Sarahs Versuchung

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Sarahs Versuchung
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Maria Bocca

Sarahs Versuchung

Sturzflüge der Liebe, Sex und wilde Träume: 3

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Sarahs Versuchung - Eine erotische Erzählung

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Impressum neobooks

Vorwort

Ganz lieben Dank, dass Sie dieses Ebook gekauft haben. Die Geschichte ist Teil eines Sammelbandes, der unter dem Titel

Maria Bocca

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Liebesstürze ROT

Erotische Geschichten von Sehnsucht, Sex und wilden Träumen

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als Ebook und in einer gedruckten Version (392 Seiten / 14,99 €) in allen Onlineshops und im Buchhandel erhältlich ist. Weitere erotische Geschichten erscheinen in Abständen zunächst als Ebook. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern viel Freude beim Lesen und natürlich auch im wirklichen Leben!

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Meine Email: tekksa@gmx.de. Ich freue mich auf jede Meinung.

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Ihre Maria Bocca

Sarahs Versuchung - Eine erotische Erzählung

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Vor beinahe drei Tagen war die kleine Gruppe im marokkanischen Casablanca bei Windstärke sieben bis acht in See gestochen. Sarah lag an Lee eigentlich ganz gemütlich und sicher in ihrer Koje, während die Fantasia II Kurs auf die Kanarischen Inseln nahm. Herausfallen konnte sie jedenfalls nicht, es sei denn, ihr Vater oben an Deck gab das Kommando Klar zur Wende. Sie versuchte, den Lauf der Wellen zu beobachten - was ihr nicht so einfach gelingen wollte, denn das zweiundvierzig Fuß lange, blendend weiße Boot hatte bei diesem Wetter eine kräftige Schräglage. Es war nicht möglich, aus dem Fenster zu schauen, als säße man in der Straßenbahn und wollte die Stadt erkunden. Das langgezogene Bullauge auf ihrer Seite wurde mehr oder weniger ständig vom seitlichen Wind unter Wasser gedrückt, während das gegenüberliegende an Luv den Blick hoch in den Himmel führte. Sarah konnte den Tanz des Meeres also nur verfolgen, wenn sie sich entsprechend aufrichtete. Sie ließ es nach einigen Versuchen, denn es war ihr zu anstrengend.

Außer der fünfzehnjährigen Sarah waren noch ihre Eltern sowie Jan und Ulysses an Bord. Jan war seit Längerem mit Sarah befreundet. Sie gingen gemeinsam zur Schule. Jan war ein knappes Jahr älter und hatte vorgeschlagen, seinen Freund Ulysses mit auf die Tour zu nehmen. Ulysses war gerade siebzehn geworden und eine Klasse weiter als die beiden anderen. Es war für Sarah nicht einfach, ihre Eltern davon zu überzeugen, einen fremden jungen Mann auf eine nicht ganz ungefährliche Segeltour mitzunehmen.

Sarahs Mutter hatte die größten Bedenken. In dem entscheidenden Gespräch saß sie lange in sich gekehrt, sagte kein Wort und war offenbar von allen möglichen moralischen, beziehungsweise unmoralischen Vorstellungen gepeinigt. Vielleicht wanderte sie in Gedanken zurück in jene Zeit, in der sie selbst ein junges Mädchen war. Mein Gott, vor welchen Mauern hatte sie damals gestanden, und wie mühsam und gefahrvoll war es gewesen, sie zu überwinden. Spürte sie, dass ihr Sarah-Kind jetzt auch dort angekommen war? Na ja, und dann ein junger Mann mit diversen Piercings, unter anderem mehrere im Ohrenrand, zwei über dem Herzen gleich neben seiner Brustwarze. Und dann noch eine Tätowierung auf der Schulter: Ein aufgebrachter chinesischer Drache spie Flammenzungen auf die Haut seines Trägers. Das alles war ihr nicht geheuer.

Nun gut, auch Sarahs Mutter war letztlich mit Ulysses einverstanden, wenn auch mit bleibender Skepsis. Für Sarah war das kein Problem. All das würde die Reise doch nur spannender machen, meinte sie. Ein Argument, dem Sarahs Vater durchaus zustimmen konnte.

Nach der Bootsübergabe und vor dem Ablegen der Yacht wurden Sarah und ihre Mitreisenden von zwei umwerfend freundlichen Herren der marokkanischen Bootsagentur mit süßem Tee und noch viel süßeren, honiggetränkten Spezialitäten aus dem Atlasgebirge verwöhnt. Ihr war eine derart leichte und unwiderstehliche Herzlichkeit von Männern noch nicht begegnet. Sie fand die Freundlichkeit der Männer irritierend und wechselte verunsichert mokante Blicke mit Jan und Ulysses. Ob die fremden Herren vom anderen Ufer waren? In den Augen ihrer Freunde suchte sie Antwort auf diese Frage. Jan und Ulysses aber zuckten nur mit den Schultern. Typisch für die Greenhorns, ätzte Sarah in sich hinein, die haben auch keine Ahnung ...

Doch als es Zeit wurde, das Beisammensein zu beenden und abzulegen, hatte Sarah ihre anfängliche Unsicherheit überwunden und beide in ihr Herz geschlossen, zumal der Abschied mit einer Einladung zum Abendessen am Tage der Rückkehr in Ricks Café Américain gekrönt wurde.

„Diese Pianobar ...?“, überlegte Sarahs Vater, „Die aus diesem Film mit diesem, na, wie heißt er noch … ?“

„Und mit dem alten Sam am Klavier?“, platzte die Mutter elektrisiert dazwischen. Als die Marokkaner den Fragestellern mit glänzenden Augen zunickten, waren die Eltern begeistert und Sarah ließ sich davon anstecken, obwohl sie noch nie etwas von diesen Berühmtheiten gehört hatte.

Etwas unheimlich blieben ihr allerdings zwei tiefschwarze muskulöse Hunde im Dobermannformat, die von den Herren an kurzer Leine geführt wurden. Die Tiere knurrten gelegentlich in befremdlicher Tonlage.

Dann starteten sie den Diesel, holten die Leinen ein und setzten die Segel. Die Crew aus dem winterkalten Düsseldorf konnte sich von Anfang an über ideales Segelwetter freuen: stetiger, kräftiger Wind und den ganzen Tag nur Sonne, Sonne, Sonne. An der linken Seite der Yacht, seemännisch ausgedrückt an Backbord, sah man in zarten Konturen das afrikanische Festland, an Steuerbord nur die Weite des atlantischen Ozeans. Dahinten also lag Amerika, versuchte Sarah sich vorzustellen. Eine große Sehnsucht und verschwommene Bilder ferner Welten stiegen in ihr auf.

Regelmäßig kam Gischt über das Vordeck geschossen. Sie musste sich immer wieder wegducken und wurde vom salzigen Geschmack auf ihren Lippen überrascht. Die Reise schien alles andere als ein gewöhnlicher Urlaubsspaß zu werden. Schwimmwesten waren Pflicht. Wenn es besonders heftig wehte, galt sogar die Order ihres Vaters, sich an Deck zur Sicherheit anzuseilen, sodass niemand Gefahr lief, in einer plötzlichen Bö über Bord geworfen werden.

Die drei Youngsters aber waren nicht sehr an der eigentlichen Segelei interessiert, sie standen mehr auf Surfen, wenn auch nicht auf den Wellen des Meeres, sondern online im Internet. Das war allerdings nahezu unmöglich an Bord, denn Empfang gab es nur bis maximal fünf Seemeilen vor der Küste, weiter draußen war gnadenlose Funkstille. Dessen ungeachtet hielten sie sich trotzdem vorzugsweise unter Deck auf, alberten herum, spielten mit den Apps ihrer Handys, soweit das auch offline Sinn machte. Sarah vertiefte sich gerne in eines ihrer Bücher, die beiden Freunde spielten gelegentlich Schach auf dem Steckbrett. Immer häufiger rauften sie, testeten ihre Kräfte und ihre Geschicklichkeit. Das nervte Sarah zwar, doch die beiden Jungmänner versuchten dann, sie in ihre Rangeleien hineinzuziehen. So durfte sie teilhaben an der heraufdrängenden Männlichkeit der beiden.

Umgekehrt genossen es die Jungen, wenn es ihnen gelang, unter dem Vorwand spielerischer Ausgelassenheit, Sarahs zart entwickelte Weiblichkeit zu erkunden, ihren Nacken zu berühren, ihre samtenen Oberarme, ihre schulterlangen Haare, ihren Rücken, später dann auch ihre Fesseln, ihre Waden, ihre Oberschenkel. Besonders aufregend war es für Jan und Ulysses, wenn es sich beiläufig ergab, eine erste sinnliche Ahnung von der Beschaffenheit ihrer jugendlichen Brüste zu erhaschen.

Diese flüchtigen Berührungen waren für Sarah zwiespältig. Es erregte sie, es beglückte sie, und doch spürte sie einen Impuls zu sagen:

Nein Jungs, Vorsicht, so geht das nicht.

Wusste sie doch, wenn auch bisher nur aus fremden Quellen, wie den Ermahnungen ihrer Mutter und den ersten Erfahrungsberichten ihrer Freundinnen, dass ihre Brüste reserviert waren für andere Dinge. Und wenn die Jungen hier Grenzen auf vermeintlich unschuldige Art erprobten, konnte es schwierig werden, sich zur Wehr zu setzen, ohne als Spielverderberin oder uncool und spießig zu gelten.

Auf diese Weise hin- und hergerissen, beobachtete sie mit Interesse, dass sich während dieser Raufereien ihre Brustwarzen trotz aller Bedenken rasch verfestigten, sich gegen ihren Pullover aufrichteten und begannen, sich an der rauen Wolle zu reiben und ihr dabei ein Gefühl verschafften, das irgendwie prickelnd war, jedenfalls auf keinen Fall unangenehm. Umgekehrt gefiel es ihr ganz eindeutig, die Muskeln ihrer Freunde zu erkunden, deren gespannte Kraft und Härte zu ertasten und an den Kerlen zu rütteln wie an jungen Bäumen, die erste Früchte trugen. Besonders gefielen ihr die starken Arme von Ulysses.

Allerdings kam es auch vor, dass sich eine große Lethargie der drei Jugendlichen bemächtigte. Dann lagen sie matt in den Kojen, wie Ölsardinen in ihrer Dose, dämmerten und dösten vor sich hin, als wären sie empfindungs- und ideenlos.

 

Wenn Sarah das Treiben unter Deck zu langweilig wurde, kam immer wieder der Zeitpunkt, wo sie aufstand, ihre Kleidung zurecht zog, die Freunde verdutzt zurückließ und einen Ausflug an Deck unternahm, wo die Erwachsenen in Wind und Wetter saßen, meistens auf ein imaginäres Ziel in Fahrrichtung blickten und häufig schwiegen, sich aber immer freuten, wenn Sarah aus den Tiefen des Schiffsbauches auftauchte und ihnen einen Besuch abstattete. Sie genoss die frische Brise, die ihr hier oben um die Ohren wehte.

Als ihre Mutter am dritten Tag von einer unangenehmen Übelkeit heimgesucht wurde und sich immer wieder übergeben musste, wurde Sarah von ihrem Vater gebeten, von Zeit zu Zeit das Ruder zu übernehmen. Sarah war anfänglich begeistert, den Kapitän zu geben. Sie konzentrierte sich auf den Kompass, das Ruder und die optimale Stellung der riesigen Segel hoch über ihrem Kopf, merkte aber spätestens nach einer halben Stunde, das war nicht ihr Ding. Vor allem, wenn sie nicht mitbekam, was die Jungen unter Deck so alles trieben, und die Sorge in ihr aufstieg, etwas Wichtiges zu verpassen. Mit den Worten:

„Hier, Papa, mach du weiter ...“, gab sie dann das Ruder auch gerne wieder aus der Hand.

Und es dauerte nicht lange, da wurde es den jungen Hunden ohnehin zu eng an Bord. Die Langeweile schraubte sich in kritische Höhen. Unterschwellige Spannungen nahmen zu. Ihre Energien verlangten nach Auslauf und sie ersehnten die Ankunft auf La Gomera. Gemeinsam begannen sie, Pläne zu fantasieren für die Zeit auf der Insel. Außerdem hatte Sarah bald Geburtstag und den wollten sie angemessen feiern. Allerdings rechneten sie bei dem Gedanken an die kleine, abgelegene Insel mit allerhand unangenehmen Überraschungen.

„Wetten, dass es dort nicht eine einzige Disco gibt ...“

„Wetten, das letzte Internetcafé hat vor einer Woche dicht gemacht ...“

„Garantiert ist Quallenpest und Badeverbot!“ Und dann das Allerschlimmste:

„Wetten, wir drei sind auf dem ganzen verpissten Eiland die einzigen Typen unter fünf­unddreißig. Außer uns nur Rentner und Debile.“

Solche und ähnliche Erwartungen trieben das Stimmungsbarometer immer wieder in den Keller, setzten aber auch interessante Gedanken frei.

„Leute, ich hab’s“, sagte Ulysses schließlich, „wir hauen ab. Wir packen unsere Sachen und hauen ab, drei Tage lang, sollen die Alten doch das Boot schrubben, wir sind dann eben mal weg.“

Sarah und Jan sahen ihn ungläubig an.

„Keine Sorge, wenn alles sauber ist, sind wir wieder da“, versuchte Ulysses zu beschwichtigen.

Jan fing als erster Feuer: „Au ja, geile Idee, abhauen, super!“, und schickte gleich noch eine Frage hinterher. „Super, ja, abhauen, aber ... wohin?“

„Ja, genau, wohin?“, stieß Sarah ins gleiche Horn, „abhauen hört sich klasse an, geht zu Hause aber zehn Mal besser, als auf so’ner lüttchen Insel“, gab sie zu bedenken, „da schlägst du drei Mal lang hin und bist schon auf der anderen Seite.“

„Und dann laufen da nur Leute rum, die von unserer Sprache nix kapieren.“

Na klar, die Idee von Ulysses war noch nicht ganz fertiggebacken, aber das konnte ja noch werden.

„Und was machen wir an meinem Geburtstag?“, ging Sarah unverhofft in die Offensive.

„Jan! Notieren: Geburtstag planen!“, gab Ulysses Anweisung. Jan salutierte:

„Yes, Sir, Geburtstag planen.“

So ging es eine Weile hin und her. Die Stimmung stieg und Sarah begeisterte sich zunehmend. Aus den verschlafenen, an der Welt wenig interessierten Jugendlichen wurden begeisterte Abenteurer, die einen echten Coup planten, einen für die große Freiheit. Alles geschah natürlich unter Deck und im Geheimen. Die drei wuchsen zu einer verschwiegenen Gruppe zusammen. Eiskalt und wie die Profis planten sie ihr Vorhaben. Und dann ging es plötzlich ganz schnell.

Schon am nächsten Tag erreichten sie die Nordküste von La Gomera. Die weiße Yacht warf Anker vor Los Organos. Riesige dunkle Basaltsäulen stiegen hier an der Küste aus dem Meer, sechseckig und doch den runden Orgelpfeifen ähnelnd, nach denen sie benannt waren. Es hatte Sarah und die Jungen einige Mühe gekostet, die Zustimmung der Eltern zu ihren verschwörerischen Plänen zu erlangen. Das Einzige, was sie preisgaben, war, dass sie eine mehrtägige Wanderung vorhatten, hinauf zu den nebeligen Spitzen des höchsten Berges der Insel, dem gut eintausendvierhundert Meter hohen Garajonay, je nach Bedarf etwa drei bis vier Tage. Sie wollten sehen, wie weit sie kamen, um danach in Richtung des östlich gelegenen Valle Gran Rey, dem früheren Hippi-Eldorado abzusteigen und dort wieder an Bord der Fantasia II zurückzukehren. Handys wollten sie nur für den Notfall dabei haben. Sie würden bei gutem Verlauf nicht eingeschaltet werden. Kontroll-Anrufe der Eltern sollten so vermieden werden. Die alten Herrschaften stimmten nur deswegen zu, weil vor allem Sarah sich so leidenschaftlich für ihr Vorhaben einsetzte und sich ausdrücklich erbat, dass die Eltern ihr das nötige Vertrauen entgegenbringen möchten. Schließlich würde sie demnächst sechzehn und das sei so gut wie volljährig.

Sarahs Vater musste daraufhin laut lachen. Dafür nahm er die beiden jungen Männer mehrmals ins Gebet. Das war seiner Tochter ziemlich peinlich, aber sie konnte es nicht verhindern. Er verlangte von Jan und Ulysses mit der Entschlossenheit eines Scharfrichters absolut korrektes Verhalten, was immer er damit meinte, und bat sie andererseits flehentlich, gut auf seine Tochter, die er über alles lieben würde, aufzupassen und sie unbeschadet zurückzubringen. Auch hier ließ er offen, was genau er damit meinte ... Selbstverständlich schworen die beiden eine größere Anzahl Meineide, sodass letztlich auch Sarahs Mutter den Plänen zustimmte.

Am Morgen schipperte der alte Herr die drei mit dem Dingi der Yacht in Richtung Felsenküste. Mit prall gestopften Rucksäcken und erwartungsvollen Blicken hockten sie auf dem seitlichen Bord des Schlauchbootes. Sarah hatte Angst, dass ihr im letzten Moment schlecht werden würde, denn die Schaukelei auf diesen kleineren Booten konnte sie nicht so gut vertragen.

Die drei hatten sich für diesen besonderen Ort der Anlandung entschieden, weil ihn sonst kaum jemand kannte. Es handelte sich um einen echten Geheimtipp. In keinem Reiseführer wurde darüber berichtet. Es schien eine Verschwörung zur Verschwiegenheit zu geben. Dieser Umstand passte natürlich hervorragend zu ihren Plänen. Ulysses hatte davon über einen Freund erfahren. Der war den Weg bereits mehrfach gegangen, den nun auch die Gruppe gehen wollte.

Turmhoch wuchsen die mächtigen Säulen von Los Organos vor ihnen aus der auf- und absteigenden Dünung. Sarah hatte keine Ahnung, wie sie dort hätten an Land gehen können, aber Ulysses gab ihrem Vater den entscheidenden Hinweis. Am linken Rand dieses erdgeschichtlichen Wunders war zu erkennen, dass sich dort die Meereswellen nicht an den schwarz-glatten Flächen brachen. Sie liefen offenbar ungehindert weiter. Daran erkannte er die Existenz eines schmalen Durchlasses, gerade breit genug, um das kleine Gummiboot in eine dahinter liegende Bucht schlüpfen zu lassen, ohne an die scharfkantigen Felsen zu schlagen.

Kaum hatte Sarahs Vater diese Herausforderung gemeistert, wurden die Fluten schlagartig ruhiger. Sarah sah sich um und erkundete mit neugierigen Augen, wo sie gelandet waren. Immer noch diese unglaublichen Basaltriesen, extrem hart, glatt wie ein Kinderpopo und mattschwarz glänzend bis in den Himmel. Der Blick in die andere Richtung führte in eine schillernde Unterwasserwelt. Fische unterschiedlichster Größe und Färbung suchten hier Schutz vor den mächtigen Brechern des Atlantiks. Fantastisch, wie im Märchen!

Als Sarah wieder den Kopf hob, sah sie ihn zum ersten Mal. Ihre Augen hatten begonnen, die obere Kante des kleinen Naturhafens abzutasten, als der riesige Vogel über dem Rand der Felswand hervorschoss und seinen Flug in einer leichten Biegung fortsetzte, sodass sie ihn genauer betrachten konnte. Seine mächtigen Schwingen standen weit, dunkel und stark im Wind. So sahen Adler aus, das wusste sie aus den Ferien an den Mecklenburgischen Seen. Sie meinte zu erkennen, dass ihr das Tier direkt in die Augen sah. In diesem denkwürdigen Moment wurde sie leider von Ulysses abgelenkt, der ihrem Vater jene Stelle in der Wand zeigte, in der kaum sichtbar eine kräftige, stählerne Strickleiter ins Wasser herabhing. Sie ließ den Adler nur diesen einen Moment aus den Augen. Als sie ihn nach Sekunden erneut betrachten wollte, war nichts mehr von ihm zu sehen und der Himmel war blau und leergefegt wie zuvor.

Es folgten lebhafte Abschiedsszenen zwischen Sarahs Vater und den drei Abenteurern, bevor zuerst Jan, nach ihm Ulysses und zum Schluss Sarah in die schwankende Leiter stiegen. Behutsam arbeiteten sie sich Stufe für Stufe empor, bis sie ein schmales Felsplateau erreichten und der Boden unter ihren Füßen allmählich aufhörte zu schwanken.

Sie hatten es geschafft! Sarah war erleichtert und begeistert.

Jetzt standen sie dort oben wie drei aus dem Nest gestoßene Jungvögel, nur, dass niemand sie gestoßen hatte. Sie selbst hatten diesen Schritt getan ... Ein allerletzter Blick hinunter zum Vater. Sarah rupfte spontan eine violette Blüte aus ihrem Blattwerk, weit und breit in felsigem Umfeld die einzige grünende Pflanze, und warf sie hinunter. Er fing sie auf und führte sie zu einem Abschiedskuss an seine Lippen. Ihr kamen ein paar schamhafte Tränen. Doch Ulysses drängte:

„Schluss jetzt, lasst uns gehen!“

Sie gaben sich einen Ruck und Ulysses führte die kleine Gruppe in einen zügig aufwärts weisenden Pfad, der vor langer Zeit sicher äußerst mühsam Stufe für Stufe aus dem Fels gehauen worden war. Sarah hatte die Stufen zunächst gar nicht wahrgenommen. Zu dunkel hatten sie sich im Gestein versteckt. Sie führten weg vom Vater, hinein in eine eigene Welt.

Später schlängelte sich der Pfad entlang eines ausgetrockneten Bachbettes. Die schwarzblauen Säulen hatten sie hinter sich gelassen. Zu beiden Seiten wurden sie nun begleitet von hoch aufragendem Fels, der sich schroff und in wechselnd rötlichbraunen Tönen zeigte. Hier unten, in den Tiefen des Barancos herrschte nahezu Windstille. Dafür war es drückend heiß. Über ihnen lag der Himmel in flirrender Weite und die Sonne konnte ihre ganze Kraft entfalten. Nur wenig Gestrüpp, meist hart, stachelig und immergrün, hatte in dieser Hitze eine Chance, zu überleben. Nach einer halben Stunde war Sarah atemlos erschöpft. Sie ließ sich auf einen Fels in angenehmer Sitzhöhe fallen und leerte ihre Wasserflasche in einem Zug.

„Na, Sarah, war‘s das schon? Geht doch erst los …“, lästerte Jan, dem freilich der Schweiß auch schon in Strömen über das Gesicht lief.

Diese blöden Typen, dachte sie und zeigte ihm eindeutige Gesten, müssen immer so tun als ob, die armen Kerle ...

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