diese Zeiten gebunden sind. Gleichzeitig genießen es alle anderen, außerhalb dieser Ferienzeiten günstiger Urlaub machen zu können.

Viele von Ihnen werden eine oder mehrere Zeitungen bzw. Zeitschriften abonniert haben. Ihre Treue wird damit belohnt, dass Sie die Zeitung nicht nur deutlich günstiger als am Kiosk, sondern auch noch an Ihre Haustüre geliefert erhalten. Finden Sie das ungerecht?

Ein Gefühl der Ungerechtigkeit kommt vor allem dann auf, wenn Leistungen und Preise nicht transparent sind. Immer dann, wenn beim Leistungsumfang keine Wahlmöglichkeit besteht und gleichzeitig die Preise nicht nachvollziehbar sind, besteht die enorme Gefahr, dass man sich ausgenutzt fühlt. Subjektiv vom Mandanten wahrgenommene Ungerechtigkeit – und das ist aus meiner Perspektive der entscheidende Punkt – ist Gift für eine mandantenorientierte Honorargestaltung.

Hinweis

Dass sich bei einem strukturierten Leistungsangebot mit unterschiedlichen Service-Niveaus objektive Unterschiede ergeben, liegt in der Natur der Sache. Nicht alle Mandanten werden im selben Ausmaß Leistungen beanspruchen. Sie werden übrigens auch den Wert der Leistungen unterschiedlich einschätzen. Insofern sollten sich Steuerberater vom Prinzip der Einzelgerechtigkeit von Honoraren verabschieden, das unmöglich zu erreichen ist, und sich am Prinzip der Universalgerechtigkeit orientieren. Solange das Honorarmodell für eine größere Gruppe von Mandanten passt, wird diesem Grundsatz entsprochen.

23. Führt eine Zielgruppenstrategie automatisch zu besseren Honoraren? Und falls ja, wie?

Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erzielt eine Kanzlei, die sich auf eine oder mehrere Zielgruppen spezialisiert, höhere Honorare. Die Ursachen dafür sind, dass diese spezialisierten Kanzleien üblicherweise


über ein besseres Verständnis der Erwartungen der Mandanten der Zielgruppe verfügen,


die Problemstellungen dieser Mandanten besser kennen,


die Sprache dieser Zielgruppe deutlich besser sprechen,


innovativere Leistungen innerhalb der Spezialisierung anbieten können und


auf tieferem Wissen aufbauen können.

Damit schaffen Sie einen Mehrwert für die Zielgruppe, den nicht spezialisierte Kanzleien nie in diesem Ausmaß bieten können. Die Kunst bzw. Herausforderung besteht darin, diesen Mehrwert auch zu kommunizieren, damit die Mandanten ihn erkennen und mit höheren Preisen honorieren.

Wenn dann diese spezialisierten Kanzleien auch noch effektiver arbeiten, was sehr oft der Fall ist, erzielen sie deutlich bessere Ergebnisse als der Durchschnitt.

Hinweis

In dieser Hinsicht betrachtet, spricht sehr viel für eine Zielgruppenstrategie. Allerdings ist der Weg der Spezialisierung ein langer. Im Buch „Spitzenleistungen in der Steuerberatung“ habe ich im Kapitel „Die Macht des Unterschieds!“ Möglichkeiten und Vorgangsweisen der Spezialisierung beschrieben.

24. Was ist ein angemessener Stundensatz?

Die Bandbreite der Stundensätze in der Steuerberatungsbranche ist enorm. Eine objektive Angemessenheit ist nicht festzustellen. Die statistischen Erhebungen ergeben natürlich Durchschnitts- und Medianwerte, nur ist damit nicht die Angemessenheit bestätigt. Außerdem ist eine deutliche Kluft zwischen genannten und realisierten Stundensätzen festzustellen. Aber auch mit dieser Information kann die Angemessenheit des Stundensatzes nicht festgestellt werden.

Insofern stellt sich die Frage, ob die Frage nach der Angemessenheit des Stundensatzes überhaupt eine Bedeutung hat bzw. sie sinnvoll beantwortet werden kann.

In meinen Seminaren und Workshops frage ich die Teilnehmer regelmäßig nach deren aktuellem Stundensatz für Beratungsleistungen. Und stelle die gleiche Bandbreite fest, wie sie in den statistischen Erhebungen erzielt wird. Bei mehreren hundert Teilnehmern kann man fast auch schon von einer statistisch relevanten Menge sprechen. Die Untergrenze der von den Teilnehmern genannten Stundensätze liegt bei 90 € und die Spitzenwerte erreichen 250 €.

In einem zweiten Schritt frage ich die Teilnehmer, welchen Stundensatz sie dem Mandanten unter den folgenden Voraussetzungen nennen würden:


Der Mandant wünscht ausdrücklich eine Abrechnung der Beratungsleistung nach Zeit.


In dem Beratungsgespräch geht es um Sachverhalte, bei denen sich der Steuerberater ausgezeichnet auskennt.


Der Mandant erhält durch das Beratungsgespräch das gebündelte Wissen, die gesamte bisherige Erfahrung und den Zugang zum Netzwerk des Steuerberaters.

Zu ergänzen ist, dass sich die Teilnehmer an dieser Stelle des Seminars bereits intensiv mit der Wirkung des Selbstbewusstseins (siehe Frage 12) und der Werttheorie (siehe Frage 20) beschäftigt haben.

Der nun eintretende Effekt ist grandios: Die Stundensätze steigen unter diesen Prämissen auf 200 bis 1.000 €. Einzelne Steuerberater nennen sogar Stundensätze über 1.000 €. Allein die Änderung der Perspektive sorgte für ein Vielfaches des bisherigen Stundensatzes. Selbst wenn deswegen diese Stundensätze nicht realisiert werden, so steigt mit dieser Übung doch das Bewusstsein über die Relativität des Stundensatzes.

Um den Gedanken auf die Spitze zu treiben, ersuche ich die Teilnehmer jenen Stundensatz zu nennen, den sie als unmoralisch betrachten. Wo also die Grenze liegt, bei der sie sich selbst nicht mehr in Augen blicken können. 300 € sind hier dann die Untergrenze! Und das bei jenen Steuerberatern, deren aktueller Stundensatz 90 € beträgt.

Welche Schlüsse können aus dieser Übung gezogen werden?


Schon die persönliche Bandbreite des Stundensatzes ist sehr hoch, wenn man sich die Mühe macht, die unterschiedlichen Beratungssituationen genauer anzusehen.


Selbst ein einheitlicher persönlicher Stundensatz lässt sich bei der Vielfalt an Beratungsanfragen nur schwer argumentieren. Eine Flexibilität beim Stundensatz ist notwendig.


Tätigkeiten des Steuerberaters, die nicht einen Stundensatz am oberen Ende der persönlichen Skala rechtfertigen, sollten an Personen mit weniger Erfahrung, Routine, Wissen delegiert werden.

Das Experimentieren mit der Höhe des Stundensatzes bringt Vorteile. Der entscheidende Tipp ist, den eigenen Stundensatz einfach beim nächsten neuen Mandanten zu erhöhen. Sollte dieser Mandant dies akzeptieren, ist ab diesem Tag dieser neue – höhere – Stundensatz Ihr aktueller Stundensatz. Denn ein Mandant war ja bereits bereit, diesen Betrag zu bezahlen.

Hinweis

Bei all diesen ausführlichen Überlegungen zum Stundensatz möchte ich betonen, dass die allgemeine Abrechnung nach Zeit überholt ist (siehe Frage 2).

25. Steuerberatungsleistungen sind doch austauschbar. Wie kann ich durch meine Leistungen daher wertvoll für den Mandanten sein?

Die Annahme dieser Frage „Steuerberatungsleistungen sind doch austauschbar“ möchte ich auf den Prüfstand stellen. Sehr schnell wird sie getroffen und man tappt damit in die sog. Commodity-Falle. Steuerberatung wäre ein Commodity-Produkt wie Zahnpasta, Waschmittel etc.

Natürlich ist jeder Steuerberater ersetzbar und insofern sind Steuerberatungsleistungen austauschbar. Nur sind sie das nicht so schnell und einfach, wie das bei Produkten oder anderen Dienstleistungen der Fall ist. Die Steuerberatungsleistung ist immer an die ausführende Person gebunden. Die Beziehung zwischen dem Mandanten und dem Berater ist eine nicht wegzudenkende Komponente der Zusammenarbeit. Die Persönlichkeit des Beraters bzw. des Sachbearbeiters ist für den Mandanten in der Beurteilung der Qualität der Dienstleistung von großer Bedeutung.

Wenn allerdings die Kanzlei nur das Allernotwendigste erledigt, in der Betreuung nie mit- bzw. vorausdenkt, niemand von sich aus dem Mandanten den einen oder anderen Vorschlag macht, der Mandant nicht ein einziges Mal nach seinen Erwartungen gefragt wird, dann ist die Gefahr des Austauschbar-Seins sehr groß.

Hinweis

Es gibt keine gewöhnlichen Dienstleistungen, sondern nur Menschen die hartnäckig darauf beharren, Dienstleistungen auf eine gewöhnliche Art und Weise zu erbringen. Durch das Eingehen auf die individuellen Wünsche des Mandanten, die man nur erfährt, wenn man ihn danach fragt, kann aus jeder – scheinbar – austauschbaren, repetitiven Tätigkeit eine wertvolle Dienstleistung gemacht werden.

26. Warum hat die Honorarhöhe einen so großen Einfluss auf die erfolgreiche Kanzleientwicklung?

Höhere Honorare und zufriedenere Mandanten, bedingen sich gegenseitig. Diese Betrachtung mag auf den ersten Blick verwundern, gleichzeitig ist sie allerdings doch eine schöne Vorstellung. Bevor ich diesen angenehmen Zusammenhang erkläre, vorweg ein paar Überlegungen zu „guten“ und „schlechten“ Honoraren:


Gut bzw. schlecht ist immer relativ.


Relativ – vor allem in Bezug zu den Kosten des Auftrags.


Erst in zweiter Linie relativ zum Marktpreis (sofern es überhaupt je einen Marktpreis für schwer vergleichbare Wissensdienstleistungen gibt und Mandanten eine Marktübersicht je haben können; siehe dazu die Frage 36).


Wenn Steuerberater über „schlechte“ Preise ihrer Kollegen klagen, kann es leicht sein, dass diese Kollegen – trotz „schlechter Honorare“ – immer noch sehr gut mit diesen Aufträgen verdienen. Das deswegen, weil sie sich Mengen-, Größen- und/oder Produktivitätsvorteile geschaffen haben.


„Schlechte“ Preise können durch die Verbesserung der Produktivität zu „guten“ Preisen gemacht werden.


Honorargestaltung hat immer mit der Leistungserstellung und -gestaltung zu tun.


Honorargestaltung hängt auch immer mit der Organisation und den Kanzleiprozessen zusammen. Nicht zu vergessen, dass höhere Auftragskosten sehr oft durch sog. Unterdelegation – erfahrene Leute erledigen einfache Arbeiten – entstehen.

Die Verbesserung der hier angesprochenen Faktoren ist ein mühevoller, aber lohnenswerter, Prozess, der natürlich nie zu Ende ist. Er stellt eine Seite der unternehmerischen Herausforderung dar.

„Schlechte“ Honorare im oben definierten Verständnis sind der Startpunkt eines wahrlich folgenschweren Teufelskreises:


„Schlechte“ Honorare erzeugen für den verantwortlichen Mitarbeiter einen enormen Druck, die Leistung – z. B. die laufende Finanzbuchhaltung – so schnell wie möglich zu erledigen.


Es verbleibt keine Zeit bzw. es besteht keine Chance, einmal „rechts oder links zu schauen“, und dabei weitere mögliche Anliegen des Mandanten zu erkennen.


Die Kommunikation mit dem Mandanten wird auf ein Minimum reduziert. Ein ausführliches BWA-Gespräch ist bspw. „einfach nicht mehr drinnen“.


Der Mitarbeiter hat wenig bis keine Motivation, sich besonders für den Mandanten zu engagieren, wie z. B. einmal eine halbe Stunde extra zu investieren, um über Verbesserungen nachzudenken. Ganz zu schweigen davon, mit dem Mandanten ausführlich über seine Anliegen und Wünsche an den Steuerberater zu sprechen.


Der Mandant wird durch das geringere Leistungsniveau preissensibel und fordert eine Preissenkung.


Jetzt wird die beschriebene Situation weiter verschärft. Sinkende Preise und damit rückläufige Umsätze sind die Folgen.


Um diese Umsatzrückgänge einigermaßen wettzumachen, werden neue Aufträge/Mandanten, wieder zu „schlechten“ Honoraren, angenommen.


Die angespannte Situation wird nicht verbessert. Im Gegenteil, sie wird noch weiter beschleunigt und man steckt in einem sich selbst verstärkenden Teufelskreis mit dem Ergebnis drastisch sinkender Gewinne, die nur deswegen nicht so schnell auffallen, weil alle in der Kanzlei (Inhaber, Partner und/oder Mitarbeiter) mehr und härter arbeiten.

Das „Verteufelte“ an diesem Teufelskreis ist einerseits die dahinter steckende Dynamik. Es ist andererseits auch die Tatsache, dass er zu Beginn nur schwer erkennbar ist, und wenn man darin einmal gefangen ist, nicht so leicht wieder heraus kommt.

Die erste unternehmerische Herausforderung (Leistungserstellung zu optimalen Kosten) habe ich oben bereits beschrieben. Die zweite unternehmerische Herausforderung verhindert den Teufelskreis „schlechter“ Honorare: Sie besteht darin, dauernd nach Wegen zu suchen, um den Wert der vom Unternehmen erbrachten Leistungen zu erhöhen.

Gelingt es einer Kanzlei, den Wert ihrer Leistung zu erhöhen, kommt sie in den Genuss der Wirkung von „guten“ Honoraren:


Der Mitarbeiter hat das gute Gefühl, dass er für den Auftrag ausreichend Zeit hat.


Er hat die Gelegenheit, auch mal „rechts oder links zu schauen“ und erkennt weitere Beratungsfelder.


Es fällt ihm leichter, ausführlich mit dem Mandanten zu sprechen (der Auftrag hat ja einen „schönen Deckungsbeitrag“), was dazu führt, dass durch diese Gespräche die Zufriedenheit des Mandanten steigt.


Der Mandant ist in der Folge weniger preissensibel und es fällt der Kanzlei deutlich leichter, die Preise zu erhöhen („anzupassen“ ist das richtige Wort im Mandantengespräch).


Der Mandant schätzt die ausgezeichnete Leistung und Empfehlungen kommen häufiger vor.


Der Akquisitionsdruck ist durch die „guten“ Honorare, den einen oder anderen Zusatzauftrag und einigen Empfehlungen deutlich geringer. Bei neuen Aufträge/Mandanten ist man wesentlich selbstbewusster und kann höhere Honorare selbstbewusster vertreten.


Auch diese Dynamik verfügt über den selbst verstärkenden Effekt – nur eben positiv!

Hinweis

Natürlich braucht eine Kanzlei – trotz „guter“ Honorare – weiterhin eine professionelle Führung. Unter anderem dafür, dass die freie Zeit sinnvoll für den Mandanten eingesetzt wird. Höhere Honorare sind kein Freibrief für geringere Produktivität! Genauso wie „schlechte“ Honorare der Beginn eines Teufelskreises sind, sind „gute“ Honorare mit richtigem Management der Startschuss für eine kaum vorstellbare, fast unheimliche, Aufwärtsentwicklung der Kanzlei.