Buch lesen: «Superpower für die Wechseljahre», Seite 2

Schriftart:

Erste Anzeichen

Laut dem Stufensystem, das eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus fünf Ländern und verschiedenen Fachbereichen im Jahr 2001 im Rahmen des Stages of Reproductive Aging Workshop (STRAW) entwickelt hat, beginnt die frühe Perimenopause, wenn sich die Länge Ihres Zyklus in mehreren aufeinanderfolgenden Zyklen um sieben oder mehr Tage verändert.3 Gegen Ende der fruchtbaren Jahre seien zudem leichte Veränderungen in Stärke und Länge möglich. Dazu muss ich sagen, dass ich mit vielen Ratsuchenden gearbeitet habe, die meiner Einschätzung nach schon unter den hormonellen Veränderungen der Perimenopause litten, diese Kriterien aber nicht erfüllten.

Meiner beruflichen Erfahrung nach zeigen sich bereits Symptome, bevor es zu einer siebentägigen Abweichung der Zykluslänge kommt. Insofern sollten Sie nicht unbedingt bis zur Erfüllung dieses offiziellen Kriteriums warten, bevor Sie sich in den Wechseljahren sehen. Zu diesen Symptomen zählen unter anderem ein verkürzter Zyklus, Veränderungen der Blutungsstärke, Nachtschweiß vor und während der Periode, starke Kopfschmerzen und Migräne, ein Anschwellen und eine Berührungsempfindlichkeit der Brüste, die uns sogar vor Umarmungen zurückschrecken lassen, und ein Vorrat an Wut, der für eine ganze Armee ausreichen würde.

Hier kann ich tatsächlich aus persönlicher Erfahrung sprechen. Im vergangenen Jahr hat sich mein Zyklus auf 24 bis 25 Tage verkürzt, auch wenn es zwischendurch immer wieder einmal zu einer für mich normalen Zykluslänge von 28 bis 32 Tagen kommt. Neu ist auch, dass ich nun in den Tagen unmittelbar vor der Regel schlecht einschlafen kann, begleitet von prämenstruellem Nachtschweiß, der mich zumindest vorwarnt, dass meine Regel früher kommt als erwartet. Die erste größere Veränderung war jedoch, dass meine prämenstruellen Stimmungsschwankungen sich extrem verstärkt haben. Kommt Ihnen das bekannt vor? Ich weiß, dass ich nicht allein damit bin. Im Laufe der Jahre haben mir viele Betroffene von ähnlichen Erfahrungen berichtet.

Es handelt sich hier um eine Lebensphase, die das kanadische Centre for Menstrual Cycle and Ovulation Research (www.cemcor.ubc.ca), das zum Thema Zyklus und Ovulation forscht, als „sehr frühe Perimenopause“ bezeichnet. Das CeMCOR widersetzt sich zum Glück dem Trend, den Beginn der Perimenopause genau zu definieren, denn es legt den Fokus auf unsere sich verändernden Erfahrungen, die besser als regelmäßige Zyklen auf Veränderungen im Hormonhaushalt hinweisen.4 Eine äußerst positive Entwicklung! Auf der Internetseite des CeMCOR findet sich der folgende Satz5: „Wenn sich unser Erleben verändert, wenn sich unser Hormonhaushalt verändert, dann legen wissenschaftliche Befunde nahe, dass der perimenopausale Östrogenspiegel höher ist, stärker schwankt und unvorhersehbar wird, weniger häufig ein Eisprung stattfindet und der Progesteronspiegel niedriger ist, was wiederum bedeutet, dass die Perimenopause begonnen hat, selbst wenn die Zyklen regelmäßig sind und eine normale Länge aufweisen.“ Das CeMCOR nennt eine Reihe von möglichen Veränderungen, von denen drei beliebige Faktoren zur Bestimmung des Beginns der Wechseljahre dienen können, auch wenn der Zyklus weiterhin normal lang und regelmäßig ist:6

• Stärkere und/oder länger anhaltende Blutungen als bisher

• Kürzere Zykluslänge (25 Tage oder weniger)

• Stärker schmerzende, angeschwollene und/oder knotige Brüste als zuvor

• Stärkere oder neu auftretende Regelschmerzen

• Aufwachen in der Nacht

• Einsetzen von Nachtschweiß, speziell rund um die Blutung

• Migränekopfschmerz, der neu oder wesentlich stärker auftritt

• Prämenstruelle Stimmungsschwankungen, die neu oder verstärkt auftreten

• Deutliche Gewichtszunahme ohne Veränderungen an Ernährung oder Bewegung

So viele von uns haben ihren Tanz mit der Perimenopause bereits begonnen, ohne dass es uns bewusst ist. So verpassen wir die Gelegenheit, etwas zu tun – Zeiten, in denen wir vorausschauend aktiv werden und unser Erleben der Wechseljahre sowie der Zeit nach der Menopause positiv beeinflussen und gestalten können. Daran möchte ich etwas ändern.

Wann geht es los?

Die meisten von uns erleben ihre natürliche Menopause, wenn die Periode also aussetzt, irgendwann zwischen 45 und 55 Jahren. Das Durchschnittsalter liegt bei 51, wobei diese Zahl schwankt, je nach dem Land, in dem Sie leben. Vielleicht denken Sie jetzt, dass eine „natürliche“ Menopause bedeutet, dass man ohne Hormonersatztherapie auskommt – als gäbe es eine besondere Auszeichnung dafür (kleiner Spoiler: Nein, gibt es nicht!). Stattdessen geht es einfach nur um die Festlegung des Alters, in dem Sie ganz natürlich in die Menopause eintreten, im Gegensatz zur induzierten Menopause als Folge einer medizinischen Behandlung (wie einer Bestrahlung) oder eines chirurgischen Eingriffs (wie der Entfernung der Eierstöcke).

Die Perimenopause, in der Sie noch einen Zyklus haben, aber bereits menopausale Symptome auftreten, dauert in der Regel vier Jahre, aber es können auch schon einmal 10 oder 15 sein. Die ersten leisen Anzeichen, dass sich etwas verändert, sind häufig verkürzte Zyklen, variierende Zykluslängen und ein (manchmal extrem) schwankender Hormonhaushalt. Obwohl man bei der Menopause meist eher an einen Hormonmangel denkt, insbesondere in Hinblick auf den sinkenden Östrogenspiegel, ist die Perimenopause häufig eine Zeit, in der der Östrogenspiegel erhöht bleibt.7

Bei Zwanzigjährigen liegt der höchste Östrogenspiegel etwa bei 500–1000 pmol/L, aber auch in der Perimenopause können 5000 pmol/L gemessen werden. Von einem Mangel kann da wohl nicht die Rede sein. (Es ist nicht wichtig, wenn Sie sich mit der hier verwendeten Maßeinheit nicht auskennen, bei der es sich um Pikomol pro Liter oder pmol/l handelt, wichtig ist das Verhältnis.) Nach und nach sinkt der Östrogenspiegel, und es kann sein, dass Sie zwischen Zyklen mit hohem Östrogenwert und solchen mit niedrigem schwanken. Das erste Hormon jedoch, das sich verabschiedet, ist das Progesteron. In den Zeiten, in denen der Östrogenspiegel hoch ist und der Progesteronspiegel niedrig, treten Symptome auf wie kürzere Zyklen, stärkere und/oder längere Perioden, Regelschmerzen, Schmierblutungen, Aufgeblähtheit, Kopfschmerzen und Migräne, Schlafstörungen, Ängste, Depressionen, Reizbarkeit und jede Menge WUT.

Der stufenweise und sprunghafte Rückgang des gebildeten Östrogens ist eher typisch für die späten Stadien der Perimenopause und sorgt dafür, dass der Zyklus länger wird, immer mehr Zeit zwischen Ihren Blutungen liegt und sich Symptome zeigen wie Hitzewallungen, Nachtschweiß und Scheidentrockenheit. Der sinkende Östrogenspiegel bewirkt Veränderungen im Urogenitalsystem, und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Osteoporose steigt.


Definition der Menopause

Unter der Prämenopause versteht man die Jahre, in denen Sie einen Menstruationszyklus haben.

Die Perimenopause (auch Wechseljahre genannt) umfasst den Zeitraum, in dem Sie noch Perioden haben, diese allerdings eher unregelmäßig sind. Außerdem zeigen sich die ersten Wechseljahressymptome. Dieses Stadium kann weiter unterteilt werden in:

• Sehr frühe Perimenopause: Die Zykluslänge ist gleichbleibend oder kann sich leicht verkürzen, neue Symptome tauchen auf oder bestehende verschärfen sich. Der Östrogenspiegel ist im Verhältnis zum Progesteronspiegel häufig erhöht.

• Frühe Perimenopause: Die Zykluslänge nimmt ab. Der Östrogenspiegel ist im Verhältnis zum Progesteronspiegel häufig erhöht.

• Späte Perimenopause: Die Zykluslänge nimmt zu, und es können Symptome auftreten wie Hitzewallungen, Nachtschweiß und Scheidentrockenheit. Der Östrogenspiegel ist niedrig.

Die Menopause selbst dauert nur einen einzigen Tag und markiert den Zeitpunkt, an dem Ihre letzte Periode ein Jahr her ist.

Die Postmenopause ist die Zeit, in der die Periode dauerhaft ausbleibt und Hitzewallungen wahrscheinlicher werden. Sie beginnt 12 Monate nach der letzten Regel. Außerdem nehmen Symptome wie Scheidentrockenheit und Harnwegsinfekte zu. Wir verbringen etwa ein Drittel unseres Lebens in dieser Phase.

Warum es nicht ohne Grund „Wechsel“ heißt

Auch wenn es Forschungsarbeiten zum Alter gibt, in dem die natürliche Menopause in der Regel einsetzt, und zu den dazugehörigen Faktoren, so gibt es doch – wie generell auf dem Gebiet der Frauengesundheit – leider nur wenige Studien zu Verlauf und Dauer der Perimenopause. Manche erleben die Wechseljahre durchaus als positiv; es ist immerhin eine Lebensphase, keine Krankheit oder Störung. Für andere kann sie jedoch verwirrend und überwältigend sein und sich stark auf die Lebensqualität auswirken.

Es gibt kein Patentrezept, wie man am besten durch diese Zeit kommt. Ihre Erfahrung der Perimenopause und der darauffolgenden Jahre wird sehr individuell sein. Und es ist ein Prozess: Kaum haben Sie sich an ein bestimmtes Symptom oder einen Gefühlszustand gewöhnt, ändern sich die Dinge, und das immer wieder. Kein Wunder also, dass wir von den „Wechseljahren“ oder kurz dem „Wechsel“ sprechen. Die Dinge werden unberechenbar und das kann gehörigen Stress verursachen. Aber es ist auch eine Chance, und ich möchte Sie dazu ermuntern, diese Zeit als solche zu sehen (mehr dazu erfahren Sie in Kapitel 6).

Kann mir ein Test verraten, ob ich schon in den Wechseljahren bin?

Die Perimenopause ist keine Krankheit, aber die Diagnose erfolgt in der Regel auf der Grundlage von Anzeichen und Symptomen. Bluttests, bei denen die Hormone bestimmt werden, sind kein zuverlässiger Indikator für die Perimenopause, da der Hormonspiegel von Zyklus zu Zyklus variieren kann und zudem während der Wechseljahre wilden Schwankungen unterworfen ist. In einigen Fällen kann er auch Werte anzeigen, die typisch für die Prämenopause – also den Zeitraum vor den Wechseljahren – sind. Dennoch: Wenn Sie vor Ihrem 45. Geburtstag schon Symptome haben, sollten Sie Ihr Blut untersuchen lassen, da bei Ihnen möglicherweise eine vorzeitige Menopause oder eine vorzeitige Ovarialinsuffizienz (siehe hierzu Seite 369) vorliegt.

Aber wenn es nicht die Perimenopause ist – was ist es dann?

• Schwangerschaft (das kommt häufiger vor, als man denkt)

• Fehlfunktionen der Schilddrüse nehmen mit dem Alter zu und können mit den Wechseljahren einhergehen, aber auch unabhängig davon auftreten. Weil einige Symptome einer Schilddrüsenfunktionsstörung jenen der Perimenopause ähneln, kann es zu Fehldiagnosen kommen. So kamen beispielsweise Ratsuchende zu mir, die unter Gewichtszunahme, depressiven Verstimmungen, veränderter Periode und anderen Zyklusunregelmäßigkeiten litten und überzeugt waren, in den Wechseljahren zu sein. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Schilddrüse das Problem war.

• Ein hoher Prolaktinspiegel kann die normale Produktion anderer Hormone und den Eisprung (Ovulation) stören. Ihr Arzt oder Ihre Ärztin wird in der Regel neben anderen Hormonwerten auch Ihren Prolaktinspiegel untersuchen, um auszuschließen, dass das Hormon für die unregelmäßigen Zyklen verantwortlich ist. Ist der Prolaktinspiegel erhöht, müssen Sie einen Schwangerschaftstest machen, um die häufigste Ursache auszuschließen. Außerdem muss die Schilddrüsenfunktion überprüft und ein Hirnscan (MRT) durchgeführt werden, da eine Ursache für einen hohen Prolaktinspiegel das Vorhandensein eines gutartigen Hypophysentumors sein kann, den man als Prolaktinom bezeichnet (diese Tumore schrumpfen häufig in der Menopause).

• Amenorrhoe (das Ausbleiben der Periode) aufgrund von Mangelernährung, Diät, zu viel Sport und Stress.

• Stress hat massive Auswirkungen auf den Zyklus, was uns allen seit Einsetzen des Lockdowns im Jahr 2020 noch einmal so richtig bewusst geworden ist. Wenn Ihr Zyklus sich verkürzt oder verlängert hat, könnte Stress der Grund dafür sein – und er könnte auch viele weitere Symptome ausgelöst haben.

Wenn die Eizellen knapp werden

Früher ging man davon aus, dass der Beginn der Menopause mit dem Vorrat an Eifollikeln zusammenhängt, der unwiderruflich zu Ende geht. Auch glaubte man, dass die veränderte Beziehung zwischen zwei Drüsen in Ihrem Gehirn – dem Hypothalamus und der Hypophyse – eine Folge der nachlassenden Eierstockfunktion sei. Mittlerweile jedoch weist immer mehr darauf hin, dass dies nicht der Fall ist. Stattdessen führen viele Faktoren nach und nach zu einer Dämpfung und geringeren Synchronisation der Kommunikation Ihrer Hormone untereinander und mit Ihrem Fortpflanzungssystem. All das läuft zusätzlich ab, unabhängig davon, was Ihre Eierstöcke sonst so veranstalten (oder auch nicht veranstalten).

Die Kommunikationswege, die zwischen Gehirn, Hypophyse und Hypothalamus in Ihrem Kopf und Ihrem Fortpflanzungssystem bestehen, durchlaufen in den Wechseljahren entscheidende Veränderungen. Bevor wir uns das genauer ansehen, treten wir jedoch zunächst eine Reise zurück in Ihre Teenagerzeit an.

Im Gegensatz zu den heutigen Teenagern hatten Sie vermutlich in Ihrer Jugendzeit kein Handy. Aber der Austausch mit Freundinnen und Freunden war Ihnen sehr wichtig. So wichtig, dass Sie um das Festnetztelefon der Familie herumschlichen und auf die Zeit nach 18 Uhr warteten, wenn die Telefongebühren niedriger waren. Es gab natürlich immer jede Menge Gesprächsstoff bei Ihnen, bei der Freundin oder dem Freund am anderen Ende der Leitung, und manchmal versuchten auch andere Sie zu erreichen. Wenn Ihre Mutter das Telefon blockierte, kratzten Sie Ihr Kleingeld zusammen und gingen zur Telefonzelle an der Ecke, weil sie es gar nicht erwarten konnten, all Ihre Neuigkeiten loszuwerden. Und ja, mir ist bewusst, dass diese Beschreibung mich extrem alt erscheinen lässt. Der Punkt ist, mit Ihrem Hormon- und Fortpflanzungssystem war es seinerzeit nicht anders. Die einzelnen Komponenten waren scharf darauf, miteinander zu kommunizieren, und sie reagierten in hohem Maße aufeinander.

Schauen wir uns nun an, was geschah, als Sie erwachsen wurden. Während des Großteils Ihrer fruchtbaren Jahre war die Kommunikation zwischen Gehirn und Hormondrüsen gut aufeinander abgestimmt und reaktionsfreudig – vergleichbar mit der Zeit, als Sie Ihr erstes Handy bekamen. Damals war es leicht, Freunde zu erreichen, und es nahm wenig Zeit in Anspruch. Anstatt wertvolle Minuten des Handykontos zu vergeuden, verschickte man Signale in Form von einmaligem Klingeln. SMS waren so neu, dass man fast immer direkt antwortete. Mit dem Einsetzen der Perimenopause vergessen wir – bildlich gesprochen – „hormonelle“ Anrufe zu tätigen, selbst wichtige. Man versucht sich den ganzen Tag über zu erreichen, aber erwischt den anderen immer zum falschen Zeitpunkt. Oder Ihr Gegenüber sieht Ihre Nachricht, antwortet aber nicht gleich, weil – seien wir mal ehrlich – er oder sie gerade einfach keine Lust dazu hat. Die Kommunikation zwischen Gehirn, Hormonen und Fortpflanzungsorganen verändert sich – Nachrichten werden nicht so gesendet und empfangen, wie es sein sollte, und das Timing ist aus dem Lot geraten.

Es sind die signifikanten Veränderungen in diesen Kommunikationsschleifen, die vor allem für die Wechseljahre prägend sind, und sie scheinen unabhängig von der nachlassenden Funktion der Eierstöcke einzutreten. Insofern ähnelt die Perimenopause der Pubertät, denn auch sie ist ein Prozess, der vom Hypothalamus gelenkt wird. Die Menopause kommt nicht einfach, weil Ihnen die Eizellen ausgehen.

Nach der Menopause befinden sich in Ihren Eierstöcken immer noch einige verbleibende Follikel – sogar in den Eierstöcken von 70-Jährigen wurden noch intakte Follikel gefunden.8 Und selbst wenn dort noch eine geringe hormonelle Aktivität vorhanden ist, reicht diese zumeist nicht mehr aus, um in der Gebärmutter eine Schleimhautschicht aufzubauen, die zu einer Blutung führen würde. Auch wenn im Alter von 52 Jahren bei rund 4,5 Prozent die Periode nach einer einjährigen Pause wieder einsetzt9 und das mit den Aktivitäten einiger verbleibender Follikel zusammenhängen mag, müssen Sie Ihren Arzt dennoch über jede postmenopausale Blutung informieren. Gehen Sie nicht davon aus, dass es sich einfach nur um eine normale Regel handelt. Jedes Auftreten einer postmenopausalen Blutung sollte abgeklärt werden, da sie ein Warnsignal für Endometriumkrebs sein kann (mehr dazu auf Seite 284).

Die Menopause markiert das endgültige Ende der Zyklusjahre und in der Regel verbringen wir rund drei Jahrzehnte in der Postmenopause. Es ist also höchste Zeit zu überlegen, wie die nächsten 30 Jahre (und mehr) aussehen sollen.

Körperliche Veränderungen in den Wechseljahren

Mit dem Alter verändert sich nicht nur unser Äußeres – auch unser Fortpflanzungssystem unterliegt einem fortschreitenden Alterungsprozess.

Vulva

Wenn die meisten Menschen über die Vagina reden, meinen sie eigentlich die Vulva. Wenn Sie nicht so genau wissen, was was ist, dann sind Sie damit keineswegs allein. Kein Grund also sich zu schämen, denn es geht den meisten so – wir haben schließlich lange genug „gelernt“, uns für unseren Körper zu schämen. Jetzt ist es dann auch einmal gut damit. Und deswegen schadet es nicht, die Bezeichnungen für unsere Körperteile zu kennen, denn es ist ja nicht nur unser Körper, sondern wir können so auch leichter mit Spezialistinnen und Spezialisten über das Urogenitalsystem sprechen.

Die Vulva umfasst die Gesamtheit der externen Genitalien, einschließlich des Scham- oder Venushügels (der kleine Hügel aus Fettgewebe über Ihrem Schambein, der mit Schamhaaren bewachsen ist), der inneren und äußeren Schamlippen, der Klitoris und ihrer Haube, des Perineums (auch Damm genannt), das zwischen Vulva und Anus liegt, sowie der externen Öffnungen von Vagina und Harnröhre (also das Loch, aus dem Sie pinkeln). Die Vagina ist die innenliegende Röhre, die Ihre externen Genitalien – Ihre Vulva – mit der Gebärmutter verbindet. Wenn man die Schamlippen auseinanderzieht, kann man nur die Öffnung der Vagina sehen.

In den Wechseljahren kommt es zu einem Gewebeverlust von Vulva und Vagina. Ja, auch da unten kann man Falten bekommen! Die äußeren Schamlippen verlieren einen Teil des Unterhautfetts, sodass sie möglicherweise weniger prall erscheinen als zuvor. Der Schamhügel kann sichtbarer hervortreten, entweder aufgrund von Veränderungen am Schambein (Schambeinsymphyse) oder, und die Erklärung wird Ihnen sicher gefallen, weil das Fett, das ursprünglich am Unterbauch angesiedelt war, nun zum Ansatzpunkt der Vulva wandert. Außerdem nimmt die Schambehaarung ab, und die verbleibenden Schamhaare sind dünner, weicher und flaumiger … und färben sich weiß oder grau.




Der Scheideneingang wird enger, was die Verwendung von Tampons (sofern Sie noch menstruieren) und penetrativen Sex schmerzhafter machen kann. In der Postmenopause wird die Vulva zudem weniger stark durchblutet und die Haut dort ist häufig leichter reizbar, speziell durch exzessives Waschen und Abwischen, unnötige „Reinigungsprodukte“ und Cremes, die Propylenglykol, Parabene und Duftstoffe enthalten.

Vagina

Ihre Vagina ist von außen nicht sichtbar. Sie ist um etwa 45 Grad nach hinten in Richtung Ihres Allerwertesten geneigt und ihre Vorderwand ist etwas kürzer als die Hinterwand. Ihre Blase sitzt vor Ihrer Vagina und Ihr Rektum (der letzte Abschnitt Ihres Dickdarms) liegt dahinter. Senkungen der Beckenorgane, bei denen ein Organ seine Position verändert, nehmen jenseits der 50 zu, wenn der sinkende Östrogenspiegel sich auf die Anatomie und Funktion des Beckenbodens auswirkt.

Auch wenn wir dazu neigen, die Vagina als eine Art Loch anzusehen – auch weil sie häufig als etwas dargestellt wird, das nur darauf wartet, gefüllt zu werden –, ist es eher so, dass die Scheidenwände einander berühren. Wenn sich etwas in der Vagina befindet – ein Tampon, eine Menstruationstasse, ein Penis, ein Sexspielzeug oder ein Baby während der Geburt – dehnt sie sich aus, um Platz dafür zu machen. Ermöglicht wird dies durch Rillen, die die Oberfläche der Vagina bedecken; man nennt sie Rugae. Die Rugae sind der Grund, warum die Scheide hochelastisch und dehnbar ist, was unter anderem dafür sorgt, dass der Muttermund in die Höhe gezogen wird, wenn Sie erregt sind. Solange das Östrogen während der fruchtbaren Jahre zirkuliert, ist das vaginale Gewebe prall und großflächig überzogen mit Rugae. In den Jahren vor Ihrer letzten Periode und in der Postmenopause, wenn der Östrogenspiegel sinkt, wird das Gewebe „dünner“ und auch die Rillen werden weniger. Dadurch nimmt auch die Elastizität der Vagina ab und sie kann sich weniger gut und weit ausdehnen.

Damit noch nicht genug – die Wände der Vagina trocknen auch aus und atrophieren (das ist der beschönigende medizinische Ausdruck für „verkümmern“). Sie werden blasser und sind leichter reizbar. Die Vaginalsekrete, die normalerweise zu einem gesunden pH-Wert beitragen, nehmen auch ab, sodass sich alles trockener anfühlt und das Risiko für Risse, blutende Verletzungen und Infektionen steigt.

Genau wie Ihr Darm ein eigenes Ökosystem aus freundlichen Bakterien besitzt, das man als Mikrobiom bezeichnet, hat auch Ihre Vagina ein solches, und wenn es aus dem Gleichgewicht gerät, kann es zu wiederkehrenden Pilzinfektionen und bakterieller Vaginose kommen. Die Scheide muss nicht gesäubert oder ausgespült werden. Im Gegenteil: Der Gebrauch von entsprechenden Produkten wie Intimspülungen kann das bakterielle Gleichgewicht der Scheidenflora durcheinanderbringen und Schaden anrichten. Das Fehlen eines gesunden vaginalen Mikrobioms kann zu entzündlichen Beckenerkrankungen, bakterieller Vaginose, Geschlechtskrankheiten, Fehlgeburten, Eileiterschwangerschaften, Frühgeburten und Gebärmutterhalskrebs führen.

In den Wechseljahren bewirkt der niedrigere Östrogenspiegel, dass der pH-Wert in der Vagina basischer wird, sodass sich ihr Mikrobiom verändert. In der Prämenopause herrschen vor allem gesunde Bakterien namens Laktobazillen (Milchsäurebakterien) vor. Durch ihre Produktion von Milchsäure und Wasserstoffperoxid behält die Vagina ihr saures Milieu, das Sie vor Infektionen schützt. In der Postmenopause geht die Anzahl der Laktobazillen zurück und der pH-Wert ist weniger sauer, dadurch werden Sie anfälliger für Infektionen und das urogenitale Menopausensyndrom kann sich verstärken.10 In einigen Fällen kann eine Hormontherapie, etwa die Einnahme von Östrogen, die Anzahl der Laktobazillen und den Säuregrad der Vagina erhöhen.11

16,99 €