Controllingorientiertes Finanz- und Rechnungswesen

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Controllingorientiertes Finanz- und Rechnungswesen
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ISBN: 978-3-482-75911-6

Vorwort zur 2. Auflage

Die zunehmende Kapitalmarktorientierung auch inhabergeführter Unternehmen erfordert deren ganzheitliche Betrachtung, da insbesondere Kreditinstitute bei ihrer Bonitätsprüfung zunehmend auch den Wert des Unternehmens als Beurteilungsgröße heranziehen.

Mit diesem Buch möchte ich für den mittelständischen Unternehmer, den Manager bzw. für dessen Mitarbeiter sowie für alle wirtschaftlich interessierten Studierenden einen kleinen Beitrag leisten, die Zusammenhänge der Disziplinen Rechnungswesen und Finanzwirtschaft interessant zu machen. Der Begriff eines controllingorientierten Finanz- und Rechnungswesens ist bewusst gewählt, um insbesondere die Schnittstellen und das Zusammenwirken der verschiedenen Disziplinen herauszustellen. Da die Rechnungslegung mit IFRS mit marktnahen Daten arbeitet und demzufolge für das Controlling eine erfrischende Perspektive bietet, wird diese den Ansatz- und Bewertungsvorschriften des HGB gegenübergestellt. Auch die Erfolgs- und Wertanalyse wird in ihren Zusammenhängen mit den aus dem Controlling zu entnehmenden Daten erläutert.

Um die einzelnen Sachverhalte auch anwendungsbezogen darzustellen, werden dem Leser in den einzelnen Kapiteln „Beispiele“ als kleine Problemstellungen, Fallbeispiele als „Fall“, die einzelne Kapitel praxisgerecht aufarbeiten, sowie fünf Teile (jeweils am Ende der einzelnen Hauptkapitel) einer durchgängigen „integrativen Fallstudie“ angeboten.

Ein Management-Cockpit am Ende des Buches ist gewissermaßen eine Zusammenfassung der in den einzelnen Hauptkapiteln erarbeiteten Sachverhalte und dient der praktischen Implementierung für die Steuerung insbesondere kleinerer eigentümergeführter Unternehmen.

Der bei uns am Institut für grenzüberschreitende Restrukturierung an der Fachhochschule Kufstein sowie bei der Quest Consulting AG in Rosenheim entwickelte transaktionsorientierte Managementansatz ist in sehr vielen Dialogen sowohl mit Unternehmern als auch mit Studierenden entstanden, bei denen ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte. Geschrieben ist das Buch für Entscheidungsträger in Unternehmen sowie für Studierende, die diese Position anstreben.

Mir bleibt, dem Leser viel Freude bei der Lektüre dieses Buches zu wünschen.

Rosenheim, im März 2015 Prof. Dr. Markus W. Exler

Informationen

restrukturierung.fh-kufstein.ac.at

questconsulting.de

dr-exler.de

A. Grundsätzliches

Lernziel

Das unternehmerische Zielsystem und das Interagieren mit dem Erfordernis einer Unternehmenssteuerung soll vorgestellt werden.

Inhalt: Wertschöpfung in Unternehmen sowie Grundlegendes über ein controllingorientiertes Finanz- und Rechnungswesen.

1. Wertschöpfungsprozess

Unternehmerisches Handeln als Unternehmer oder als Manager wird von der Vision getrieben, ein Produkt oder eine Dienstleistung marktgerecht zu entwickeln, zu produzieren und zu verkaufen. Das Unternehmen als räumliche und systemische Einheit ist der Ort, an dem der Wertschöpfungsprozess physisch vollzogen wird, welcher wiederum innerhalb der Betriebswirtschaftslehre als einzelne sog. leistungswirtschaftliche Vorgänge in den betriebswirtschaftlichen Funktionalbereichen wie Forschung & Entwicklung, Beschaffung, Produktion, Lagerhaltung, Transport, Absatz/Marketing, Betriebsführung, Personalwirtschaft, Informations- und Berichtswesen zum Ausdruck gebracht werden. Die permanente Interaktion mit der Unternehmensumwelt wie dem Kapital-, Beschaffungs- und Absatzmarkt sorgt für die entsprechende Zuführung, der für die Leistungserstellung notwendigen Ressourcen an Real- und Nominalgütern, was in einem Wertschöpfungskreislauf entsprechend skizziert werden kann.

ABB. 1: Der Wertschöpfungskreislauf



(1)Beschaffung von Eigen- und Fremdkapital auf dem Kapitalmarkt (Finanzierung)


(2)Beschaffung von Produktionsfaktoren auf dem Beschaffungsmarkt


(3)Bezahlung der Produktionsmittel (Investition)


(4)Produktion im Sinne einer technologischen Transformation


(5)Zwischenlagerung der Fertigfabrikate


(6)Absatz der Fertigfabrikate


(7)Geldeingang des Verkaufserlöses (Desinvestition)


(8)Reinvestition


(9)Kapitalbedienung in Form von Zins, Tilgung sowie Tantieme (Definanzierung)

Die in Zahlen gefassten monetären Bewertungen wiederum finden ihre Entsprechung im finanzwirtschaftlichen Bereich des Unternehmens, mit dem sich im Wesentlichen die betriebswirtschaftlichen Disziplinen Rechnungswesen und Finanzwirtschaft auseinandersetzen. Um sich den Kapitalanlegern positiv präsentieren zu können, ist für börsennotierte Unternehmen eine optimierte Strukturierung der Passivseite unverzichtbar. Doch auch für mittelständische bzw. inhabergeführte Unternehmen1), und das nicht erst aufgrund der Erfordernisse des Bankenratings als Folge der Bonitätsbestimmungen von Basel II bzw. Basel III, nimmt die finanzwirtschaftliche Managementkomponente einen immer größeren Stellenwert ein.

Die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre in ihrer Ausprägungsform als managementorientierte Betriebswirtschaftslehre mit den Funktionallehren Rechnungswesen inkl. der Teildisziplinen Jahresabschluss (extern) und Kostenrechnung (intern) sowie Controlling und Finanzwirtschaft inkl. der Teildisziplinen Finanzierung, Investition sowie Unternehmensbewertung soll in ihrer Ganzheitlichkeit als ein Instrumentenset verstanden werden, Unternehmen erfolgreich machen zu können. In der Bilanz als die Gegenüberstellung der im Unternehmen gebundenen Vermögens- und Kapitalbestände wiederum werden der leistungswirtschaftliche Bereich auf der Aktivseite (Aktiva) und der finanzwirtschaftliche Bereich auf der Passivseite (Passiva) zum Ausdruck gebracht.

Dabei ist ein Unternehmen mehr als nur die Summe einzelner Vermögensgegenstände, die in einer Bilanz erfasst werden. Vielmehr wird mit deren Nutzung eine Komplementärbeziehung dargestellt, um Gewinne zu erzielen. Mit diesen werden die Mitarbeiter, die Lieferanten und die Kapitalgeber bezahlt. Es gilt, den Goodwill in der Ausprägung Kundenstamm, Standort, Mitarbeiter Know-how etc. als die Differenz aus Unternehmenswert und dem Marktwert der Vermögensgegenstände zu optimieren. Eine nachhaltige Unternehmensführung unter dem Primat der Ausrichtung an die Unternehmensziele Rentabilitäts- und Wertsteigerung sowie Liquiditätssicherung setzt das Wissen über die funktionalen Zusammenhänge im Unternehmen voraus, was wiederum bedeutet, dass die betrieblichen Vorgänge transparent gemacht werden müssen. Die in Zahlen gefasste Aufarbeitung der operativen unternehmerischen Tätigkeiten wird am Ende des Geschäftsjahres geordnet im Jahresabschluss dargestellt. Demzufolge ist das Rechnungswesen die systematische Erfassung und Dokumentation von Geschäftsfällen.

Im Folgenden werden wir diesen als handelsrechtlichen Jahresabschluss, auch unter Berücksichtigung des BilMoG2), genauer kennen lernen, in dem die vorhandenen Vermögenswerte aufgeführt und die Finanzierungsstruktur des Unternehmens zum Ausdruck gebracht wird. Da die kontinentaleuropäische Rechnungslegung, im Gegensatz zu den angelsächsischen Rechnungslegungsvorschriften, traditionsgemäß für die kontengemäße Integration der Kostenstellenrechnung als räumliche Kosteneinheit recht wenig Gestaltungsfreiheit bietet, muss eine Aufbereitung der im Unternehmen anfallenden Daten erfolgen, die mit dem Controlling zielgerichtet umgesetzt wird.

2. Controlling als Managementfunktion

In den Mittelpunkt der unternehmerischen Betrachtung rücken der Jahresabschluss auf Ist- oder Planbasis sowie die Daten aus der Finanzbuchhaltung, die insb. einen kalkulatorischen Charakter haben und dementsprechend in der externen Rechnungslegung nicht erfasst werden. Im Zusammenhang mit einer sinnvollen und Ziel führenden Datendarstellung hilft das dem Unternehmer bzw. Manager zur Beantwortung der Fragestellungen in der Abbildung 2.

ABB. 2: Die Controlling W-Fragen

 

Controlling ist sowohl Funktion als auch Institution. Es erfährt seine Legitimation zum einen in der Tatsache eines von den Gläubigern gewünschten restriktiven Gewinnausweises, zum anderen darin, dass es im kontinentaleuropäischen Wirtschaftsraum – anders als in den USA – seit den 1950er Jahren bei den Aktiengesellschaften eine strikte Trennung der Verwaltungsgremien Vorstand und Aufsichtsrat gibt. Controlling als Funktion ist mehr als nur das Ausüben einer Kontrollfunktion, es ist vielmehr die ganzheitliche Steuerung des Unternehmens im Sinne einer Wahrnehmung funktionsübergreifender Koordinationsprozesse. Im Zusammenhang mit dem Controlling als Institution avanciert der Controller zum Funktionsträger im Sinne eines Informationsdienstleisters für die Entscheidungsträger des Unternehmens. Ihm obliegt das Transparentmachen von Steuerungsgrößen, um den Entscheidungsfindungsprozess zu erleichtern. In diesem Zusammenhang wirkt er als Berater für das Management, wobei er aber auch selbst dem Management als Geschäftsführer oder Vorstand angehören kann.

Das Aufgabenspektrum eines Controllers reicht, je nach Unternehmensgröße, von einer qualifizierten Buchhaltung bis zum General Management, wobei in den Stellenanzeigen der aktuellen überregionalen Zeitungen3) mehrheitlich die Arbeitsinhalte


Jahres-/Ergebnisplanung


Budgeterstellung


Soll-Ist-Vergleich


Abweichungsanalysen


Berichtswesen sowie


Benchmark-/Kennzahlensystem

formuliert werden. Die gesamten Begriffe lassen sich sehr schön unter die Bezeichnung Finanz- und Bilanzrechnung subsumieren. Daten, welche für die unternehmerische Tätigkeit relevant sind, werden der Finanzbuchhaltung entnommen und in Form von Planungsrechnungen oder Kennzahlen aufbereitet. Echten kalkulatorischen Charakter haben die Controllinginstrumente Kosten- und Wirtschaftlichkeits- sowie Investitionsrechnung, die ebenfalls vom Controller gestaltet und den Entscheidungsträgern des Unternehmens zur Vorlage gebracht werden.

In vielen mittelständischen Unternehmen werden die Controlling-Aktivitäten entweder direkt vom Geschäftsführer oder von einzelnen Mitarbeitern des Rechnungswesens mit übernommen. Die Variante, Controlling-Aktivitäten im Verantwortungsbereich der Geschäftsleitung, ist kritisch zu beurteilen, da die notwendige Distanz bezüglich der Entscheidungsvorbereitung und dem eigentlichen Vollzug der sich ergebenden strategischen Entscheidung nicht gewährleistet werden kann. Wesentlich effektiver ist die Implementierung von der Geschäftsleitung unabhängiger Controlling-Mitarbeiter, die auch einen entsprechend geschulten Zugriff auf alle relevanten Daten der Finanz- und Betriebsbuchhaltung haben. Die Ergebnispräsentation gegenüber den Eigentümern und den externen Stakeholdern muss wiederum in der Verantwortung des Managements bleiben.

3. Systematisierung des Controlling

Im Kontext eines entscheidungsorientierten Rechnungswesenansatzes werden die operativen Maßnahmen wie die Ermittlung des echten operativen Gewinns, die optimale Sortimentszusammensetzung, die Preisgestaltung, die Eigenfertigung bzw. der Fremdbezug, die Kapital­über- bzw. -unterdeckungen sowie die Entscheidungen über Investitionen transparent gemacht. Innerhalb der Betriebswirtschaftslehre werden derartige unternehmerische Überlegungen dem Begriff des operativen Controllings zugeordnet.

Im angelsächsischen Wirtschaftsraum, dessen Unternehmen nach den Standards US-GAAP4) bilanzieren, genauso wie bei der Verwendung der europäischen Rechnungslegung nach IFRS5), setzen sich die in den Jahresabschlüssen erfassten Bilanzpositionen häufiger aus aktuellen Marktwerten bzw. Wiederbeschaffungskosten zusammen. Das ermöglicht einen Ansatz, der im Gegensatz der HGB-Auslegung auch über die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten als Obergrenze hinausgehen kann. Demzufolge wird auch schon in der externen Rechnungslegung mit mehr oder weniger für die Kalkulation brauchbaren „echten“ Werten gearbeitet, sodass auf deren Basis ein so genanntes Management Accounting6), eingerichtet und unternehmerische Entscheidungen getroffen werden können. Die generelle Aufgabe des Controllings ist die sachgerechte Transformation der Daten aus der Finanzbuchhaltung zu einem entscheidungs- bzw. kalkulationsrelevanten Informationssystem.

ABB. 3: Die Controlling-Ansätze


Bei einem wertorientierten Rechnungswesenansatz wird der Unternehmenswert in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Um dem Anspruch der Kapitalgeber bezüglich eines angemessenen Entgeltes ihrer Kapitalüberlassung eine aussagekräftige Einschätzungsbasis zu liefern, setzt sich das strategische Controlling als Planungssystem mit den Werttreibern als Hebel zur nach­haltigen Steigerung des Unternehmenswertes auseinander, um vor allem bei den am Kapitalmarkt notierten Unternehmen die entstandenen Börsenwerte entsprechend einschätzen zu können. Angewandtes Wertmanagement oder auch Value Management orientiert sich an der Differenz der Gesamtkapitalrendite zu den Kapitalkosten für das im Unternehmen eingesetzte Vermögen. Der so ermittelte zusätzliche Beitrag am Unternehmenswert dient dem Management als Messgröße des operativen Erfolges innerhalb der festgelegten Planperiode. Damit rückt das Controlling in den Focus der Unternehmensführung, was wiederum die Auseinandersetzung mit einem controllingorientierten Managementansatz zur Folge haben muss.

Literaturhinweise:

Beschorner, D./Peemöller, V., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Herne 2006.

Bundesrat, Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages, Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz BilMoG) vom 27. 3. 2009, Drucksache 270/09, Köln 2009.

Europäische Union, Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen, unter www.europa.eu.int, 2014.

Steinmann, H./Schreyögg, G./Koch, J., Management, Grundlagen der Unternehmensführung, Konzepte, Funktionen und Praxisfälle, Wiesbaden 2013.

Wöhe, G./Döring, U., Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, München 2013.

B. Buchführung und Bilanzierung

Lernziel

Das betriebliche Rechnungswesen dient der Dokumentation aller Vorgänge, die im Unternehmen im Zusammenhang mit der betrieblichen Leistungserstellung stehen. Mit Bezug auf die Verwendung des Jahresabschlusses als ein Analyseinstrument soll das Ineinandergreifen von buchungsrelevanten Geschäftsfällen aus dem operativen Bereich sowie dem Finanzierungs- und Investitionsbereich verständlich gemacht werden, die in der Systematik der doppelten Buchführung über das Kontensystem ihren Niederschlag in der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung finden.

Ausgehend vom handelsrechtlichen Einzelabschluss, auch unter Berücksichtigung der Änderungen des seit 29. 5. 2009 geltenden BilMoG sowie den relevanten Teilen des EStG werden auch die Besonderheiten der Ansatz- und Bewertungsvorschriften nach IFRS vorgestellt, die insb. für die Eigentümer eine größere Transparenz herstellen und demzufolge für eine controllingorientierte Rechnungslegung interessante Perspektiven liefert. Über das Verständnis des sachgerechten Zustandekommens eines Jahresabschlusses soll die Möglichkeit einer bilanzpolitischen Einflussnahme auf den Erfolgsausweis verdeutlicht werden, um auch die daran anschließende Jahresabschlussanalyse entsprechend fundiert interpretieren zu können.

Inhalt: Einführung in das Jahresabschlusssystem mit Buchführung, Bilanz, Gewinn- & Verlustrechnung sowie den Ansatz- und Bewertungsvorschriften nach HGB/BilMoG und der internationalen Rechnungslegung nach IFRS.

1. Systematisierung der externen Rechnungslegung

Zwar sind Unternehmen nach § 238 HGB angehalten, eine Buchführung im Sinne einer systematischen Erfassung ihrer Geschäftsvorfälle und eine entsprechende Dokumentation der wirtschaftlichen Lage zu leisten, die Erstellung eines Jahresabschlusses mit einer Bilanz und einer Gewinn- und Verlustrechnung sowie entsprechenden Erläuterungen wird jedoch erst für Einzelkaufleute verpflichtend, die einen Umsatz von mehr als 500 T€ (ab 50 T€ Jahresüberschuss) ausweisen. Ansonsten genügt eine Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, welche im Wesentlichen die Steuerschuld auf der Basis einer Gegenüberstellung von Ein- und Auszahlungen ermittelt. Bevor wir uns einem controllingorientierten Ansatz des Finanz- und Rechnungswesens annehmen, bei dem es um die Schnittmenge der internen und externen Informationsaufbereitung geht, erscheint es sinnvoll, die individuelle Interessenslage der Adressaten einer externen Rechnungslegung darzustellen. Dieser können auch unterschiedliche Rechnungslegungsvorschriften zugeordnet werden, nämlich die des Handels- und Steuerrechts sowie der internationalen Rechnungslegung.

ABB. 4: Das Rechnungswesensystem


1.1 Adressaten

Die handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften unterliegen dem Primat des Gläubigerschutzes im Sinne einer Liquiditätssicherung der vertraglich vereinbarten Kapitalbedienung, welche größtenteils mit einer großzügigen Bildung von Abschreibungen und Rückstellungen zum Ausdruck gebracht wird. Dies wird insb. bei der planmäßigen Abschreibung von Firmenwerten (§ 246 Abs. 1 Satz 3 HGB) sehr deutlich. Da dadurch der ausschüttungsfähige Jahresüberschuss niedrig gehalten wird, kann dem Unternehmen nur begrenzt Liquidität für die Ausschüttung entzogen werden. Die Befriedigung der Gläubigerinteressen bezüglich Zins und Tilgung kann demzufolge gewährleistet werden. Für die Gläubiger erfüllt der Jahresabschluss demzufolge eine sog. Bonitäts- bzw. Kreditprüfungsfunktion.

Die Eigentümer sind in der Regel am Ausweis einer hohen Rendite ihres eingesetzten Kapitals interessiert. Es bedarf eines Rechnungslegungsansatzes, der auf der Basis von Tages- und Marktwerten den wirklichen Gewinn transparent macht. Die internationale Rechnungslegung nach IFRS und auch das in Deutschland 2009 umgesetzte BilMoG berücksichtigen diese Sichtweise. Beim Aufgreifen des obigen Beispiels für die Abschreibung auf Firmenwerte ist nach IFRS, im Gegensatz zum HGB, die planmäßige Abschreibung von Geschäfts- oder Firmenwerten nicht zulässig (IAS 36), was demzufolge die Unternehmensgewinne nicht schmälert.

Nur wenn im Zusammenhang der jährlich durchzuführenden Werthaltigkeitsprüfung (Impairment of assets) der aktuelle Wert niedriger eingeschätzt wird, als der bilanzierte Buchwert wird außerplanmäßig auf den niedrigeren Wert abgeschrieben, was erst dann eine Schmälerung des Jahresergebnisses zur Folge hat. Die über die Abschreibung entstehenden Verluste werden demzufolge in die Zukunft verlagert. Nach wie vor behält aber das handelsrechtliche Ergebnis im Jahresabschluss seine Ausschüttungsfunktion. Auch für börsennotierte Aktiengesellschaften ist nach den Bestimmungen des Aktiengesetzes der Erfolgsausweis nach dem HGB die Grundlage für die Dividendenausschüttung.

 

ABB. 5: Die Adressaten des Jahresabschlusses


Demzufolge kann mit der Verwendung unterschiedlicher Vorschriften für die Kapitalgeber ein unterschiedliches Ergebnis veröffentlicht werden. So konnten eine Reihe von börsennotierten Unternehmen wie Daimler-Chrysler, Deutsche Telekom und andere im Jahr der Umstellung auf die für börsennotierte Unternehmen verpflichtenden IFRS ihren Gewinnausweis positiver darstellen. Für das Finanzamt wird auf der Basis des steuerrechtlichen Maßgeblichkeitsprinzips nach § 5 Abs. 1 EStG auch für die Bemessung der Steuerschuld der handelsrechtliche Jahresabschluss als Grundlage herangezogen und an den Stellen Veränderungen vorgenommen, bei denen das Steuerrecht eine andere Größenordnung vorsieht. Die sog. Steuerbilanz wird originär oder mittels Überleitungsrechnung erstellt. Mit dem Wegfall der umgekehrten Maßgeblichkeit ist das Erstellen einer Einheitsbilanz tendenziell nicht mehr möglich, da die steuerlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften nicht automatisch in die Handelsbilanz übernommen werden können.

Damit die Unternehmensführung die im Jahresabschluss als der externen Rechnungslegung verarbeiteten Daten der Finanzbuchhaltung für Informationszwecke bzw. als Steuerungsinstrument heranziehen kann, sind sog. Bereinigungen notwendig. Es sind alle Größen zu eliminieren, die mit der gewöhnlichen Unternehmenstätigkeit im Betrachtungszeitraum nichts zu tun haben oder die in der Finanzbuchhaltung nicht erfasst sind, sondern nur zum Zwecke der Kalkulation in der internen Rechnungslegung bzw. im Controlling zum Ansatz gebracht werden.

Während das Management für die Steuerung des Unternehmens die objektivierten bzw. „echten“ Größen der Geschäftstätigkeit im Auge haben muss, ist die Perspektive der Shareholder (Eigentümer) eine Maximierung der verfügbaren Ausschüttungsgröße und die der Stakeholder (sonstige Interessierte) eine Minimierung, um die erwirtschafteten Gewinne als liquide Mittel möglichst vollständig im Unternehmen lassen zu können. Eine Einschränkung des Liquiditätsabflusses bedeutet die Möglichkeit der Investition in renditeträchtige Alternativen, die in den Folgeperioden zu einer Steigerung des Unternehmenswertes ihren Beitrag leisten können. Feh­len diese liquiden Mittel für eine Investitionstätigkeit, weil diese in der Gegenwart ausgeschüttet werden, kann das künftig zu Innovations- oder Kapazitätsengpässen führen.