Escort Weihnachten

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Escort Weihnachten
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Escort Weihnachten

1  Titel Seite

2  Weihnachtsfalle

3  Ein Albino-Engel

4  Ehrliche Weihnachten

5  Sexy vs. Zombie

6  Sexismus

7  Knecht Ruprecht

8  Entblößt

9  Ein Geschenk

10  Hüttenspiele

11  Unterwäscheinspektion

12  Flucht auf dem Höhepunkt

13  Silvester

Escort Weihnachten

Erotische Weihnachtsgeschichten

Weihnachtsfalle

Ich knallte die Ordner auf den Tisch und drehte mich um, um meinen Geschäftspartner böse anzublicken.

»Du hast was?«, fauchte ich ungläubig. Und dass Markus nicht einmal jetzt den Anstand hatte einsichtig oder gar ein wenig beschämt zu wirken, fachte meine Wut noch weiter an.

»Ich bin durchaus in der Lage, mir selbst jemanden als Begleitung zu suchen!«, maulte ich deswegen. Leider wuchs sein Grinsen durch meinen Protest nur noch in die Breite.

»Ehrlich!«, fügte ich hinzu und war gegen meinen Willen derjenige, der ein wenig beschämt klang. »Ich bin nur noch nicht dazu gekommen.«

»Genau«, stimmte mir Markus mitleidig zu, »du hattest ja auch nur ein ganzes Jahr lang Zeit.«

Ich brummte etwas Böses, von seiner Selbstgefälligkeit genervt, und setzte mich auf die Couch in meinem Büro. Dass er im Grunde Recht hatte, war mir eigentlich egal –leider nicht – und als lese mein Freund meine Gedanken, zählte er eine Reihe meiner Ex-Freundinnen oder Kurzaufrisse auf, die mich teilweise allein durch ihre Anwesenheit beinahe in den Wahnsinn getrieben hätten. Unter anderem auch auf fast jeder Silvesterfeier, die Markus und ich in den letzten … uppsss … zehn Jahren veranstaltet hatten.

»Elf«, korrigierte mein Kongenialer Geschäftspartner und schüttete sich einen Whiskey ein. »Mit Brigitte hast du es geschafft, dir ganze zwei Jahreseinstiege zu versauen.«

Ich schlug mir mit der flachen Hand an die Stirn und gab mich geschlagen.

»Aber muss es gleich ein Escort-Mädel sein?«, brummte ich immer noch leicht verstimmt und nahm das gefüllte Glas entgegen, was er mir reichte »Ich habe es doch nun wahrlich nicht nötig, Geld dafür zu bezahlen, dass mich eine Frau datet.«

Ein Fakt, denn ich war ein Meter fünfundachtzig groß, trainiert, sah gut aus und spätestens wenn man mein Outfit und mein Auto mit einbezog – beides zeugte von einem nicht uninteressanten Bankkonto – waren es die Frauen, die mich ansprachen.

»Und da liegt der erste Fehler«, argumentierte Tom.

»Hör auf, meine Gedanken zu lesen!«, befahl ich.

»Dann sprich doch nicht alles laut aus, was in deinem Kopf vor sich geht«, lachte der. »Außerdem sind die meisten Frauen, die dich ansprechen, hinter deinem Geld her.«

»Na, schönen Dank auch«, gab ich bissig zurück. So langsam überlegte ich, ob ich eingeschnappt sein sollte.

»Der andere Teil will nur Sex, weil du gut aussiehst«, neckte Markus weiter.

»Okay, jetzt überlege ich ernsthaft, ob ich ernsthaft eingeschnappt sein soll«, drohte ich, was Markus erst Recht zum Lachen brachte.

»Bei Escort-Mädchen weißt du wenigstens, was sie wollen und was du bekommst.«

»Bei meinem Glück nicht!« Ich seufzte und versuchte, die Liste meiner bisherigen Begleiterinnen zu verdrängen, die Markus eben aufgelistet hatte. Es ging nicht. Jedes einzelne horrorartige Silvester, jede nervenaufreibende Weihnachtsfeier mit ihnen hatte sich unausweichlich in mein Gehirn gebrannt. Normalerweise hielt ich diese Erinnerungen streng unter Verschluss und mit mindestens drei Ketten gesichert, aber Markus hatte einen Dietrich und einen Bunsenbrenner mitgebracht und meine Mechanismen nachhaltig zerstört.

»Deswegen habe ich dir ja auch entsprechende Dame ausgesucht!«, erklärte Tom, als habe er Murphys Law durchaus mit einkalkuliert.

»Wieso bin ich nicht überrascht?«, meinte ich resigniert.

»Hast du wenigstens darauf geachtet, dass sie meinem Typ Frau entspricht?

»Du hast einen bestimmten Typ, auf den du abfährst?« Markus klang überrascht und schien nun geistig ebenfalls die Liste meiner Ex-Freundinnen abzugehen.

»Habe ich schon mal erwähnt, dass ich dich nicht leiden kann?«, fragte ich meinen besten Freund.

»Also soweit ich deinen Typ Frau kenne, ist er oberflächlich, geil und geldgierig – ansonsten hast du keine Präferenzen …vielleicht noch dunkelblond …« Markus prostete mir zu und nahm einen Schluck von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit. »Also nein. Ich habe eine Frau gewählt, die nicht deinem Typ entspricht.«

Ich knurrte. »Hättest du nicht wenigstens auf geil achten können?«

»Du kennst die Regeln vom Office Escort?«

»Jaja…«, meinte ich, nur noch ein klitzekleines bisschen genervt. Schließlich buchten wir häufig Damen von dieser Escort-Firma. Hauptsächlich, weil sie gut aussahen und extrem zuverlässig waren. Mal abgesehen von sexy und Kundenorientiert. Etwas, was wir auf unseren Betriebsfeiern nutzten und natürlich hatte ich die Regeln verinnerlicht.

»Wenn du eine Prostituierte willst …«, begann Tom.

»… dann buche ich eine«, ergänzte ich gehorsam.

»Oder du gehst in einen Club und lässt dich aufreißen – kostet dich dann ungefähr genauso viel«, schlug Markus hilfsbereit vor.

Spielerisch schlug ich nach meinem Geschäftspartner, aber er war schneller und wich meinem Boxschlag aus.

»Wie heißt sie denn?«, erkundigte ich mich. Vielleicht kannte ich sie ja sogar und konnte mich auf das Wiedersehen freuen?

»Sie ist neu«, erklärte Tom. »Sie arbeitet noch keine vier Monate in diesem Land für den Escort Service.«

»Das habe ich doch gar nicht gefragt«, protestierte ich, ergänzte aber in meiner Liste, dass sie anscheinend vorher schon für den Escort-Service gearbeitet und entsprechende Erfahrungen hat.

»Ich bin Gedankenleser!«, behauptete mein Gegenüber.

»Und wie sieht sie aus?«, erkundigte ich mich.

»Gut.«

»Gr…«

»Nix grrr…«, meinte Markus lachend und korrigierte: »… gut. Mit g.u.t. Da kommt kein »r« drin vor.«

»Wie ist ihre Haarfarbe, ihre Größe, die Optik, ihr Bildungsstand etc.?«, versuchte ich an mehr Informationen zu gelangen, doch Markus verdrehte nur die Augen, bevor er meinte: »Hat sie, gibt es, schnuckelig, ausgebildet und intelligent.«

»Sind wir zwei echt befreundet?«, hakte ich nach, weil mir so langsam Zweifel an Toms Absichten kamen.

»Du liebst mich!«, behauptete Markus selbstsicher. Aber der war ja auch nicht ohne sein Wissen von mir verkuppelt worden.

»Nach Silvester immer noch?«, fragte ich misstrauisch.

Tom hielt meinem Blick nicht stand und sah zur Seite, bevor er ein »Äh… ja?!« von sich gab.

»Wo kommt das »Äh« her?« Jede Faser in mir wollte meinen besten Freund schütteln und ein Bild von der Mieze verlangen – und nur die Tatsache, dass Markus noch nie – NIE – etwas getan hatte, was mir hätte schaden können, verhinderte, dass ich ihn anbrüllte.

»Ihr seht euch eher«, gab er kleinlaut zu und füllte sein Glas abermals.

»Eher?« Ich stampfte mit dem Fuß auf und selbst in meinen Ohren klang meine Frage böse.

»Jaaa…«, druckste Tom, trommelte mit den Fingern auf dem Wagen mit den Gläsern und der Karaffe herum und schüttete schließlich auch mir ein zweites Glas ein, um es mir zu reichen.

»Ja?« Ich blieb skeptisch und fragte konkreter: »Wie viel eher?«

»Sie liebt Weihnachten.«

Sie liebt Weihnachten?«, wiederholte ich entsetzt. Dann atmete ich tief durch, erinnerte mich an die letzten elf Weihnachtsfeiern und meinte schließlich: »Okay, damit kann ich einen Tag lang leben.«

»Äh…«, machte Tom. Dieses Mal relativ leise.

»Da war noch ein zweites Äh?!«, meinte ich. Zu wütend, um wirklich verärgert zu klingen.

»Ein Wochenende?«, meinte mein Geschäftspartner vorsichtig.

»Ein Wochenende?«

»Das war der Preis«, gab Markus zu.

»Der Preis?«, wiederholte ich. Wann genau war ich denn zum Echo geworden? Dann begriff ich und brüllte ihn an: »Bist du irre? Du hast doch wohl nicht eingewilligt?«

Der Jurist vor mir sah zu Boden und wurde nun immerhin rot. Nur weil er seine Traumfrau bei dem Begleitservice gefunden hatte, musste er doch nicht mein Leben verpfänden!

»Deine Idee – dein Preis!«, wetterte ich.

»Elle würde mir die Lunge rausreißen«, lachte Tom, schüttelte sich dann aber bei dem Gedanken, alle Weihnachtsfeiertage mit einem Office-Escort als Sidekick zu verbringen.

Zu Recht!, dachte ich böse.

»Aber du hattest so viele blöde Weihnachten, direkt vor dem blöden Silvester …«, begann Markus kleinlaut.

»… da haste dir gedacht, ich will alles Gute nachholen?«, fragte ich und fiel unbewusst ins Platt zurück. Dabei setzte ich mein Glas so heftig ab, dass der Inhalt überschwappte und sich eine bernsteinfarbene Pfütze auf dem Tisch ausbreitete.

 

»Alles Gute?« Dieses Mal war es an Tom, Echo zu spielen. »Dann freu dich doch!«

»Hallo? Erde an Tom? Ich hasse Weihnachten!« Ich stand auf, um einen Lappen für den Tisch zu holen.

»Aber doch nur, weil die letzten so schrecklich waren.«

Während ich die Pfütze entfernte, dachte ich über die Aussage nach und nickte schließlich. Wahrscheinlich hatte Markus Recht. Ein schönes Weihnachten wäre wirklich mal eine nette Abwechslung!

Gerade als ich mich mit dem Gedanken abgefunden hatte, Weihnachten nicht zu arbeiten und mich auch nicht vor meiner Familie verstecken zu müssen, weil ich als Single viel zu viel ungewollte Aufmerksamkeit und gut gemeinte Ratschläge bekam, versetzte mir Markus mit seiner Aussage den Todesstoß. »Der Flug ist auch schon gebucht.«

Flug?« Ich erstarrte, als habe er einen Wasser eiskalten Wassers über mich geschüttet und dann die Temperatur noch weiter heruntergedreht. Wenn ich nicht nach Deutschland zu meiner Familie fliegen würde – wohin dann?

»Hatte ich das noch gar nicht erwähnt? Das Weihnachtswochenende trifft sie sich mit ihrer Familie in Island.«

Ohne zu zögern warf ich den nassen Lappen nach Markus und mein Geschäftspartner floh lachend aus meinem Büro. Trotzdem verspürte ich eine grimmige Befriedigung, bei dem Gedanken an sein für Sekunden überraschtes Gesicht.

Erst nachdem ich meinen Tisch trockengerieben hatte, fiel mir ein, dass noch ganz viele Fragen offen geblieben waren. Also eigentlich alle.

Die Liste reichte vom Aufenthaltsort bis zur Dauer meines Zwangsurlaubs bis hin zu: Wann würde ich die Dame treffen.

Ich öffnete meine Bürotür, die Markus hinter sich zugeknallt hatte, starrte in das leere Großraumbüro, dann auf die Uhr. Erst danach rief ich nach Markus und wartete ungeduldig.

Sekunden später stand ich in seinem Büro. Es war ebenfalls leer – bis auf einen Zettel mit einem lachenden Gesicht.

Ich knurrte und griff nach meinem Handy. Natürlich hatte er es ausgeschaltet! Das würde ein langes Wochenende werden!

Dann fiel mir ein, dass Markus bis Weihnachten Urlaub hatte und mein Fluch hallte durch die ganze, verdammte, leere Etage.

Ein Albino-Engel

Missmutig stieg ich aus dem Flugzeug und meine Laune sank noch weiter – vermutlich um sich der Temperatur anzupassen.

Tom hatte sich tatsächlich nicht mehr blicken lassen, der fiese Drecksack! Und selbst die Tickets waren per Post gekommen – zusammen mit den restlichen Infos.

In einem Anfall ungewohnter, privater Weisheit hatte mein Kompagnon alle Spuren beseitigt, die Informationen zu dem Escort-Service aufwiesen. Und sein guter Freund Alfred, dem der »Office Escort« gehörte, leugnete, etwas mit der Sache zu tun zu haben. Leider war Alfred nicht nur unser Klient, sondern ich mochte ihn – sofern man das nach telefonischen Kontakten beurteilen konnte – auch gut leiden, weswegen ich ihn nicht des Schwindelns bezichtigte. Aber durch sein beharrliches Leugnen und Toms Abtauchen konnte ich mich nicht aus der Verabredung stehlen. Nur zu gerne wäre ich nicht geflogen und auch das Aufreißen einer hübschen Silvesterbegleitung fand ich plötzlich extrem reizvoll.

Selbst auf dem Flug waren mir Frauen untergekommen, die ich jederzeit hätte haben können. Sogar eine Verheiratete und eine Verlobte mit zwei Kids. Ich seufzte und sah mich um.

Der Flughafen war genauso, wie es sich gehörte: Voller Boutiquen, die kein Mensch brauchte und zwei Fast Food … nennen wir sie mal »Restaurants«, in denen ich nur essen würde, wenn mir durch eine Zombie-Epidemie keine andere Wahl mehr bliebe.

Immerhin war es schön, die Ankommenden und ihre erwartungsvollen Abholer zu beobachten: die Freude und das Strahlen, das man mit keinem Geld der Welt kaufen konnte.

Auf mich wartete auch jemand: Eine unscheinbare, dralle Frau mit einem überdimensionalen Schild auf dem mein Name stand: Ellie Sleoin.

Immerhin hatte die Frau ein hübsches Gesicht und freundliche Augen, die mich fast vergessen ließen, dass ihre Nase so rot war, wie ihre Jacke. Wie sie es trotz dieser Farbe schaffte, beinahe mit dem Hintergrund zu verschmelzen, war mir ein Rätsel.

War das die Dame, für deren Begleitung ich immens viel Geld – und genauso kostbare Freizeit – opferte? Oder die Schwester, die eine Wette verloren hatte? Vielleicht aber auch nur ein Abholservice?

Innerlich strich ich all diese Fragen wieder, da ich keine von ihnen stellen würde. Falls meine Abholerin diejenige welche war, wäre sie beleidigt – keine Frau hörte gerne, dass sie nicht schön war.

Glück hatte ich trotzdem, denn sie beantwortete die Frage von sich aus.

»Hei, Sie sind mein Weihnachtsdate?«, erkundigte sie sich in einem schrecklichen Dialekt und lächelte mich an, als ich zögerte.

Ich nickte beklommen, weil ich widersinnig enttäuscht war. Ich hatte nichts erwartet und mit nichts gerechnet … und leider hatte ich genau das bekommen!

Meine innere Stimme würgte ob der Lüge. Mit einem Model hatte ich gerechnet, einer heißen Begleiterin, nach der sich alle anderen Männer die Finger lecken würden. Charmant und witzig und sexy. Stattdessen stand ich vor einem Albino- Landei, das dieser seltsamen Kämpferin aus »Game of Thrones« Konkurrenz machen konnte. Naja, der Hälfte von ihr, denn sie war eher ein Albino-Zwerg, denn eine große Kriegerin.

»Mia«, stellte sie sich vor und schien nichts von meinen Gedanken und meinen Ressentiments mitbekommen zu haben. Dann drückte sie meine Hand, wie es sicher auch oben genanntes Mannweib getan hätte.

Das muss ein Irrtum sein, dachte ich und klammerte mich an meinem Koffer fest.

»Für dich habe ich auch eine Perücke mit«, erklärte sie wieder mit diesem schrecklichen Dialekt. Wenn ich den die ganzen Feiertage lang würde hören müssen, bestand eine gute Chance für einen Amoklauf meinerseits. Trotzdem war es etwas anderes, was mir gerade massiv aufstieß.

»Perücke?«, wiederholte ich irritiert.

»Tom hat die Infos wirklich nicht weitergegeben?« Sie musterte mich, als sei alles meine Schuld. Dann huschte ein Lächeln über ihr Gesicht und sie meinte – ganz ohne Dialekt: »Dein Freund kann dich nicht leiden, oder?«

»Den Verdacht habe ich auch!«, gab ich angesäuert zurück. Schön, dass jeder auf meine Kosten Spaß hatte. Seltsamerweise hatte ich nämlich das Gefühl, ich würde das schlimmste Weihnachtsfest aller Zeiten erleben.

»Fiona ist dieses Jahr mit dem Motto des Weihnachtsfotos dran … meine Schwester … und das Ergebnis ist … ach, du wirst schon sehen«, erklärte Susie ein wenig abgehackt und viel zu hastig, als dass ihre Fröhlichkeit echt rüberkam.

Statt weiter zu erklären, steuerte sie mich auf ein Auto zu, das eindeutig schon bessere Tage gesehen hatte: einen schlammigen Jeep bei dem man nicht wusste, wo der Rost aufhörte und der Dreck anfing.

»Leider hat es bisher noch nicht für weiße Weihnachten gereicht. Schnee ist aber für morgen angesagt«, schwabelte meine Weihnachtsfee und hielt mir die Beifahrertür auf, um sie direkt hinter mir zu schließen. Sehr galant – aber vielleicht hatte sie auch einfach nur Angst, ich könnte fliehen.

Nicht ganz so sanft erging es meinem Koffer, den sie in bester Albino-Mannweib-Tradition auf den Rücksitz beförderte und zu meiner Überraschung anschnallte.

Erst dann stieg sie ein und reichte mir die Tüte, die auf dem Fahrersitz gestanden hatte.

»Ich muss mich für Markus entschuldigen.« Susie schüttelte den Kopf, als könne sie gar nicht fassen, dass mir ein Freund so etwas antat. »Er hätte dich wirklich vorwarnen sollen.«

»Vorwarnen?«, hakte ich nach. Würde es etwa noch schlimmer werden?

»Jep!«, bestätigte Susie vermutlich meine Frage und nicht meinen Gedanken. Trotzdem wagte ich einen Blick in die Tüte, holte eine Perücke raus und beäugte sie ungläubig. Da Susie nichts sagte, wühlte ich mich weiter und fischte rote Hörner hervor.

»Warte, bis du meinen Heiligenschein siehst«, murmelte Susie und wirkte, als müsse sie jeden Moment loslachen. Immerhin war ihr schrecklicher Dialekt verschwunden.

»Heiligenschein?«, echote ich ungläubig und vergaß den Dialekt. Sollten Engel nicht … ich weiß nicht … schön sein?

Meine Fahrerin sah mich mit gerunzelter Stirn an und ich überlegte, ob ich den Gedanken laut ausgesprochen hatte. Hatte ich wohl nicht, denn meine seltsame Weihnachtsbegleitung meinte: »Das Motto ist: Weihnachten out of hell.«

Sie lachte leise: »Und nur weil die Kids dabei sind, konnten wir Fi davon überzeugen, Blut und Zombies wegzulassen.«

Wider Erwarten musste ich bei dem Gedanken an blutige Weihnachten ebenfalls lachen. Zum einen, weil es mich daran erinnerte, wovor Markus mich eigentlich hatte retten wollen und zum anderen weil ich plötzlich die Hoffnung hatte, dass zurzeit nichts an Susie echt war. Weder der Dialekt, noch die Haare, noch das Albinohafte.

»Was bist du?«, erkundigte ich mich deswegen halbwegs mutig.

Meine Begleiterin nutzte den Umstand, dass wir an einer Ampel standen und zog eine ihrer weißen Haarsträhnen nach vorne und beäugte sie skeptisch. »Geist der Weihnachten? Albino-Engel?«, riet sie und verzog ihre Lippen zu einem schlecht geschminkten Grinsen. »So sicher bin ich mir auch nicht und ich habe mich nicht getraut zu fragen.«

»Hattest du Angst vor der Antwort?«

»Genau das!«, bestätigte sie.

»Will ich wissen, was ich darstellen soll?«

»Nein«, sie schüttelte energisch den Kopf. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass du das nicht möchtest!«

»Ich sehe ein Nikolauskostüm?!«, fragte ich trotzdem.

»Deswegen hat dir Markus also nichts gesagt?«, riet Susie frech. »Weil du sowieso nicht gehört hättest?«

»Vermutlich!«, gestand ich und zog das Kostüm aus der Verpackung. »Also wenn du mich fragst, ist das ein Messer und muss dem Nikolaus quasi durch den Kopf gehen – oder zumindest so aussehen?!«

»Ich bring Fi um!«, murmelte Susie leise und bog von der Straße in die Pampas ab, was auch gleich die Erklärung für den Zustand des Wagens war, und fügte hinzu: »Auch für mein grottenschreckliches Kostüm!«

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