Aus dem puren Leben gegriffen Teil 8

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Aus dem puren Leben gegriffen Teil 8
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Klaus Fleischer

Aus dem puren Leben gegriffen Teil 8

Vor langer Zeit

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Was die meisten denken

Unverhoffte Wendung

Kleine Ursache – große Wirkung

Hallo Kumpel

Etwas Warmes braucht der Mensch

Es spricht

Einkaufsbummel

Der Geist ist willig, doch das Fleisch ist Sau schwach

Impressum neobooks

Was die meisten denken

Die meisten oder man kann sagen alle Leser von jeglicher Literatur machen sich garantiert ihre Gedanken über die „Arbeit“ eines Schriftstellers oder Hobbyschreibers und beneiden ihn um diese. Der Schreiberling kann zu Hause rumhängen, schreibt wann immer er Lust dazu hat. Regelmäßig hält er ein zwei- bis dreistündiges Mittagsschläfchen und trink Hektoliter von billigem Bohnenkaffee.

Aber hier möchte ich allen Lesern mal ganz gehörig ihre schwache Brise aus den Segeln nehmen.

Nicht das einer denkt, ein Schreiberling schläft bis in die Puppen, frühstückt dann so bis zwei Stunden, schreibt zwei bis drei Worte und macht dann noch ein kleines Schläfchen vor dem Mittagsmahl. Nach dem Mittagsschmaus mit sieben Gänge macht er einen leichten Verdauungsspaziergang mit seinem krummbeinigen Dackel. Nach der Kanne Kaffee und den zwei Stück Sahnetorte schreibt er schnell noch eine halbe Seite an seinem neuen Roman, um dann nach dem Nachtessen zu einer der unzähligen ausschweifenden Partys zu ziehen.

Diese Meinung irrt liebe Leser ganz gewaltig.

Ich werde Sie mal in aller Offenheit und Bandbreite aufklären.

Schon der Nachtschlaf eines schriftstellerischen Denkers ist von Alpträumen und hellwachen Augenblicken gestört. Ihm geht die Letzt geschriebene Seite seines neuen Romans, welche er schon siebzehn mal in den Papierkorb gefeuert hat, nicht mehr aus seiner Schweißtropfen tragenden Denkerstirn. Er will ja schließlich keinen Mist liefern, sondern mit Qualität aufwarten können.

Morgens in aller Frühe quält er sich dann in großer Hast einen dünnen Kaffee und ein flach bestrichenes Butterbrot in den leeren Magen. Mit leerem Magen findet er nun mal überhaupt keinen richtigen Gedanken. Außerdem möchte er das Sprichwort „Morgenstunde hat Gold im Munde“ (nicht der Schreiberling) für sich nutzen.

Dann sitzt er grübelnd und schwitzend in der Sommerhitze auf dem schmalen Balkon und die liebe Sonne droht die graue Masse unter seiner Schädeldecke fast völlig auszutrocknen. Nachdem er den Papierkorb dann schon zum dritten Mal geleert und sein liebes Frauchen ihn mit unzähligen unwichtigen Fragen immer wieder aus dem Konzept gebracht hat, hat er endlich den dichterischen Faden wiedergefunden und einen inhaltlich vertretbaren Text auf eine DIN-A4 Seite gebracht. Die Grammatik wird ihn dann aber auch noch einige Korrekturzeit kosten.

Abgemagert und kraftlos hängt er dann über dem Teller Bohnen aus der Dose, der aber auch nicht ganz schmecken will. Nicht weil die tolle Bohnensuppe etwas versalzen ist, sondern weil er in Gedanken ganz bei seiner letzten Seite ist und immer noch nicht versteht, warum diese nicht auch in den Papierkorb gelandet ist.

Am Nachmittag ist es fast unmöglich einen klaren Kopf zu behalten, da die vier Sprösslinge des Genies auch ihr Recht auf ihn haben bzw. glauben zu haben. Da bleibt dann wirklich kein Auge trocken. Zeitweilig hat er dann auch noch mit den Schleppen von zentnerschweren Kohlen- und Mülleimern zu tun, da ja auch seine ganze Familie denkt – der Mann ist nicht ausgelastet. Der krummbeinige Dackel muss dann auch noch eine Stunde Gassi geführt werden und nebenbei kann der arme Mann dann auch noch den heimischen Kühlschrank durch Einkäufe im Supermarkt füllen. Ab und zu darf er dann zu mindestens mal seine ganz persönliche Notdurft verrichten.

Nach dem bescheidenen Abendmahl, welches er jetzt versucht in Ruhe zu sich zu nehmen, stürzt er sich nochmals an seine zwanzig Jahre alte Schreibmaschine. Krampfhaft versucht er nun seine wirren Gedanken zu ordnen. Während sein allerliebstes Frauchen „Dallas“ und andere wichtige Serien inhaliert, bringt er dann doch noch zwanzig Worte auf das blütenweiße Schreibmaschinenpapier.

Gegen Mitternacht fällt er dann total gestresst und ohne jegliche körperliche Befriedigung in seine Kissen, um diesem verrückten Kreislauf niemals entrinnen zu können. Jeden zweiten Tag gehen ihm Selbstmordgedanken durch seine Hirnwindungen und er liest wöchentlich die unzähligen Stellenangebote in der Presse mit der immer wiederkehrenden Erkenntnis:

„Ich kann doch nun mal nicht anders“

Möchten Sie, liebe Leser jetzt immer noch ihre schönen Jobs als Bäcker, Postbeamter oder Aktenvernichter aufgeben und mit ihm tauschen?

Unverhoffte Wendung

Wir leben ja Gott sei Dank oder auch nicht, allein auf diesem schönen blauen Planeten und ich denke, wenn ich ganz tief in meine schwarze Seele forsche, auch nicht allein in dem großen Universum.

Toll! So eine Erkenntnis.

Und das kann manchmal die einen oder anderen Auswirkungen für unser ganzes Erdendasein bedeuten. Hiermit meine ich natürlich nicht die kleinen grünen Männchen, sondern die lieben Nachbarn neben, unter und über uns im nur aus ca. 5cm dicken Trennwänden bestehenden städtischen Mietshäusern.

Natürlich wissen wir aus unzähligen bereits abgetreten Filmchen von Leinwand und TV, dass die grünen oder roten Männchen uns irgendwann mit ganz schrecklichen Waffen und langen Krallen besuchen werden. Aber wann ist schon irgendwann?

Heute ist heute und ich glaube feststellen zu können, hier und da gibt es sie schon. Natürlich gut verkleidet und kaum eindeutig zu identifizieren. Ich bin leider kein Fachmann auf diesem Gebiet und wahrscheinlich reichen mir meine paar Jährchen auch nicht, durch intensivstes Studieren, analysieren und protokollieren der Sache eindeutig auf den wichtigen Grund in der Kaffeetasse zu gehen. Vielleicht nimmt sich diese Aufgabe einmal mein jüngster Sohn Antonio an, denn er hat bestimmt noch etwas mehr Lebenszeit vorzuweisen als sein alter Herr.

Ich werde mal demnächst mit ihm darüber reden.

Aber ich bin schon wieder abgeschweift (verflucht), so möchte ich doch wieder ins heute zurück schwenken. Nun, es war zwar nicht gerade heute, wo ihr alle das lest, sondern es liegt schon einige Jährchen in meinem verkorksten Leben zurück.

Ich bewohnte auch so eine oben beschriebene Wohnung (sozial) mit meiner kleinen vierköpfigen Familie und hatte ebenfalls wie schon beschrieben solche pappendeckeldünnen Wände zu meinen ringsumher lebenden Nachbarn.

Im Grunde ist das ja eigentlich kein Problem – die dünne Trennwand. Zu mindestens hockt man dadurch nicht täglich Auge im Auge mit dem mehr oder weniger angenehmen Menschen der Nachbarschaft zusammen. Deshalb sind die dünnen Mauern immerhin besser, als wenn 5 – 8 Familien in einem Großraumbüro zusammenleben müssen.

Natürlich bedingt diese Erkenntnis der fast total Schall durchlässigen Wände, dass man damit einigermaßen vernünftig umgehen kann. Im Klartext heißt das, ganze leise pupsen, denn Kinder einen Knebel in den Mund, liebestolle Ausschweifungen nur noch im Stadtpark oder angrenzendem Wäldchen und vor allen Dingen mit dem eigenen Fernsehton vom Pornofilm den Nachbarn nicht beim Lauschen von Aida und ähnlichen Arien aus der Welt der Oper zu stören.

Sie sehen, meine lieben Leser, die Sache spitz sich zu und ich glaube ohne es zu wissen, die grünen Männchen können auch nicht anstrengender sein.

Nun komme ich mal zum besseren Verständnis meiner fachlichen Ausführungen zu einem damaligen praktischen Bestandteil meines Miethauslebens.

Wir hatten eigentlich ganz annehmbare Nachbarn und wir konnten uns nur alle zwei bis drei Wochen mal über irgendetwas unwichtiges durch dessen Mitteilung an die jeweiligen Betroffenen beschweren. Ich kann nämlich von mir behaupten, dass ich ein äußerst umgänglicher und verständnisvoller Mensch bin.

Aber es sollte doch mal etwas „Übersinnliches“ passieren.

Entweder hatte mein lieber Nachbar seine Mietwohnung irgendwie umgestaltet, zum Beispiel das Zimmer vom pubertären Sohn mit dem Wohnzimmer vertauscht oder der ältere Mietkollege von Vater war in irgendeine persönliche Krise gestürzt.

Ich muss hier aber unbedingt erwähnen, dass ich persönlich sehr gerne Musik höre, aber leider hat bis heute mein Gehörgang noch keine passende innere Schwingung zu jeglicher Opern- und Klassikmusik gefunden. Wobei ich fest davon überzeugt bin, dass das bestimmt eine tolle Musik ist, wenn sie einem gefällt.

 

So kam es wie es kommen musste.

Wir, d.h. zwei Erwachsene und zwei kleine minderjährige Jungen saßen gerade am Sonntagmorgen ganz entspannt so gegen 09.00 Uhr mitteleuropäischer Uhrzeit beim Frühstücksei essen am, an der zum lieben Nachbarn liegenden Zimmerwand befindlichen Frühstückstisch.

Plötzlich ohne Vorwarnung sprangen zwei der noch nicht geschälten Eier aus ihren ihnen zugestandenen Eierbechern, die Kaffeekanne hatte plötzlich einen Sprung in der Schüssel und unsere Jüngster war wie von einer Tarantel gestochen schreiend ins Bad geflüchtet. Die Wand an unserem Frühstückstisch schien irgendwie im Rhythmus eines riesigen Schlaginstruments aus den Tiefen der Buschmänner zu schwingen.

„Klaus geh mal rüber und sagen denen Bescheid.“, schrie meine Ehehälfte aus voller Kehle in meine ansonsten noch gut funktionierenden Hörmuscheln.

Natürlich wieder ich. Komisch, dass unsere lieben Frauen oft stundenlang mit all den lieben Nachbarinnen im Treppenhaus tratschen können, aber wenn es mal ernst wird müssen wir Männer uns die Köpfe einschlagen.

Mein halbes Frühstücksei noch zwischen den Lippen und dem Eingang zur Röhre in den Magen stand ich vom immer noch in Schwingung befindlichen Tisch auf und zog mir im Flur erst einmal die schusssichere Weste über.

„Guten Morgen Herr Stanneswitz-Obermeier.“, fing ich vorsichtig nach der Türklingel beim Nachbar an, denn dieser war immerhin ca. 30 Kilo schwerer als ich.

„Was gibt’s, Herr Nachbar?“, war die Gegenfrage und ich konnte mit relativer Sicherheit ein kämpferisches Funkeln in seinen Augen entdecken.

„Mein kleiner Sohn hat gerade seinen ersten Trommelfellschaden bekommen und es wäre doch wirklich wunderschön, wenn Sie die Freunde aus Afrika wieder zurückschicken könnten.“, hörte ich mich sagen und der gute Mann hatte Gott sei Dank auch nur die Hälfte davon verstanden.

„Peter!“, rief er so laut es seine Sprachorgane ermöglichten, „Peter, mach mal die Musik leiser!“

„Danke Herr Stanneswitz-Obermeier. Vielen Dank.“, fast wäre ich noch auf meine Knie gesunken, aber meine verkorkste Bandscheibe ließ diese Bewegung gerade nicht zu.

„Und noch einen schönen Sonntag und Gruß an die geehrte Gattin“, folgte von mir durch die gerade geschlossene Wohnungstür meines lieben Nachbar.

So weit so gut. Der Sonntag war gerettet und alles wieder friedlich und ohne Schutzweste.

Aber wie ich schon geahnt hatte, lebte seit dem Sonntag dank Umgestaltung der Innenräume unseres Nachbarn der noch nicht ganz volljährige Sohn und mit Namen oben schon erwähnte Peter jetzt neben unserem Wohnzimmer. Und dieser liebte Urwaldtrommeln wahrscheinlich doch über alles.

Er hatte dann auch noch dank längerem Suchen in seinem Radio den richtigen Sender aus dem schwarzen Kontinent erwischt, denn andere Tonquellen, wie Schallplatten und Bandkonserven besaß der liebe Junge Gott sei Dank noch nicht.

Es sollten einige Tage ein Wechselbad der Gefühle und heißen Debatten im Treppenhaus folgen, was ursächlich auf die regelmäßigen und oft zur unpassenden Zeit stattfindenden Paukenschlagklänge, welche immer noch durch die dünne Pappendeckelwand zu uns hinüber schwanken, zurück zu führen waren. Die Fronten hatten sich bald verhärtet und rings um unsere bescheidene drei Zimmerwohnung befand sich nach kurzer Zeit ein vollständig ausgebauter Schützengraben.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?