Buch lesen: «Stalingrad - Die stillen Helden», Seite 6

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Sanitäts-Kompanien und Feldlazarett der 3. Infanterie-Division

Die 3. Infanterie-Division, die den schnellen Vorstoß auf Stalingrad Ende August 1942 mitmachte, führte außer den beiden Sanitäts-Kompanien das Feldlazarett 3 mit. Über die beiden Kompanien war wenig zu ermitteln; Divisionsarzt war Oberstarzt Dr. Paul Schmidt. Die 1. Kompanie hatte ihre Hauptverbandplätze in der Donsteppe vom 1. bis zum 8. August 1942 in verschiedenen Dörfern, zuletzt in Ossinowskoje; beim schnellen Vorstoß bezog sie am 25. August ihren HVP in Wertjatschij. Der Name des Kompaniechefs war von mir nicht festzustellen; weitere Ärzte waren Dr. Kurt Oppers79, der im Oktober 1940 zu dieser Sanitätseinheit versetzt wurde und als Zugführer eingesetzt war, Assistenzarzt Dr. Hermann Breite80, Dr. Heinrich Moos81, als Chirurg Dr. Bernd Rarei82, Dr. Friedrich Schirrmeister83; von der Übergabe des HVP am 23. Januar 1943 berichtete Oberarzt Dr. Hühne.


Dr. Bernd Rarei

Von der 2. Sanitäts-Kompanie konnte ich keinen einzigen Angehörigen ermitteln. Allerdings konnten zwei Ärzte keiner der beiden Kompanien zugeordnet werden: Oberarzt Dr. von Lüttwitz84 und Stabsarzt Dr. Schulze-Gabler85. Die Einheit erreichte noch vor der 1. Kompanie Stalingrad und eröffnete ihren Hauptverbandplatz am 26. August 1942 etwa fünf Kilometer westlich der Wolga und zwölf Kilometer vor Stalingrad an der Straße Orlowka-Jesowka in der Nähe einer landwirtschaftlichen Milchfarm. Ende September wurde der HVP in die Talowoj-Schlucht in der Nähe der Bahnlinie Werpenowo-Gumrak verlegt.


Dr. Bruno Geisler, Chef des Feldlazaretts 44

Im Oktober 1942 rückte ein Vorauskommando des Feldlazaretts 3 unter Stabsarzt Dr. Otto Zillessen86 nach Werchne Kumojarski am unteren Don. Außer ihm war der Sanitätsfeldwebel Martin Kade87 einer der wenigen Angehörigen der Sanitätseinheiten der 3. Division, die Stalingrad überlebten. „Die Soldaten der Division kamen aus Brandenburg. Unser Lazarett hatte ungefähr 75 Mann, von denen ich wohl der einzige bin, der noch lebt.

Unser Chef war Dr. Geisler88; in Dibolds Buch wird er als Augenarzt beschrieben, er war aber Internist. Er kam aus Müncheberg bei Berlin. Er hatte sich nur für Augenkrankheiten interessiert. Das war der erste Zug unseres Feldlazaretts. Im zweiten Zug waren wir, sozusagen die chirurgische Abteilung. Dort war Dr. Martin89 aus Fürstenwalde, der war unser erster Chirurg. Es gab dann noch einen Oberarzt Dr. Bartoleit, ein ganz lieber Mensch, der, glaube ich, im Kessel nicht mehr dabei war. Er hatte ein trauriges Schicksal: Er hat sich bei Kriegsende erschossen und seine ganze Familie, obwohl er kein Nazi war. Es gab ja viele Leute, die dachten, jetzt sei die Welt zu Ende.

Zunächst waren wir in der Zariza-Schlucht eingesetzt. In dieser Schlucht eröffneten wir unser Lazarett in den Löchern, in den Höhlen. Wir hatten zwar Feldbetten, aber in diesen Höhlen wurden primitive Pritschen gebaut. Unser Zug hatte dort wieder die Versorgung der Verwundeten; die anderen hatten Aufgaben wie Transport und die Besorgung der Verpflegung sowie die Beerdigung der Toten. Meist lagen bei uns Verwundete, so etwa 100; Kranke hatten wir nicht allzu viele.

In unserem Lazarett arbeiteten auch zwei russische Hiwis, einer aus Usbekistan, der hieß Alem, ein ganz lieber Kerl, und der andere war ein Moskauer, der sprach ganz gut deutsch; ich nehme an, er war Lehrer. Mit dem hatte ich noch am Schluß, bevor es in die Gefangenschaft ging, ein langes Gespräch: Er erzählte mir, es sei wie beim Schachspiel. Wer nachher die letzte Figur habe, der habe den Krieg gewonnen. Alle hatten Angst, denn sie wußten ja, wie es ihnen gehen würde. Ich weiß nicht mehr, wo sie geblieben sind; zum Schluß waren sie nicht mehr dabei.

An den Nachtmarsch nach Stalingrad hinein kann ich mich sehr gut erinnern. Wir mußten das Lazarett aufgeben, und ein Mann von uns – ein Sanitäter, der dazu eingeteilt wurde – blieb bei den Kranken und Verwundeten, die wir leider zurücklassen mußten, weil wir sie nicht transportieren konnten. Wir konnten uns auch mit den Verwundeten nicht belasten, weil wir nicht wußten, ob wir in Stalingrad überhaupt ein Lazarett aufmachen konnten. Von den Zurückgebliebenen haben wir nie wieder etwas gehört!“90


Dr. Albert Lünhörster

Weitere Ärzte des Feldlazaretts 3 waren Assistenzarzt Dr. Albert Lünhörster91 und Unterarzt Dr. Fritz Hase92. Zahnarzt war Oberarzt Dr. Schäfer93.

Das Armeefeldlazarett 1/542

Über das Lazarett berichtet Dr. Gerhard Steinberg94: „Nach meiner Tätigkeit in der Armee-Sanitätskompanie 2/541 wurde ich zum Armeefeldlazarett 1/542 der 6. Armee versetzt. Die Einheit war gut beweglich; die Gesamtstärke betrug 75 Mann. Der Einsatz erfolgte wie bei einem Divisionslazarett. Im März 1941 wurden wir in den Osten im Raum von Lublin verlegt und bereiteten uns auf die schlechten hygienischen Verhältnisse vor. Beispielsweise schafften wir bewegliche Duschanlagen, behelfsmäßige Entlausungsanlagen u. a. an. Das Feldlazarett war mit Fachärzten – Chirurgie, HNO, Augen, Innere – besetzt. Dadurch eröffneten sich viele Möglichkeiten. Das fachärztliche Gerät war vollständig und in ausreichendem Maße vorhanden.

In der Anfangszeit erfolgten Einsätze in kleinen Krankenhäusern. Hier wurden für die späteren Einsätze Bettstellen und Matratzen sichergestellt und in einem Beutefahrzeug mitgeführt. Dies erwies sich später als sehr günstig für die Versorgung der Schwerverwundeten und Schwerkranken. In der Schlammperiode wurde das Lazarett getrennt und dann im Winter ein Auffanglazarett vorwiegend für Erfrierungen im Raum Belgorod eingerichtet. 1942 ging es mit der 6. Armee Richtung Stalingrad. Wir hatten immer nur kurzdauernde überschlagende Einsätze mit Divisionslazaretten.“

Die Hauptverbandplätze lag Anfang August 1942 bei Rossosch/Bezirk Rostow; Mitte bis Ende Oktober betrieb das Lazarett eine Krankensammelstelle bei Kalatsch. „Die Erkundung einer größeren Einsatzmöglichkeit zwischen Don und Wolga führte in eine Sowchose im Raum Karpowka. Das Lazarett nahm immer größere Ausmaße an; daher kam Unterstützung durch Ärzte und Sanitätspersonal der Kriegslazarettabteilung sowie Personal einer Truppenentgiftungs-Kompanie. Gleichzeitig wurden von der Kriegslazarettabteilung vier Schwestern kommandiert, die aufopferungsvolle Arbeit leisteten und den Abteilungen ihren Stempel aufdrückten. Sie wurden unterstützt von zehn Ukrainerinnen, die von Sumy aus das Lazarett begleiteten und in der Betreuung und Pflege von Verwundeten wertvolle Arbeit leisteten. Dazu kamen noch Hiwis95, die als Krankenträger und zur Unterstützung der Handwerker u.a. eingesetzt wurden. Ohne die Hilfe der Ukrainer und Russen wäre die anfallende Arbeit nicht zu schaffen gewesen!


Dr. Hans Werner Bötticher, Chirurg im Feldlazarett 1/542

Die zeitweise Belegung des Lazaretts betrug bis zu 1000 Verwundeten; dazu wurde im Laufe von zwei Monaten ein Friedhof mit fast 1000 Gräbern angelegt. Wichtig war der Transport in das rückwärtige Gebiet, der von den Flugplätzen in der Umgebung erfolgte und dadurch möglich war, daß zwischen Lazarett und diesen Plätzen enge Verbindungen bestanden.“96

Oberarzt Dr. Hans-Werner Bötticher97 berichtet: „Das motorisierte Feldlazarett 1/542 war 1939 in Dresden aufgestellt worden; alle Sanitäter waren Sachsen. Die anderen Armeefeldlazarette stammten aus Berlin, Brandenburg und Magdeburg. Wir waren insgesamt 142 Mann, darunter zwei Internisten, zwei Zahnärzte, zwei Pfarrer und ein Zahlmeister; unser Chefarzt war Dr. Schöne98. Er war zwar Chirurg, operierte aber nie und half auch nicht bei den Operationen. Ich war der Chirurg; der zweite Chirurg, Dr. Schneider aus Zwickau, war kein Facharzt, sondern praktischer Arzt, der ein wenig Chirurgie betrieben hatte. Für mich war das sehr ungünstig, da ich alle größeren Operationen allein ausführen mußte. Er assistierte mir nicht, sondern arbeitete selbständig. Bei diesem Lazarett war ich seit dem Frankreichfeldzug; es unterstand immer der 6. Armee. Lagen wir in Ruhestellung, wurde ich immer sofort zu einem der anderen Feldlazarette unserer Armee geschickt. Wir sollten dann in Jugoslawien eingesetzt werden, wurden dann aber nach Österreich und anschließend nach Rußland verlegt.


Dr. Konrad Schöne, Chef des Feldlazaretts 1/542

In die Gegend von Stalingrad gerieten wir praktisch ohne Kampf. Das Lazarett wurde im September 1942 in einer Kolchose bei Karpowka eingesetzt. Die Verwundeten lagen in ehemaligen Kuhställen, die gut vorbereitet und recht sauber waren. Wir hatten viele Feldbetten, sogar richtige Olympia-Betten aufgestellt. Unser Lazarett war mit Instrumenten und Verbandmaterial gut versorgt. Alles war komplett; es gab gute Op-Leuchten mit Batterien. Unsere Köche waren hervorragend. Die Gebäude waren mit etwa 200 bis 300 Patienten belegt. Die Verwundeten wurden zum Heimtransport mit Kähnen über den Don gefahren, da keine Brücke heil war; auf der anderen Seite warteten schon deutsche Lazarettzüge auf Gleisen, die schon umgespurt waren. Einmal belud ich selbst einen Lazarettzug mit über 300 Verwundeten.

Im Feldlazarett arbeiteten mehrere Rotkreuzschwestern. Zwei sehr nette Op-Schwestern waren schon seit einem ¾ Jahr bei uns. Da ich sie aber nicht als solche beschäftigen konnte, weil ich schon eingearbeitete Sanitäter hatte und so viel operieren mußte, setzte ich sie wie Ärzte ein, denn so konnten sie sich um die Verwundeten kümmern. Beide, sehr liebe Mädchen, erledigten ihre Aufgaben hervorragend. Sie mußten bei der Kesselbildung ausgeflogen werden. Der Verwundetendurchgang war enorm; ich konnte immer nur ein paar Stunden schlafen, dann ging’s schon wieder los. Die Narkosen machte einer der Zahnärzte. Wir begannen grundsätzlich mit intravenösem Evipan und machten mit Äther weiter, so daß die Patienten sofort schliefen und ich schnell mit der Operation beginnen konnte. Die Pflege wurde von den guten Sanitätern wahrgenommen. Beratender Chirurg war Prof. Kuntzen; er geriet aber nicht in den Kessel und schickte statt dessen Prof. Gross als seinen Nachfolger. Eines Tages erschien auch Generalarzt Dr. Renoldi, ein sehr unangenehmer Vorgesetzter! Er hatte eine kleine Verletzung und wollte von mir das Verwundeten-Abzeichen haben. Da das Ganze nicht nach einer Verwundung aussah, weigerte ich mich. Er haute dann sehr rasch wieder ab. In den letzten Tagen in Karpowka bekam ich noch Typhus und war damit bis Weihnachten arbeitsunfähig. Unser Internist Dr. von Drigalski99, der mich auch gegen Fleckfieber impfte, behandelte mich.“100


Dr. Karl Ludwig Schober

Auch Dr. Schober101 arbeitete in diesem Lazarett: „Am 4. November 1942 wurde ich von meinem Lazarett 3/542, welches etwas westlich des Don in Ruhe lag, zum Feldlazarett der 76. Division nach Karpowskaja kommandiert. Da aber in der Nacht vor meiner Ankunft die Einrichtungen dieser Einheit unter großen Verlusten fast völlig zerstört waren, brachte sie alle Verwundeten zum Abtransport. Ich blieb also nur drei Tage zu Gast und wurde dann weitergeleitet an das 1. Feldlazarett, ein Schwesterlazarett meiner Einheit aus der 6. Armee. Ich kam nach Karpowka, wo das Lazarett in einem großen Sowchos untergebracht war, und wurde der chirurgischen Gruppe meines väterlichen Freundes N.102 zugeteilt. Wenige Tage später sollte nun mein Stammlazarett auch eröffnet werden, und ein Arzt vom Feldlazarett 1 wurde zu meiner Einheit kommandiert. Das konnte natürlich nur ein Irrtum sein. Denn es wäre viel einfacher gewesen, mich zu meinem Haufen zurückzuschicken; dann wäre jeder an seinem Fleck geblieben. Mein neuer Chef, der Oberstabsarzt Schöne aus Merseburg, sah das auch ein und telefonierte mit dem Armeearzt. Aber dort war man stur und es hieß: Befehl ist Befehl, Schober bleibt in Karpowka und L. fährt nach Katschalinskij103 zum Feldlazarett 3/542. Und L. fuhr über Kalatsch nach Westen. Am Morgen des 20. November passierte er die Donbrücke, und am Nachmittag waren die Russen in Kalatsch. Er war draußen und ich saß im Kessel.“104


Dr. Günther Kitzig

Der zweite Internist des Feldlazaretts 1/542 war Dr. Zartmann105, weitere Ärzte Stabsarzt Dr. Laurösch106 und Dr. Günther Kitzig107, der noch aus dem Kessel ausgeflogen wurde. Zahnärzte waren Dr. Plömacher108, der wegen Diphtherie schon im Dezember 1942 aus dem Kessel ausgeflogen wurde, und Dr. Ludwig109. Pfarrer war Dr. Kessler110, der seit dem 8. Januar 1943 vermisst ist. Zahlmeister war Otto Linke111, vermisst seit dem 20. Januar 1943.

Die Sanitätseinheiten der 44. Infanterie-Division

Auch die 44. Infanterie-Division führte neben den zwei Sanitäts-Kompanien ein Feldlazarett mit. Chef der 1. Sanitäts-Kompanie war Oberstabsarzt Dr. Helmuth Scholz112; weitere Ärzte: Oberarzt Dr. Fritz Steiner113, die Brüder Dres. Adolf und Rudolf Pölzer114 und der Zahnarzt Dr. Ludwig Lermer115. Chef der 2. Sanitäts-Kompanie seit dem 13. August 1942 war Stabsarzt Dr. Hans Unger116. Als weitere Ärzte wurden noch Stabsarzt Dr. Fröhlich117 und Dr. Schuppler118 erwähnt.


Dr. Ludwig Lermer

Feldflugplatz in der Donsteppe

Dr. Dibold: „Das Feldlazarett 44 war vom damaligen Oberstabsarzt und späteren Generalarzt Dr. Max Rummler, einem Facharzt für Chirurgie, im August 1938 in der Dietrichschule in Wien III aufgestellt worden; die Sanitätsdienstgrade wurden im Rainerspital in Wien ausgebildet. Der Sommervormarsch in die Steppe am Don brachte tropische Situationen, die Erfahrene an den Abessinien-Krieg erinnerten; bald aber kamen die kalten Herbstnächte und die Schwierigkeiten ärztlicher Art. Die 1. Sanitätskompanie hatte sich einen komplizierten unterirdischen Bau in der Golubaja-Schlucht errichtet, die 2. Kompanie lag auf der sogenannten ‚Molkerei‘ auf den Donhöhen südlich von Ssirotinskaja, das Feldlazarett 44 südlich der Golubajaschlucht in Nejdenow119 in einer Kolchose oder Sowchose. Durch die Gelbsuchtepidemie kam es zu Raummangel. Auf der ‚Molkerei‘ fand ein Symposium der Sanitätsoffiziere über Nierenerkrankungen und Wassersucht statt. Die Ausführungen waren von einer gewissen Trauer getragen, die den Beteiligten bald verständlich wurde: Der Durchbruch der Sowjets im Westen beendete die Wintervorbereitungen – die Stellungen gingen in Flammen auf!

Die Verwundeten wurden befehlsgemäß nach Osten über den Don geführt. Zuerst wurde die Brücke bei Lutschinskoje erkundet und für den Durchzug freigegeben, dann aber die bei Akimowskij benützt, die schon unter Beschuß lag. In Peskowatka wurde ein kleiner Feldflugplatz eingerichtet, der dortige Verbandplatz von der 76. Infanteriedivision übernommen und gegen den Durchstoß der Sowjets von Süden her gehalten. Dabei fiel Leutnant Ernst Bayr, der von 132 als Zahnarzt zur Einheit gekommen war. Er wurde mit einem Kopfschuß in den Dünen tot aufgefunden.

Von Peskowatka wurden die Zelte der 2. Sanitätskompanie zu ihrem letzten Einsatz auf den Flugplatz Pitomnik gebracht und dienten dort, immer mehr zerfetzt über vereisten Splittergräben stehend, dem Aufenthalt der zum Abtransport oder Sterben bestimmten Verwundeten und Kranken.“


Dr. Carl Otto Marckstadt, Chef des Feldlazaretts der 44. I.D.

Chef des Feldlazaretts der 44. Infanterie-Division seit dem 1. März 1942 war Oberstabsarzt Dr. Carl Otto Marckstadt120. Er berichtet über den Vormarsch: „Dunstig war die Luft. Mann und Wagen sahen in der heißen Septembersonne wie bepudert aus, als wir uns mit den Fahrzeugen unseres motorisierten Lazaretts durch den Kalkstaub der Don-Steppe wühlten. Durch die Furt eines Flüßchens ging es nach kurzer Pause weiter; irgendwo mußten wir ja unterkommen. Nur selten gruppierten sich die strohgedeckten Hütten der Don-Kosaken zu größeren Dörfern. Aber endlich führte uns ein unscheinbarer Weg in ein Tal, das sich schließlich weit öffnete und den Blick freigab auf eine – man kann wohl sagen – Oase in der Wüste. Vor uns lag Nejdenow, das nicht einmal auf der Fündundzwanzigtausender-Karte verzeichnet war.

Als wir dieses Kosakendorf Anfang September 1942 mit Beschlag belegten, war außer dem Feldlazarett 44 nur noch die Funkstelle einer Luftwaffeneinheit da, welche drei Häuser innehatte. Die Kosakenfrauen und einige alte Männer zeigten sich friedlich. Man rückte zusammen, richtete auch noch drei Kolchosgebäude für die Aufnahme von Verwundeten her, und nach 24 Stunden waren wir aufnahmebereit. Ich orientierte mich über die Lage der Gefechtsstände von Division und Korps. Dabei nahm ich zur Kenntnis, daß die 44. Infanteriedivision dem XI. Korps unter General der Infanterie Strecker121 zugeteilt worden war; der Name dieses Generals war mir schon aus Marienburg/Westpreußen bekannt.

Anfang Oktober 1942 fuhr ich kurz entschlossen zum Gefechtsstand des XI. Korps, der in unserer Nähe lag, um mich bei dem Chef zu melden. Dieses Zusammentreffen wurde zu einer herzlichen Begegnung. Der General erinnerte sich des 1928 verstorbenen Obersten Carl Marckstadt, meines Vaters, sehr genau; er fragte nach meinen Wünschen und Sorgen. Einige Tage später erfolgte im Feldlazarett 44 der Gegenbesuch des Generals. Der beglückende Abschluß dieses Besuchs lag in der Zusage für die Lieferung des von mir für den Operationsbunker so dringend benötigten Bauholzes durch den Korpspionierführer.

Unsere Division lag in der sogenannten Nordriegelstellung der 6. Armee am Don. Die bis nach Stalingrad und an die Wolga weit ausgreifende Nase war von deutschen Elitedivisionen besetzt. Nordwestlich von uns waren bereits ein rumänisches Korps und die Italiener in die Front eingeschoben; im Süden war es ähnlich. Der Russe griff an und wurde immer abgewiesen, hatte aber dabei doch herausbekommen, wo unsere Bundesgenossen saßen. Durch Luftaufklärung und Erdbeobachtung war deutscherseits festgestellt worden, daß die Russen gerade an diesen schwachen Punkten der Front eine rege Tätigkeit entwickelten. Sie karrten heran, was möglich war, und luden in Höhe der Rumänenstellung aus. Sie tarnten sich zwar, aber man merkte doch, wohin der Hase lief.“

Zwei neu hinzugekommene Ärzte, Dr. Burdich122 und Dr. Hackensellner123, wurden noch im November 1942 zum Feldlazarett 44 versetzt. Divisionsarzt Dr. Matzen124: „Ich steckte Dr. Burdich zunächst zusammen mit dem Unterarzt Dr. Hackensellner, der gleichzeitig mit ihm aus Wien gekommen war, zur Einarbeitung in unser Feldlazarett. Dort ließ er sich mit großem Eifer und viel Verständnis die Pflege der Verwundeten angelegen sein, die ihm anvertraut waren. Die Verhältnisse, unter denen unser Feldlazarett arbeiten mußte, waren äußerst schwierig und stellten an Ärzte und Personal härteste Anforderungen.“125

Weitere Ärzte des Feldlazaretts der 44. I.D. waren Unterarzt Dr. Rebholz126 und Assistenzarzt Dr. Fritz127 als Zahnarzt. Als Apotheker wird Hollander erwähnt, der Stalingrad überlebte.


Dr. Erwin Fritz

Sanitäts-Kompanien und Feldlazarett der 100. Jäger-Division

Die Sanitäts-Kompanien der 100. Jäger-Division lagen Anfang August 1942 beide in Wenzy, wo sie ihren Hauptverbandplatz eröffneten; am 23. August lag der HVP in Perekopskaja bei Kletskaja, während das Feldlazarett am 21. August nach Wenzy nachrückte. Währenddessen rückte die 2. San.Kp. Mitte August nach Krainij, 25 km südöstlich von Kletskaja. Chef der 1. San.Kp. war Stabsarzt Dr. Friedrich Strobel128. Als Chef wird auch Dr. Karl Julius Gruber129 angegeben; eventuell war er Nachfolger von Dr. Jordan als Chef der 2. San.Kp. Weitere Ärzte waren Oberarzt Dr. Reiner Vosen130 und Unterarzt Dr. Georg Berezniki131.

Chef der 2. San.Kp. 100 war bis Mitte November Stabsarzt Dr. Ernst Jordan132; weitere Ärzte: Dr. Anton Reisegger133, Oberarzt Dr. Robert Büttner134, Dr. Franz Finstermann135, Unterarzt Theo Grill136, Zahnarzt Dr. Hans Gnilka137 sowie Zahnarzt Dr. Walter Spiering138. Als Angehöriger einer der beiden Sanitäts-Kompanien konnte noch Stabsarzt Dr. Scherbaum139 ermittelt werden.

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