Theologie des Alten Testaments

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Eichrodt, Walter: Theologie des Alten Testaments, 3 Bde, Leipzig 1935.

Feldmeier, Reinhard/Spieckermann, Hermann: Der Gott der Lebendigen. Eine biblische Gotteslehre, Tübingen 2011.

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Jeremias, Jörg: Theologie des Alten Testaments, Göttingen 2015 (GAT 6).

Kaiser, Otto: Der Gott des Alten Testaments. Theologie des Alten Testaments I, Göttingen 1993 (utb 1747).

Köhler, Ludwig: Theologie des Alten Testaments, Tübingen 31953.

Preuß, Horst-Dietrich: Theologie des Alten Testaments, Bd. 1–2, Stuttgart/Berlin/Köln 1991.

Rendtorff, Rudolf: Theologie des Alten Testaments. Ein kanonischer Entwurf, Bd. 1: Kanonische Grundlegung, Neukirchen-Vluyn 1999.

–: Theologie des Alten Testaments. Ein kanonischer Entwurf, Bd. 2: Thematische Entfaltung, Neukirchen-Vluyn 2001.

Sanders, James A.: Torah and Canon, Philadelphia 1972.

Schmidt, Werner H.: Alttestamentlicher Glaube in seiner Geschichte, Göttingen 112011.

Smend, Rudolf: Die Mitte des AT, in: Ders., Die Mitte des Alten Testaments. Gesammelte Studien, Bd. 1, München 1986, 40–84.

von Rad, Gerhard: Theologie des Alten Testaments, Bd. 1: Die Theologie der geschichtlichen Überlieferungen Israels, München 41982.

–: Theologie des Alten Testaments, Bd. 2: Die Theologie der prophetischen Überlieferungen Israels, München 81984.

–: Weisheit in Israel, Neukirchen 31985.

Westermann, Claus: Theologie des Alten Testaments in Grundzügen, Göttingen 1978.2011 (GAT 6).

Zimmerli, Walther: Grundriß der alttestamentlichen Theologie, Stuttgart (1972) 41982 (ThW 3).

Weitere Literatur

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Frankemölle, Hubert: Art. Mitte, in: Angelika Berlejung/Christian Frevel (Hg.), Handbuch theologischer Grundbegriffe zum Alten und Neuen Testament, Darmstadt 52015, 339–340.

Grohmann, Marianne: Rezeption und Übersetzung. Jüdische und christliche Transformationen der Hebräischen Bibel, in: Dies./U. Ragacs (Hg.), Religion übersetzen. Übersetzung und Textrezeption als Transformationsphänomene von Religion, Göttingen 2012, 13–30.

Hartenstein, Friedhelm: JHWHs Wesen im Wandel. Vorüberlegungen zu einer Theologie des Alten Testaments, in: ThLZ 137 (2012), 4–20.

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Jeremias, Jörg: Hauptprobleme einer Theologie des Alten Testaments, in: Ders., Studien zur Theologie des Alten Testaments, Tübingen 2013 (FAT 99), 47–64.

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Kalimi, Isaac: Religionsgeschichte Israels oder Theologie des Alten Testaments? Das jüdische Interesse an der Biblischen Theologie, in: JBTh 10 (1995), 45–68.

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Konkel, Michael: Vergebung ohne Umkehr. Die Bundestheologie als theologische Mitte des Pentateuch, in: B. Biberger/M. Gerwing/J. Schmiedl (Hg.). Bundestheologie. Gott und Mensch in Beziehung, Vallendar 2015, 59–82.

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–: Schriftauslegung als Erfahrungserhellung, in: F. Nüssel (Hg.), Schriftauslegung, Tübingen 2014 (Themen der Theologie 8), 179–206.

Leonhardt, Rochus/Rösel, Martin: Reformatorisches Schriftprinzip und gegenwärtige Bibelauslegung. Ein interdisziplinärer Gesprächsbeitrag zur zeitgemäßen Schrifthermeneutik, in: ThZ 56 (2000), 298–324.

Leuenberger, Martin: Gott in Bewegung. Religions- und theologiegeschichtliche Beiträge zu Gottesvorstellungen im alten Israel, Tübingen 2011 (FAT 76).

Levenson, Jon D.: Warum Juden sich nicht für christliche Theologie interessieren, in: EvTh 51 (1991), 402–430.

Levinson, Bernard M.: Der kreative Kanon. Innerbiblische Schriftauslegung und religionsgeschichtlicher Wandel im Alten Israel, Tübingen 2012.

Nüssel, Friederike: Schriftauslegung als Projekt der Theologie, in: Dies. (Hg.), Schriftauslegung, Tübingen 2014 (Themen der Theologie 8), 239–254.

Oeming, Manfred: Ermitteln und Vermitteln. Grundentscheidungen bei der Konzeption einer Theologie des Alten Testaments, in: Ders., Verstehen und Glauben. Exegetische Bausteine zu einer Theologie des Alten Testaments, Berlin 2003, 9–48.

Perlitt, Lothar: Bundestheologie im Alten Testament, Neukirchen-Vluyn 1969 (WMANT 36).

Reventlow, Henning Graf: Epochen der Bibelauslegung, Bd. 4: Von der Aufklärung bis zum 20. Jahrhundert, München 2001.

Schmidt, Werner H.: Die Frage nach einer ‚Mitte‘ des AT, in: EvTh 68 (2008), 168–178.

Scholem, Gershom: Offenbarung und Tradition als religiöse Kategorien im Judentum, in: Ders., Über einige Grundbegriffe des Judentums, Frankfurt/M. 1970, 101–120.

Schwienhorst-Schönberger, Ludger: Einheit und Vielheit. Gibt es eine sinnvolle Suche nach der Mitte des Alten Testaments?, in: F.-L. Hossfeld (Hg.), Wieviel Systematik erlaubt die Schrift. Auf der Suche nach einer gesamtbiblischen Theologie, Freiburg 2001 (QD 185), 48–87.

Smend, Rudolf: Beziehungen zwischen alttestamentlicher und neutestamentlicher Wissenschaft, in: ZThK 92 (1995) 1–12.

–: Epochen der Bibelkritik. Gesammelte Studien, Bd. 3, München 1991 (BevTh 109), bes. 11–32.

Zimmerli, Walther: Erwägungen zur Gestalt einer alttestamentlichen Theologie, in: Ders., Studien zur alttestamentlichen Theologie und Prophetie. Gesammelte Aufsätze 2, München 1974 (ThB 51), 9–26.

1.2 Das Verhältnis von Theologie und Religionsgeschichte

Beschwichtigungsformel s. u. 2.6

Alttestamentliche Theologiebildung im Kontext

Entdeckungen und Ausgrabungen antiker Stätten und Artefakte des Alten Orients und Ägyptens seit dem 19. Jahrhundert haben verdeutlicht, wie sehr das Alte Testament von dem kulturellen Großraum, in dem es entstand, abhängig ist. Für zahlreiche Themen, Motive, wie Metaphern und (form)sprachliche Anleihen (z. B. das häufig zitierte „Fürchte Dich nicht […]“ in prophetischen Texten) finden sich direkte Parallelen und Analogien in den Nachbarkulturen Israels. Folgerichtig kann auch die Rekonstruktion einer Theologie des Alten Testaments diese Parallelen im Zuge eines angemessenen Verständnisses der biblischen Texte nicht außer Acht lassen. Zwar hat sich die Ende des 19. Jahrhunderts aufkommende Forschung der Religionsgeschichtlichen Schule (H. Gunkel u. a.) anfangs kaum durchsetzen können, sondern ist stattdessen – insbesondere in den exegetisch-theologischen Entwürfen – Einflüssen gewichen, die stark von der systematischen Theologie (z. B. durch die Theologie Karl Barths) geprägt waren. Doch treten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts komparatistische Untersuchungen biblischer Texte mit altorientalischem Material neu ins Blickfeld und arbeiten heraus, wie eng die alttestamentlichen Welt-, Menschen- und Gottesbilder mit denen des Alten Orients verwandt sind.19 Parallel zu dieser Entwicklung findet die Rede von „Theologie“, die bislang für den jüdisch-christlichen Kontext reserviert war, auch auf andere alte Kulturen Anwendung, was die Relevanz religionshistorischer Fragestellungen unterstrichen hat.20 Diese Tendenz hat aber auch dazu geführt, dass das Unterfangen, eine „Theologie des Alten Testaments“ zu verfassen, kritisch diskutiert und die Ersetzung durch eine rein religionsgeschichtlich vorgehende Darstellung gefordert wird: Sie soll (1.) konsequent historisch und ohne jegliche dogmatische Gliederungs- und Auswahlkriterien verfasst sein („emisch-etisch“); (2.) als offener Prozess mit doppeltem Ausgang dargestellt sein (Judentum und Christentum); (3.) methodisch aus der historischen Perspektive des Menschen im alten Israel konzipiert sein; (4.) in Auseinandersetzung mit sozialgeschichtlichen und politischen Prozessen und Transformationen stehen, die die Geschichte Israels geprägt haben; (5.) diskursiv die verschiedenen religiösen Aussagen und Entwürfe der biblischen und außerbiblischen Zeugnisse miteinander ins Gespräch bringen; (6.) religionsvergleichend und nicht im (apologetischen) Dienst des Partikularitätsnachweises von israelitischer Religion argumentieren.21 Nun sind diese Kriterien zwar methodisch zwingend und richtig, dürfen aber nicht dazu führen, Theologie im Alten Testament nicht mehr zu thematisieren (zur Kritik B. Janowski; H. Spieckermann; F. Hartenstein). Denn die religionsgeschichtliche Forschung untersucht zwar die religiösen Rahmenbedingungen in Verknüpfung der jeweiligen archäologischen, epigraphischen und ikonographischen Daten und rekonstruiert die Genese des historisch nachvollziehbaren Überlieferungsbestands. Doch möchten die Studien zur alttestamentlichen Theologie über das religiöse Symbolsystem hinaus seine Bedeutung für die Gegenwart erheben. Und dazu bedarf es hermeneutisch kontrollierter Zugangsweisen.22 Die Ausweitung des Theologiebegriffs auf andere Religionen als die jüdisch-christliche zeigt zudem an, dass Theologiebildung ein typisches Merkmal sekundärer Religionserfahrung ist, die um die Differenzierung in Wahrheit und Lüge, richtige und falsche Religion streitet („Mosaische Unterscheidung“). Nach J. Assmann ist es ein Merkmal aller sekundären Religionen, „im Widerspruch und in der produktiven Spannung zwischen einer synkretistischen Religion bzw. Praxis und einer mehr oder weniger orthodoxen Theologie bzw. Theorie“ zu stehen, weshalb die ägyptische Religion zwar Theologie aber keine eigene Apologetik ausgebildet habe.23 Daraus ergibt sich aber auch, dass Theologieschreibung und die historische Daten sammelnde, religionsgeschichtliche Darstellung nicht in Konkurrenz zu setzen sind.

 

Theologische Strömungen s. u. 2.9

Hinzukommt, dass – anders als in den Nachbardisziplinen, die den Begriff der Theologie im Kontext wissenschaftlich und historisch nachvollziehbarer Rekonstruktionen von aktuell nicht mehr gelebten Religionen begreifen – die historische Rekonstruktion der alttestamentlichen Wissenschaft auf ein angemessenes Verständnis der alten Religion für die Gegenwart zielt. Sie will die weiterhin auf diesen Traditionen fußenden religiösen Gemeinschaften kritisch begleiten und die Inhalte für die Gegenwart aktualisieren. Denn letztlich bleibt „die wahre Herausforderung der theologischen Auslegung […] Grund und Gegenstand der Theologie: Gott selbst“.24 Weiterhin ist die Ausweitung des Theologiebegriffs auf religionsgeschichtliche Beobachtungen auch angesichts des anstehenden Trialogs der drei monotheistischen Religionen praxisrelevant. In diesem Kontext hat zuletzt K. Schmid die Unterscheidung in explizite und implizite Theologie aufgegriffen und unterstrichen, dass zwar die Rede von „Theologie“ in den Texten der Hebräischen Bibel fehlt und erst im Kontext der antiken griechischen Philosophie vorkommt, dennoch aber Theologie als ein implizit vorhandenes Phänomen begegnet, das der reflektierenden Prüfung und Interpretation religiöser Phänomene dient. Und dieser Vorgang einer impliziten Theologisierung der Texte bestimmt nicht nur den Redaktionsprozess im Zuge der Zusammenführung älterer Überlieferungen und die Kanonbildung, sondern begegnet bereits bei der Abfassung von Werken wie des Deuteronomiums, der Priesterschrift, Deutero-Jesajas oder der Chronik-Bücher in Form von innerbiblische Exegese. Besonders deutlich lässt sich der einsetzende Prozess von Theologisierung in der prophetischen und in der Rechtsliteratur rekonstruieren.25

Literatur

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Hartenstein, Friedhelm: JHWHs Wesen im Wandel. Vorüberlegungen zu einer Theologie des Alten Testaments, in: ThLZ 137 (2012), 4–20.

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Janowski, Bernd/Norbert Lohfink (Hg.): Religionsgeschichte Israels oder Theologie des Alten Testaments, Jahrbuch für Biblische Theologie, Neukirchen-Vluyn 1995 (JBTH 10).

Keel, Othmar: Die Welt der altorientalischen Bildsymbolik und das Alte Testament, Einsiedeln, Köln und Neukirchen-Vluyn 1972.

–: Die Geschichte Jerusalems und die Entstehung des Monotheismus, Bd. 1 und 2, Göttingen 2007 (OLB IV,1–2).

Meissner, Bruno: Babylonien und Assyrien, Bd. 2, Heidelberg 1925.

Schmid, Konrad: Gibt es Theologie im Alten Testament? Zum Theologiebegriff in der alttestamentlichen Wissenschaft, Zürich 2013 (ThSt N.F. 7).

Schwöbel, Christoph: Erwartungen an eine Theologie des Alten Testaments, in: B. Janowski (Hg.), Theologie und Exegese des Alten Testaments/der Hebräischen Bibel, Stuttgart 2005 (SBS 200), 125–158.

Spieckermann, Hermann: Das neue Bild der Religionsgeschichte Israels – eine Herausforderung der Theologie?, in: ZThK 105 (2008), 259–280.

Wagner, Andreas: Primäre/sekundäre Religion und Bekenntnis-Religion als Thema der Religionsgeschichte, in: Ders. (Hg.), Primäre und sekundäre Religion als Kategorie der Religionsgeschichte des Alten Testaments, Berlin/New York 2006 (BZAW 364), 3–20.

Zgoll, Annette: Die Kunst des Betens. Form und Funktion, Theologie und Psychagogik in babylonisch- assyrischen Handerhebungsgebeten an Ischtar, Münster 2004 (AOAT 308).

1.3 Die Rekonstruktion alttestamentlicher Theologie(n) – literarische und materiale Zeugnisse

Bundesvorstellungen s. u. 2.5.1.2 und 2.5.1.4

Bezugsrahmen der „Heiligen Schrift“ s. u. 3.6

Bundes vorstellungen s. u. 2.5.1

Königsideologie s. u. 3.4

Ein Resultat der Debatten, inwiefern es überhaupt zuträglich ist, von einer „Theologie des Alten Testaments“ zu sprechen, ist die Voraussetzung eines methodischen Plurals; d. h. die alttestamentliche Theologie gibt es de facto nicht, da es sich um ein Konglomerat von Glaubenserfahrungen handelt (Gerstenberger, Theologie, 9).26 Stattdessen ist von einer Reihe theologischer Strömungen und Traditionen auszugehen, welche sich in den biblischen Texten wiederspiegeln und Wandlungen des Gottesbildes implizieren.27 Diese können zeitlich und räumlich verschieden, ja sogar widersprüchlich zueinander sein und lassen sich nach „Schulrichtungen“ gliedern (z. B. die Bundeskonzepte bei P oder im DtrG). Sie lassen aber auch Kontinuitäten erkennen, welche sich durch die Jahrhunderte der Literaturgeschichte Israels ziehen (z. B. Gottkönig- und Zionstheologie im Psalter; die mehrteilige Jesajarolle). So komplex und z. T. umstritten einerseits die rekonstruierte Literargeschichte der alttestamentlichen Einzeltexte ist (s. die Entwürfe von K. Schmid und D. Carr), so offensichtlich ist doch zugleich die Kontinuität bestimmter Figuren, Motive und Konzepte über die jeweilige Einzelschrift sowie die drei einzelnen Kanonteile hinaus, die bis in die Literatur des Neue Testaments und die antik-jüdische Rezeption reicht. Dennoch sind diese Traditionen nicht genuin „jüdisch“, d. h. in Israel-Palästina entstanden. Zahlreiche theologische Themen verdanken sich – wenn auch z. T. umfassend modifiziert – Anleihen aus dem Alten Orient (Bund als Vasallenvertrag), die bereits in der innerbiblischen Exegese einen größeren kulturgeschichtlichen Vermittlungs- und Aneignungsprozess erfuhren. So lassen sich einschlägige theologische Aussagen wie z. B. die Gottebenbildlichkeit des Menschen ohne die altorientalische Königsideologie nicht erklären. Allerdings sind es nicht nur die literarischen Texte der Nachbarkulturen, die biblische Konzepte rekonstruieren helfen, sondern auch archäologische Materialien, Inschriften oder Bildträger, die wichtige Informationen für ein historisch angemessenes Verständnis liefern.

Othmar Keel

Seit den 70er Jahren des 20. Jh. hat insbesondere die „Freiburger Schule“ (Schweiz) wichtige Grundlagenforschung zu den ikonographischen Quellen Palästinas geliefert28, die die alttestamentliche Exegese in vielerlei Hinsicht verändert und prägt. Die außerbiblischen, aber dennoch aus der Region Palästinas und Nordsyriens stammenden Quellen haben theologische Grundvoraussetzungen wie z. B. den Monotheismus, das Namensverbot oder das Bilderverbot beträchtlich relativiert bzw. in eine historische Entwicklungslinie gestellt, die Veränderungsprozesse innerhalb der Religionsgeschichte Israels beispielhaft nachvollziehbar werden lassen.

Literatur

Carr, David: Einführung in das Alte Testament. Biblische Texte – imperiale Kontexte, Stuttgart 2013.

Frevel, Christian: Medien im antiken Palästina? Materielle Kommunikation und Medialität als Thema der Palästinaarchäologie, Tübingen 2005 (FAT II/10).

Gunkel, Hermann: Die israelitische Literatur (1906), Darmstadt 1963.

Hartenstein, Friedhelm: Altorientalische Ikonographie und Exegese des Alten Testaments, in: S. Kreuzer u. a. (Hg.), Proseminar I. Altes Testament. Ein Arbeitsbuch, Stuttgart 2005, 173–186.

Keel, Othmar/Christoph Uehlinger: Göttinnen, Götter und Gottessymbole. Neue Erkenntnisse zur Religionsgeschichte Kanaans und Israels aufgrund bislang unerschlossener ikonographischer Quellen, Freiburg i. Br. 72012.

Keel, Othmar/Schroer, Silvia: Die Ikonographie Palästinas/Israels und der Alte Orient (IPIAO). Eine Religionsgeschichte in Bildern, Bd. 1: Vom ausgehenden Mesolithikum bis zur Frühbronzezeit, Freiburg/Schweiz 2005.

Kratz, Reinhard G.: Die biblische Tradition, in: Ders., Historisches und biblisches Israel. Drei Überblicke zum Alten Testament, Tübingen 2013, 79–179.

Levin, Christoph: Das Alte Testament, München 32006 (Beck’sche Reihe 2160).

Leuenberger, Martin: Gott in Bewegung. Religions- und theologiegeschichtliche Beiträge zu Gottesvorstellungen im Alten Israel, Tübingen 2011 (FAT 78).

Römer, Thomas: How To Write a Literary History of the Hebrew Bible? A Response to David Carr and Konrad Schmid, in: Indian Theological Studies 50 (2013), 9–20.

Schmid, Konrad: Literaturgeschichte des Alten Testaments. Eine Einführung, Darmstadt 2008.

Schniedewind, William M.: How the Bible Became a Book. The Textualization of Ancient Israel, Cambridge 2004.

1.4 Der hermeneutische Bezugsrahmen

Paul Ricœur

Am Ende dieser Einleitung stehen Überlegungen, wie diese Perspektivierungen zentraler theologischer Themen in der vorliegenden Darstellung aufzunehmen sind und welchen hermeneutischen Prämissen sie folgen. P. Ricœur hat darauf hingewiesen, dass im Unterschied zu anderen literarischen Texten die Besonderheit der Bibel in der „Sache des Textes“ bzw. in der „Welt des Werkes“ liegt, d. h. in „der Welt, die der Text [= die Bibel] vor sich entfaltet.“29 Die zentrale Differenz zwischen „Bibel“ und „Literatur“ ist folglich nicht die Fiktion, der beide unterliegen. Der Unterschied liegt im Folgenden: Während die Textwelt in der Belletristik einen in sich geschlossenen Weltentwurf schafft, der sich in dichterischer Form von der alltäglichen Wirklichkeit entfernt, entwirft die Bibel hingegen eine „Wirklichkeit des Möglichen“, in der die Gottesbeziehung und die Aneignung durch den Leser eine zentrale Stellung einnimmt (41–43). Als kanonischer Text ist die Bibel „ein umgrenzter Raum für die Interpretation […], in dem die theologischen Bedeutungen in einer Wechselbeziehung zu den Formen der Rede stehen“ (39). Dennoch ist der Text nicht statisch, sondern lebt von der Bewegung der Interpretation, die im Wechselspiel der Aneignung der verschiedenen Redeformen geschieht, die das „Glaubensbekenntnis“ und die ihm zugrunde liegende göttliche Offenbarung in seiner von der jeweiligen Rede abhängigen Form zum Ausdruck bringen. Dabei schaffen die überlieferten Redeformen theologisch bedeutungsvolle Spannungen und Gegensätze, wie sie z. B. in der Erzählliteratur der Tora neben den Sprüchen der Prophetie, d. h. dem Gegensatz von historischem Bericht und Weissagung bestehen, oder in dem Gegensatz von Gesetzgebung und Weisheit oder Hymnus bzw. Spruch. Der theologische Gehalt jeder einzelnen Form ergibt sich aus dem Ganzen der verwendeten Redeformen, so dass die „religiöse Sprache […] dann als eine von dem Zirkel der Formen getragene polyphone Sprache erscheinen“ kann (39). Es liegt somit nicht nur ein Kanon von Texten, sondern zugleich auch ein fixes Korpus von sprachlichen Umsetzungen in den jeweiligen Redeformen vor, in dem „die theologischen Bedeutungen in einer Wechselbeziehung zu den Formen der Rede stehen. Von nun an ist es unmöglich, die Bedeutungen zu interpretieren, ohne den langen Umweg einer strukturalen Erklärung der Formen zu machen“ (39). Angesichts des hohen Alters der Texte tritt zu der Formanalyse die historische hinzu, die dazu beiträgt, den durch die Verschriftlichung autonom gewordenen Text in seiner ursprünglichen Textwelt zu (re)kontextualisieren. Struktur und Intention des (historischen) Textes bezeichnen den Sinn; die Welt des Textes, die sich aus dem Vorgang seiner Verschriftlichung und der Kanonisierung ergibt, bezeichnet nicht das, was gesagt wird, sondern worüber etwas gesagt wird. Und darin liegt die offenbarende Funktion des poetischen Diskurses der Bibel und ihre nachhaltige Wahrheit, die den gesamten Kanon (AT und NT) umfasst, der in Rückbindung an die jeweilige Interpretationsgemeinschaft beansprucht, Zeugnis von den Manifestationen Gottes zu geben.30

 

Die obenstehenden Ausführungen machen deutlich, dass die theologischen Überlegungen einerseits mit literargeschichtlichen bzw. literaturwissenschaftlichen Überlegungen („Einleitungswissen“) und andererseits mit historischen, d. h. an politischen, sozial- und religionsgeschichtlichen Fragen orientierten Erkenntnissen zu konfrontieren sind. Folgende Graphik soll das nötige Zusammenspiel der Methoden verdeutlichen:

Tab. 1: Zusammenspiel der methodischen Zugänge


Die Nebeneinanderstellung der drei Zugänge verdeutlicht, dass die in der dritten Spalte aufgeführten Zielsetzungen theologischen Arbeitens ohne den Rückgriff auf historische und literarische Überlegungen nicht zu erreichen sind. Einerseits ist die Bibel kein Buch aus einem Guss, d. h. kein Text, den man wie den abgeschlossenen Entwurf einer (fiktiven) Textwelt (z. B. eines Romans) interpretieren könnte, andererseits stellt sie auch kein stringentes theologisches System dar. Vielmehr handelt es sich um eine gewachsene Bibliothek („biblia“) z. T. historisch divergierender Traditionen, die sich zudem aus einem jüdischen und einem christlichen Teil zusammensetzt.

Zum einen sind die alttestamentlichen Einzelerzählungen bzw. -texte und die Buch- bzw. literarischen Kontexte (Tora; Propheten; Schriften) synchron, das heißt in der vorliegenden Gestalt zu untersuchen. Welche literarischen Formen und Gattungen finden sich in welchem Kontext? Welche Themen und Motive? Dass neben dem Exodusbuch auch Prophetenbücher und Psalmen den Exodus thematisieren, oder dass Psalmen sich nicht nur im Psalter, sondern auch in der Erzählliteratur und in prophetischen Texten finden (z. B. Ex 15 oder Jon 2), sind gleichfalls Beobachtungen, die auf synchroner Ebene die Frage nach der jeweiligen theologischen Funktion aufwerfen.

Theologische Strömungen s. u. 2.9

Zum anderen sind diachrone Überlegungen wichtig. Sie konzentrieren sich auf die Wachstumsgeschichte einer Einzelerzählung oder eines ganzen Buches. So sind das Buch Genesis oder Exodus nicht einem einzigen Autor zuzuschreiben. Erzählungen wie der dreifache Bericht von der entführten Ahnfrau (Gen 12; 20; 26) oder die zweifach berichtete Mose-Berufung (Ex 3; 6) rekurrieren auf ein und dasselbe Ereignis in verschiedenen (theologisch motivierten) Varianten. Bearbeiter und Redaktoren, die die Überlieferungen zusammengeführt haben, suchen nicht die Vereinheitlichung und Vereinfachung. Sie verzichten vielmehr bewusst auf Eindeutigkeit zugunsten der Weitergabe einer Mehrzahl von Überlieferungen, die Eingang in den Kanon fanden. Die Überlieferungen göttlicher Offenbarung unterliegen einer gemeinsamen Perspektivierung, die wir mit W. Zimmerli in die Fluchtlinie der „Selbigkeit JHWHs“ stellen. Diese Linie ist in sehr unterschiedlichen Traditionen, Text- und Bildwelten ausgestaltet und in diachroner Hinsicht in verschiedene religiöse Strömungen und Schulen zu unterteilen.

Anders als die Theologengenerationen der hellenistisch-römischen Zeit, die explizite theologische Reflexionen in Form von Kommentarliteratur produzierten (z. B. die Pescharim unter den Texten vom Toten Meer/Qumran), findet theologische Reflexion in der hebräischen Bibel in Form innerbiblischer Fortschreibungen – und somit implizit – statt. Folglich sind (theologisch) kommentierende Passagen in die vorgegebene Überlieferung mitunter fast nahtlos integriert. Deutlicher wahrnehmbar sind Neuansätze im Fall der Priesterschrift, des Deuteronomiums, Deuterojesajas (Jes 40 ff.) oder der Chronikbücher, sofern die theologischen Werke mit Buch(rollen)anfängen übereinstimmen oder aber – wie in Jes 40 ff. – einen solchen inmitten einer Schriftrolle deutlich markieren. Entgegen der sonst üblichen Einschätzung der biblischen Überlieferung als Sekundärquelle, von der sich die archäologischen, epigraphischen und ikonographischen Zeugnisse qualitativ unterscheiden, sind auch Bibeltexte gleichermaßen zu den Primärtexten zu zählen. Sie sind zwar in ihrer Fortschreibungsgeschichte wegen fehlender materieller Zeugnisse (Manuskripte) nicht exakt rekonstruierbar, geben aber durchaus Einblick in den Prozess durch Nahtstellen der verschiedenen Bearbeitungsstufen.31 Aus der literarischen Genese resultiert, dass es bereits im Alten Testament Theologie bzw. theologische Reflexion gibt, deren Initialphase in der Überarbeitung der Traditionen des Nordreichs nach dessen Zusammenbruch zu Beginn des 8. Jh. zu vermuten ist, um schließlich in der nachexilischen Zeit seit dem 6. Jh. weitere Explikationsgrade zu erfahren (s. die theologisierenden Fortschreibungen in Deutero-Jesaja).

Literatur

Janowski, Bernd: Theologie des Alten Testaments. Zwischenbilanz und Zukunftsperspektiven, in: Ders. (Hg.), Theologie und Exegese des Alten Testaments/der Hebräischen Bibel, Stuttgart 2005 (SBS 200), 87–124, bes. 118 ff.

–: Der eine Gott der beiden Testamente. Grundfragen einer biblischen Theologie, in: ZThK 95 (1998), 1–36.

Klein, Johannes: Gottes Offenbarung, in: Walter Dietrich (Hg.), Die Welt der Hebräischen Bibel. Umwelt – Inhalte – Grundthemen, Stuttgart 2017, 399–412.

Levinson, Bernard M.: Der kreative Kanon. Innerbiblische Schriftauslegung und religionsgeschichtlicher Wandel im alten Israel, Tübingen 2012.

Ricœur, Paul: Philosophische und theologische Hermeneutik, in: Ders./Eberhard Jüngel, Metapher. Zur Hermeneutik religiöser Sprache, München 1974 (EvTh. Sonderheft), 24–45.

–: Hermeneutik der Idee der Offenbarung, in: Ders., An den Grenzen der Hermeneutik. Philosophische Reflexionen über die Religion, München 2008, 41–83.

Schmid, Konrad: Gibt es Theologie im Alten Testament? Zum Theologiebegriff in der alttestamentlichen Wissenschaft, Zürich 2013 (ThSt 7).

–: Schriftgelehrte Traditionsliteratur. Fallstudien zur innerbiblischen Schriftauslegung, Tübingen 2011 (FAT 77).

Die vorliegende Darstellung der zentralen theologischen Themen des Alten Testaments orientiert sich an der erstmals von W. Zimmerlis angeregten Beschreibung der hebräischen Bibel als Offenbarungsgeschichte JHWHs, deren „Mitte“ in der Kontinuität Israels mit Gott, der Selbigkeit JHWHs, besteht. Die acht Unterkapitel von Teil 2 präsentieren die zentralen Narrative der Begegnung mit JHWH orientiert an den fünf großen Redeformen Erzählung und Recht im Pentateuch, Prophetie, Kult und Weisheit:

1.Der Gott Israels offenbart sich in seinen Namen

2.JHWH offenbart sich in der Befreiung aus Ägypten

3.JHWH offenbart sich in den Verheißungen an die Erzeltern

4.JHWH offenbart sich als Schöpfer und König der Welt

5.JHWH offenbart sich als Gott am Sinai/Horeb: Bund und Gesetz

6.JHWH offenbart sich in Gericht und Heil: die prophetische Literatur

7.Israels Klage und Lob im Psalter: Spiegelungen der Gottesoffenbarungen

8.Traditionelle Weisheit und weisheitliche Skepsis: Kosmotheologie als Gottesoffenbarung.

An die Darstellung dieser unterschiedlichen Offenbarungsweisen JHWHs schließt sich in einem neunten Kapitel ein Überblick über die theologischen Strömungen an, der die literarischen und theologischen Themen und ihre jeweiligen Redeformen in ihrer literarischen Genese rekonstruiert und die innerbiblische Traditions- und Auslegungsgeschichte nachvollzieht.