Ein Anwalt zum Verlieben

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Ein Anwalt zum Verlieben
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Sarah Jenkins

Ein Anwalt zum Verlieben

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Ein Anwalt zum Verlieben

Impressum neobooks

Ein Anwalt zum Verlieben

Herrgott, das darf nicht wahr sein! Wo ist jetzt der verflixte Schlüssel? Ich dreh durch! Und wo ist der Reisepass, wo ist der verdammte Reisepass? Ich könnte schwören, dass ich ihn auf den Tisch gelegt habe. Menschenskinder, ich werde wahnsinnig!

Mia Schmollendorf wuselte durch ihre kleine Anderthalbraumwohnung. Sie war gerade auf dem Weg nach Lanzarote und in wenigen Augenblicken würde das Taxi da sein, um sie zum Flughafen zu fahren.

Es lag noch keine achtundvierzig Stunden zurück, dass sie ihre Lehre als Rechtsanwaltsgehilfin abgeschlossen hatte, was sie, wenn sie ehrlich war, selber kaum glauben konnte. Allein bei dem Gedanken daran, warum sie sich überhaupt für diese Ausbildung entschieden hatte, konnte sie über ihre Naivität nur lachen. Dieser saublöde Film mit Erin Brockovich hatte sie nämlich inspiriert. Erin aka Julia Roberts jobbte darin in einer Anwaltskanzlei, wo sie als taffe Rechtsanwaltsgehilfin dafür sorgte, dass ein Gasunternehmen wegen Trinkwasserverseuchung eine Rekordentschädigung in Millionenhöhe zahlen musste. Julia Roberts war also schuld daran, dass Mia unbedingt Rechtsanwaltsgehilfin werden wollte. Schöne Scheiße, aber so war es nun mal. Mia sah sich gern als Sprachrohr gelackmeierter Leute und liebte es, ihren übertrieben ausgeprägten Gerechtigkeitssinn zu frönen.

Tja, in der Realität sind aber Traum und Wirklichkeit zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Und so war der Traum von der ach so großen Gerechtigkeit erstmal ausgeträumt und der Alltag zog ein: Statt spannender Fälle schob Mia eine unbezahlte Überstunde nach der anderen und langweilte sich in der Kanzlei mit den Verkehrsdelikten, die sie zu bearbeiten hatte, zu Tode.

Mia Schmollendorf hatte sich während ihrer gesamten Ausbildung kein einziges Mal mit Ruhm bekleckert. Zu trocken und einseitig waren die Themen, zu hochnäsig die Kolleginnen, zu theoretisch der Berufsschulalltag. … Und spätestens als durch sämtliche Gazetten ging, dass die wahre Erin Brokovich bei dem Versuch festgenommen worden war, im Vollsuff mit ihrer Yacht am Ufer anzulegen und dabei über die Reling plumpste, war Mia klar geworden, dass sie und ihre Berufsheldin offensichtlich Probleme hatten - Erin sturzbetrunken ein Boot einzuparken und Mia, nicht durch die Abschlussprüfungen zu rasseln.

Die letzten drei Jahre waren eine Krux. Natürlich gab es Themen, die sie interessierten: Alles, was mit Strafrecht zu tun hatte zum Beispiel oder Fälle mit Mord und Totschlag, de facto aber gab es über langen Strecken eher ermüdende Unterrichtsstrecken, die so dröge waren, dass sie schon bei dem Gedanken an die Theorie an Staubhusten erkrankte. Und nun, nachdem sie die mündliche Abschlussprüfung mit Hängen und Würgen bestanden hatte, wollte die fertig gebackene Rechtsanwaltsgehilfin nur noch eines: Sich für ein paar Wochen verkrümeln und die Seele baumeln lassen. Endlich raus aus dem Alltag und Sonne tanken. Der Berufsalltag würde sie noch früh genug vor den Karren spannen.

Der Sommer hatte gerade begonnen und Mia wollte bei ihrer Freundin Anne Urlaub machen und ihr ein bisschen beim Ausbau ihrer Pferdefarm helfen. Anne wohnte an der Ostküste, in Arrecife, jener wunderschönen Inselmetropole, die ihren Namen ihrer zerklüfteten Küste verdankt. Die verwinkelten Straßen der Altstadt, das maritime Flair an der Uferpromenade und der Stadthafen Charco San Gines ziehen jährlich tausende Besucher an. Aber war Arrecife wirklich der richtige Ort, um auszuspannen?

Annes Geschichten hatten die junge Frau mit den großen blauen Kulleraugen und den schokoladenbraunen Locken aufgeschreckt. Die Polizei von Arrecife hatte kürzlich eine Diebesbande ausgehoben. Bei der Aktion soll mehr herumgeballert worden sein, als in einem Actionfilm mit Sylvester Stallone, hatte Anne am Telefon berichtet. Ganz Arrecife sei in Aufruhr gewesen und bei der Jagd nach den Verbrechern seien wohl angeblich sogar Geldscheine aus einem Boot ins Meer geflattert. "Wenn ich es dir sage: Das war wie in einem James Bond Film", hatte Anne lautstark getönt und die zusätzliche Info, dass der Bandenchef auf der Flucht war, hatte natürlich nicht unbedingt dazu beigetragen, dass Mia bei ihrem Urlaubsziel leichter ums Herz wurde.

Mia war ein Persönchen, das gern mal überdramatisierte. Und dessen nicht genug war sie ein Schisser-Häschen, das hinter jedem Baum einen Verbrecher vermutete. Den Freunden ging das zwar anfangs mächtig auf den Keks, aber es blieb ihnen ja nicht anderes übrig, als sich daran zu gewöhnen, schließlich war Mia durch ihren Job und die ganzen Fälle, mit denen sie es dort zu tun bekam, ein gebranntes Kind.

Drei Jahre in einer Kanzlei: Da bekommt man schon so manche Fall-Akte zu Gesicht!

Du, der Typ ist so ein Einäugiger", hatte Anne total klischeehaft berichtet und so getan, als würde es ihr überhaupt nichts ausmachen, dass in ihrem unmittelbaren Umfeld kriminelle Machenschaften an der Tagesordnung waren. "Meine Nachbarin hat gesagt, dass der Einäugige dutzende Villen Wohlhabender ausgeräumt hat. Aber irgendwas stimmt da nicht! Der muss einen Auftraggeber haben. Das soll sich bis ganz nach oben ziehen, in höchste Kreise, Polizei, Anwälte ... Alle haben sie Dreck am Stecken, etliche Einbrüche wurden vertuscht, sie haben Akten verschwinden lassen – wie bei der Mafia! Und stell dir vor, in das Haus einer Bekannten einer Bekannten meiner Nachbarin ist auch eingebrochen worden!"

Eine Bekannte einer Bekannten. Schon klar.

Obwohl die Story komplett an den Haaren herbeigezogen klang, sprang Mias Kopfkino sofort an.

Dieser Einäugige ist bestimmt über alle Berge – bis ich da aufkreuze und ihm über den Weg laufe. Bei meinem Glück.

Mia dachte an den schlechten Zustand, in dem Annes Hof war. Sie hatte die Finca, an die zwei Nebengebäude nebst Stallungen grenzten, nur provisorisch hergerichtet. Zum Innenausbau fehlte ihr das nötige Geld. Im Wohnzimmer standen sogar zwei Eimer, weil es durch die Decke regnete und die Dielen im Flur waren so morsch, dass man froh war, dass das Haus nicht unterkellert war, weil man sonst nämlich längst nach unten gekracht wäre. Aber das alles war nichts im Vergleich zum Bad - es gab nämlich keins! Stattdessen musste man quer über den Hof schlurfen, wo am Ende ein Klohäuschen stand. Was auf Bildern, die Anne mit einem Vintage-Filter aufgewertet und bei Facebook eingestellt hatte, romantisch daherkam, war in Wahrheit eine äußerst lästige Angelegenheit. Wer hat schon Lust, mitten in der Nacht auf ein dunkles Plumpsklo zu gehen? Anne hatte für das Bild von dem ach so süßen Bretterhäuschen dutzende Likes erhalten: oh wie süß! Oh, wie in alten Zeiten – und sogar mit Herzchen! Hey, wie abenteuerlich!

Und abenteuerlich war es in der Tat! Gruselig war die passendere Beschreibung, erst recht, weil für Mia die potentielle Gefahr bestand, auf dem Weg zum Plumpsklo dem Einäugigen zu begegnen. Möglicherweise versteckt sich der Verbrecher in dem Plumpsklo und würde sie, sobald sie draufsaß, nach unten reißen. Und das, um bei der Realität zu bleiben, wäre gleich doppelt beschissen!

Mia hatte einige Male überlegt, den Trip abzusagen. So ausgeschmückt und filmreif Anne ihr von der Polizeiaktion berichtet hatte, sah sie ihre Sorgen begründet. Obschon sie froh war, dass Anne nicht zu den vermögenden Leuten auf der Insel gehörte, war sie sicher, dass man eine Geschichte wie diese nicht mit einem lockeren Spruch verharmlosen, schlimmer noch, unter den Teppich kehren konnte. Doch Anne hatte nicht locker gelassen und Schisser-Häschen Mia tausendfach zugesichert, dass keinerlei Gefahr bestünde, wenn sie auf ihrem Bauernhof Ferien machte. Und sowieso: Die Pferde würden die Einbrecher meilenweit wittern.

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