Zeichen und Geist

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4. Erscheinung und Offenbarung
4.1. Zeichen und Wirklichkeit

Das Offenbarungsgeschehen ist also ein Ereignis, das der Geist Gottes bewirkt, und durch das der göttliche Geist auf den menschlichen Geist einwirkt. Der Geist bildet die verbindende und vereinende Entität. Damit entspricht der theologische Geistbegriff, der sich offenbarend-schöpferisch zeigt, dem dynamisch-relational strukturierten, semiotischen Zeichenbegriff. Daher erscheint es auch als legitim, die Geistthematik anhand der von Peirce entwickelten kategorial-semiotischen Hermeneutik zu analysieren und zu interpretieren.

Peirces Semiotik hat bislang in der Theologie im Allgemeinen und in der Exegese im Besonderen noch wenig Resonanz gefunden. Von systematischer und religionsphilosophischer Seite ist im deutschsprachigen Raum Hermann Deuser1 zu nennen. In exegetischer Hinsicht hat Stefan Alkier die semiotischen Grundzüge Peirces für die bibelwissenschaftliche Arbeit fruchtbar gemacht. Genannt sei an dieser Stelle zunächst seine Monographie von 2009 zum Verständnis der Auferweckung,2 in der er einen Abschnitt der semiotischen Deutung der Auferweckungszeichen im Peirce’schen Sinne widmet3 und dabei „Phänomene der Erstheit“ („Zweifel, Furcht, Tränen, Freude und brennende Herzen“)4, „Phänomene der Zweitheit“ („Kreuz, Grab und Visionen“)5 sowie „Phänomene der Drittheit“ („Die große Erzählung der Schrift[en] als epistemologischer Rahmen der Rede von der Auferweckung“)6 ausmacht. Speziell zum Thema „Geist“ hat Alkier einen Aufsatz veröffentlicht, der Geist als Erfahrung der δύναμις mit dem „dynamischen Objekt“ in Peirces Zeichentheorie verknüpft:7

Ich möchte nun vorschlagen, die Kraft (dynamis) des dynamischen Objekts als Geist zu interpretieren. Es ist die unverfügbare Kraft, die notwendig ist, überhaupt einen Zeichenprozess, eine Semiose, in Gang zu bringen. Das unmittelbare Objekt ist dann der Aspekt des dynamischen Objekts, der in der jeweils konkreten Semiose durch den Akt der Interpretation bestimmt wird. Geist ist dann zeichentheoretisch abstrakt bestimmt als die unverfügbare Wirkkraft, die das Zeichen überhaupt erst motiviert und seine konkreten Interpretationen als solche überhaupt erst ermöglicht. Im Akt der jeweiligen Interpretation wird diese Wirkkraft dann jeweils konkret bestimmt und damit interpretierend erschlossen.8

Alkier rückt also das „Objekt“ ins Zentrum seiner Überlegungen. Diese These verdeutlicht er in der Folge anhand markanter neutestamentlicher Beispiele. Dabei setzt er seinen Schwerpunkt auf die paulinische Theologie – auf die Deutung des Evangeliums und des Glaubens als Kraft Gottes (vgl. Röm 1,16),9 auf das Wort vom Kreuz10 sowie auf die Abendmahlsüberlieferung.11 Theologisch gesprochen bedeutet das: Der Geist Gottes lässt sich im Sinne Peirces als vorausliegende, unverfügbare und kreative Größe interpretieren, die auf den Menschen wirkt, indem sie ihn verwandelnd berührt und somit für die göttliche Heilsbotschaft der Auferstehung von den Toten öffnet.12 Alkier resümiert: „Der Glaube versteht sich dann nicht als autonome Entscheidung eines souveränen Subjekts, sondern als Ergriffensein vom Geist Gottes, als Geschenk, als gelungene Kommunikation zwischen Gott und Mensch.“13 Es entstehe daher – so Alkier – ein vertieftes Verständnis des Bibeltextes als Vordringen in die Tiefenstruktur des Textes – „Sinn in der zweiten Potenz“ –, nicht ein bloßes Begreifen der grammatisch-semantischen Oberflächenstruktur des Textes – „Sinn in der ersten Potenz“.14

Angestoßen von diesen Anregungen möchte die vorliegende Untersuchung die Geistthematik semiotisch-exegetisch neu bedenken und thematisch erweitern.15 Während Deuser in seinem Beitrag das relationale Moment akzentuiert,16 hebt Alkier in derselben Publikation auf den dynamischen Aspekt ab.17 In der hier vorgelegten Arbeit sollen beide Momente zusammengeführt und als „dynamisch-relationaler Sinnzusammenhang“ bzw. „dynamisch-relationales Sinngefüge“ oder „dynamisch-relationales Deutungsmuster“ verstanden werden. Den Grund für diese Annahme bot die Untersuchung der Peirce’schen Kernthesen, vor allem aus seinem Spätwerk, die zeigen konnte, dass sich die beiden Elemente der Dynamik und der Relationalität komplementär zueinander verhalten. Relationalität ist Ausdruck – sozusagen „Zeichen“ – der Dynamik, die auf Erkenntnis gerichtet ist. Der Erkenntnisprozess repräsentiert eine Einheit, die man nicht zerteilen kann. Dies gilt auch für die Anwendung des semiotischen Komplexes auf den theologischen Kontext des Offenbarungsprozesses. Grundlage der Arbeit soll die Auslegung des Markusevangeliums im Hinblick auf die darin vorfindlichen Geistaussagen sein. Es sind dabei zwei Aspekte zu beachten – die göttliche und die menschliche Ebene:

Erstens: Im Hinblick auf die göttliche Seite schildert das Markusevangelium die Geschichte Jesu (vgl. Mk 1,1) als Beginn der evolutiv-dynamisch verstandenen Königsherrschaft Gottes – der βασιλεία τοῦ θεοῦ.18 Die Verleihung des göttlichen Geistes an Jesus von Nazaret in der Taufe im Jordan (vgl. Mk 1,9–11) setzt dafür den schöpferischen Anfang (ἀρχή – vgl. Mk 1,1).19 Das ist – im jesuanischen Gleichniswort gesprochen – das kleine Senfkorn, das zur großen Staude heranwächst (vgl. Mk 4,30–32). So zeigt sich der irdische Jesus seit seiner Taufe (vgl. Mk 1,9–11) als Geistträger und damit als „Christus“ und „Sohn Gottes“ (vgl. Mk 1,1. 11). Es ist die bewusste theologische Entscheidung des Markus, die Vermittlung des Geistes mit dem Gedanken der Königsherrschaft Gottes im ambiguen Terminus „Anfang“ – als Zeichen des Beginns des Evangeliums und als theologische Spitzenaussage zugleich20 – bereits im ersten Vers seines Evangeliums zu verknüpfen. Im Geist verbindet sich Gott mit dem Menschen Jesus, und dieser begegnet seinen Mitmenschen. Das Offenbarungsereignis gestaltet sich als beständige Interaktion zwischen Gott und Mensch durch den geistbegabten Mittler Jesus Christus. Geist Gottes und die Person Jesu verbinden sich in ihrer Vermittlungsfunktion. Der Geistbegriff ist untrennbar mit dem Vollmachtsbegriff verbunden. Als Geistträger repräsentiert Jesus daher in seiner Person die Vollmacht – die ἐξουσία – Gottes. So zieht Jesus in Galiläa umher, lehrt, heilt und treibt im Geist Gottes Dämonen aus. Er handelt stellvertretend für Gott – wirkt also im Namen Gottes. Die Worte und Taten Jesu sind vollmächtige Zeichen der Präsenz Gottes. Zeichen als äußeres Moment und Vollmacht bzw. Geistbesitz als inneres Moment werden miteinander verbunden. Machtvolle Zeichen sind der untrügliche Ausweis göttlichen Auserwähltseins oder widergöttlicher Bevollmächtigung. In den im Geist Gottes vorgenommenen Offenbarungszeichen Jesu wird Gott anschaulich.

Zweitens: Es ist aber auch auf die menschliche Seite zu achten. Zeichen sind deutungsbedürftig, wie bereits oben angeführt. Dass es gerade auch auf die menschliche Ebene ankommt, das manifestiert sich im beständigen Verweis des Evangeliums auf die sozusagen „geistgemäße“ Interpretation der vielfältigen Zeichenhandlungen Jesu. Die Zeichen provozieren den Glauben oder Unglauben der Zeitgenossen Jesu. Die markinische Schilderung vergegenwärtigt diesen Zusammenhang markant ex negativo durch die Stimmen der Gegner Jesu: Der Selbstanspruch Christi auf Vollmacht in seinen Zeichenhandlungen erntet kräftigen Widerspruch bei Schriftgelehrten und Pharisäern (vgl. Mk 3,22–30; 8,11–13). Die Zeichen Jesu sind Offenbarungszeichen Gottes. Seine heilsame Macht wird im wahrsten Sinne des Wortes „begreiflich“. Der Geist – so kann man zusammenfassend formulieren – ist ein „wirkendes Zeichen“. Zeichen ist „Wirk-lichkeit“.

Die Anwendung von Peirces semiotischer Konzeption auf das Markusevangelium soll eine vertiefte Reflexion im Hinblick auf den offenbarungs- und schöpfungstheologischen wie den soteriologisch-christologischen Zusammenhang leisten. Dabei ist auf zwei Aspekte Wert zu legen: Zum einen ist der formale Aspekt zu betrachten: Durch den triadischen Zeichenbegriff lässt sich die Erzählgattung „Evangelium“ in ihrem Offenbarungscharakter auf der Mikro-, Meso- wie vor allem Makroebene profilieren. Aus hermeneutischem Fokus kann der geschilderte semiotische Ansatz von Peirce das mit dem epiphanen Charakter des Markusevangeliums verbundene Schweigegebot als zyklische Struktur bekräftigen und vertiefen. Das Markusevangelium kann dann in seinem Verweisungscharakter der Relecture bestätigt werden.21 Zum zweiten erfolgt die Deutung unter dem materialen Aspekt: Das Zeichenmodell von Peirce expliziert den theologischen Kernbegriff der „Vollmacht“, so dass die Jesusgeschichte noch deutlicher als Heilsgeschichte und damit als „Geistgeschichte“ begriffen werden kann.

4.2. Zeichen und Geist

Der Geist erschließt sich – als Ruf Gottes –, und er muss erschlossen werden – als menschliche Antwort. Offenbarung ist Kommunikation, die zeichenhaft begegnet und Deutung einfordert. Die Jesusgeschichte ist Heilsgeschichte, und sie wiederum ist „Geistgeschichte“. Der Geist stellt das Verbindend-Vereinende dar; er ist dynamisch-relational zu bestimmen. Der Geistbegriff umfasst damit die Elemente „Wesen“, „Erscheinung“ und „Wirkung“, die in einer Beziehung zueinander stehen. Sie spiegeln die Trias von „Objekt“ oder „Ding“, „Repräsentamen“ oder „Zeichen“ und „Deutung“ bzw. „Bedeutung“ wider, die sich bei Peirce findet. Entsprechend der drei semiotischen Kategorien lassen sich die drei genannten Strukturmerkmale mit dem Vollmachtsaspekt, der den Geistbegriff strukturiert, verbinden: „Vollmacht verleihen“ stellt den „Wesensaspekt“ des Geistes dar – den Dingaspekt –, „Vollmacht ausüben“ bezieht sich auf den „Erscheinungsaspekt“ – also das Zeichenmoment – und „Vollmacht annehmen“ auf den „Wirkungsaspekt“ – die Deutung oder Bedeutung – des Geistes.

 

So kann eine triadische Matrix erstellt werden, die sich als Ebenenmodell präsentiert – die Mikro-, die Meso- sowie die Makroebene. Die Mikroebene bezieht sich auf das einzelne Sprachzeichen, die Mesoebene auf die Perikope und die Makroebene nimmt das Evangelium als Ganzes in den Fokus. Jede dieser Ebenen ist in sich wiederum triadisch gegliedert. Offenbarungszeichen sind also Geistzeichen, und diese sind zugleich Vollmachtszeichen. Das gesamte Markusevangelium lässt sich daher unter dem expliziten oder impliziten Leitmotiv des „Geistes“ (πνεῦμα) bzw. der „Vollmacht“ (ἐξουσία) – verbunden oder verstärkt durch den Begriff „Vertrauen“ bzw. „Glaube“ (πίστις) – in drei Abschnitte teilen, die mit den Peirce’schen semiotischen Kategorien von „Ding“, „Zeichen“ und „Bedeutung“ korrespondieren. Auf der Makroebene weist das Markusevangelium also eine klare triadische, narrative Struktur auf. Dem Dingaspekt entspricht die Bevollmächtigung Jesu im Taufakt, dem Zeichenmoment die Szenen, in denen Jesus als Lehrer und Wundertäter auftritt, und der Bedeutungsaspekt beschäftigt sich mit den Berichten über Tod und Auferstehung Jesu. Auffällig ist, dass der Ding- wie der Bedeutungsaspekt die göttliche Ebene – die göttliche Intervention – repräsentieren (Geistsendung Jesu, Auferstehung Jesu), während die übrigen Szenen, die das irdische Wirken des Mannes aus Nazaret schildern, auf die menschliche Ebene verweisen – die Reaktionen der Menschen auf die Wort- und Tatzeichen Jesu. Hier ist das Zeichenmoment, das die Vollmacht Jesu umschreibt – in Peirces Diktion die „Darstellung“ („representation“) –, angesprochen. Wie man der Aufstellung der Episoden entnehmen kann, bilden die Kategorien von „Ding“ (vgl. Mk 1,9–13) und „Bedeutung“ (vgl. Mk 15,33–39; 16,1–8) einen engbegrenzten Rahmen, der Gesichtspunkt „Zeichen“ entfaltet sich hingegen in einer ausführlichen erzählerischen Darstellung. Zur genauen Bearbeitung sollen aus dem Markusevangelium paradigmatische Szenen ausgewählt werden, die nachstehend aufgezählt und knapp kommentiert werden:

1. Makroebene: „Vollmacht verleihen“ (Dingaspekt und Wesensaspekt):

Meoebene MK 1,9–11; 1,12f. (vgl. Tabelle 1 unten):

Begonnen werden soll mit den beiden Perikopen über die Taufe und Versuchung Jesu, die in einem inneren Zusammenhang stehen und ein kompositorisch-theologisches „Diptychon“ ergeben (vgl. Mk 1,9–13), das die Aussage verstärkt. Die wesentlichen Strukturelemente werden den Aspekten „Ding“ („Taufe Jesu im Jordan“ – „Gang Jesu in die Wüste“), „Zeichen“ („Herabkunft der Taube / des Geistes“ – „Versuchung Jesu durch den Satan“), „Bedeutung“ („Stimme Gottes [Verheißung]“ – „eschatologische Szene [Erfüllung: Tierfrieden, Engelsdienst“) zugeordnet. Entsprechend ist mit den übrigen Perikopen zu verfahren.

2. Makroebene: „Vollmacht ausüben“ (Zeichenaspekt und Erscheinungsaspekt:)

Auf dieser Ebene sollen paradigmatisch für die unterschiedlichen Zeichenformen Jesu jeweils ein Streitgespräch, ein Exorzismus, eine Wunderheilung sowie die Totenauferweckung der Tochter des Jaïrus besprochen werden. Auch diese Szenen lassen sich, wenn sie nicht schon ohnehin – wie im Fall von Mk 5,21–43 – als Doppelperikope konzipiert sind, als Diptychon darstellen.

Mesoebene 1: Mk 3,22–30; 5, 1–20 (vgl. Tabelle 2 unten):

Dem Dingaspekt zuzuweisen sind folgende Komponenten: „Bestreiten der Vollmacht Jesu durch die Schriftgelehrten“: „widergöttliche Macht“ – „Bezeugen der Vollmacht Jesu durch die Dämonen“: „göttliche Macht“. Hinsichtlich des Zeichenaspektes gilt: Die Gleichnisrede Jesu steht den Zeichen der Besessenheit – den „Zeichen des Unheils“ – und den Zeichen des Exorzismus – den „Zeichen des Heils“ – entgegen. Den Bedeutungsaspekt repräsentiert das Element „Erweis der Vollmacht.

Mesoebene 2: MK 5,21–43 (vgl. Tabelle 3 unten):

Die Doppelperikope gliedert sich in semiotischer Hinsicht wie folgt: Dem Dingaspekt entsprechen zum einen die Strukturmerkmale des Herantretens des Jaïrus an Jesus mit der Bitte um Heilung der todkranken Tochter sowie der durch die Boten überbrachte Tod des Mädchens und zum anderen die Beschreibung der Krankheit der Frau, das heimliche Herantreten der Frau an Jesus sowie das Verhalten der Frau nach der Entdeckung der Wunderheilung. Der Zeichenaspekt kommt in einer Reihe von Kennzeichen zum Ausdruck: „Berührung des toten Kindes durch Jesus“ – „Berührung des Gewandes Jesu durch die kranke Frau“, „Erweckung der Tochter des Synagogenvorstehers durch Jesus“ – „Heilung der Frau durch Jesus“. Hinsichtlich des Bedeutungsaspektes stehen die Elemente „Appell zum Glauben“, „Reaktion Jesu“, „Unverständnis des Hausstandes“, „Rückkehr des Mädchens ins Leben“, „Schrecken der Zeugen“ und „Schweigegebot Jesu“ parallel zur „Überlegung der Frau“, zur „Reaktion Jesu“, zum „Unverständnis der Jünger“, zum „Lob des Glaubens der Frau durch Jesus“ und zum „Wegschicken der Frau“.

3. Makroebene: „Vollmacht annehmen“ (Bedeutungsaspekt und Wirkungsaspekt):

Mesoebene: MK 15,33–39; 16,1–8 (vgl. Tabelle 4 unten):

In diesen Perikopen, die ein Diptychon bilden, sind zu untersuchen: Der Dingaspekt wird einerseits durch das Element „Finsternis“ (mit den additiven Momenten „Verlassenheitsruf Jesu“ sowie „Spötter unter dem Kreuz“) und andererseits durch das Motiv der „Sonne“ repräsentiert. Der Zeichenaspekt findet sich zum einen in den Aspekten „Jesu Aushauchen des Geistes“ und „Zerreißen des Tempelvorhanges“ und zum anderen in den Komponenten „weggerollter Stein“ sowie „sitzender Engel / leeres Grab“ wieder. Das „kurze Deutewort des Hauptmanns“ und das „lange Deutewort des Engels“ sowie die „Reaktion der Frauen“ bilden das Bedeutungsmoment.

Die erwähnten Szenen sind nach diesem formalen triadischen Analyseraster zu analysieren und zu interpretieren. Neben dem semiotischen Moment finden sich – wie dargestellt – im Konzept des späten Peirce die Gesichtspunkte des „Wissenskontextes“ („common consciousness“) und des „Gebrauchskontextes“ („collateral experience“ / „collateral observation“) als Ergänzung zum Bedeutungsaspekt – dem Interpretantenbezug. Diese kommunikationstheoretischen Elemente reflektieren das Verhältnis zwischen Sender und Empfänger einer Botschaft – also auch zwischen Autor und Leser eines Textes – und bilden damit die dyadische Struktur des Kommunikationsprozesses ab. Das Thema „Kontext“ soll in der vorliegenden Untersuchung aber nicht behandelt werden, da es meines Erachtens im komplexeren semiotischen Modell bereits vollumfänglich erfasst ist, so dass keine neuen Ergebnisse zustande kämen und die Darstellung dadurch redundant wäre.


Mesoebene: Mk 1,9–11 Mesoebene: Mk 1,12f.
Ding: Taufe Jesu im Jordan (vgl. V. 9) Ding: Gang Jesu in die Wüste (vgl. V. 12)
Zeichen: Herabkunft der Taube / des Geistes (vgl. V. 10) Zeichen: Versuchung Jesu durch den Satan (vgl. V. 13a)
Bedeutung: Stimme Gottes (Verheißung) (vgl. V. 11) Bedeutung: eschatologische Szene (Erfüllung: Tierfrieden, Engelsdienst – vgl. V. 13b. c)

Tabelle 1:

1. Makroebene („Vollmacht verleihen“): Dingaspekt / Wesensaspekt (des Geistes): Mk 1,9–13 (Doppelperikope / Diptychon)


Mesoebene: Mk 3,22–30 Mesoebene: Mk 5,1–20
Ding: Bestreiten der Vollmacht Jesu (Wundertätigkeit: Exorzismus) durch die Schriftgelehrten (vgl. V. 22): widergöttliche Macht Ding: Bezeugen der Vollmacht Jesu (Wundertätigkeit: Exorzismus) durch die Dämonen (vgl. VV. 6–7. 10): göttliche Macht
Zeichen: Gleichnisrede Jesu (vgl. VV. 23–27) Zeichen: Zeichen des Unheils (vgl. VV. 2–5), Zeichen des Heils (vgl. VV. 8–9. 11–13)
Bedeutung: Erweis der Vollmacht (vgl. VV. 28–30) (Heiliger Geist – vgl. V. 29a) Bedeutung: Erweis der Vollmacht (Flucht, Schrecken, Furcht – vgl. VV. 14–17, Verkündigung – vgl. VV. 18–20 – und Erstaunen – vgl. V. 20)

Tabelle 2:

2. Makroebene („Vollmacht ausüben“): Zeichenaspekt / Erscheinungsaspekt (des Geistes): Mk 3,22–30; 5,1–20 (Diptychon)


Mesoebene: Mk 5,21–24a. 35–43 Mesoebene: Mk 5,24b-34
Ding: Herantreten des Jaïrus an Jesus und Bitte um Heilung der todkranken Tochter (vgl. V. 22f.), Tod des Mädchens (vgl. V. 35) Ding: Krankheitsbeschreibung (vgl. V. 25f.) und Herantreten der Frau an Jesus (vgl. V. 27a), Verhalten der Frau nach Entdeckung der Wunderheilung (vgl. V. 33)
Zeichen: Berührung des toten Kindes durch Jesus (vgl. V. 41), Erweckung der Tochter des Synagogenvorstehers durch Jesus (vgl. V. 41) Zeichen: Berührung des Gewandes Jesu durch die kranke Frau (vgl. V. 27b), Heilung der Frau durch Jesus (vgl. V. 29)
Bedeutung: Appell zum Glauben (vgl. V. 36), Reaktion Jesu (vgl. VV. 39. 40b), Unverständnis des Hausstandes (vgl. V. 40a), Rückkehr des Mädchens ins Leben (vgl. V. 42a. b), Schrecken der Zeugen (vgl. V. 42c), Schweigegebot Jesu (vgl. V. 43a) Bedeutung: Überlegung der Frau (vgl. V. 28), Reaktion Jesu (vgl. VV. 30. 32), Unverständnis der Jünger (vgl. V. 31b. c), Lob des Glaubens der Frau durch Jesus und Wegschicken der Frau (vgl. V. 34)

Tabelle 3:

2. Makroebene („Vollmacht ausüben“): Zeichenaspekt / Erscheinungsaspekt (des Geistes): Mk 5,21–43 (Doppelperikope / Diptychon)


Mesoebene: Mk 15,33–39 Mesoebene: Mk 16,1–8
Ding: Finsternis (vgl. V. 33), Verlassenheitsruf Jesu (vgl. V. 34), Spötter unter dem Kreuz (vgl. V. 35f.) Ding: Sonne (vgl. VV. 1–2)
Zeichen: Jesu Aushauchen des Geistes (vgl. V. 37), Zerreißen des Tempelvorhanges (vgl. V. 38) Zeichen: weggerollter Stein (vgl. VV. 3–4), sitzender Engel / leeres Grab (vgl. V. 5)
Bedeutung: Deutewort des Hauptmanns (kurzes Deutewort) (vgl. V. 39) Bedeutung: Deutewort des Engels (Deuteengel) (langes Deutewort) (vgl. V. 6f.), Reaktion der Frauen (vgl. V. 8)

Tabelle 4:

3. Makroebene („Vollmacht annehmen“): Bedeutungsaspekt / Wirkungsaspekt (des Geistes): Mk 15,33–39; 16,1–8 (Doppelperikope / Diptychon)