Buch lesen: «Retourkutsche», Seite 7

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März 2010

»Das ist völlig unmöglich«, die aparte Frau von Mitte zwanzig schleuderte mit einer unwilligen Kopfbewegung ihr langes, dunkelbraunes Haar über die linke Schulter zurück und starrte Detective Dasher kampflustig an, »mein Bruder war der liebste Mensch auf Erden. Und mit Sicherheit hatte er nichts mit Drogen zu tun. Völlig ausgeschlossen. Sein bester Freund starb vor sechs Jahren an einer Überdosis. Danach hat Hank sogar das Rauchen aufgegeben.«

Dasher saß bequem zurückgelehnt in seinem Bürostuhl und musterte die junge Frau mit sichtlichem Wohlbehagen. Sie war mit einem Anwalt angerückt, um bei ihm noch mehr Eindruck zu schinden. Der Mann saß allerdings recht still neben seiner Mandantin und überließ ihr das Reden.

Der Anblick der Frau war allerdings mehr als erfreulich, wie sich Dasher eingestand. Mit leicht geröteten Wangen und wütend geschürzten Lippen saß sie vor ihm und giftete ihn an. Sie hatte sich ihm als Lena Publobsky vorgestellt, die jüngere Schwester des Ermordeten. Sie lebte nach ihrer eigenen Aussage in Paris und hätte erst vor wenigen Tagen vom Tod des Bruders erfahren. Dass die Polizei den Fall nach einer kurzen Untersuchung ad acta gelegt hatte, wollte Lena Publobsky keinesfalls akzeptieren. Darum versuchte Detective Dasher sie mit eindringlichen Worten zu besänftigen.

»Miss Publobsky. Es entspricht den Tatsachen, dass Ihr Bruder mit einem vorbestraften Drogendealer eine Zeit lang zusammenlebte. Dieser Dealer wurde auch in der Wohnung Ihres Bruders verhaftet. Und am nächsten Morgen fanden wir Ihren Bruder tot in einer Gasse, mit einem Päckchen Amphetamine in der Jackentasche. Für mich steht fest, dass die Verhaftung des Drogendealers jemanden nervös gemacht hat. Dieser Jemand ließ ihren Bruder ermorden, weil er befürchten musste, der verhaftete Drogendealer hätte ihm irgendwelche Geheimnisse verraten.«

Die Lippen der jungen Frau pressten sich bei dieser Erklärung zu einem Strich zusammen. Sie starrte den Detective über das Pult hinweg mit funkelnden Augen an und legte sich ihre Antwort sorgfältig zu Recht, bevor sie erstaunlich ruhig weitersprach.

»Und wo ist dieser Drogendealer jetzt? Haben Sie ihn befragt, was er mit meinem Bruder zu tun hatte und wer für den Mord verantwortlich sein könnte?«

Dasher fühlte sich in die Ecke gedrängt, gab sich jedoch immer noch gelassen. Nur das leichte hin und her Ruckeln seiner Schultern verriet, wie unbehaglich er sich fühlte.

»Nein, befragen konnte ich ihn leider nicht. Der Drogendealer steht seit seiner Verhaftung in Gewahrsam einer Regierungsbehörde.«

»Etwa dem FBI?«, kam die ungläubig gestellte Frage zurück.

»Darüber darf ich Ihnen keine Auskunft geben.«

Lena Publobsky dachte einen Moment lang nach, schien in den Augen des Detectives nach Antworten zu suchen. Ihre Mundwinkel zuckten nervös, wie Dasher fasziniert beobachtete. Sie war bestimmt eine äußerst vitale Frau, voller Energie, die sie im Moment kaum in Zaum zu halten vermochte. Ein willensstarker Mensch, der einen einmal eingeschlagenen Weg bestimmt nicht so leicht wieder verließ.

»Nun gut. Ich werde mir mit Hilfe meines Anwalts erst einmal Zugang zu den Ermittlungsakten verschaffen. Danach sehen wir weiter. Vielen Dank für das Gespräch, Detective Dasher.«

Damit stand sie abrupt auf und ging mit weit ausgreifenden Schritten aus Dashers Büro und zielstrebig durch das Großraumbüro in Richtung Ausgang davon. Ihr Anwalt hetzte hinter ihr nach, versuchte vergeblich, sie einzuholen.

Nicht nur die Augen von Dasher waren dem energisch nach rechts und links schwingenden, wohlgeformten Hinterteil der Frau gefolgt. In ihrem engen, knielangen Rock, unter dem sich die sportlich-straffen Oberschenkel bei jedem Schritt abzeichneten, erkannte man das professionelle Laufsteg-Mannequin, während das laute Klacken ihrer hochhackigen Schuhe den Blick automatisch auch auf die äußerst schlanken Fesseln der jungen Frau zog.

*

Chufu und Mei Ling waren seit zwei Wochen ein Liebespaar. Das hatte sich einfach so ergeben. Nach ihrem damaligen Strandbesuch hatten sie im Nuth erst ausgelassen getanzt und sich später mit einem Longdrink in eine der Sitzecken verzogen. Von hier aus beobachteten sie die anderen Tänzer, wiegten sich im Takt der Musik und sogen zwischendurch immer wieder an den Strohhalmen. Irgendwann erzählte Mei Ling dann einen aktuell in Rio grassierenden Witz, den mit dem Eskimo, dem Fahrrad und der Nonne. Sie musste sich dazu weit zu Chufu hinüberbeugen und ihn trotzdem beinahe anschreien, denn der Lärmpegel der Musik war geradezu infernalisch. Chufu sah ihr Gesicht ganz nahe vor sich, ihre kleine, neckische Nase, die rosa Lippen mit den ebenmäßigen Zahnreihen dahinter und der immer wieder verführerisch auftauchenden Zungenspitze dazwischen. Plötzlich lagen ihre Lippen auf den seinen und eine herrlich warme, weiche Zunge bahnte sich ihren Weg zwischen seinen Zahnreihen hindurch, suchte stürmisch die seine. Danach wusste er einige Sekunden lang nichts mehr, gab sich völlig dem aufflammenden Lustgefühl hin. Ein perfekter Blackout, würde er später über sich selbst diagnostizieren, ausgelöst durch eine Welle von Hormonen, die seinen Körper in diesem Moment durchflutete, intensiver als jede berauschende Droge.

Als sie sich voneinander lösten, schauten sie sich schuldbewusst in die Augen. Sie konnten beide nicht wirklich sagen, wer vor ihnen den letzten Schritt zu ihrem ersten Kuss tat.

»T’schuldige«, meinte Mei Ling fast schon schreiend und schaute Chufu dabei forschend in die Augen, suchte dort nach der Antwort auf die einzig wichtige Frage. War es dir recht?

Chufu zog etwas verschämt die Nase hoch, wusste im Moment noch nichts zu entgegnen, war von seinen Gefühlen immer noch überwältigt. Konnte das Liebe sein?

»Wenn es dir nicht recht ist, dann vergiss es bitte sofort wieder. Es war bloß ein Ausrutscher«, meldete sich die junge Chinesin laut und ebenso tapfer, übernahm auf diese Weise die volle Verantwortung. Sie wollte nicht, dass dieser Kuss zwischen ihrer Freundschaft stehen blieb. Doch gleich nach diesen Worten leuchteten ihre Augen strahlend und wunderschön auf. Sie hatte im Gesicht von Chufu wohl eine Antwort gelesen.

Der junge Philippine ergriff ihre Hände, rutschte auf der Sitzbank ganz nahe zu ihr hin und flüsterte ihr ins Ohr: »Es ist alles gut. Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt.«

Ihre Lippen fanden sich sogleich wieder, saugten sich, öffneten sich füreinander und ließen ihre Zungenspitzen umeinanderkreisen, diesmal nicht schnell und wild, sondern sanft und voller Zärtlichkeit. Lange verhielten sie mit geschlossenen Augen, gaben sich völlig ihrer neu entdeckten Gefühlswelt hin.

Chufu spürte seine beginnende Erektion unter der Jeanshose. Plötzlich kam ein vorsichtiges Tasten hinzu. Die Hand von Mei Ling. Sie begann sein Glied durch den dicken Stoff zu streicheln, gleichermaßen als Liebkosung und als Versprechen.

Selbstverständlich hatte Chufu schon früher ein paar Mal Geschlechtsverkehr gehabt. Im gemischten Internat Le Rosey gab es recht häufig Gelegenheit zu einem sexuellen Austausch. Als aufgeweckter, hoch aufgeschossener und irgendwie auch hübscher Schüler war er beliebt gewesen, denn viele der Mädchen aus aller Welt hielten die Jahre in der Schweiz für eine Art von Freipass, sich vom Leben mitzunehmen, was es nur anbot. Aber auch schon Jahre zuvor, als Schiffsjunge auf dem Supertanker Daisy, hatten ihn die anderen Matrosen manchmal in die Hafenbordelle geschleppt. So lernte er bereits als Fünfzehnjähriger den wenig befriedigenden Sex gegen Bezahlung kennen. Doch die zärtlichen und auch etwas unbeholfen wirkenden Berührungen der Chinesin waren etwas ganz anderes, neues und elektrisierendes. Sie ließen ihn leise aufstöhnen, was im Gedröhne der Lautsprecherboxen niemand hörte, vielleicht mit Ausnahme von Mei Ling.

»Ich will dich«, flüsterte sie ihm ins Ohr und fügte an, »jetzt gleich.«

Sie ergriff seine Hand und zog ihn von der Sitzbank hoch und hinter sich her. Sie überquerten die Tanzfläche, drängten sich zwischen den wild zuckenden Leibern hindurch zur Ausgangstüre, vorbei an der Kasse und den Türstehern. Draußen war es trotz der späten Stunde immer noch angenehm warm. Mei Ling winkte ein Taxi heran und die beiden stiegen ein. Sie nannte die Adresse und kaum zehn Minuten später, die sie knutschend auf der Rückbank verbracht hatten, standen sie vor dem Gittertor zum Anwesen der Familie Ling.

Chufu war zuvor schon zweimal zuvor hier gewesen, wurde von Mei Ling ihren Eltern und den anwesenden Geschwistern artig vorgestellt, bevor sich die beiden zum gemeinsamen Lernen in die Bibliothek des Hauses zurückzogen.

Die Lings wohnten auf einem für brasilianische Stadtverhältnisse recht mondänen Anwesen. Chufu schätzte das Haus auf zwölf bis fünfzehn Schlafzimmer, mit ebenso vielen Bädern und einem Haufen weiterer Räume. Ein weitflächiger Garten mit Rasenplätzen und Buschwerk umgab die Villa, schaffte mit einer ringsum hohen Mauer eine Idylle der Ruhe inmitten eines lebhaften Viertels.

Mei Ling zog den Schlüssel aus ihrer Tasche und die beiden schlüpften durch das Tor, pirschten sich Hand-in-Hand an das Wohnhaus heran. Die Eingangstüre öffneten sie beinahe lautlos, hielten unter der Tür den Atem an und lauschten nach drinnen, bevor sie auf Zehenspitzen die Treppe ins Obergeschoss hochstiegen. Der Schein der Außenbeleuchtung drang durch die Fenster und erhellte den Flur genügend weit, so dass sie auf ein Deckenlicht verzichten konnten.

Mei Ling zog Chufu in ihr Zimmer, schloss die Türe, lehnte sich mit ihrem Rücken dagegen. Chufu drängte sich an ihren warmen Körper. Sie küssten sich wiederum stürmisch.

Plötzlich spürte der Philippine tastende Hände an seiner Hose nesteln und die Knöpfe der Jeans öffneten sich unter geschickten Fingern. Bald glitt der dicke Stoff über seinen Hintern und fiel zu Boden. Während dessen hatte er mit zittrigen Fingern begonnen, ihre Bluse aufzuknöpfen. Das wurde umso mühsamer, je höher er mit seinen Händen kam, denn sie fanden kaum mehr Platz zwischen ihren dicht aneinander gepressten Oberkörpern.

Zielsicher ergriff die Chinesin sein Glied, das längst erregt war, schälte es aus dem knappen Slip, begann, seine Eichel mit ihren zu einem Ring geformten Zeigefinger und Daumen zu stimulieren.

Endlich war auch die verdammte Bluse offen. Den Büstenhalter schob Chufu mit seinen heißen Händen einfach nach oben und seine Finger suchten ihre kleinen Brüste, begannen sie sanft zu kneten. Immer noch hingen ihre Lippen aneinander und umschlangen sich ihre Zungen.

»Stopp, Mei«, flüsterte Chufu atemlos und löste sich ein wenig von der Chinesin, »ich komm gleich, wenn du so stürmisch weitermachst.«

Leise, aber zufrieden, kicherte die Chinesin, nahm ihre sanften Hände von seinem Glied und begann, sein Hemd aufzuknöpfen. Er ließ es widerstandslos geschehen, konzentrierte sich darauf, die wilde Lust in seinen Lenden zu beruhigen. Als sie das Hemd über seine Schultern und Arme schob, so dass es zu Boden fallen konnte, öffnete sie den Verschluss ihres Rocks und streifte ihn zusammen mit dem Slip vom Becken. Dann drückte sie Chufu in Richtung Bett, wobei der mit seinen immer noch durch die Jeanshose eng verbundenen Knöchel nur lächerliche Trippelschritte vollführen konnte.

Rücklings ließ er sich auf die kühle Tagesdecke fallen. Mei Ling zerrte ihm die Hose von den Knöcheln, warf sie achtlos hinter sich. Dann legte sie sich dicht neben ihn hin, halb über seinen Körper, drängte ihr warmes Fleisch an das seine. Ihre Augen waren ihm nahe und ihre Hände fuhren zitternd über seine Brust.

Chufu begann sie sanft zu streicheln. Ihre Haut war trocken und sehr weich. Unter seinen Händen entspannte sich Mei, drehte sich auf den Rücken und schloss ihre Augen. Der junge Philippine streichelte ihre kleinen Brüste. Die dunklen Warzen stellten sich auf, schienen nach mehr von seinen Liebkosungen zu verlangen. Er küsste erst ihren Hals, dann die Brüste. Rasch wanderten seine Lippen weiter hinunter zu ihrem süßen Bauchnabel, küssten ihn sanft. Mei Ling erzitterte, was Chufu als Aufforderung empfand, mit seinem Mund auch die tiefer liegenden Regionen ihres Körpers zu erforschen.

Ihre Scham war nicht rasiert oder gestutzt. Dichtes, seidiges Haar bot seiner Zunge einigen Widerstand. Er raspelte mit der Spitze über ihre Vulva und Mei stöhnte ein erstes Mal auf. Chufu rückte auf dem Bett weiter nach unten, legte sich zwischen ihre Schenkel, die sich ihm willig öffneten. Er versenkte seinen Kopf zwischen ihre Beine, fand mit seiner Zungenspitze ihre kleinen Schamlippen, sog sie in seine Mundhöhle ein, begann an ihnen sanft zu saugen.

Als Mei Ling ihr Becken im Rhythmus seiner Zärtlichkeiten zu bewegen begann, spürte der Philippine, wie sehr ihn die Lust der jungen Frau selbst erregte. Chufu verstärkte seine Reizung und leckte mit der ganzen Zunge über ihre Klitoris, deren Knospe sich riesig anfühlte, prall und voller Gier nach mehr.

Unerwartet rasch bäumte sich die junge Chinesin auf und ein kurzer, spitzer Schrei entrann ihrem Mund. Chufu ließ seine Zunge einen Moment lang ruhen, saugte ihre Schamlippen jedoch weiterhin sanft und rhythmisch ein, verlängerte ihren Höhepunkt um viele wertvolle Sekunden, während dessen sich die Bauchmuskeln von Mei immer wieder hart anspannten, sich lockerten, nur um in einer erneuten Traktion zu vibrieren. Sie begann voller Glücksgefühle zu keuchen.

Fast eine Minute hielt dieses Wechselspiel an, dann erschlaffte der Körper der Chinesin allmählich. Ihre Hände tasteten nach seinem Kopf, zogen ihn und seinen Körper zu sich hinauf und er legte sich sanft auf sie.

»Das war wunderschön«, flüsterte sie dem jungen Philippinen ins Ohr, kuschelte sich an seinen Körper, als wolle sie in ihn hineinkriechen. Ihre Haut war nun glitschig vor Schweiß und heiß. Sie duftete noch verlockender. Chufu spürte, wie sein Glied sich wieder stärker zu versteifen begann, in Erwartung einer baldigen Vereinigung mit Mei. Allein der Gedanke an ihren festen Körper, an das Gefühl, wie er in sie eindringen würde, wie sein Glied ihre Höhlung erforschte, ließ ihn erwartungsvoll erbeben.

Auch sie bemerkte seine aufflammende Lust, blickte ihn im Dämmerlicht der Außenbeleuchtung mit glücklichen Augen an und meinte: »Komm.«

Sie öffnete erneut ihre Schenkel ohne jede Scham und Chufu rutschte auf ihren Körper etwas tiefer. Seine Finger tasteten nach ihrem Geschlecht, fand die feuchten Lippen, öffneten sie sanft und er drang in sie ein. Kurz spürte er einen Widerstand, verstärkte den Druck noch etwas. Mei Ling gab einen schmerzhaft-erregten Kicks von sich, den Chufu nicht weiter beachtete, denn nun schloss sich ihre enge Vagina hart um sein Glied, schnürten es auf eine gar wunderbare Weise ein, während ihre Stimme in ein leises, wohliges Stöhnen überging.

Chufu begann Mei äußerst sanft zu Stoßen. Mit kleinen Bewegungen seines Beckens stimulierte er sie und sich gleichermaßen, ständig bedacht, ja nicht die Übersicht zu verlieren und zu früh zum Samenerguss zu gelangen.

So schob er immer wieder kleine Pausen ein, verharrte kurz, für zwei Sekunden, während denen sich das heftige Atmen von Mei stets auch ein wenig beruhigte. Doch die junge Chinesin war bereits wieder aufs höchste erregt, streckte ihm ihre Bauchdecke voller Lust entgegen, pendeltet mit ihrem Kopf wie in Trance hin und her, hielt ihre Augen dabei fest geschlossen.

Chufu konnte seine Erregung nicht mehr länger zurückhalten, wollte es auch nicht mehr. Er stieß Mei nun ein wenig härter, spürte, wie sie sogleich ein zweites Mal zum Höhepunkt kam und ergoss sich im selben Moment in sie hinein, heiß, feucht, befreiend. Beide keuchten wie zwei alte Menschen nach einem steilen Treppenaufstieg, heftig zwar, jedoch auch tief und regelmäßig. Ein zweiter und dritter Schwall ergoss sich in die junge Chinesin. Chufu fühlte sich in diesem Moment dem Paradies nahe. Nie hatte er eine ähnliche Befriedigung, ja Befreiung beim Sex empfunden. Sein Gehirn war leer, konnte in diesen Momenten keinen Gedanken fassen, spürte nur seine immer noch vorhandene Lust am köstlichen Fleisch der jungen Frau, eine ganz innige und zärtliche Verbundenheit zur Chinesin.

Er öffnete seine Augenlider, bemerkte erst jetzt, dass auch er sie während den letzten Sekunden genießerisch geschlossen gehalten hatte. Er sah in das runde, entspannte Gesicht von Mei. Sie blickte ihn voller Glück aus glänzenden Augen an. Ihre Lippen öffneten sich leicht und lockten ihn von neuem. Er verschloss sie mit seinem Mund.

Als sie sich voneinander lösten, fühlte Chufu, dass sein Schamhaar verklebt war und sich die sonst weiche Haut seines Penis verkrustet anfühlte.

»Hast du deine Periode?«, flüsterte er Mei Ling ins Ohr.

»Nein, die habe ich erst nächste Woche«, gab sie leise zurück.

Chufu war verwirrt. Hatte er sich beim Liebesakt etwa verletzt, so dass er blutete? Dann endlich dämmerte es ihm.

»War es für dich etwa das erste Mal?«, fragte er sie flüsternd, ungläubig, fast bestürzt.

Mei Ling schloss ihre Augen, biss sich auf die Unterlippen und nickte dann heftig.

»Doch es war so schööön. Danke Liebster.«

Seit dieser ersten Nacht waren zwei Wochen vergangen. Chufu und Mei verbrachten seither jede freie Minute miteinander. Auf dem Campus konnten sie sich ihrer Liebe frei hingeben, denn die ältere Schwester von Mei Ling deckte das Paar gegenüber ihren Eltern. Doch außerhalb der Universität wurde es schwieriger. Brasilien schien zwar ein Land der Verlockungen zu sein, gleichzeitig aber auch erzkonservativ und mehrheitlich katholisch. Sex vor der Ehe galt in besseren Kreisen immer noch als äußerst unschicklich und war allgemein verpönt. Die Eltern von Mei Ling wachten über die Jungfräulichkeit ihrer Töchter ähnlich streng wie die Gastfamilie von Chufu.

Nach ihren ersten Liebesstunden im elterlichen Haus von Mei war Chufu nach Hause geschlichen, um einer Entdeckung durch die chinesische Familie am nächsten Morgen zu entgehen. An ein intimes Beisammensein in seinem Zimmer bei den Ferreiras war ebenso wenig zu denken. Darum wurden die beiden Verliebten Stammgäste in einem kleinen Motel, das nicht allzu weit vom Campus der Universität entfernt lag. Fiszpan hieß es und beherbergte ein griechisches Restaurant im Erdgeschoss, dessen Ausdünstungen von Knoblauch und heißem Olivenöl oft das ganze Haus durchdrangen. Doch wenn sich Mei Ling auf dem Becken von Chufu hockend leise zum Takt der Musik aus dem alten Radiowecker wiegte, ihre eigene Lust ebenso genoss, wie die Lust von Chufu unter ihren sanften Bewegungen, dann wurde das Fiszpan für sie beide zum Paradies auf Erden.

*

Ihr Rechtsanwalt erzwang die Akteneinsicht in den Mordfall und erstritt ihr anschließend vor dem Bezirksrichter auch das Recht, das Protokoll zur Verhaftung des in den Mord verwickelten Drogendealers zu lesen. Eine private Detektei wurde anderntags von ihr beauftragt, sich mit dem Namen Timothy Allen auseinander zu setzen und sich auf die Suche nach neuen Hinweisen zur Ermordung ihres Bruders Hank Publobsky zu machen.

Nach zwei Wochen stand fest, dass dieser Timothy Allen nur wenige Wochen in New York gelebt hatte. Woher er kam, konnte allerdings nicht schlüssig ermittelt werden. Und wie dieser Timothy Allen drei Jahre zuvor in New York wegen Drogendelikten verhaftet werden konnte, obwohl er in dieser Stadt vor Oktober 2009 keinerlei Spuren hinterlassen hatte, blieb für die privaten Ermittler ein Rätsel.

Doch mit all diesen Informationen saß Lena Publobsky wenige Stunden später wiederum vor dem Pult von Detective Lieutenant Dasher. Dieser schüttelte nach ihrer Aussage und der Beschwerde über seine lahme Arbeit bloß den Kopf, nicht zustimmend, sondern mit einem verbissen wirkenden, fast ärgerlichen Ausdruck im Gesicht.

»Sie können Ihren Bruder nicht mehr lebendig machen, Miss Publobsky, egal, was Sie noch alles über diesen kleinen Drogendealer herausbekommen sollten. Besser, Sie finden sich endlich mit dem Tod Ihres Bruders ab. Er war ganz einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.«

Die junge Frau schüttelte ihren Kopf und sah Dasher zwingend an.

»Wir Publobskys stammen aus der Ukraine, aus Skadovsk am Schwarzen Meer. Meine Urgroßeltern entkamen dem Holocaust im Zweiten Weltkrieg nur knapp, konnten nach Marseille flüchten und wurden dort vor den Nazis verborgen. Doch bereits mein Vater wuchs als stolzer Franzose auf. Er ist dort immer noch Polizist, bei der Autobahnpolizei. Und er ist sehr stolz darauf, Tag für Tag seinen Beitrag für das Land seines Herzens zu leisten, das seine Familie vor dem Konzentrationslager beschützte. Ich kann meinem Vater nicht unter die Augen treten und ihm mitteilen, sein Sohn hätte bloß Pech gehabt. Jedenfalls so lange nicht, bis ich wirklich alles unternommen habe, um die Hintergründe dieser scheinbar so sinnlosen Tat aufzudecken. Das müssen Sie doch verstehen, Detective?«

Einen Moment lang schwieg sie, ließ ihre Worte auf Dasher wirken und legte sich gleichzeitig neue Argumente zurecht.

»Interessiert Sie denn gar nicht, woher dieser Timothy Allen aufgetaucht ist und wohin ihn das DEA nach seiner Verhaftung gebracht hat? Glauben Sie immer noch, dass es bei diesem Mord bloß um ein paar Amphetamine oder irgendwelche Informationen ging? Dass mein Bruder in irgendwelche Drogengeschäfte verwickelt war und darum sterben musste?«

Dasher zuckte mit den Schultern.

»Ihr Einsatz für Ihren Bruder kann ich nicht hoch genug werten und Sie haben meine volle Anteilnahme, Miss Publobsky. Doch die Akte zum Mordfall an Hank wurde nun mal ergebnislos geschlossen. Ob die Verhaftung dieses Timothy Allen in irgendeiner Weise mit dem Tod Ihres Bruders zusammenhängt, ist bloß Ihre Annahme. Ich habe keinerlei Hinweise oder Spuren gefunden, an die man hätte anknüpfen können. Und darum spielt es auch keine Rolle, was Sie über diesen Allen herausgefunden haben wollen. Finden Sie sich bitte damit ab, dass der Mord an Ihrem Bruder unaufgeklärt bleibt.«

Die Enttäuschung war der jungen Frau von den aparten Gesichtszügen abzulesen. Ihre schmale Nase war blass geworden, ihre Haut über den hohen Wangenknochen wirkte einen Moment lang eingefallen. Doch dann ging ein Ruck durch ihren Körper und ihr Rücken straffte sich merklich. Auch begannen ihre Augen wieder zu funkeln.

Nein, Detective Dasher machte sich nichts vor. Diese Frau würde wohl noch eine sehr lange Zeit nicht aufgeben, schien sich in ihre selbst gestellte Aufgabe regelrecht verbissen zu haben.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren stand sie auf und ging mit ruhigen Schritten zum Ausgang, drehte sich nicht mehr zu ihm um. Dasher starrte auf ihren schmalen Rücken mit den unter der Bluse leicht abzeichnenden Schulterblättern. Die junge Frau kam ihm so stark, zielstrebig, ja unbeirrbar wie eine echte Amazone vor. Gleichzeitig erkannte er aber auch ihre Verletzlichkeit, ja Zerbrechlichkeit. Sie würde bestimmt im selben Moment zusammenklappen, in dem sie sich selbst eingestand, dass jede weitere Untersuchung sinnlose Zeitverschwendung war.

Dasher erschauerte innerlich. Dann schüttelte er seinen aufflackernden Beschützerinstinkt mit einem unwilligen Ruck seiner Schultern ab. Für Gefühlsduseleien war er schon viel zu lange Polizist.

*

Henry war nach London zurückgekehrt und hatte die Harddisks aus dem Server des Juárez-Kartells einem guten Freund übergeben. Dieser würde sie für ihn dechiffrieren und auswerten. James Hancock, seit der Studentenzeit von seinen guten Bekannten nur Jimmy Access genannt, war seit vielen Jahren Professor für Informatiksicherheit und Kryptografie an der Universität von Cambridge, übernahm jedoch gerne auch anspruchsvolle Aufgaben aus der Privatwirtschaft, galt zudem als ausgesprochen verschwiegen. Henry wartete mit zunehmender Spannung auf Resultate seiner Arbeit. Doch die Speichermedien leisteten hartnäckig Widerstand. Die Verschlüsselung war umfassend und auf dem neuesten Stand der Technik, wie Jimmy Access bald einmal herausfand. Er musste seinen Klienten deshalb jede Woche um noch ein paar Tage mehr Zeit bitten.

Die Wartefrist nutzte Huxley zur lockeren Kontaktpflege mit seinen Bekannten aus der Finanzbranche. Ihn interessierte dabei vor allem, was sie ihm über die Wachovia Bank in den USA erzählen konnten. Cyrill Fletcher, eine quirlige, sehr schlanke Frau Mitte dreißig, gab ihm den entscheidenden Hinweis, wie sich bald herausstellen sollte.

»Du solltest dich mit Martin Woods in Verbindung setzen.«

»Martin Woods?«

»Ja, er trat 2005 bei der Wachovia ein, als Senior-Manager gegen mögliche Geldwäscherei-Delikte. Doch nach knapp zwei Jahren hat man ihn rausgeschmissen und er arbeitete danach für Scotland Yard. Man erzählt sich hinter vorgehaltener Hand, dass das oberste Management der Wachovia kein Interesse an den vielen Hinweisen und Beanstandungen von Woods gezeigt habe. Sie scheinen dort die Stabsstellen gegen Geldwäscherei nur geschaffen zu haben, weil sie von der Bankenaufsicht dazu gedrängt wurden. Woods sollte ihnen wohl als Feigenblatt dienen.«

»Und wie kann ich Kontakt zu ihm aufnehmen? Lebt er in England oder den USA?«

»Soweit ich weiß, lebt er immer noch hier in London. Aber lass mich mal ein wenig herumtelefonieren.«

Die beiden saßen in der obersten Etage von Harvey Nichols, genauer gesagt in der Café und Espresso Bar. Sie hatten sich zum Lunch Club-Sandwichs bestellt. Ein 2007er Chardonnay vom Newton Wineyard im Nappa Valley, den Henry zuvor im Weinshop erstanden hatte, adelte die eher schlichte Mahlzeit.

Die Nase des kalifornischen Weißweines duftete verführerisch nach Ananas und Mangos, reifen Pfirsichen und Papaya. Ein einzigartiges Fruchtbouquet, das die Sinne berührte. Dem cremigen Auftakt im Mund folgte ein honigartiger Fluss, der eine enorme Fülle zeigte und von Marillen und Pfirsichen begleitet wurde. Es war ein Wechselspiel von Frische und Fülle, mit edler Vanillenote im Hintergrund und einer überwältigend, fruchtigen Ananas im langanhaltenden Finale.

»Ein Wein, für den man töten könnte«, war der neckische Kommentar von Cyrill nach ihrem ersten, genießerischen Schluck gewesen.

Henry blickte sich im Restaurant um, während seine Bekannte verschiedene Nummern nacheinander anrief und nach Woods ausfragte. Ein Pärchen fiel Henry ganz besonders ins Auge. Die beiden blickten angestrengt und lange in die Menükarte des Cafés und gaben anschließend eine äußerst kurze Bestellung beim Kellner auf. Der brachte ihnen wenig später zwei Mineralwasser. Was Huxley jedoch wirklich misstrauische machte, war ihr gegenseitiger Umgang. Sie wechselten kaum ein Wort miteinander, blickten die meiste Zeit aneinander vorbei. Waren das vielleicht zwei Polizeibeamte in Zivil? Gar Agenten von Scotland Yard oder vom MI6?

Der Mann war Anfang dreißig und wirkte auf ihn wie ein gewöhnlicher Börsenmakler, wie sie zu tausenden in der City unterwegs waren. Dunkles, nicht allzu teures Tuch, eine dezente Krawatte mit Streifen, schwarze Lackschuhe und ein durchschnittlich langweiliges Gesicht.

Die Frau war wesentlich jünger und sah in den Augen von Henry höchst erfreulich aus, auch wenn ihr Gesicht etwas gewöhnlich wirkte. Ein Landei in der großen Stadt, gehüllt in ein Kleid, das einem Luxusstück von Dolce & Cabana nachempfunden war, eine Billigimitation, welche die Frau wohl am Petticoat Lane Market aufgestöbert hatte. An einem ihrer hochhackigen, recht neu wirkenden Pumps war der Gummiabsatz ein wenig verschoben, Indiz für Ramsch-Ware aus Fernost.

Henry war beruhigt. Es mochte sich um ein verbotenes Liebespaar handeln, das in seinen letzten, gemeinsamen Tagen lag und sich darum nichts mehr zu sagen hatte.

Cyrill Fletcher beendete eben ihr viertes Gespräch und nickte Henry aufmunternd zu.

»Also. Martin Woods wohnt immer noch in einem Apartment in der City. Ich schick dir seine private Telefonnummer.«

Sie drückte ein paar Knöpfe und in Henrys Sakkotasche piepste es zweimal leise.

»Danke Cyrill, du bist die Beste.«

»Und warum willst du mehr über die Wachovia erfahren? Da ist doch etwas im Busch? Woran arbeitest du derzeit, Henry?«

Der Brite schmunzelte.

»Darüber darf ich dir leider nichts erzählen, Cyrill. Sonst müsste ich dich anschließend töten.«

Sein scherzhafter Tonfall nahm den Worten ihre Brutalität, zog sie im Grunde ins Lächerliche. Doch die Frau schmunzelte keineswegs, sondern blickte ihrem guten Bekannten mit forschenden Augen ins Gesicht.

»Ich kann mir nicht helfen, Henry, aber ich glaub dir das sogar.«

*

Toni musste in Las Vegas volle drei Wochen ausharren, bis ihm die Detektei endlich ihren nächsten Bericht über Caspar Jakes schickte, dem General Manager von Hecksmith & Born.

»Monday, February 22 2010: CJ flog mit AA527 nach Los Angeles, traf um 12:30 PM ein und fuhr mit dem Taxi direkt zur Gage Avenue Nummer 2100, besuchte dort Tracy Egloff, eine Prostituiert, die unter dem Künstlernamen Jamie S. ihre Kunden empfängt. Eine Stunde später kehrte er auf den Flughafen zurück und flog mit AA741 nach Vegas zurück, fuhr in sein Büro, wo er bis 8:00 PM blieb und dann direkt nach Hause fuhr. Keine Aktivitäten in der Nacht.«

»Tuesday, February 23 2010: CJ arbeitet von 9:00 AM bis 5:00 PM im Büro. Lunch zwischen 1:00 PM und 3:00 PM mit einem Ernesto Herero, einem hiesigen Anlageberater. Redeten über Startup Unternehmen, in die sich Investitionen lohnen könnten. Keine Aktivitäten in der Nacht.«

»Wednesday, February 24 2010: CJ arbeitet von 8:00 AM bis 3:00 PM im Büro ohne Pause. Kehrte nach Hause zurück, wo eine Party zum Geburtstag seines vierjährigen Sohnes stattfand. Keine Aktivitäten in der Nacht.«

»Thursday, February 25 2010: CJ flog mit UA 567 nach San Francisco, traf um 9:30 AM ein und nahm sich bei Hertz einen Mietwagen. CJ fuhr nach Downtown in die California Street Nummer 50. Unser Agent vor Ort hat ihn in diesem Bürogebäude verloren. CJ kehrte nach rund fünf Stunden zu seinem Wagen zurück, fuhr direkt zum Flughafen und gelangte mit US Airlines 2973 um 7:00 PM nach Vegas zurück. Direkte Fahrt nach Hause. Um 8:30 PM fuhren er und seine Frau zum Abendessen ins Aureole, besuchten später die Late Show im Caesers Palace, kehrten gegen Mitternacht in ihr Haus zurück.«

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