Buch lesen: «Galaxy Kids 2», Seite 6

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Kapitel 18

Kapitel 18

Der Generator sah katastrophal aus. Über seine Außenhaut breiteten sich immer größer werdende Risse aus. Teils schon so tief und breit, um ins Innere hineinzureichen. Einige der inneren Einheiten schwebten durch diese Risse in den Raum hinaus. Hineinsehen konnten sie nicht, es war zu finster. Doch es schien so als seien sie gerade rechtzeitig nach draußen gelangt. Nur ein paar Sekunden später … doch daran wollten sie lieber nicht denken.

Die Laserkanonen, die ihnen so zugesetzt hatten, rissen ab und schwebten langsam davon.

Die Risse verbreiterten sich zusehends, bis ganze Teile aus den Eingeweiden schwebten. Nicht nur kleine Einheiten, sondern ganze Abschnitte.

Und dann passierte etwas, womit selbst Oxo nicht gerechnet hatte. Plötzlich zog sich der Generator wie ein Ball, aus dem schlagartig alle Luft entweicht, zusammen. Auf ganzer Größe wurde er zusammengepresst. Aus dem fußballstadiongroßem Gebilde wurde ein kleines, schmales Objekt. Das sogar noch mehr schrumpfte. Sekundenbruchteile später war es dann tatsächlich nur noch so groß wie ein Ball. Und verkleinerte sich immer noch. Als es nur noch Tischtennisballgroß war, explodierte es in einem strahlend hellen Lichtball.

Bisher hatten sie das Inferno stumm beobachtet, aber nun schrieen sie auf. Die Helligkeit schmerzte in ihren Augen. Schlagartig war das Shuttle Licht durchflutet. Die Temperatur stieg rapide an. Es wurde wärmer. Zuerst reagierten sie noch nicht darauf, weil ihre Körper von der Anstrengung noch erhitzt waren.

Die Explosion breitete sich aus, wurde so groß wie ein Medizinball, dann wie ein Automobil, schließlich wie ein Einfamilienhaus. Und breitete sich noch weiter aus.

„Scheiße“, schrie Marcel, „wir müssen hier weg!“

Oxo fütterte bereits hastig den Flugcomputer. Die Triebwerke waren noch nicht ganz hochgefahren, nicht alle Systeme aus dem Standby heraus. Aber es muss jetzt schnell gehen. Sie müssen von hier weg … bevor der Feuerball sie einschloss …

Dieser wurde größer und größer und raste unaufhörlich auf sie zu. Marcel fragte sich kurz, woher er im offenen Raum seinen Sauerstoff bezog, schnell verschwand es jedoch wieder aus seinem Denken. Der Anblick dieser lodernden, sich ihnen entgegen wälzenden Wand schlug es brutal aus seinem Kopf.

„Was passiert da“, schrieen Nicole und Jenni wie aus einem Mund. Oxo konnte jedoch nicht darauf reagieren; es ging um jede Sekunde.

„Wir müssen hier weg!“, brüllte Robin zu Oxo ins Cockpit vor. Als ob er das nicht selbst wüsste. Oxo hatte alle Hände voll zu tun. Die Flugsysteme waren mittlerweile aus dem Standby heraus und vollständig hochgefahren. Dennoch kam der Feuerball näher. Er kontrollierte die Instrumente und konnte es nicht glauben. Sie beharrten darauf, dass sich ihre Geschwindigkeit verlangsamte. Das Triebwerk arbeitete sauber und schnell, es brachte genau die Leistung, die er abverlangte, dennoch verringerte sich ihr Tempo zusehends. Er fuhr die Leistung hoch, in der Hoffnung so schneller zu werden. Pustekuchen. Es brachte wenig. Schon nach zwei, drei Sekunden war es als hätte er die Leistung nie erhöht. Es ließ sich nicht leugnen. Sie wurden langsamer.

Das Feuer zog sie an, wie das Licht die Fliegen.

Wie zur Bestätigung dieser grausamen Wirklichkeit stoppten sie vollständig, verharrten einen Augenblick in dieser Bewegungslosigkeit und setzten sich dann in die andere Richtung in Bewegung. Genau dem Feuer entgegen.

„Oxo! Tu was!“

„Wir werden sterben!“

„Weg hier!“

„Wir müssen verschwinden!“

Merkwürdigerweise war Marcel der ruhigste. Die anderen kreischten schrill, nur er blieb absolut still.

Die Feuerwand baute sich gigantisch vor ihrem kleinen Shuttle auf. Bald verschluckt sie es, wie ein Tsunami ein Schlauchboot. Wie viele Tausend Grad konnte der Shuttle eigentlich aushalten? Diese Frage ging Marcel gerade durch den Kopf und er starrte Oxo an. Dieser sah ihm in die Augen und schüttelte den Kopf, als hätte er seine Gedanken gelesen.

Vielleicht galt diese Geste aber auch nur der ungestellten Frage ob sie entkommen konnten?

Er starrte ihn weiterhin ohne ein Wort an. Er beobachtete genau, was er tat. Und ließ dabei auch die Instrumente nicht aus den Augen.

Die Feuerwalze war so verdammt nah. So musste der Schlund der Hölle aussehen, bevor er einen verschlingt. Es schien aus seinem Inneren heraus zu brennen. Als zöge es seine Lebensenergie aus seinem eigenen Inneren.

Dann erlosch es plötzlich und völlig unvermittelt. Gerade eben stand der gesamte Horizont in Flammen, dann war das Feuer erloschen. Keine Sekunde zu früh. Die Bugspitze des Shuttles war gerade in das Flammenmeer getaucht, als es erlosch.

„Was …“, spritzte es wie Wasser aus ihnen heraus. Selbst Oxo konnte sich darauf keinen Reim machen. Allerdings blieb ihnen auch der Freudenschrei gleich im Hals stecken. Die Situation hatte sich verändert, aber nicht zum besseren.

Sie rasten jetzt mit unvermittelter Geschwindigkeit auf ein schwarzes Loch zu. Da wo gerade eben noch die Feuerhölle gewütet hatte, herrschte jetzt schwarzer, leerer Raum vor. Und diese Leere zog ihr Shuttle unbarmherzig näher.

Wo kam dieses schwarze Loch so plötzlich her?

Was ist hier los?

Tja, wenn Oxo das wüsste. Doch er hatte keine Ahnung. Er wusste gar nichts mehr. Wie konnte das nur passieren? Gleich nachdem sie alle Generatoren abgeschaltet hatten, begann dieses Szenario an dessen Ende sie in ein schwarzes Loch gesaugt wurden. Das ergibt doch alles keinen Sinn. Wie ist das möglich, verflucht?

Oxo starrte nach draußen. Der Schlund kam stetig näher. Außerhalb existierte noch die Helligkeit der Sterne und der Sonnen. Im Inneren dieses Schlundes starrten sie buchstäblich … ins Nichts. Das sie schon bald verschlingt.

Er glotzte dümmlich dorthin und wusste nicht was er tun sollte. Die Kraft des Shuttles wird nie ausreichen aus seiner Anziehungskraft zu entkommen. Das mussten sie aber. Jedes Schulkind auf Yxus wusste, das ein Schwarzes Loch ein tödliches Risiko bildete. Näherte sich ein Raumschiff so einem Loch, wird es unweigerlich zerstört, wie eine Spaghetti langgezogen und zerquetscht. Mit anderen Worten: Ein schwarzes Loch ist ein böses Ding, dem man am besten aus dem Wege ging!

Dummerweise war das nicht möglich. Sie waren längst auf dem Weg in seinen schwarzen Schlund!

Im Shuttle war es mucksmäuschenstill. Die Kids starrten nach draußen, in dieses schwarze, tödliche Gebilde und warteten darauf das Oxo eine Lösung findet.

Doch dieser war soweit von einer Lösung entfernt wie er es nur sein konnte. Er wusste nicht weiter. In seiner Speichereinheit gab es keine Lösung. Da wurde nur dringend davon abgeraten in eins hinein zu fliegen. Na schönen Dank auch.

HALT!

HALT!

Halt! Halt!

Plötzlich blitzte es in seiner Speichereinheit auf. Wie ein Sylvesterknaller krachte es und erhellte alles. Schwarze Löcher sind natürlichen Ursprungs. Sie gehören ebenso in das Bild des Alls wie Sterne, Planeten, Sonnen, Monde und Kometen. Aber nicht dieses. Dies hier rührte nicht vom Sterbeprozess einer Sonne her. Dieses war künstlichen Ursprungs.

Halt! Schön langsam, ja!

Oxo richtete sich steif auf. Das war eine Spur. Eigentlich die einzige. Ein künstliches schwarzes Loch. Konnte das möglich sein?

Wie ein Maulwurf pflügte er durch seine Speichereinheit. So etwas hatte es bisher noch nicht gegeben. Aber Yxyndor war ein brillanter Wissenschaftler gewesen, bevor er ihr erbitterter Feind wurde. Schon möglich das es ihm gelungen war. Er hatte schließlich die Barriere erschaffen, die sie soeben zerstört hatten. Vielleicht hatte er ihnen diese Überraschung hinterlassen.

Eine gelungene böse Überraschung.

Oxo rutschte ein Stückchen nach vorn, lockerte seine steifen Gelenke und studierte die Instrumente. Bis jetzt arbeitete das Shuttle von dem schwarzen Loch weg. Es nutzte zwar nichts, aber bisher war es so. Vielleicht sollten sie ihre Taktik ändern. Das sie eindrangen war unabänderlich. Vielleicht sollte sie den Zeitpunkt selbst bestimmen. Möglicherweise haben sie ja dann eine Chance …? Was, wenn sie mit vollem Karacho hineinfliegen? Wenn sie vollen Schub geben?

Oxo beschloss, es zu versuchen. Es änderte sich nicht viel. Hineinfliegen werden sie sowieso. Wenn sie jedoch sehr, sehr schnell waren, vielleicht halten sich die Zerstörungen am Shuttle ja in Grenzen. Vielleicht haben sie ja sogar eine Chance …

„In die Raumanzüge! Sofort!“

„Was?“

Keine Zeit für Erklärungen. Die Zeit drängt!

Nur Sekunden später waren die Jungs in ihre Anzüge geschlüpft. Nicole und Jenni hatten ihre Raumfluganzüge immer noch an.

Oxo brauchte das nicht. Er funktioniert auch im Weltraum. Zumindest für eine Weile.

„Seid ihr bereit?“

Die Kids nickten stumm, obwohl sie nicht einmal wussten, wozu sie bereit sein sollten.

„Also schön“, damit beschleunigte er den Shuttle, geradewegs auf den Schlund des schwarzen Loches zu.

Kapitel 19

Kapitel 19

Das All verschwamm zu einer formlosen Masse. Sämtliches Licht, jeder noch so kleine Strahl verschwand daraus. Sie tauchten in eine lichtlose, schwarze Höhle ein.

Der Außendruck stieg an, obwohl sich laut den Instrumenten draußen nur Vakuum befand. Der Shuttle ächzte und krachte. Die Außenhaut knarrte wie ein altes Segelschiff inmitten eines Sturms. Im inneren wurde es nach der anfänglichen Hitze jetzt eiskalt. Beim ausatmen bildete sich feiner Nebel vor ihren Mündern.

Sie rasten tiefer hinein.

Das schwarze Loch selbst hatte nur die Ausmaße des Generators besessen. Aber das war nur sein äußerer Rand gewesen. In seinem Schlund, seinem Inneren, erstreckte es sich jetzt über tausende von Kilometern.

Wie viel tiefer werden sie wohl kommen, bevor …

Oxo schaltete die Außenscheinwerfer ein, aber selbst deren Licht wurde geschluckt. Der Strahl setzte sich vielleicht zwanzig, dreißig Zentimeter weit fort, dann verschwand er in der Dunkelheit. Die Instrumente halfen ihnen nicht wirklich weiter. Weder zeigten sie ihnen eine Richtung auf, noch wie lange ihre Odyssee noch dauern würde.

Der Shuttle steuerte einfach nur geradeaus, bei beinahe voller Triebwerksleistung. Aber auch die Geschwindigkeit wurde nicht angezeigt. Es war als stünden sie still. Und wenn sie in die Dunkelheit sahen, in der sich nichts änderte, die absolut gleichblieb, war es, als bewegten sie sich wirklich nicht vom Fleck. Sie hörten das Triebwerk lautstark arbeiten. Aber bedeutete das auch wirklich, dass sie sich bewegten?

Doch darum scherte sich Oxo nicht. Andere Sachen waren wichtiger. Ob die Außenhaut standhielt, war dabei so ziemlich die wichtigste. Immer öfter lauschte er auf das knarren und knarcksen. Was er hörte gefiel ihm nicht sonderlich. Doch auch das konnte er nicht ändern. Oxo starrte einfach nur stumm nach draußen, in den schwarzen Raum. Die Instrumente konnte er immer noch vergessen, die zeigten nichts an. Die Zeit war eine zähe Masse geworden. Die Kids hatten längst allen Bezug dazu verloren. Nur Oxo hätte es wissen können. Aber auch das gehörte zu den Dingen, die ihn nicht sonderlich interessierten.

Ein rucken ging durch das Shuttle. Als würde ein Zug anfahren, oder scharf bremsen, etwas in dieser Art. Der Oberkörper klappte ein Stückchen nach vorn. Dann wieder nach hinten. Etwas war passiert. Nur was?

An den Instrumenten konnten sie es nicht ablesen, die zeigten unverändert nichts an.

Begleitet wurde dieses rucken von einem noch lauteren knarren und knarcksen. Erschrocken hielten sie den Atem an. War das der berühmte Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringt?

Der gesamte Shuttle vibrierte; bis ins Innere breitete es sich aus. Selbst auf ihren Stühlen merkten sie, wie es ihnen bis ins Mark kroch.

Dann ließ es abrupt nach. Und sie spürten eine immense Beschleunigung, die sie in die Stühle presste. Die Muskeln und Knochen schmerzten, als hätten sie einen heftigen Schlag bekommen. Ihr Gebiss schlug wie wild aufeinander, scheppernd, polternd wie ein Hammer auf den Amboss. Auch das tat weh, sogar bis hinauf in die Schläfen. Aber nichts fühlte sich wie ihre Eingeweide an. Sie glaubten glühende Lava getrunken zu haben. Ein einziges brennen breitete sich in ihnen aus. Das Gefühl der ungeheuren Beschleunigung steigerte sich noch. Fast meinten sie, ihre obere Hautschicht reißt sich los. Dann schienen sie sich daran gewöhnt zu haben. Das Gefühl blieb, jetzt tat es aber nicht mehr so weh.

Mühsam erhoben sie sich, gingen wie unter Zeitlupe ins Cockpit. Oxo und Marcel saßen da und beobachteten die Instrumente. Marcels Stirn lag in Falten. Dadurch sah er nicht wie ein knapp zwölfjähriger Junge aus, sondern sehr viel älter, beinahe wie ein alter Greis. Er machte einen Buckel, was diesen Eindruck sogar noch verstärkte. Oxo hatte das nicht, weder einen Buckel noch eine faltige Stirn. Aber auch ihn hatte die Beschleunigung in den Sitz gedrückt. Seither war er noch nicht wieder nach vorn gerutscht. Doch seine Instrumente konnte er auch so betrachten.

Endlich zeigten sie etwas an. Nämlich die Geschwindigkeit, die zurückgelegte Strecke, den Außendruck, die Temperatur, innen wie auch außerhalb des Shuttles. All das war wieder im normalen Bereich. Nichts was ihm Sorgen machte. Nur die Geschwindigkeit verwirrte ihn. Sie waren mit mehr als der doppelten Geschwindigkeit unterwegs, die das Shuttle zu fliegen imstande war. Dafür hatte er keine Erklärung. Die Triebwerke arbeiteten bei einhundert Prozent; sie konnten also niemals so schnell sein. Und doch waren sie es.

Nicole, die ein Stück hinter ihm stand, legte ihm eine Hand auf die Schulter. Seine Sensoren zeigten ihm, dass sie heiß und nass geschwitzt war. Auch ein bisschen zitterte.

„Es ist alles okay“, gab er von sich. Nicht nur zu Nicole, sondern zu allen anderen auch. Das war es wirklich. Alles war okay. Momentan befanden sie sich in keiner akuten Gefahr. Der Shuttle hielt, Lebenserhaltungssysteme arbeiteten, sie kamen von der Stelle, sogar beträchtlich. Sie wussten eben nur nicht wo sie herauskommen werden.

Niemand erwiderte etwas. Schweigend starrten sie nach draußen, in den offenen Raum. Immer noch existierten keinerlei Anhaltspunkte, an denen sie ihre Position festmachen könnten. Ein schwarzer, lichtloser Vorhang, mehr war da nicht.

Die Geschwindigkeit nahm noch weiter zu. Jetzt waren sie dreimal schneller. Oxo fragte sich nicht mehr, wie das möglich war. Es kümmerte ihn nicht. Die Systeme arbeiteten, nur das zählte.

Eben hatte er die Triebwerksleistung zurückgefahren. Auf ihre Geschwindigkeit hatte das keinen Einfluss. Sie rasten weiter mit zunehmendem Tempo dahin. Er drosselte es noch mehr, mit demselben Ergebnis. Schließlich stellte er es ganz ab. Die Energie konnte er sich sparen. Ohne Antrieb flogen sie immer schneller dahin.

Und drangen dann ganz abrupt in den normalen Weltraum ein…

Kapitel 20

Kapitel 20

…bremsten ebenso abrupt ab …

Und standen von einer Sekunde auf die nächste praktisch bewegungslos im Raum. Um sie herum existierte wieder der normale Weltraum. Die Sterne strahlten. Ein halbes Dutzend Sonnen erhellte das innere des Shuttles.

„Wo sind wir?“, artikulierte Jenni die Frage, die auch allen anderen unter den Nägeln brannte.

Aber Oxo hatte schon begonnen die Sternenkarten zu Rate zu ziehen. Eine nach der anderen klappte er auf, nur um sie Augenblicke später zusammenzuklappen, sich die nächste aufzeigen zu lassen und auch diese wieder nur beiseite zu legen. Sie passten nicht zu den Sternenbildern die sie sahen. Schließlich ließ er alle durch den Rechner laufen. Aber er glaubte das Ergebnis bereits zu kennen. Anschließend jagte er sie noch ein zweites Mal durch, und dann ein drittes Mal. Es blieb dabei.

Dieser Bereich des Weltraums war noch nicht kartographiert. Es war ein völlig unbekannter Bereich. Wer weiß wie viele Lichtjahre von Yxus entfernt? Hinter ihnen war das Wurmloch verschwunden. Nicht das kleinste Überbleibsel ließ auf seinen Verbleib schließen.

„Hast du eine Ahnung wo …“

„Still!“, fauchte Nicole Robin an.

Dann herrschte wieder Schweigen. Marcel saß kerzengerade auf seinem Sitz. Die anderen vier standen ein Stück hinter ihm, ebenfalls bewegungslos. Nur Oxo hantierte wie wild herum. Er kramte in jedem noch so kleinen Flugsystem herum, befragte sämtliche Speichereinheiten. Es blieb beim Alten. Sie waren in einem völlig unbekannten Abschnitt des Alls gelandet.

Und wenn er nicht wusste, wo sie sind, kann er auch keinen Kurs bestimmen, der sie zurückbrachte …

Aber ans zurückfliegen war noch gar nicht zu denken. Erst einmal musste der Shuttle einer genaueren Kontrolle unterzogen werden. Die Systeme zeigten ihm zwar auf, dass es auf den ersten Blick in Ordnung zu sein schien. Aber davon wollte er sich gern genauer überzeugen und dazu musste er in jedes noch so kleine System eindringen. Stunden würde das dauern. Doch dazu war noch keine Zeit. Stattdessen begann er den nahen Raum zu scannen. Irgendwo musste es etwas geben, das in ihren Sternenkarten vermerkt war.

Sein Volk bereiste seit vielen hundert Runden den Weltraum. Er konnte nicht glauben, dass noch niemals jemand von ihnen hier gewesen sein soll. Das war schwer vorstellbar. Und doch schien es der Fall zu sein …

Die Sternenkonstellationen, die sich ihm darboten, waren in seinen Navigationssystemen völlig unbekannt. Es gab sie einfach nicht.

„Was machen wir jetzt?“, fragte Jenni leise.

Aber Oxo schaute ihr nur in die Augen und sagte ansonsten kein Wort. Er wusste es nicht. Zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, hatte er keine Antwort parat. Und das erschreckte sie. Sogar noch mehr als die Tatsache irgendwo im All gestrandet zu sein.

Dennoch verbarg sie diesen Schrecken. Wenn jemand eine Lösung findet, dann ist das Oxo.

Die Minuten gingen dahin, während sie auf ein und derselben Stelle schwebten. Irgendetwas war hier anders.

Sie spähten hinaus in den offenen Raum. Es war merklich heller, als sie es erwartet hätten. Vermutlich lag das an den vielen Sonnen in der näheren Umgebung. Aber auch der Raum an sich war anders. Nicht so tiefgründig schwarz. Ganz nah am Horizont, soweit ihre Augen gerade noch sehen konnten (ihnen fiel nichts Anderes ein als der Begriff Horizont – wie sollten sie es auch sonst nennen) existierte nicht nur tiefe Schwärze. Dort hatte das All eine ganze Palette an Rottönen zu bieten. Von hellrosa bis knallrot.

Der nächste Unterschied war weit weniger offensichtlich. Dennoch sahen sie es. Sie waren in der Nähe eines Planeten, der ganz aus Wasser zu sein schien. Sie waren nahe genug um dessen Oberfläche zu erkennen. Es sah wirklich so aus, als bestünde dieser nur aus Wasser. Eine glatte, flache Oberfläche. Kein Land war zu erkennen. Das blau des Wassers schien den ganzen Planeten zu umspannen. Es sah phantastisch aus. Fast waren sie ein bisschen an die gute alte Erde erinnert, dem blauen Planeten. Dieser hier bestand wohl nur aus Wasser.

„Annäherungsalarm“, schrillte in diesem Moment die Computerstimme des Shuttles.

„Ich sehe nichts“, erwiderte Oxo. „Gibt es ein Sensorenproblem?“

„Negativ“, antwortete die Stimme. „Aus zwölf Uhr nähert sich ein unbekanntes Flugobjekt.“ Zwölf Uhr, also direkt vor ihnen. Buchstäblich vor der Nase. Genau da wo der Wasserplanet …

Dann brach tatsächlich etwas durch die Wasseroberfläche, gewann schnell an Höhe und raste auf sie. Für einen Moment reflektierte sich das Sonnenlicht darauf. Es schien eine schuppige Oberfläche zu haben.

Binnen weniger Sekunden hatte es sie erreicht. Und stieß sie an. Mit seiner Frontspitze stieß es gegen den Shuttle. Die Kids wurden wie Murmeln durcheinander geworfen. Nur Oxo blieb sitzen. Dann stieß es sie erneut an, diesmal noch um einiges heftiger.

„Wir müssen verschwinden“, stöhnte Mike nunmehr aus dem hinteren Teil des Shuttles. Er lag auf dem Boden, rieb sich die Ellenbogen, auf denen er unsanft gelandet war.

„Ja, verdammt, lasst uns abhauen“, stimmten die anderen zu. Auch sie lagen auf dem Boden.

Doch Oxo machte keine Anstalten die Triebwerke zu zünden … oder die Laser zu aktivieren.

Er saß seelenruhig da, blickte nach draußen und beobachtete das fremde Schiff, welches direkt vor ihrer Nase klebte und sie von dem Planeten wegstieß. Konnte das sein? War es möglich, dass es ihnen eine andere Flugbahn aufzwingen wollte? Er schaltete sämtliche Systeme aus. Jetzt war der Shuttle nicht nur antriebslos, sondern absolut tot. Nichts weiter als ein überdimensionierter Schuhkarton. Wollen doch mal sehen, wohin uns das bringt.

„Was tust du, Mann?“ Marcel hatte sich wieder nach vorn gekämpft, nur um Oxo dabei zuzusehen, wie er den Shuttle abstellte. Antrieb, Navigation, Sensoren, Schwerkraft, einfach alles, sogar die Lebenserhaltung.

„Ich versuche etwas“, war seine knappe Antwort. Dann kümmerte er sich nicht weiter um ihn. Auch die anderen, die sich wieder aufgerappelt hatten und nach vorn kamen, ignorierte er.

Stattdessen starrte er wie besessen auf das Objekt, welches sich direkt vor ihrer Frontpartie befand. Es presste sich direkt an ihre Außenhülle und schob sie eindeutig in eine bestimmte Richtung. Nur wohin …?

„Interessant. Wirklich sehr interessant“, murmelte er gedankenverloren. Sein Blick klebte regelrecht daran. Er ließ es keine Sekunde aus den Augen.

Mittlerweile war es zumindest schon ersichtlich, dass sie sich von diesem Planeten entfernten. Wie schnell das passierte, konnte er nicht sagen. Es war aber auch nicht wichtig. Sie wurden gelenkt und nur das zählte …

Zusehends wurde der Planet kleiner, schrumpfte buchstäblich zusammen. Schon jetzt war er nur noch halb so groß.

Außerdem schienen sie an Geschwindigkeit zuzulegen. Die Kids merkten davon nichts, aber Oxo war es aufgefallen.

Dann brach der direkte Kontakt mit dem fremden Objekt plötzlich ab. Der Abstand wuchs auf einen Meter, zwei, drei. Wurde größer, während sie von ihm wegtrieben. Schließlich wendete es und flog mit rasender Geschwindigkeit zu dem Planeten zurück. Sekunden später verschwand es in dessen Wassermassen.

Oxo wartete noch eine Sekunde, ehe er den Shuttle wieder reaktivierte.

„Endlich“, kommentierte Marcel, doch Oxo reagierte nicht darauf. Sie hatten sich doch nur ein paar Minuten tot gestellt.

Als erstes schaltete er die Lebenserhaltung ein. Dann die Navigation. Als nächstes die Sensoren, zu guter Letzt den Antrieb. Während er das tat, starrte er mit einem Auge auf den Planeten. Als rechne er damit, das gleich wieder so ein merkwürdiges Objekt auftaucht. Ob sie sich dann auch wieder totstellen konnten?

Schließlich waren alle Systeme hochgefahren. Und er vollzog mit dem Shuttle eine hundertachtzig Grad Drehung. Er wollte sehen, wohin sie gebracht wurden waren.

Die Systeme verrieten ihm, dass sie immer noch flogen. Das Objekt hatte ihnen einen derartigen Schwung mitgegeben, sodass sie immer noch im Gleitflug waren. Er ließ es geschehen und starrte aus dem Cockpit. Er war gespannt, was passieren wird …

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