Buch lesen: «Galaxy Kids 2», Seite 5

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Kapitel 15

Kapitel 15

Das Drehrad ließ sich leicht bewegen. Es bot praktisch keinerlei Widerstand. Schon die dritte Umdrehung, noch immer machte es nicht den Anschein als würde im Inneren der Schleuse etwas passieren. Sie mussten sich ganz auf ihr Gefühl verlassen, wann es sich schwerer drehen ließ, oder irgendwann sogar gar nicht mehr. Hören konnten sie ja nichts.

Schon die vierte Umdrehung. Noch immer nichts.

Dann blockierte das Rad kurz, ließ sich aber nach kurzer Zeit schon weiterdrehen, jetzt deutlich schwerer. Wieder eine halbe Umdrehung später dasselbe Spiel. Wieder mussten sie gemeinsam und mit beiden Händen drehen. Die Schleuse öffnete sich aber immer noch nicht.

Nach zwei, drei Sekunden lief es wieder leichter.

Dann stockte es endgültig. So gut es in der Schwerelosigkeit ging, stemmten sie sich dagegen; Nicole nutzte sogar einmal kurz ihre Triebwerke. Stellte es aber schnell ein. Damit erreichte sie höchstens, sich wieder von dem Drehrad zu entfernen. Gemeinsam drückten sie gegen die Schleuse. Es passierte nichts. Warum geht das verdammte Ding nicht auf? Sie drückten überall, doch die Schleuse öffnete sich keinen Millimeter.

Eben wollte Jenni dem Drehrad frustriert einen Stoß geben, als sie merkte, dass es sich zwar nicht mehr weiterdrehen ließ, dafür aber zurück. War das zuvor auch schon gewesen? Sie wusste es nicht. Vielleicht musste es ja auch so sein, vielleicht aber auch nicht. Keine Ahnung. Es war jedenfalls die einzige Möglichkeit …

Langsam drehte sie das Rad in die andere Richtung. Dabei passierte tatsächlich etwas. Anfänglich ließ es sich noch ganz leicht drehen, als wäre es im Leerlauf. Aber schnell ging es immer schwerer. Außerdem wurde jetzt endlich auch im Inneren der Schleuse gearbeitet.

„Schau mal, Nicole!“

Nicole war längst da und half ihr. Auch sie spürte den Unterschied, dass vibrieren unterhalb des Drehrades. Entweder waren sie hier völlig auf dem Holzweg, oder so was von richtig. Vor ihrem geistigen Auge sah sie wie kleine eiserne Zahnrädchen ineinander griffen und ihrerseits andere antrieben. Oh ja, hier kamen sie auf jeden Fall weiter.

Das Drehrad ließ sich immer schwerer bewegen. Aber sie spürten deutlich, dass sie damit irgendetwas im Inneren der Schleuse vorantrieben.

Und dann fuhr die Schleuse endlich wie eine Fahrstuhltür nach beiden Seiten auf. Die Mädchen blickten sich verdutzt an. Ganz plötzlich passierte es.

Vor ihnen tat sich der Zugang auf. Ein kreisrunder Eingang, der in etwa so groß war, das eine erwachsene Person bequem einsteigen konnte. Bestimmt waren sie so groß konstruiert damit man von einem Shuttle direkt den Generator betreten konnte. Das war es also, was Oxo ihnen hatte sagen wollen?!

Nun ja, Nicole und Jenni bevorzugten die extravagante Art.

Sie gaben dem Triebwerk einen kurzen Stupser und flogen in die Dunkelheit hinein.

„Beginne Atmosphäreneinleitung.“

Dann schaltete sich flackernd ein Licht ein. Sie befanden sich in einer etwa zehn Mal drei Meter großen Druckkammer. Die Schleuse, durch die sie eben gekommen waren, fuhr zu. Direkt vor ihnen, genau auf der Gegenseite, befand sich eine weitere. Verschlossen.

„Eintrittsschleuse verschlossen“, sagte da wieder diese Stimme in ihrer Comm. Ganz eindeutig der Computer, der auf ihre Frequenz eingestellt war. Die Frage war, warum das so war.

Die beiden waren eingesperrt. Sie hielten sich bei den störrisch steifen Handschuhen und ließen nicht los. Als ob das etwas nützte.

Sie meinten ein zischen zu hören. Vielleicht die eingeleitete Luft? Obwohl das nur Quatsch war. Dieses zischen existierte nur in ihrem Kopf … Und sie spürten das Gewicht ihrer Körper zurückkehren. Sie sanken zu Boden.

„Atmosphäre eingeleitet. Schwerkraft hergestellt.“

Dann standen sie sich gegenüber und blickten einander an. Was nun?

Zwei Sekunden später fuhr die andere Schleuse auf.

Aha, das war also die Antwort.

Die Jungs und Oxo erreichten die Sensorenreichweite des Generators, als die Mädchen gerade die Druckkammer verließen. Sofort standen auch sie unter Beschuss. Ihre Verteidigungssysteme waren aktiv und der Abstand war groß genug, so dass sie den einzelnen Salven ausweichen konnten. Trotzdem konnten sie sich so natürlich nicht annähern. Denn der Shuttle war im Gegensatz zum Raumfluganzug der Mädchen relativ träge und langsam.

„Was jetzt?“, fragte Marcel, der neben Oxo im Cockpit saß. Einige Tausend Meter rechts neben ihm explodierte gerade eine Lasersalve in grellem Licht. Dort hatten sie sich eben erst – einen Wimpernschlag vor ihrem reaktionsschnellen Manöver, noch befunden.

Oxo blickte nicht dorthin. Er studierte die Cockpitinstrumente aufmerksam. In seinem Kopf liefen hunderte Aufgaben gleichzeitig ab. Doch auch er musste sich eingestehen, so nicht weiterzukommen. Wie hatte er nur annehmen können, den Mädchen irgendwie helfen zu können?

„Sie sind auf sich allein gestellt“, war sein leiser Kommentar.

Nicole und Jenni legten ihren Helm ab, befreiten sich dann gegenseitig aus den sperrigen, steifen Handschuhen, legten das alles neben der Schleuse ab und begann sich umzusehen.

Von außen war der Generator ja schon beeindruckend gewesen. Zuerst hatten sie noch geglaubt es mit etwas Kleinem zu tun zu haben, vielleicht von der Größe eines Automobils. Aber als sie vor wenigen Minuten den Hyperraum verlassen hatten und den Generator zum ersten Mal sahen, gestanden sie sich ein die Ausmaße gewaltig unterschätzt zu haben. Von außen hatte er gewirkt wie ein Fußballstadion, in dem siebzig bis achtzigtausend Zuschauer Platz hatten. Eine gigantische Anlage.

Von innen wirkte es jedoch sehr viel übersichtlicher. Es gab nämlich nur einen einzigen Raum. In dessen Mitte befand sich so etwas wie die Kommandoeinheit und die war verbunden mit dutzenden, wenn nicht hunderten Apparaturen und Vorrichtungen, die alle entweder für die Verteidigung gedacht waren, oder zur Aufrechterhaltung der Barriere.

„Los! Dahin!“

Sie beeilten sich dorthin zu gelangen. Es gab hier drinnen zwar Atmosphäre, aber die Heizung funktionierte entweder nicht, oder war falsch eingestellt. Sie fröstelten nämlich. Bei jedem Atemzug bildete sich feiner Nebel vor ihrem Mund.

„Nicole? Jenni? Könnt ihr mich hören? Empfangt ihr uns?“

Oxo versuchte nicht mehr die Empfangseinheiten der Anzüge zu rufen. Er hatte erkannt, dass die Mädchen darauf nicht antworteten. Hoffentlich war nichts passiert. Er glaubte aber eher, sie hatten zuerst nicht geantwortet, weil sie auf eigene Faust hineinwollten. Nachdem ihnen das gelungen war, gelangten seine Rufe nicht mehr zu ihnen durch. Der Generator blockierte sie.

Zumindest war das seine Hoffnung.

Stattdessen versuchte er den Generator direkt zu kontaktieren.

„Nicole? Jenni? Hört ihr mich? Empfangt ihr meinen Ruf?“

Oxo hatte keine Ahnung, ob sein Ruf durchkam. Es war wie im Trüben fischen, aber das war besser als nicht mal eine Angel auswerfen zu können. Früher war es leicht gewesen. Da konnte er jederzeit Kontakt aufnehmen. Doch das war bevor Yxyndor ihnen den Rücken zugekehrt hatte und ihr Feind geworden war. Lange bevor er die Generatoren gegen die Yxianer verwendete.

„Meldet euch bitte!“, kam es von Marcel.

Nach einer halben Minute erreichten sie die Kommandoeinheit. Sie waren ein bisschen außer Atem. In den Anzügen zu rennen war doch anstrengender als erwartet. Dadurch war ihnen momentan nicht mehr kalt.

Sie war einem Rednerpult nicht unähnlich, eine viereckige Vorrichtung, etwa einen Meter hoch und einen halben breit. Mit ebener Fläche ganz zuoberst.

„Hörst du das?“, fragte Nicole.

Jenni versuchte ihr schnelles, kehliges schnaufen zu bremsen, weniger tief, weniger laut, doch das war gar nicht so einfach, vor allem nicht nach dem anstrengenden Lauf hierher.

„Hörst du das denn nicht?“

„Nein. Was denn?“

Nicole verharrte bewegungslos, lauschte angestrengt. Dann machte sie einen Schritt auf die Steuereinheit zu, lauschte abermals, nickte zustimmend und ging ganz auf sie zu.

„Da. Ein Flüstern, wie eine Stimme“, gab sie schließlich von sich.

Jenni trat heran. Und tatsächlich. Eine leise Stimme drang zu ihr. Eigentlich viel weniger als ein flüstern, eher wie ein wispern, oder der Flügelschlag eines Schmetterlings. Dennoch hörten sie es. Sie verstanden jedoch nicht, was sie sagte.

Also noch etwas näher heran, das rechte Ohr fast ganz an die Einheit geführt. Jetzt war es etwas lauter, deutlicher. Sie meinten einzelne Wörter zu hören. Diese Stimme? War das nicht Oxo? Ist das möglich?

„Oxo?“, fragten beide gleichzeitig in den Raum hinein. Dann lauschten sie.

„Ja. Ich bin’s“, endlich eine Antwort.

Ein raunen ging durch das ganze Shuttle. Selbst Oxo zeigte sich erleichtert.

„Wurde langsam Zeit“, sagte Robin zu Mike, die im hinteren Bereich saßen, aber von dort nach vorn ins Cockpit starrten.

„Wo seid ihr?“, fragte Marcel.

Kapitel 16

Kapitel 16

„Wir sind drin.“

Sie mussten noch etwas näher an die Konsole heranrücken, weil es immer noch sehr leise war.

„Wo seid ihr genau“, fragte Oxo.

„Wir stehen mittig, an der Konsole.“

„Gut. Das ist gut.“

„Wir können dich kaum verstehen, Oxo. Kannst du bitte etwas lauter sprechen!“

„Wie ist der Status der Konsole?“, fragte er, diesmal etwas lauter.

„Wie? Wie meinst du das?“ Nicole und Jenni blickten sich an.

„Die Konsole. Ist ihr Schirm schwarz?“

„Die ganze Konsole ist schwarz“, antwortete Nicole ein bisschen resigniert. Was für einen Schirm meint er?

„Oben. Der obere Bereich. Die höchste Stelle. Dort ist der Schirm. Den müsst ihr aktivieren. Dann könnt ihr in jedes System gelangen.“

„Und wie stellen wir das an?“

„Legt die Hand drauf!“

Wieder sahen sie sich an, diesmal verständnislos. Die Hand drauflegen? Wollte er sich einen Scherz mit ihnen erlauben? Aber seine Stimme hatte ernst geklungen.

Na schön. Nicole zuckte kurz mit den Schultern, wie um zu sagen, von mir aus und legte dann ihre rechte Hand auf den Schirm.

Eine Sekunde geschah nichts. Dann flackerte er grell auf, als hätte es eine elektrische Überladung gegeben. Eine weitere Sekunde später erwachte die komplette Einheit summend zum Leben. Auch der Bildschirm erwachte. Er wechselte vom tiefschwarzen zu einem warmen blau.

„Okay, haben wir gemacht.“

„Ist etwas passiert?“, fragte Marcel. Er rutschte auf seinem Stuhl ganz nach vorn, drückte sich an den Instrumenten fast die Nase platt.

„Das kann man wohl sagen.“

„Gut“, schaltete sich Oxo ein. Die Mädchen wunderten sich nicht, warum er nicht genauer nachfragte. Wahrscheinlich wusste er ganz genau was gerade passierte.

„Hört mir jetzt bitte genau zu“, unterbrach er ihre Gedankengänge. „Ihr müsst meinen Anweisungen jetzt präzise folgen!“

„Oxo, es ist immer noch so leise. Wir verstehen dich kaum.“

„Wird gleich lauter. Ich sage euch was ihr tun müsst.“

„Okay.“

„Also gut, fangen wir an. Was seht ihr?“

Das begann nun gar nicht so wie sie erwartet hätten.

„Der Schirm ist blau. Und scheint in einzelnen Sektionen unterteilt zu sein. Dutzend weitere kleine Bilder sind zu sehen. Wie bei einem Fernsehgerät die Bild in Bild Funktion. Nur eben dutzende Male mehr.“

„Okay“, sagte diesmal Oxo, obwohl er nicht so recht wusste, was sie meinte. Fernsehgerät? Bild in Bild? Aber was Nicole ihm beschrieb entsprach in etwa dem Bild in seinem Kopf. „Das obere dieser ganzen … Bilder. Drück drauf!“

Nicole tippte es leicht mit dem Finger an. Sofort verschwanden all die anderen Bilder, und dieses wurde groß, nahm den gesamten Schirm ein.

„Sieh nach dem Tastenfeld Kommunikation!“

Nicole benötigte einige Momente. Es mussten annähernd hundert dieser Tastenfelder sein und auf jedem stand in relativ kleiner Schrift dessen Funktion.

„Hab ihn.“

„Drücken!“

Sofort verschwanden die Tastenfelder, dafür kamen andere zum Vorschein. Diesmal nicht ganz so viele. Aber immer noch genug.

„Such nach dem Feld verbale Kommunikation!“

Sie fand auch diesen und drückte ihn.

Mit jedem Mal wurde die Auswahl kleiner, übersichtlicher. Schließlich gelangten sie zum letzten Feld. Lautstärke. Die sie ganz nach oben drehte.

Endlich hörten sie Oxo so laut und deutlich, als stünde er direkt neben ihnen.

Das erste Problem war gelöst. Das nächste folgte.

Nach ungefähr zwei Stunden waren sie derart tief eingedrungen, hatten so viele Veränderungen und Einstellungen vorgenommen, das Oxo und die Jungs andocken konnten. So lange hatte es gedauert, die Verteidigung nur eines einzigen dieser Generatoren auszuschalten. Die interne Kommunikation von allen zu hacken nimmt noch einmal soviel Zeit in Anspruch …

Kapitel 17

Kapitel 17

Oxos Finger raste förmlich dahin, machten Eingabe um Eingabe, änderten Einstellungen, deren Sinn die Kids nicht verstanden und auch schon lange nicht mehr nachfragten. Selbst Marcel, der immer der neugierigste von allen war, hinterfragte nichts mehr. Vieles von dem was Oxo ihm in den letzten Minuten erklärt hatte, verstand er einfach nicht.

Er kam voran. Schon nach wenigen Augenblicken waren viele der Systeme umgeschrieben. Das erleichterte ihm die weitere Navigation. Dennoch dauerte es lange.

Aber endlich rieb er sich die Hände. „Das war’s“, begann er, „nur noch einen Befehl und die Barriere ist Geschichte.“

„Worauf wartest du dann?“

Langsam wanderte sein Blick zu den Mädchen. Erst zu Nicole, dann zu Jenni.

„Es steht mir nicht zu. Ihr habt den größten Teil der Arbeit gemacht. Ihr habt es verdient.“

„Ist mir egal“, sagte Jenni, an Nicole gewandt, „mach du es ruhig!“

„Nein, ich will das nicht.“

„Aber ihr …“

Doch dann unterbrachen ihn die Mädchen gleich wieder. „Es ist uns wirklich nicht wichtig. Mach du es. Oder meinetwegen einer der Jungs“, die winkten aber gleich ab. „Du kennst dich doch viel besser mit den Systemen aus.“

Oxo sah sie einige Sekunden an. Dann gab er die letzte Sequenz ein und trat ein Stück zurück.

„Er wird jetzt zuerst an die anderen Generatoren übermittelt“, sagte er mehr zu sich selbst als den anderen. „In wenigen Momenten ist es vorbei. Dann fällt die Barriere endlich.“

Plötzlich wurde es dunkel. Die Elektrik fiel aus. Die Heizung ebenso. Dann war ein dumpfes klicken zu hören. Die Kids starrten in diese Richtung. Es kam von der Steuereinheit, mit der Oxo all das eingeleitet hatte. Auch der Schirm war schwarz.

„Der Befehl wurde vollständig übermittelt. Die Generatoren fahren ihre Systeme herunter. Dieser hier ist schon komplett abgestellt. Die anderen werden ihm gleich nachfolgen.“

„Gratuliere, Oxo. Du hast es geschafft.“

„Wir haben es geschafft …“

Plötzlich passierte etwas. Der Boden vibrierte, erst noch wenig, aber bald schon mehr, bis es sich wie ein Erdbeben anfühlte. Sie gingen in die Knie, stolperten hierhin, dahin. Marcel stürzte, rappelte sich mühsam wieder auf. Dann wurde das vibrieren noch stärker. Schließlich stürzten alle. Selbst Oxo ging zu Boden. Das vibrieren wuchs sich noch mehr aus, wurde jetzt zu einem heftigen schütteln, als würde der Generator im Ganzen hin und her geworfen. Jetzt war es auch nicht mehr damit getan, dass sie zu Boden stürzten, jetzt rutschten sie quer über diesen, wie ein Puck über das Eis. Verzweifelt versuchten sie sich überall festzukrallen, wo ihre Hände gerade hinlangten. Irgendwie gelang es ihnen sogar Halt zu finden.

Derweil rüttelte es immer heftiger.

„Was passiert hier?“, schrie Marcel in den entstehenden Lärm hinein. Es wurde schnell lauter. Schon mussten sie dagegen anbrüllen.

Oxo reagierte nicht, obwohl er ihre Schreie zweifelsfrei hörte. Er sah sich mit leerem Blick um. Sein Gesicht war versteinert.

Das beben nahm noch mehr zu. Und sie krallten sich verzweifelt fest. Ihre Finger waren bleich und zitterten.

„He. Oxo. Was ist hier los?“, schrie Mike.

Endlich antwortete er. „Ich … ich weiß es nicht. Irgendetwas … Ungewöhnliches.“

Es war nicht nur das was er sagte, was die Kids so erschreckte. Es war der Klang seiner Stimme, was sie erschreckte. Deutlich war Ratlosigkeit herauszuhören.

Was ist hier los?

Oxo wusste es nicht. Er, der immer eine Erklärung parat hatte. Warum jetzt nicht? Und wenn er es nicht wusste, dann bedeutete das, es verlief nicht nach Plan. Er hatte es nicht erwartet.

Sie hatten kaum Zeit darüber nachzudenken. Das Beben wurde sogar noch stärker. Als würde der gesamte Generator, von der Außenhaut bis ins kleinste Bauteil, durchgewalkt werden. Alles verdrehte sich irgendwie. Alles …

Er fällt auseinander …

„Wir müssen zum Shuttle zurück! Sofort!“

Wer war das? Oxo? Marcel? Nicole? Keine Ahnung. Irgendwer hatte diesen Satz in den Lärm hinein gebrüllt.

Verzweifelt wollten sie sich aufrichten, doch der bebende Boden ließ sie immer wieder niedergehen.

„Kriechen! Wir müssen kriechen!“ Wieder diese Stimme. Und wieder hatte keiner eine Ahnung, wem sie gehörte. Es war nicht einmal zu definieren, ob sie zu einem Mädchen oder einem Jungen gehörte.

Wie Käfer auf allen vieren krabbelten sie vorwärts. Die Arme knickten ein und sie knallten mit dem Gesicht auf den Boden. Die Beine rutschten weg, und sie klatschten gänzlich nieder.

Dann taten sich die ersten Risse auf. Einzelne Komponenten stürzten in sich zusammen als wären es Kartenhäuschen. Andere versackten einfach im Boden.

„Schneller! Wir haben keine Zeit mehr!“ Es schien Oxos Stimme gewesen zu sein.

Sie legten noch eine Schippe drauf. Sausten jetzt so schnell wie Eidechsen über den Boden, während um ihnen herum alles einstürzte.

Immer größere Risse taten sich krachend auf, scheppernd stürzte etwas zu Boden.

Der Generator war ihnen beim hinein gehen groß vorgekommen. Jetzt erschien er ihnen aber gigantisch. Und die Entfernung zur Schleuse schien nicht weniger werden zu wollen.

Kein einziges Mal drehten sie sich um, da würden sie eh nur Zerstörung sehen. Stattdessen starrten sie wie hypnotisiert auf die Ausgangsschleuse, die immer noch soweit entfernt war. War sie überhaupt einen Deut nähergekommen?

Hinter ihnen stürzte gerade irgendetwas laut scheppernd in sich zusammen, ein permanentes Reißgeräusch quälte ihre Trommelfelle und schreiendes Metall welches sich ganz langsam verbog, brachte es fast zum zerreißen.

„Schneller!“ Das war eindeutig Oxo. Er bildete hinter den fünf die Nachhut.

Dann endete das beben plötzlich. Vor Überraschung knickten ihre Arme ein und sie klatschten gleich noch einmal auf den Boden. Mit einem Mal war es mucksmäuschenstill. Nur noch vereinzelt knackte es irgendwo, wie die Eisfläche auf einem zugefrorenen See.

Langsam richteten sie sich auf, sahen sich vorsichtig um und blickten dann auffordernd zu Oxo. War es das, fragten ihre Augen.

Doch das wusste er nicht, konnte nur mit den Schultern zucken. Hier verlief gar nichts so wie er es erwartet hatte und es war noch längst nicht vorbei.

Langsam gingen sie weiter, setzten vorsichtig einen Fuß vor dem anderen. Die Stille nach dem Lärm war erdrückend. Als würde etwas Unheilvolles Kraft tanken, um dann ein letztes Mal vernichtend über sie zu kommen.

„Los weiter!“, kam es diesmal von Marcel.

Jetzt liefen sie schnell, rannten förmlich der Ausgangsschleuse entgegen. Die Stille blieb bestehen. War es vielleicht doch vorbei? War es das gewesen?

Dann setzte die Vibration erneut ein. Diesmal war es jedoch anfänglich noch sehr viel schwächer. In den ersten Augenblicken bemerkten sie es gar nicht. Erst als es stärker wurde, sie das vibrieren in den Beinen spürten, bemerkten sie es. Aber es war noch schwach, nichts im Vergleich zu gerade eben …

„Lauft schneller“, krächzte Robin.

Die letzten Meter legten sie im Sprint zurück.

Und erreichten endlich die Schleuse als das rütteln und beben wieder fast zu alter Stärke angewachsen war.

„Geht’s euch gut“, fragte Oxo, noch während er die Schleuse verschloss. Die Automatik schien defekt zu sein, ließ sich nicht schließen, er musste sie von Hand verriegeln. Es dauerte etwas länger, rastete aber schließlich ächzend ein. Dann machte er sich an die gegenüberliegende, die den Zugang zum Shuttle versperrte. Auch das dauerte einige Momente, auch diese Schleuse ließ sich nur von Hand bedienen. Sämtliche Elektrik war ausgefallen. Allmählich sollten sie wirklich von hier verschwinden …

Dann war auch die offen. Schnell bestiegen sie den Shuttle.

Die Kids stürmten zu den Fenstern und starrten nach draußen. Mit offenem Mund bestaunten sie das Spektakel. Oxo ging ins Cockpit und begann mit der Abdockprozedur.

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