Hardcore Dancing

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Hardcore Dancing
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Maria Bocca

Hardcore Dancing

Sturzflüge der Liebe, Sex und wilde Träume: 7

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Hardcore Dancing - Eine erotische Erzählung

Lust auf mehr?

Impressum neobooks

Vorwort

Ganz lieben Dank, dass Sie dieses Ebook gekauft haben. Die Geschichte ist Teil eines Sammelbandes, der unter dem Titel

.

Maria Bocca

.

Liebesstürze ROT

Erotische Geschichten von Sehnsucht, Sex und wilden Träumen

.

als Ebook (4,99 €) und in einer gedruckten Version (392 Seiten / 14,99 €) in allen Onlineshops und im Buchhandel erhältlich ist. Weitere erotische Geschichten erscheinen in Abständen zunächst als Ebook. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern viel Freude beim Lesen und natürlich auch im wirklichen Leben!

..

Ihre Maria Bocca

Hardcore Dancing - Eine erotische Erzählung

.

Taka. Ein guter Bekannter aus dem Polizeiapparat hatte mich gewarnt. Eine Razzia sollte unmittelbar bevorstehen. Kein Problem, dachte ich, alles war gut vorbereitet. Ich schnappte mir den schwarzen Rucksack, verabschiedete mich von Makeba und machte mich auf den Weg. Unterwegs bekam ich heiße Füße, denn das Viertel wimmelte bereits von Polizei und es schien mir klug, geeignete Umwege zu nehmen. Also nahm ich die Beine in die Hand und lief so schnell ich konnte, ohne dabei allzu auffällig zu erscheinen.

Carmen. Zwei Katastrophen nacheinander, das war etwas viel auf einmal. Auch für Maria und mich. Erst vor einigen Tagen hatten wir einen guten Freund zu Grabe getragen. Eine deutsche Beerdigung zwischen eingeschneiten Krokussen und kälteklammen Osterglocken. Schweigende Menschen in düster-farbloser Kleidung lauschten den zusammengeklaubten Worten eines hauptberuflichen Beerdigungsredners, trotteten trübsinnig in Reih und Glied über einen engen Friedhofsweg. Ein zentnerschwerer Sarg mit wertvollen Beschlägen und auf Hochglanz poliert, sowie mit ihm unsinnige dreitausend Euro wurden in die Erde versenkt. Letzte Worte, ein Schäufelchen sandige Erde, vielleicht ein Blümchen hinterhergeworfen. Mach‘s gut, alter Junge. Wir sehen uns. Zur Belohnung für den Trauerparcours gab es Streuselkuchen und Kaffee schwarz in einer stillosen Gaststätte. Sprachlosigkeit. Ende. Mir war übel danach.

Auf der Rückfahrt in ihrem alten Mercedes begann Maria davon zu träumen, dass es eines Tages eine neue Art des Abschiedes von dieser Welt geben könnte. Ja, ja, schön wär’s, sagte ich mir. Aber dafür schien mir in eben dieser Welt kein Platz. Ich hielt nichts von utopischen Träumereien dieser Art.

Und kaum hatten wir an diesem Tag die Tür zur Kanzlei geöffnet und uns an unsere Schreibtische begeben, die Computer liefen erst noch hoch, da überfiel uns die zweite Katastrophe und dieser Typ stürmte in Marias Büro. Ich erkannte ihn sofort, denn ich hatte ihn fast täglich beobachtet, ohne mir etwas dabei zu denken. Drüben, auf der anderen Straßenseite im Kalif, einem arabischen Cafe, traf er sich mit einem ebenfalls dunkelhäutigen, hochgewachsenen Mann, der mir besonders durch seinen kahlrasiertem Schädel in Erinnerung blieb. An schönen Tagen konnte ich sehen, wie sich darauf die Sonne spiegelte.

Maria. Der schwarze Riese stand vor mir, natürlich ohne anzuklopfen, und knallte mir einen City-Rucksack, ebenfalls schwarz, auf den Schreibtisch. Er beugte sich so zu mir herunter, dass ich direkt und aus kürzester Entfernung, geradezu zwangsweise, in das Weiße seiner Augen sehen musste. Mit knapper Luft, wie es typisch für einen Gehetzten sein mag, gab er mir seine Anweisungen:

„Keep it. I come back. Don‘t open. I pay.”

Nach jedem dieser unmissverständlichen Sätze hieb er lautstark, wie, um seinen Worte den erforderlichen Nachdruck zu verleihen, mit flacher Hand auf meine Schreibtischplatte, dass es von den Wänden widerhallte. Lang gewachsenes Kraushaar hing ihm in die Stirn. Dann verschwand er so schnell, wie er gekommen war. Allerdings zu meiner Überraschung nicht durch die Vordertür, durch die er gekommen war, sondern, als würde er sich gut in diesem Hause auskennen, durch den rückwärtigen Eingang. Es gab noch einen letzten heftigen Rums, als die Haustür gegen die Wand flog, sodass ich in Gedanken schon splitterndes Glas sah, aber dann war Ruhe.

Ja, gibt’s denn sowas. Mistkerl! So eine Frechheit!, kochte es in mir hoch.

Carmen, meine einzige Mitarbeiterin - die mir auch eine gute Freundin war - hockte für Sekunden wie gelähmt vor ihrem Computer und sah mit bleichem Gesicht zu mir herüber. Dann hatte sie einen ähnlichen Zornesreflex wie ich. Sie sprang auf und rannte, als ginge es um ihr Leben, den Flur hinunter hinter ihm her. Es sollte eine Weile dauern, bis sie zurückkam.

In der Zwischenzeit dämmerte mir die wenig tröstliche Erkenntnis, dass dies mit Sicherheit der aufregendste Moment in all den Jahren war, den ich als Anwältin in dieser Einzelkämpferkanzlei im Berliner Bezirk Kreuzberg erleben durfte. Immer im Einsatz für die Rechte meiner Mandantinnen und Mandanten - und für meine Anerkennung. Zugegeben, nicht ganz ohne Erfolge. Das hatte sich herumgesprochen. Mein guter Ruf basierte auf Verschwiegenheit, fachlicher Kompetenz und Verlässlichkeit.

Was von dem Rüpel außer seinem Mitbringsel blieb, das war das Abbild seiner Augen auf meiner Netzhaut: Augen, die mich willensstark fixierten, pechschwarz, in weitem, rot durchädertem, weißem Rund. Seine Anweisungen rechneten nicht mit Wiederspruch. Als er sich zu mir herunterbeugte, pendelte ein goldener Anhänger an seinem muskulösen Hals und ich konnte in den Ausschnitt seines rosa Sweatshirts blicken, so eines mit aufgesticktem grünem Krokodil, das sein Maul sehr weit aufriss. Seine schweißnasse Haut schimmerte im Schein meiner Schreibtischleuchte. So blieb außer seinen Augen auch noch dieser Geruch.


Es war der Geruch eines Mannes auf der Flucht. Seine Duftaura stand wie ein großer Ballon zwischen meinen vier Bürowänden. Daran würde ich ihn wiedererkennen - falls nötig. Aber in all dem bemerkte ich noch einen kleinen Spritzer Paco Rabanne. Das gab dem Ganzen eine feine Note. Und das gefiel mir mehr, als mir lieb sein sollte.

Carmen kam inzwischen vom Hinterausgang zurück, nun ebenfalls kurzatmig nach Luft schnappend.

„Und?“, fragte ich.

„Weg“, spuckte sie aus, „keine Spur. Muss irgendwo reingelaufen sein.“

Ja, ja, das Viertel bot allerhand Schlupfwinkel, dachte ich und sah nachdenklich aus dem Fenster.

Ein Streifenwagen der Polizei fuhr im Schritttempo mit behäbig kreisendem Blaulicht den Damm hinunter.

Taka. Okay, erst mal war ich erleichtert. Alles hatte, trotz Razzia, nahezu so geklappt, wie ich es mir vorgestellt hatte. Meine Recherchen im Vorfeld hatten ergeben, ich konnte mich auf diese Frau verlassen. Ich hatte sie lange genug beobachtet. Inzwischen war es höchste Zeit, die Dinge zu regeln. Meine Geschäftsfreunde kamen dafür nicht in Frage, ihnen konnte ich nicht trauen. Und meine wahren Freunde wollte ich davor bewahren, in Dinge hineingezogen zu werden, die ihnen schaden könnten. Für alles andere war noch genügend Zeit. Dachte ich.

Jetzt sollte erst einmal Gras über die Sache wachsen. Denn über kurz oder lang würde die Polizei mir auf den Fersen sein. Berlin war riesig, aber es war auch ein Dorf. Hier im Kiez kannte ich seit Jahren jeden Winkel - und ich kannte mein Geschäft. Allerdings, die Polizei kannte auch mich. Doch selbst, wenn die Bullen wussten, wo sie dich abgreifen konnten, gab es immer noch eine kleine Chance, dass sie es nicht taten. Sie würden nur zuschlagen, wenn sie handfaste Beweise hatten, denn sie waren bemüht, sich gegen den Vorwurf ausländerfeindlicher Parteilichkeit abzusichern.

Na ja, und dann gab es eine Unmenge wohlmeinender Menschen wie diese Rechtsanwältin, die alles taten, um ihre fremdenfreundliche Gesinnung unter Beweis zu stellen. Politisch korrekt nannten sie das. Das Schlimmste, was in diesem Quartier über dich kommen konnte, war eine nächtliche Sprayerattacke durch schwarz vermummte Gestalten. Wenn du am Morgen deine Kanzlei betreten wolltest, und ein schreiendes !RASSIST! begrüßte dich mit Ausrufezeichen an deiner Hauswand: Das ging gar nicht! Da ging dann keiner mehr hin. Nicht in dieser Gegend. Glaubte ich an meine eigene Recherche, war meine kleine Blonde mit der strengen Frisur davon jedoch weit entfernt. Sie war ein arbeitsames, liebes Mädel. Von ihr war nichts zu befürchten.

Nur diese Kollegin, die konnte ich nicht richtig einschätzen. Aber seit heute wusste ich wenigstens, dass sie sehr schnell laufen konnte. Alle Achtung, Madame! Ich war ihr nur knapp entkommen. Murats Döner hatte Gottseidank schon geöffnet und es gelang mir, ohne viele Worte, bei ihm Unterschlupf zu finden.

 

Maria. Er war weg, doch die Begegnung mit dem schwarzen Wirbelwind ließ mich in einer Art emotionalem Niemandsland zurück. Es hatte mich erschüttert, aufgewühlt, es war beschissen gewalttätig, es war nicht in Ordnung und ich war empört. Schließlich war ich keine Kassiererin an irgendeiner Tankstelle, die man einfach mal so überfallen konnte, was natürlich auch nicht in Ordnung war. Aber ich war Rechtsanwältin und damit Teil des Rechtssystems dieses Landes. Und da sollte man nicht einfach so herein marschieren und sein Diebesgut abladen.

Rein anwaltlich gesehen, musste ich die Frage klären, ob das jetzt ein Fall für die Polizei war, oder ob mir gerade ein neuer Mandant zugelaufen war oder, ob, welch interessante Alternative, sich nicht auch mit einer privaten Gepäckaufbewahrung das notwendige Kleingeld verdienen ließe.

Wie immer ich mich entscheiden würde, dieser Mann hatte mich in meinen Tiefen erreicht. Es fühlte sich an wie ein Schlag in die Magengrube. Die weit geöffneten Augen, eine untergründig kraftvolle Erscheinung, das geheimnisvolle Dunkle einer andern Männlichkeit. Ich hätte mir gewünscht, er wäre nicht so schnell wieder verschwunden oder hätte mir hinterlassen, wo und wie ich ihn bei Bedarf erreichen könnte. Was mir blieb, war nur sein Duft. Wie eine Verheißung zog er durch unsere Räume.

Taka. Nichts ist ohne Risiko, alles hat seinen Preis, hatte mein Vater vor meiner Abreise aus Tansania zu mir gesagt, vergiss das nicht, mein Sohn. Ich hatte nicht hingehört, hastig meine Sachen geschnappt und mich auf den Weg nach Europa gemacht. Tunesien, Italien, Österreich, Deutschland. Alles lief lange wie geschmiert. Keine Polizei, kein Knast, gutes Geld.

Doch jetzt hatte ich ein Problem. Ich dachte, ich hätte alles geregelt und könnte mich aus dem Staub machen, vielleicht nach Frankreich oder Schweden, oder Südamerika. Gute Kliniken gäbe es auch dort. Doch dann hatte ich in die Augen dieser Frau gesehen. Es war meine Idee gewesen. Ich wollte es ganz nah. Ganz eindringlich. Fast intim. Ich wollte sie beeindrucken. Aber es kam anders. Die Idee fiel auf mich zurück. Denn es war sie, die mich beeindruckte. Und so geschah etwas, das mich an sie fesselte. Etwas, das ich noch nicht kannte. Eine zarte Frau mit einem schmalen Körper, nicht mehr jung und knackig, nein, überhaupt nicht das, worauf schwarze Männer eigentlich scharf waren. Ausgerechnet bei mir Blödmann hatte es gefunkt. Das war keine dieser Frauen, die meinen Brüdern die Füße küssten, wenn sie es verlangten, keine dieser Frauen, die nur an Sex dachten, wenn sie einen von uns kennenlernten. Nein, diese Augen waren voller Zorn, voll Kraft und Leidenschaft. Fast wäre ich vor ihnen zurückgewichen, wie vor einer unüberwindlichen Barriere.

Nun gut, die Lage hatte sich verändert, aber was galt es nun, daraus zu machen? Um mich dieser Frage zu nähern, war mein morgiger Termin von allergrößter Bedeutung. Es war mein nächster Arzttermin.

Carmen. Meine Maria-Chefin war vom Besuch des Mannes, der ihr diesen Rucksack hinterlassen hatte, schwer erschüttert. Aber zu meinem Erstaunen war sie äußerst unentschlossen, wie sie auf den Vorfall reagieren sollte.

„Maria, du musst die Polizei informieren“, versuchte ich sie zu überzeugen. Doch sie blickte nur verwirrt und verängstigt vor sich hin und schüttelte den Kopf. Also doch ein neuer Mandant ...? Maria schüttelte weiterhin nur den Kopf und zeigte sich zu keiner klaren Entscheidung fähig.

Oder bedrückte sie der Gedanke an mögliche Hintermänner, ohne die solche Ganoven selten auftraten? Maria war immer bemüht gewesen, diese Typen nicht unnötig vor den Kopf stoßen und kriminelle Sanktionen unbekannten Ausmaßes zu riskieren. Denn die Polizei war in diesem Kiez weit weg. Die Macht und die öffentliche Gewalt hatten andere.

Oder lag ihre Verwirrung an einer kleinen persönlichen Schwäche, die sie der Polizei wohl nicht gerne offenbart hätte? Dabei handelte es sich wirklich nur um eine kleine Schwäche, jedenfalls in einer Stadt wie Berlin. Maria rauchte nämlich gerne ein Pfeifchen, wie sie sich ausdrückte. Jeden Freitag, wenn sie die letzten Termine der Woche gut gemeistert oder auch nur überstanden hatte, jene vor dem Amtsgericht, bei der Ausländerbehörde, und die mit den bis aufs Messer streitenden anatolischen Ehepaaren, setzte sie sich in die Küche, im Sommer auf die kleine Terrasse im Hof und drehte sich eine Zigarette, angereichert mit einigen Krümeln bewährter marokkanischer Qualität. Es war natürlich nicht ausgeschlossen, dass es einen Zusammenhang gab zwischen dem schwarzen Rucksack und Marias Lieferantenkontakten. Einmal im Vierteljahr bekam sie neuen Stoff. Das funktionierte wie ein Zeitungsabonnement. Und natürlich würde ein Besuch der Polizei in der Kanzlei in keinem Fall einen guten Eindruck in der Nachbarsschaft hinterlassen.

Doch auch diese Überlegung erschien mir lächerlich. Ich versuchte ihr klar zu machen, dass sie einen derartigen Vandalismus in ihren Büroräumen unter keinen Umständen zulassen dürfte und ich schlug vor, dass ich an ihrer Stelle den Kontakt zu den Männern vom Revier herstellen könnte. Vergebens. Nun gut, sie war die Chefin, ich die Angestellte. Doch ich wusste, dass sie sich nicht professionell verhielt. Sie verhielt sich wie eine im höchsten Maße verunsicherte Frau. Und da war ich nicht als ihre Angestellte, sondern als ihre Freundin gefragt. Also nahm ich sie erst einmal ganz fest in die Arme. Maria bebte und begann zu schluchzen.

Taka. Der Arzt war nicht zufrieden mit meinem Zustand. Er war der Ansicht, es wäre effektiver, wenn ich einige Tage in die Klinik ginge. Dort könne man mich besser auf die Medikamente einstellen. Unabhängig von dieser Empfehlung, die den Charakter einer Anordnung hatte, blieb seine Prognose für meine Heilungschancen unverändert schlecht. Die Lage war eindeutig bedrohlicher geworden. Damit hatte ich in dieser Schärfe nicht gerechnet. Mein Lebensmut bekam einen Knacks und es sah nicht gut aus für meine neue Liebe.

Carmen. Nur drei Tage nach dem Überfall trat er mir wieder unter die Augen. Sehnsucht nach dem Tatort, war mein erster Gedanke. Drüben im Kalif saß er dreist und selbstsicher, als könnte ihm niemand etwas anhaben, und wärmte sich die Hände an einem Espresso. Diesmal allerdings ohne seinen kahlrasierten Freund. Ich rief Maria sofort zu mir. Doch als ich ihr zeigen wollte, was ich gesehen hatte, war eine Sekunde der Unaufmerksamkeit schon zu viel und der Kerl war wieder verschwunden.

Maria regte sich entsetzlich auf, gab mir alle Schuld, beklagte sich, was ich da für einen Unsinn erzählen würde, ich hätte keine Ahnung, wie es ihr wirklich gehen würde, und ähnlich ungerechtes Zeug. Ihre Gefühle kochten hoch wie ein isländischer Geysir. Ich sah zu, dass ich ihr nicht zu nahe kam. Natürlich war es die Enttäuschung, die sie so heftig entgleisen ließ. Aber das machte es nicht angenehmer. Für drei Tage sagte sie alle Termine ab. Sie keifte und raufte sich die Haare, sank verzweifelt in sich zusammen, trank einen Grappa nach dem anderen und machte anschließend lange Spaziergänge, die immer länger wurden, sodass ich mir Sorgen machte, ob sie wieder zurückfinden würde.

Zu allem Übel folgten Ereignisse, die Marias Hoffnung, ihm erneut zu begegnen, zwar befeuerten, aber im gleichen Moment auch zu Nichte machten. Etwa eine Begegnung im Kaufhaus des Westens. Drei schwarze Männer im Fahrstuhl und Maria, sonst niemand. Einer sah dem Mann mit dem Rucksack erstaunlich ähnlich und er roch angeblich wie der Mann mit dem Rucksack. Obendrein fühlte Maria sich an den Juwelenraub erinnert, der hier vor kurzem großes Aufsehen erregt hatte. Das verstärkte ihre diffuse Verunsicherung. Der aus einem arabischen Land stammende vermeintliche Täter konnte seinerzeit zwar gefasst, aber nicht durch genetische Analysen überführt werden, weil er behauptete, nicht er selber, sondern sein tatsächlich existierender Zwillingsbruder zu sein.

Zwei Tage später in der U-Bahn und auf dem Nachhauseweg wieder schwarze Männer. Dieses Mal wandten sie Maria in auffälliger Weise den Rücken zu. So meinte sie jedenfalls. Von wieder Anderen fühlte sie sich verfolgt. Und so ging es weiter, Tag für Tag. Schwarze Männer überall. Maria sah nur noch schwarze Männer. Doch leider, ich würde eher sagen Gott sei Dank, der Große aus ihrem Büro, dessen Geruch sie so aufregend fand, der war nicht dabei.

Maria. In mir nagte eine völlig unbekannte, fremde Sehnsucht. Es war, als hätte jemand ein Ventil geöffnet und nun lief ich langsam voll mit dieser Sehnsucht bis unter die Haarspitzen. Das Unerträgliche war, dass ich nicht wusste, wohin damit. Ich hatte keinen Adressaten, nicht mal eine Himmelsrichtung.

Stattdessen häuften sich die Razzien in unserer Gegend. Die Polizei erntete bereits die befürchteten ausländerfeindlichen Unterstellungen. Anstatt sich um die kriminellen Banker zu kümmern, so hieß es von Seiten einiger linker Aktionsgruppen, oder den Kaputtsanierern auf die Finger zu schauen, würden die Beamten mit ihren Einsätzen lediglich die zarten Triebe multikulturellen Lebens im Kiez verstören und das Misstrauen unter den Bewohnerinnen und Bewohnern schüren.

Taka. Die Krankheit hatte mich verändert. Nach der ersten Diagnose im letzten Jahr war ich entschlossen, keine feste Beziehung mehr einzugehen. Ich hatte genug Freunde. Ich war nicht einsam. Also wozu noch eine Frau? Ich wollte niemanden mehr unglücklich machen. Ich hatte damit abgeschlossen. Aber seit Kurzem war da dieses wieder erwachte Verlangen, diese eindrucksvolle Rechtsanwältin, die ich unbedingt wiedersehen wollte. Ich wollte ihre Augen und ich wollte sie. Ein verdammter Widerspruch.

Wie hatte mein Vater gesagt: Frauen sind die Beute der Männer. Wenn du eine willst, dann nimm sie dir. Du darfst sie nicht entwischen lassen! Und meine Mama? Hör gut zu, mein Sohn, hatte sie gesagt, vergiss nicht, was die vornehmste Aufgabe deines Geschlechtes ist: Ihr sollt die Frauen glücklich machen und nicht umgekehrt. Also streng dich an und zeig, was in dir steckt. Ich verlasse mich auf dich. Dein Vater war stets ein Meister dieser Kunst, nimm ihn dir als Vorbild. Mit diesem Satz verblüffte mich meine Mutter nicht unerheblich. Er gab mir Rätsel auf. Mein Vater als Vorbild ... der unergründliche Charmeur ...

Maria. Ich fühlte mich verletzt wie ein angeschossenes Reh im Märchenwald. Meine Hoffnungen auf ein Wiedersehen waren verpufft. Er hatte gesagt: I come back. Aber er kam nicht. Dieser Scheißkerl! Ich hätte es wissen müssen. Wie konnte ich nur so naiv sein. Alle Männer sind Betrüger - und die schwarzen Herzensbrecher sowieso. Ich beschloss, mich heute früher von meinen Akten zu verabschieden und mir etwas Gutes zu tun. Das erwies sich als richtige Entscheidung. Auf der Suche nach Ablenkung ließ ich mich durch die Geschäfte des Viertels treiben. Und wie nicht anders zu vermuten, wurde es ein sehr vergnügliches, aber auch ein ausgesprochen teures Treiben. Unter anderem hatte ich mich in einen rattenscharfen sommerlichen Hosenanzug verguckt. Sehr körperbetont, sehr sexy, dachte ich, als ich zur Kasse ging. Ein tolles Teil! Und wenn ich mit der Hand über den seidengleichen Stoff fuhr - einfach geil!

Carmen. Maria fiel mir inzwischen erheblich auf die Nerven. Sie grübelte nahezu unablässig über diesen dämlichen Rucksack und die Frage, was wohl in ihm sei. Als ob es nichts Wichtigeres gab. Viel konnte es nicht sein, denn er wog höchsten drei bis vier Kilo. Sein Inhalt wäre, so meinte sie, die einzige Spur, die sie zu ihrem Besitzer führen könnte. Aber er hatte gesagt: Don’t open. I pay. Oder so ähnlich. Sie hatte nicht widersprochen. Also, so verstand ich ihre Logik, erklärte sie ihn zu einem Mandanten, mit dem sie einen Vertrag eingegangen war, den sie nicht brechen dürfe.

Ich fand das alles ziemlichen Blödsinn. Für mich war Maria einfach nur total neben der Spur. Und nun war sie besessen von der Idee, einen Kriminellen zu decken, nur weil sie sich in den Kerl verknallt hatte. Nicht zu fassen! Dass sie damit unser beider Existenz aufs Spiel setzte, schien ihr gleichgültig. Meine bisherigen Versuche, sie zur Vernunft zu bringen, prallten an ihr ab wie Gummibälle von einer Panzerglasscheibe. Jämmerlich. Ich musste mir also dringend etwas Neues einfallen lassen.

Maria. Das Wochenende stand bevor. Mein erotisches Leben war nun schon vor gefühlten hundert Jahren zum Stillstand gekommen. Dabei war es Hochsommer, es war heiß in der Stadt, und ich war liebesdurstig wie ein verlassenes Zicklein in der Atacamawüste. Carmen riss mich aus meiner desolaten Lage, indem sie den Vorschlag machte, am Samstagabend mal wieder um die Häuser zu ziehen, so richtig, mit Essen gehen, Disco, scharfen Drinks und einem Klümpchen Droge. Und natürlich Männer, Männer, Männer. Ein guter Vorschlag.

 

Irgendwann weit nach Mitternacht landeten wir in Berlins angesagtester Techno-Diele, dem Hainberg, ich erwartungsvoll aufgebrezelt in meinem schicken neuen Hosenanzug. Frau konnte dort unglaublich gut abtanzen. Und im Hintergrund lauerte der Darkroom. Ein Wort, das mir nicht besonders gefiel. Es war mir zu blass, um das auszudrücken, was ich mir unter einem Darkroom vorstellte, war ich mir doch sicher, ein solcher Ort ähnelte am ehesten einem sumpfigen tropischen Tümpel mit allerhand ekelhaftem Getier, wie total ausgehungerten Haifischen, gewaltigen Mantas, die dich mit ihren Stromschlägen außer Gefecht setzten, stinkenden, fiesen Moränen, wabbeligen Feuerquallen, Schlingpflanzen, die alles in die Tiefe zogen, was sie zu fassen bekamen, beißwütigen Seepferdchen mit Piranhazähnen und einem Schwarm harmloser, aber ungemein kitzelnder Wasserflöhe.

Klar, dass ich mich noch nie in einen echten Darkroom gewagt hatte. Ich war auch noch nie mit Menschen zusammengetroffen, die mir hätten erzählen können, was es dort wirklich zu erleben gab. Irgendwann wurde ich jedoch mutiger und wollte es genauer wissen. Google sei Dank fand ich einiges heraus.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?