378 Dinge, die man über Remscheid wissen muss

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378 Dinge, die man über Remscheid wissen muss
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DAS BUCH:

Bewegend, beeindruckend, bestürzend, bekloppt – das ist die Geschichte der Stadt Remscheid. Der nicht ganz freiwillig in Remscheid gestrandete Rolf Steinberger begibt sich bei der Suche nach „378 Dingen, die man über Remscheid wissen muss“ auf eine spannende Reise quer durch die Seestadt auf dem Berge. Er trifft auf Brasseldiere, Hergelu’opene, Knösterer und seine große Liebe. Ein Buch voll von lesens- und liebenswerten Geschichten über die Werkzeugstadt Remscheid, zusammengetragen von Christoph Imber, der mit seiner Agentur 378meter nichts unversucht lässt, um zu zeigen, was unser Remscheid alles zu bieten hat. Wilhelm Conrad Röntgen gefällt das!

IMPRESSUM:

© 2016 Christoph Imber, www.378meter.de

Alle Nutzungsrechte dieser Ausgabe bei

JUHR Verlag, Daniel Juhr, Waldweg 34a, 51688 Wipperfürth, www.juhrverlag.de

Lektorat, Satz und Korrektorat: Daniel Juhr

Covergestaltung: Christoph Imber

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2016

Originalausgabe, 1. Auflage 2016. Das Werk ist vollumfänglich geschützt. Jede Verwertung wie zum Beispiel die Verbreitung, der auszugsweise Nachdruck, die fotomechanische Verarbeitung sowie die Verarbeitung und Speicherung in elektronischen Systemen bedarf der vorherigen Genehmigung durch den Verlag.

ISBN: 978-3-942625-35-7

Inhalt

Cover

Titel

Das Buch

Impressum

Vorwort

Remscheid

Alt-Remscheid

Innenstadt

Hasten, Honsberg, Kremenholl

Vieringhausen und Reinshagen

Lennep

Lüttringhausen

Süd

Personen

Rätselhaftes Remscheid

Echt bergisch!

Essen und Trinken

Die Remscheid-Prüfung

Finale

Nachwort

Danke!

Auflösung der Rätsel

Lesetipps

Dinge – Verzeichnis zum Nachschlagen

Vorwort

Es beginnt mit einem leichten Tröpfeln. Es kommt mir vor, als wäre es weit entfernt. Ich lausche genussvoll den ruhigen und gleichmäßigen Tönen im Hintergrund und wage es nicht, bei dem Dröhnen in meinem Kopf die Augen zu öffnen. Doch das Geräusch wird zunehmend lauter und bedrohlicher. Aus dem anfänglichen Plätschern ist ein prasselnder Wasserfall geworden, der mir mitten ins Gesicht schwappt und mich unsanft aus meinen noch gerstensaftgetränkten Träumen reißt.

Da bin ich nun also. Verkatert und nass, angekommen in meinem neuen Leben, meiner kleinen Dachgeschosswohnung mitten in einer der regenreichsten Städte Deutschlands. Das hat mir zumindest die Dame im Bürgerbüro gleich mal mit auf den Weg gegeben. Ich habe mir notdürftig aus zwei Europaletten, die mir die Vormieter im Keller hinterlassen haben, und meiner alten Matratze einen Schlafplatz gestapelt. Vom ersten Schock erholt, wische ich mir das Wasser aus dem Gesicht und nehme mir vor, das Dachfenster ab sofort nachts zu schließen.

Remscheid

Gefeuert! Aufgrund betriebswirtschaftlicher Gründe, wie es der neue Chefredakteur formulierte, musste ich meine journalistische Karriere bei einer Lokalzeitung nach vielen Jahren aufgeben. Jetzt fühlte ich mich einsam und verloren, mal wieder an einem Wendepunkt. Doch aufgeben ist nicht mein Ding, und so kam mir die Idee mit dem Dartpfeil. Es musste aus irgendeinem dieser Trashfilme in meiner DVD-Sammlung stammen. Ich warf also einen Dartpfeil auf die noch zu Schulzeiten entwendete Weltkarte, um am Ort des Treffers ein neues Leben zu beginnen. Irgendwo auf der Welt von vorne anfangen. Mein ganz persönliches Bulls Eye, das neue Leben des Rolf Steinberger. Ich träumte von freilebenden Löwen, alpinen Höhen und endlosen Urwäldern. Doch der Pfeil landete nicht etwa irgendwo auf entfernten Kontinenten, sondern schlug ziemlich genau in der Mitte Deutschlands ein. Remscheid? Wo ist das denn? Da musste ich erst mal ins Internet schauen, um ein bisschen was über mein neues Zuhause zu recherchieren.

1. Remscheid

Remscheid ist die kleinste kreisfreie Großstadt Nordrhein-Westfalens. Durch die Eingemeindung der Stadtteile Lennep und Lüttringhausen zählte Remscheid im Jahr 1929 über 100.000 Einwohner und wurde nach Wuppertal, Solingen und Leverkusen die viertgrößte Stadt des Bergischen Landes. Seit den 1880er Jahren trägt Remscheid bereits den Zweitnamen „Seestadt auf dem Berge“. Dies führt zurück auf die weitreichenden Handelsbeziehungen der Metall- und Werkzeugindustrie nach Übersee. Das Stadtgebiet Remscheids besteht auf 74,52 Quadratkilometern aus vier Stadtbezirken: Alt-Remscheid, Lennep, Lüttringhausen und Remscheid-Süd.

Hm. Hätte wohl besser kommen können. Aber auch schlechter. Ich machte mich also auf den Weg nach Remscheid. Und landete gleich am ersten Abend an der Theke einer hübschen Kneipe in der Hindenburgstraße. In Bruchteilen erhalte ich so langsam wieder meine Erinnerung an diesen ersten Abend zurück. Ich wollte mein neues Quartier etwas näher unter die Lupe nehmen, das Umfeld erkunden und frische Luft schnappen. Irgendwie muss ich mir wohl gedacht haben, dort am meisten über mein neues Zuhause erfahren zu können. Erlebnisbar oder so hieß der Laden. Ach, guck, da liegt ja noch der Flyer auf dem Boden:

2. ErlebBar

Die ErlebBar in der Remscheider Hindenburgstraße wurde 2015 eröffnet und ist als Café und Bar ein Treffpunkt mit Remscheid-Flair im Herzen Alt-Remscheids. Die Gäste können sich in der modernen und gemütlichen Atmosphäre inspirieren lassen und besondere regionale Getränke und Snacks genießen. Spezialitäten, wie der in Remscheid geröstete Kaffee, bergische Waffeln, Kottenbutter und Remscheider Bier kommen bei den Gästen gut an. Mit zahlreichen Veranstaltungen, wie einem wöchentlichen Bingo-Abend, wird in der ErlebBar immer wieder Tradition mit Moderne und einer guten Portion Heimatgefühl verbunden.

Tja waren es jetzt acht oder neun Bierchen? Ich weiß es nicht mehr genau. Aber es schmeckte, dieses in Remscheid gebraute Bier, das mir der Wirt da servierte. Mein eigentliches Ziel, mit meinem Charme aus alten Tagen die hübscheste Frau zu erobern und eine Nacht in ihrem zweifelsohne luxuriöseren Appartement zu verbringen, verlor ich an der Theke dagegen mal wieder aus den Augen. Ich weiß auch nicht mehr den Namen des älteren Herrn, den ich stattdessen dort traf, aber auf meine Frage, was man denn in Remscheid unternehmen könne, winkte er mit einem lauten Lachen ab. „Dat kannste vergessen, Rolf, hier ist der Hund begraben. Früher war dat toll hier, aber mittlerweile werden bei uns in Remscheid die Bürgersteige pünktlich um sechs hochgeklappt. Tote Hose.“ Ein, zwei fragwürdige Gestalten nickten zustimmend. Doch der junge Wirt widersprach eifrig. „Remscheid hat doch eine Menge zu bieten! Vielleicht nicht so wie Köln oder Düsseldorf, aber es gibt viel zu entdecken. Tolle Natur, viele Veranstaltungen, schöne Restaurants und Kneipen.“ Na, das ist ja ein Optimist, dachte ich mir, der will bestimmt nur sein Gebrautes loswerden. Was ihm definitiv gelang.

Beim Blick auf meine Anziehsachen, die ich nachts noch in tänzelndem Schritt quer durch den leeren Flur verteilt haben musste, kommt plötzlich meine Erinnerung zurück – als ich das Remscheid T-Shirt sehe, dass ich mir voller Begeisterung in der Kneipe kaufte. Oh Gott, das habe ich ja ganz vergessen. Es muss schon etwas später am Abend gewesen sein, als ich mit dem Wirt eine Wette einging, die ich bei näherer Betrachtung eigentlich nur verlieren kann. Beim Weg ins Bad finde ich in meiner schwarzen Motorradjacke das entsprechende Schriftstück:

 

Hiermit gehe ich, Rolf Steinberger (42 Jahre alt, wohnhaft in der Brüderstraße, Alt-Remscheid) folgende Vereinbarung ein: Ich schaffe es, innerhalb von vier Wochen 378 (in Worten: dreihundertachtundsiebzig) Dinge zu finden, die man über Remscheid wissen muss, und diese zu Papier zu bringen. Im Fall eines Gewinns wird diese Sammlung in einem Buch im JUHR Verlag veröffentlicht und Rolf Steinberger bei der Agentur 378meter als Mitarbeiter auf Lebenszeit beschäftigt.

Oh Mann: Ich wette ja des Öfteren mal um ein Bier oder ein paar Euro, aber so eine Wette habe ich in meinem Leben noch nicht abgeschlossen. Ich erinnere mich wieder, wie man mich an der Theke beklatschte, mir alle zujubelten und ich schließlich Korn auf Korn spendiert bekam.

Rolf Steinberger packt das, Rolf Steinberger hat es drauf. Wenn nicht Rolf Steinberger, wer dann? Das sage ich mir unter der Dusche immer und immer wieder auf. Auch wenn ich in diesem Kuhdorf wirklich nicht alt werden möchte, den Arbeitsplatz in dieser Bar könnte ich in der Tat erst mal ganz gut gebrauchen. Und ein eigenes Buch? Das könnte der Start einer großen Karriere werden! Wie ein neuer Mensch komme ich aus der Dusche und beginne gleich mit meiner Recherche.

3. 378 Meter

Der höchste Punkt Remscheids befindet sich auf dem Brodtberg am Hohenhagen auf 378,86 Metern im Stadtteil Remscheid-Süd. Er ist keine besonders große Erhebung, der nebengelegene Stadtteil Lennep liegt bereits auf 370 Metern Höhe. Trotzdem ist der Remscheider Brodtberg im Regierungsbezirk Düsseldorf die höchste Erhebung. Im Panorama der Stadt lässt er sich leicht durch den 70 Meter hohen Fernmeldeturm identifizieren.

Jetzt weiß ich auch, wie der Wirt auf die Zahl 378 gekommen ist. Ich hatte mich schon die ganze Zeit gefragt, was das denn nun wieder soll. Da scheint doch eine clevere Marketingidee hinter zu stecken.

Nun gilt es für mich wohl den Brodtberg zu besiegen. Auch wenn ich von Reinhold Messner gelernt habe, dass „das Gipfelglück nur ein Wunsch der Untengebliebenen ist“, so will ich es mir doch beweisen. Ich will den Berg erklimmen, nassgeschwitzt, aber voller Erfahrungen auf dem Gipfel eine Flagge hissen und Remscheid erobern. Und damit beginne ich genau jetzt. Also genau genommen nach dem Frühstück.

4. Die Perle des Bergischen Landes

Wo die Straße so bucklig, bergauf und bergab. Wo es regnet tagtäglich und das nicht zu knapp. Wo der Sturmwind dem Wanderer den Regenschirm knickt. Wo man selten am Himmel die Sonne erblickt. Da liegt eine Stadt, die ist Remscheid genannt. Und das ist die Perle im Bergischen Land.

Das Gedicht wurde von Walter Sträter verfasst und bringt wohl das auf den Punkt, was viele Remscheider über ihre Heimatstadt denken. Selbst Goethe schrieb 1774 bei einem Ritt von Düsseldorf ins Bergische Land über die betriebsame Gegend. Sie biete einen beruhigenden Anblick, „weil das Nützliche hier aus Ordnung und Reinlichkeit hervortritt“.

5. Urzeit Remscheids

Vor etwa 400 Millionen Jahren, im Zeitalter des Devons, lag auf der nördlichen Erdkugel der Urkontinent Laurussia und im Süden Gondwana. Das Gebiet Remscheids lag südlich des Äquators und auf dem Grund eines tropischen Meeres. Im Bergischen Land wurden zahlreiche Fossilien von Amoniten, Seeskorpionen und Panzerfischen gefunden.

Vor etwa 300 Millionen Jahren schoben sich die Kontinente zusammen. Als diese kollidierten, entstand der Großkontinent Pangea und das heutige Rheinische Schiefergebirge wurde aufgefaltet. Das Meer verschwand, und es herrschten wüstenähnliche Bedingungen. Der Meeresspiegel variierte je nach Temperatur, vor etwa 95 Millionen Jahren verlief die Küste ungefähr durch Wuppertal. In der Eiszeit jedoch war der Meeresspiegel viel tiefer und Gletscher schoben sich bis nach Düsseldorf. Die Kältesteppe wurde von Mammuten, Höhlenlöwen und Hyänen bevölkert. Und irgendwann auch vom Frühmenschen.

Vor etwa 40.000 Jahren lebte der berühmte Neandertaler nur 30 Kilometer von Remscheid entfernt. Am Ende der letzten Eiszeit, vor rund 10.000 Jahren, bekam die Landschaft das Gesicht, welches wir heute kennen.

6. Entstehung des Bergischen Landes

Der Sage nach reiste Graf Adolf II. mit seinem Gefolge durch das heutige Bergische Land und suchte einen geeigneten Standort um eine Burg zu erbauen. Der Platz musste gut geschützt liegen, aber gleichzeitig einen Aussichtspunkt bieten, um herannahende Feinde zu sichten. Eine Versorgung mit Wasser musste auch gesichert sein. So ritten sie durch das Land und fanden keinen geeigneten Ort. Als sie schon aufgeben wollten, scheute das Pferd des Grafen. Auf dem Weg waren Kröten unterwegs, die einen Hinweis auf eine Wasserstelle lieferten. Der Standort, den er so fand, erwies sich als außerordentlich gut, und so errichtete er an dieser Stelle seine neue Burg, bekannt als „Schloss Burg“.

7. Remscheider Sturköpfe

Grimmige Gesichter, selten mal ein freundliches „Hallo“ – so seien die Remscheider Sturköpfe, sagt man. Auch das stete „Meckern und Motzen“ wird ihnen angehängt. Nur gibt das ein echter Remscheider natürlich nicht zu, er ist schließlich Sturkopf durch und durch. Mancherorts wird behauptet, dass die „Bergischen“ einst von Hexen verpönt wurden, da sie nichts mit anderen zu tun haben wollten. Dies geht wohl auf die „ollen Remscheder“ zurück. Die heutigen Remscheider sind weltoffener, aber manche Eigenart wird man wohl so schnell nicht wieder los.

8. Der Remscheder sagt wat und dat

Im Bergischen Land gab es die Faustregel, dass in jedem Dorf ein anderer Dialekt gesprochen wird. Ein Sprachwissenschaftler stellte fest, dass man aufgrund der Vielzahl der verschiedenen Dialekte nicht von einem geschlossenen Sprachraum reden könne. Heute sind nicht mehr viele Bürger des „Remscheider Platts“ mächtig, auch wenn sich einige Ausrufe in unseren täglichen Sprachgebrauch eingeschlichen haben. „Wat is dat denn?“ wird sich wohl so mancher Remscheider beim Anblick dieses Buches gedacht haben. Woll?

9. Remscheider Platt

Sprachwissenschaftlich gehört die Remscheider Mundart, das Remscheider Platt, zu den niederbergischen Mundarten, wie sie auch im Kreis Mettmann und Solingen gesprochen werden. Eine konkrete Grammatik ist nicht bekannt. Die Sprache hört sich nicht gerade elegant an, eher langsam und schwerfällig. Durch die derbe Aussprache klingen Drohungen häufig fürchterlich, stellen sich zumeist aber als harmlos heraus. Gerne werden auch falsche Artikel an Substantive gehängt.

10. Bergischer Löwe

Der Bergische Löwe ist das Siegeltier des ehemaligen Herzogtums Berg. Er taucht noch heute auf vielen Wappen bergischer Städte auf. Der aufgerichtete rote Löwe zeichnet sich durch seine blauen Krallen und Zähne sowie seine zwei Schwanzspitzen aus. Auch Remscheid trägt den Löwen im Wappen. Der Löwe auf dem Rathausplatz hat jedoch nichts mit dem typischen Bergischen Löwen zu tun.

Also, wenn das mit dem Buch wirklich klappen sollte, werde ich mal vorschlagen, für das Cover meines Buches den grünen Löwen der Agentur 378meter zu verwenden. Der wirkt auf mich viel jünger und agiler als der alte Bergische Löwe auf dem Wappen. Passt doch perfekt zu mir.

11. Wappen der Stadt Remscheid

Die Stadtfarben von Remscheid sind blau und weiß. Auf dem Stadtwappen sieht man im oberen Teil einen roten Löwen mit zwei Schwanzspitzen, blauen Krallen und blauer Zunge auf weißem Grund. Unten ist eine silberne Sichel auf blauem Untergrund abgebildet. Der Löwe ist das Wappentier der Grafen von Berg, zu dessen Reich Remscheid bis zum Übergang an Preußen gehörte. Die Sichel steht als Symbol für die bedeutende Eisenindustrie der Stadt Remscheid. Das Wappen wurde am 18. Februar 1854 durch die Kabinettsorder des Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen festgelegt und nach 1929 weitergeführt. Im Jahr 2007 wurde das Stadtwappen auf dem Amtsblatt der Stadt von einer moderneren Variante abgelöst.

Zu sehen ist das Wappen heute unter anderem im Großen Ratssaal des Remscheider Rathauses hinter dem Platz des Oberbürgermeisters. Auf einem Wandbehang sind die Wappen von (Alt-)Remscheid, Lüttringhausen und Lennep abgebildet.

12. Eingemeindung

Die Stadt Remscheid entstand ursprünglich aus einer Vielzahl von verstreuten Wohnplätzen im Bergischen Land. Bis in das 19. Jahrhundert hinein gehörten diese zum Landkreis Lennep. Erst am 1. Januar 1888 wurden etwa einhundert Siedlungen als kreisfreie Stadt Remscheid aus Lennep ausgegliedert.

Die Geschichte drehte sich am 1. August 1929, als das „Gesetz über die kommunale Neugliederung des rheinisch-westfälischen Industriegebietes“ in Kraft trat. Dieses vereinigte die drei Städte Remscheid, Lennep und Lüttringhausen zu einer kreisfreien Stadt namens Remscheid. 1975 kam der Ortsteil Bergisch Born hinzu.

Vorangegangen waren massive Proteste und die strikte Ablehnung der Lenneper und Lüttringhauser Bürger. Sie fürchteten um ihre natürlich gewachsenen Ortschaften und ihre funktionierende Wirtschaft. Kundgebungen und Großdemonstrationen wurden organisiert mit Schlachtrufen wie „Remscheid braucht uns nicht und wir wollen nicht!“. Trotz der Proteste wurde schließlich bei einer Kampfabstimmung die Eingemeindung beschlossen. Durch einen Gebietszuwachs um hundert Prozent und etwa 25.000 neue Bürger wurde Remscheid als Großstadt anerkannt. Bis heute hält sich das Gerücht, die Entscheidungsfindung sei nicht mit rechten Dingen zugegangen. Angeblich wurden Eingemeindungsgegner während der Abstimmung auf einer Toilette eingeschlossen.

13. Remscheid viergeteilt

Das heutige Stadtgebiet Remscheids besteht aus den vier Stadtbezirken Alt-Remscheid, Lennep, Lüttringhausen und Remscheid-Süd. Alt-Remscheid war zuvor noch unterteilt in die Bezirke Innenstadt, Nord/​Hasten und West, sodass es zunächst sechs Stadtbezirke gab. Jeder Bezirk hat seine eigene Vertretung sowie einen Bezirksbürgermeister.

Die Stadtbezirke sind, wie es sich in einer deutschen Großstadt gehört, in Stadtteile und diese wiederum in Wohnplätze unterteilt. Bei den über zweihundert Wohnplätzen handelt es sich größtenteils um historische Bezeichnungen wie etwa Aue, Birgden, Clemenshammer oder Dörpmühle.

14. Wochenmärkte

Die ersten Aufzeichnungen über einen Wochenmarkt in Remscheid stammen aus dem Jahr 1755. Der fand traditionell am „Markt“ auf der unteren Alleestraße statt. Lebensmittel, Stoffe, Messer und Krüge konnten erworben und getauscht werden. Einer Preisliste von 1890 nach kosteten damals fünf Pfund Brot 50 Pfennige und ein Pfund Kaffee kostete eine Mark. Recht teuer, wenn man bedenkt, dass ein Arbeiter in einer Woche nur etwa neun Mark verdiente.

Das „Kaufhaus unter freiem Himmel“ wuchs jedenfalls stetig an und lockte viele Händler und Kunden nach Remscheid. Bis heute werden unter dem Motto „Frische aus der Region“ Wochenmärkte auf dem Theodor-Heuss-Platz, auf der unteren Alleestraße, in Lennep, in Remscheid-Süd auf dem Johann-Vaillant-Platz, in Lüttringhausen an der Kreuzbergstraße und am Hasten auf dem Richard-Lindenberg-Platz angeboten. Seit jeher dient der Wochenmarkt natürlich auch dazu, sich über den neuesten Tratsch in der Stadt auszutauschen.

 

15. Bevölkerungsentwicklung

Bei einer Volkszählung im Jahr 1987 wurden in Remscheid 120.132 Bürger gezählt, der Zensus hielt im Jahr 2011 insgesamt nur noch 110.708 Remscheider zahlenmäßig fest – Ergebnis einer rückläufigen Entwicklung. Eine Prognose des Landesbetriebs „Information und Technik Nordrhein-Westfalen“ errechnete, dass die Einwohnerzahl Remscheids bis 2040 um 7.800 sinken soll, also um minus 7,2 Prozent. Zum Vergleich wird in der Nachbarstadt Solingen mit einem Zuwachs von 0,5 Prozent gerechnet. Die höchste Einwohnerzahl hatte Remscheid übrigens im Jahr 1970 mit fast 140.000 Einwohnern.

16. Altersstruktur

Der Großteil der Remscheider (61,5 Prozent) ist zwischen 18 und 64 Jahre alt. Unter 18 Jahre alt sind 16,1 Prozent und 65 Jahre und älter 22,4 Prozent. Der demographische Wandel lässt sich auch in der Altersstruktur der Remscheider feststellen. Bei einer Erhebung der Geburten zeigt sich, dass im Jahr 1984 noch 1.094 Geburten gezählt wurden, im Jahr 2014 waren es nur noch 943.

Soso: Die Stadt Remscheid ist also dringend gefordert, die Gehwege für die nächste Generation Rollator-Fahrer auszubauen, was? Die Stadtwerke in Remscheid machen es vor! Wie ich gesehen habe, gibt es in der Wagenhalle regelmäßig eine Rollatorparty. Dort können rüstige Rentner mit Rollator durch einen Parcours flitzen und fiese Stolperfallen überwinden, um in den Bus zu kommen. Gute Idee!

17. Migration, Religion, Wohnsituation

Die Remscheider Bevölkerung ist kulturell sehr vielfältig. Die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen im Jahr 2011 rund 86 Prozent aller Bürger. Knapp 30 Prozent der Remscheider haben einen Migrationshintergrund. Der Großteil davon lebt bereits 20 Jahre und länger in der Stadt und wurde früher begrüßt mit den Worten „Fremder, kommst du nach Remscheid, so bringe eine Portion Selbstbewusstsein mit, dazu viel Beharrlichkeit, zünftige Wanderschuhe und einen Regenschirm.“

Die meisten Remscheider gehören einer christlichen Religion an. Rund 40 Prozent sind evangelisch und 23 Prozent katholisch. Ebenso leben 40 Prozent aller Remscheider in Singlehaushalten, knapp die Hälfte der Bürger ist wiederum den Bund der Ehe eingegangen – acht Prozent haben ihn wieder aufgekündigt und leben geschieden.

18. Remscheider Wetter

Wohl über kaum etwas wird in der Stadt so oft gesprochen (und geflucht) wie über das Remscheider Wetter. Kein Wunder: Es kann oft kalt und regnerisch sein. Nicht umsonst entstand der alte Spruch „In Remscheid kommt, wer etwas auf sich hält, schon mit dem Regenschirm zur Welt“. Rund 15 Regentage pro Monat (also etwa jeder zweite Tag!) machen Remscheid zu einer der regenreichsten Städte des Landes. Auch bei der Sonnenscheindauer liegt Remscheid gemeinsam mit Paderborn mit nur 1510 Stunden im Jahr auf dem letzten Platz unter 80 Großstädten in Deutschland. Im Vergleich kommen Augsburg und München auf 1840 Stunden. Bei der Regenmenge liegt Remscheid mit 1300 Litern pro Quadratmeter tatsächlich auf dem ersten Platz, in Magdeburg sind es zum Vergleich nur 560 Liter im Jahr. In der Gesamtauswertung hat Remscheid daher das schlechteste Klima aller 80 größten Städte Deutschlands. Vielleicht gibt es ja eine Verbindung zwischen dem regenreichen Wetter und der Remscheider Mentalität des Meckerns und Motzens? Nur so eine Vermutung …

19. Remscheider Wasser

Für irgendwas muss der viele Regen ja gut sein: Das Remscheider (Leitungs-)Wasser gilt als besonders hochwertig und kann frisch aus dem Hahn genutzt werden. Es weist gute Wasserwerte auf, und durch die besondere Qualität schmeckt es auch sehr gut. Das Trinkwasser wird hauptsächlich aus der Dhünntalsperre gewonnen, im Durchschnitt verbraucht eine Person 126 Liter täglich.

Dieses ganze Wasser muss natürlich auch irgendwohin abfließen. Hierfür umfasst das Remscheider Kanalnetz eine Länge von rund 590 Kilometern und wird alle ein bis zwei Jahre mittels Hochdruck-Wasserstrahl grundgereinigt. Dabei fällt auch die Wartung und Reinigung von 14.000 Schächten, 11.500 Sinkkästen, 65 Regenbecken und 34 Pumpstationen an.

Jetzt verstehe ich auch, warum mich mein neuer Nachbar so dämlich angeguckt hat, als ich ihn nach seinem Wasseraufbereiter gefragt habe. Den braucht man in Remscheid ja gar nicht.

20. Wald

Die Stadt ist grün: Das städtische Waldgebiet Remscheids umfasst 2.300 Hektar, also rund ein Drittel des gesamten Stadtgebietes. Bei einer Einwohnerzahl von 111.000 Menschen kommen dabei laut Forstamt etwa 41 Bäume auf jeden Einwohner. Obwohl viele Remscheider von der Natur und den Wäldern schwärmen, sind die Zahlen im bundesweiten Vergleich aber nur durchschnittlich. Seit 2013 bietet das Projekt „Wald 2.0“ privaten Investoren und Unternehmen die Möglichkeit, ab einem Mindestbetrag von 500 Euro einen Waldgenossenschaftsanteil zu erwerben und somit ideeller Waldbesitzer zu werden. Der Forstverband übernimmt mit der Stadt Remscheid dabei eine naturgemäße Waldbewirtschaftung und lässt neue Ideen und das Engagement der Anteilseigner einfließen. Das Projekt wurde bereits vor Beginn bei dem „Ideenwettbewerb für Kommunen“ von der NRW.Bank prämiert.

21. Stechpalme

Der „Ilex aquifolium“, besser bekannt als Stechpalme, ist eine typische Pflanze unserer Wälder. Sie kann viele Jahrhunderte alt werden und wurde früher Hülse genannt. Der Name Hülse findet sich in zahlreichen Straßen- und Familiennamen Remscheids. Weil sie sehr hartes Holz hat, war die Hülse ein sehr begehrtes Holz für Hammerstiele und ähnliches. Das brachte sie einst an den Rand der Ausrottung. Die Früchte der Pflanze sind giftig. Aus einer südamerikanischen Art der Hülse wird der dort beliebte Mate-Tee gewonnen. In Nordamerika werden die Stechpalmenarten übrigens „Holly“ genannt.

22. A1

Remscheid liegt an der drittlängsten Autobahn Deutschlands. Die Bundesautobahn A1 führt über 749 Kilometer Länge von der Ostsee bis nach Saarbrücken und hat jeweils drei Ausfahrten in beide Fahrtrichtungen nach Remscheid. Bereits in den 1920er Jahren wurde mit dem ersten Bauabschnitt begonnen. Wegen des Zweiten Weltkriegs wurde erst später weitergebaut, und im Jahr 1961 konnte man schließlich über die A1 von Remscheid bis nach Dortmund fahren. An dieser Autobahn wurde in Remscheid 1963 übrigens auch die erste Selbstbedienungsraststätte Nordrhein-Westfalens erbaut. Der Bau kostete 1,1 Millionen D-Mark. Der erste Gast war ein Christian Hemmes aus Gütersloh.

23. Deutsche Alleenstraße

In Remscheid gibt es nicht nur die Einkaufsmeile Alleestraße, sondern auch die Deutsche Alleenstraße. Eine Allee ist weit mehr als eine Straße mit vielen Bäumen, sie ist ein einzigartiges Natur- und Kulturgut. Diese zu erhalten, hat sich der Deutsche Alleenstraße e. V. zur Aufgabe gemacht. Die Deutsche Alleenstraße erstreckt sich insgesamt auf 2.900 Kilometern und führt auf der Strecke von Dortmund nach Bad Honnef entlang der Schwelmer Straße und Bergisch Born durch Remscheid.

24. Top 3 Buslinien, um Remscheid zu entdecken

Mit dem Bus hat man die Möglichkeit, eine Stadt in Ruhe zu besichtigen und interessante Plätze zu entdecken. Einige Remscheider Buslinien führen entlang der Highlights der Stadt:

1. Linie 675 Hasten (ab/​zu Haltestelle Allee-Center)

Dauer der Fahrt: 35 Minuten

Highlights auf der Strecke: Hindenburgstraße, Hasten Stationen der Fahrt: Rathaus, Gertrud-Bäumer-Gymnasium, Stadtpark, Richard-Lindenberg-Platz, Rath, Heidhof, Hochstraße

2. Linie 660 Remscheid – Lüttringhausen

(ab/​zu Haltestelle Friederich-Ebert-Platz)

Dauer der Fahrt: 46 Minuten

Highlights auf der Strecke: Lüttringhausen Rathaus, Haddenbach

Stationen: Hauptbahnhof, Haddenbach, Goldenberg, Lüttringhausen Rathaus (hier umsteigen in Gegenrichtung), Tannenhof, Kranerhof, Markt

3. Remscheid bei Nacht – NE13 (ab/​zu Haltestelle Willy-Brandt-Platz, Remscheid Hauptbahnhof)

Dauer der Fahrt: 47 Minuten

Stationen: Markt, Rathaus, Reinshagen, Burger Bahnhof, Ehringhausen, Zentralpunkt, Hohenhagen, Fichtenhöhe

25. Seestadt auf dem Berge

Wer Remscheid kennt, wundert sich vermutlich, dass diese bergische Stadt inmitten von grünen Wäldern den Beinamen „Seestadt auf dem Berge“ trägt. Dieser Name entwickelte sich schon vor Beginn der Industrialisierung und spielte auf die zahlreichen Exportgeschäfte der hiesigen Firmen an. Im 18. Jahrhundert pflegte Remscheid bereits transatlantische Handelsbeziehungen und galt weltweit als „Zentrum der Werkzeugindustrie“. Die in Remscheid produzierten Handwerkzeug, wie Feilen, Sägen, Meißel, Bohrer, Zangen und Hobeleisen wurden mit Schiffen bis nach Südamerika exportiert.

26. Remscheid auf hoher See

Im Laufe der Geschichte wurden zahlreiche Schiffe nach der Stadt Remscheid benannt und bewarben so die Werkzeugstadt auf den Weltmeeren.

Während ein Frachtdampfer der Norddeutschen Lloyd Reederei die Werft in Kiel nie verließ und als Teil der Reparationszahlungen an Frankreich überging, machte sich ein zweiter „Remscheid“-Frachter 1928 auf den Weg von Bremen bis nach Yokohama, Japan. Auch ein U-Boot wurde auf den Namen „Remscheid“ getauft und trug auf dem Turm sogar das Remscheider Stadtwappen. Es wurde zu Kriegseinsätzen genutzt und 1943 versenkt. 1955 folgte dann die „MS Remscheid“.

27. Hämmer und Kotten

Remscheids Talgründe waren immer sehr wasserreich, vor der Besiedlung gar sumpfig. Für die Wasserkraftnutzung wurden daher Stauteiche angelegt. Zu jedem Schmiedehammer gehörte ein Stauteich, von dem aus man das Wasser auf ein Wasserrad laufen ließ, um so die Kraft für die Schmiedehämmer zu nutzen. Der Nachteil dieser Bauart war der hohe Wasserverbrauch. Da an einem Stauteich bis zu drei Hämmer lagen, leerten sich die Teiche in trockenen Sommern sehr schnell. Wenn dann noch eine wasserbetriebene Mühle am Teich lag, war die Katastrophe perfekt, da Mühlen in der Erntezeit stets Vorrang hatten und den Hämmern kaum Wasser für die Produktion zur Verfügung stand.

Die Werkstätten der Schmieden werden als Kotten bezeichnet. Dies leitet sich von der ursprünglichen Bezeichnung der Hütte von Bauern ab, den Köttern. Nach und nach bezeichnete man zunächst Behausungen mit Werkstatt als Kotten und schließlich die Werkstätten selbst. Unzählige Hämmer befanden sich an den Bächen und Stauteichen Remscheids, jedoch war nicht jeder Hammer gleich. Die älteste Hammerart ist der Schwanzhammer, er ist mit einem Stahlklotz am Hammerkopf ausgestattet und sehr stabil und robust. Der Selfhammer leitet sich vom „Selbsthammer“ ab, da dieser ohne jegliche Armkraft ausschließlich durch Wasserkraft betrieben wurde. Ein Breithammer breitete den Stahl aus. Die Eisenhämmer bereiteten Roheisen für die weitere Bearbeitung vor, ähnlich wie die Reckhämmer, die Rohstahl in handelsübliche Stücke zerschlugen. Die Raffinierhämmer bereiteten durch das Schmieden mehrerer Stahlschichten einen besonders biegsamen und haltbaren Stahl vor. Der legendäre Damaszenerstahl wurde bis zu tausendmal gefaltet und geschmiedet.