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Waldröschen IX. Erkämpftes Glück. Teil 2

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15. Kapitel

Unterdessen waren Kurt, Geierschnabel und Peters, nachdem sie sich von dem Alkalden getrennt hatten, in ihr Hotel zurückgekehrt. Der erstere und der letztere legten sich schlafen, Geierschnabel aber, der am Tag genug gelegen hatte, verschmähte es, zur Ruhe zu gehen. Er konnte sich einer gewissen Befürchtung nicht enthalten. Waren die Gefangenen sicher untergebracht? Reichte die Beaufsichtigung zu, unter der sie im Gefängnis standen? Ja, wenn man da draußen in der Prärie, im Urwald einen Gefangenen macht, den bewacht man selbst, und da weiß man ganz genau, was man oder er zu erwarten und zu hoffen hat. Hier aber muß man seine Gefangenen der Behörde übergeben, und diese Frau Behörde ist in Mexiko eine gar eigentümliche und sehr wenig zuverlässige Persönlichkeit. Besonders war sie dies zur damaligen Zeit Darum trieb es unseren Geierschnabel fort, ein wenig lauschen zu gehen, ob in der Nähe des Gefängnisses alles in Ordnung sei.

Er steckte seinen Revolver und sein Messer zu sich und schlich sich, damit kein Schläfer gestört werde, leise davon. Er kannte die Gegend, in welcher das Gefängnis lag, sehr genau; er war heute ja bereits dort gewesen. Er hatte es beinahe erreicht, als er durch ein Gäßchen ging, das von zwei Mauern begrenzt oder gebildet wurde. Diese Mauern waren dunkel und nicht sehr hoch. Die eine davon bildete eine Einbiegung, einen schmalen Winkel, der noch dunkler dalag, als das an und für sich bereits finstere Gäßchen. Indem er nun so leise dahinschritt, wie es Art der Savannenleute ist, die auch, wenn sie sich in Städten befinden, ihren vorsichtigen, unhörbaren Schritt beizubehalten pflegen, war es ihm, als ob er in diesem Winkel eine Bewegung höre.

Das fiel ihm auf. Ein Liebespärchen zu so später Nachtstunde? Das war sehr unwahrscheinlich. Was gab es hier? Er mußte es wissen, es ließ ihm keine Ruhe.

Er trat näher. Sein scharfes, an die Dunkelheit gewöhntes Auge erkannte eine an der Erde liegende Masse, die sich mühsam hin und her zu bewegen versuchte. Er bückte sich nieder, die Hand am Griff des Messers. Ah! Diese Hand glitt bald vom Messer weg, denn der Mann, der hier lag, war halb nackt, gebunden und geknebelt, und neben ihm lag ein Kleiderbündel.

Der alte Trapper war ein vorsichtiger Mann. Er nahm ihm also einstweilen nur den Knebel, ließ ihm aber die Fesseln noch. Er wollte erst wissen, wen er vor sich habe.

»He, guter Freund, wer sind Sie denn eigentlich?« fragte er. – »Mon dieu!« stöhnte der Gefragte. »Welch ein Glück, daß ich wieder atmen kann!« – »Was geht mich Ihr Atem an? Wer Sie sind, will ich wissen?« – »Ah, ich bin ein französischer Offizier. Kapitän Durand ist mein Name.« – »Das glaube wer da will!« – »Ich sage die Wahrheit.« – »Läßt sich ein französischer Soldat, Offizier und Kapitän so leicht überfallen und binden?« – »Ich erhielt ganz unerwartet einen Hieb an den Kopf, der mir die Besinnung raubte.« – »Ja, so ist es, wenn man die Besinnung nur im Kopf und nicht in den Fäusten hat. Sogar ausgezogen hat man Sie. Zu welchem Zweck?« – »Ich weiß es nicht. Bitte befreien Sie mich doch von den Fesseln!« – »Nur langsam, langsam, mein Junge! Es kommt schon noch die Zeit, da auch die Fesseln abgenommen werden, und wenn es auch schon in sechs oder acht Wochen sein sollte. Zunächst muß ich wissen, woran ich bin. Hier liegen Kleider.« – »Es sind die meinigen.« – »Ah! Warum geht ein französischer Kapitän nicht in Uniform?« – »Ich bin ja in Uniform gegangen!« – »Oho! Hatten Sie einen Degen?« – »Ja.« – »Epauletten?« – »Ja.« – »Rock und Hose mit Passepoils?« – »Ja.« – »Ein Käppi oder einen Tschako?« – »Ja.« – »Und hier liegen lange, grobe Stiefel, eine Leinwandhose, eine alte Jacke, ein baumwollenes Halstuch, ein alter Ledergürtel und ein Hut, den man in der Dunkelheit für einen Waschbär oder einen schwarzen Kater halten könnte.« – »Tausend Donner! So sind es nicht meine Kleider.« – »Nicht? Ah! Wem gehören sie denn?« – »Dem, der mich überfallen hat. Er trug so einen dunklen Hut mit breiter Krempe.« – »Schön! Er hat sich also hier ausgezogen und Ihre Uniform angelegt?« – »Wie es scheint!« – »Das glaube der Kuckuck! Diese alte Ecke, in der Hunde und Katzen ihre Andenken zurückgelassen haben – ich sage, diese alte Ecke scheint mir ganz und gar nicht die Eigenschaften eines An-, Aus- und Umkleideboudoirs zu besitzen.« – »Ich wiederhole, daß ich die Wahrheit sage.« – »Nun, so erzählen Sie mir einmal, wie das mit dem Überfall zugegangen ist« – »Ich kam aus einer Tertullia; da begegnete mir ein Mensch, der mich anredete.« – »Was sagte er?« – »Er fragte mich, ob ich Kapitän so und so sei; den Namen habe ich vergessen.« – »Der Ihrige war es nicht?« – »Nein. Ich sagte ihm, daß ich keinen Kapitän dieses Namens kenne, und er antwortete: ›Ich auch nicht!‹ Dabei war er ganz nahe getreten und versetzte mir einen Schlag an den Kopf, daß ich sofort niederstürzte und die Besinnung verlor.« – »Donnerwetter! Ganz so sind unsere Jagdhiebe beschaffen. So schlagen nur wir Präriejäger zu. Und die Fetzen, die hier liegen, sehen kann man sie nicht genau, aber sie fühlen sich gerade an wie Präriezeug, so dick und hart, so schön prasselig vor Dreck und Schmutz. Sollte dieser Kerl etwa ein Savannenmann gewesen sein?« – »Ich kann es nicht sagen. Helfen Sie mir nur von den Fesseln los.«

Geierschnabel kam ein Gedanke.

»Donnerwetter!« sagte er. »Das wäre ja eine ganz verfluchte Geschichte.« – »Was?« – »Wo ist der Überfall geschehen? Etwa in der Nähe des Gefängnisses?« – »Ja, gar nicht weit davon.« – »Da hat man es! Und wer da draußen Wache gestanden hat, den haben wir nicht gefangen. Wer aber ist am besten geeignet, Wache zu halten? Ein Präriemann!« – »Ich verstehe ja gar nicht, was Sie sprechen und meinen!« klagte der noch Gebundene. – »Das ist auch ganz und gar nicht notwendig. Wenn nur ich verstehe, was mich ärgert. Ich habe da einen Gedanken, der mich verrückt machen könnte. Bleiben Sie einmal hübsch still liegen. Ich komme gleich wieder.«

Bei diesen Worten eilte der Jäger davon. Der andere rief ihm nach:

»Aber so lassen Sie mich doch um Gottes willen nicht so hilflos liegen.«

Aber Geierschnabel hörte gar nicht darauf. Er schritt so rasch davon, als ob es gelte, einen Wettlauf zu machen. Beim Gefängnis angekommen, schellte er. Der Posten fragte:

»Wer ist draußen?« – »Geierschnabel!« – »Kenne ich nicht.« – »Ist auch nicht notwendig. Machen Sie nur auf.« – »Darf ich nicht.« – »Warum nicht?« – »Des Nachts haben nur Beamte Zutritt.« – »Bin doch vorhin auch mit dagewesen, als wir die beiden Gefangenen brachten.« – »Ah, da war der Alkalde dabei.« – »Also ich darf nicht hinein?« – »Nein, auf keinen Fall.« – »Da schlage doch gleich der leibhaftige Teufel drein! Und dabei darf und kann man nicht einmal durch die Mauer spucken, sonst würde ich mir einmal eine Güte tun! Sind die beiden Gefangenen noch da?« – »Nein.« – »Kreuzelement! Da hat man das Malheur. Wo stecken sie denn?« – »Beim Gouverneur.« – »Was wollen sie dort?« – »Weiß nicht. Ein Offizier, ein französischer Kapitän hat sie geholt.« – »Den haben Sie aber wohl hineingelassen?« – »Natürlich!« – »Ja, Spitzbuben läßt man hinein in diese Bude, ehrliche Leute aber nicht. Kerl, der Offizier war ja gar kein Offizier, sondern ein Schwindler und Betrüger. Sie sind so dumm, daß es einem erbarmt. Ihre Dummheit kann mit Scheffeln gemessen und nach Meilen berechnet werden. Wenn Ihr Kaiser lauter solche Esel hat, so verdenke ich es ihm freilich nicht, daß er euch da hinüberschickt, denn er weiß sonst gar nicht, wohin mit diesem Viehzeug!« – »Halt!« rief da der Posten, indem er den Schlüssel ansteckte. »Halt, jetzt können Sie eintreten. Kommen Sie herein, mein lieber Freund!« – »Danke sehr! Weil ich räsonniert habe, darf ich hinein, nicht wahr? Aber natürlich, um arretiert zu werden? Nein, so dumm sind wir nicht wie ihr, ich danke für das Privatvergnügen! Laß dich für mich einsperren, wenn ihr noch leere Plätze habt. Ich empfehle mich, mein lieber Sohn!«

Als der Posten das Tor erreichte und ihn fassen wollte, war Geierschnabel bereits an der Ecke und kehrte zu dem malträtierten Offizier zurück.

»Kommen Sie endlich wieder?« wehklagte dieser schon von weitem. »Ich dachte, daß Sie mich ganz und gar verlassen hätten.« – »Unsinn. Ich wollte nur sehen, ob Sie mich belogen haben oder nicht.« – »Nun, was haben Sie erfahren?« – »Sie sind Offizier. Sie haben mir die Wahrheit gesagt.« – »Nun, so befreien Sie mich endlich einmal von den Fesseln.« – »Möchte gern, aber es geht ja nicht.« – »Mein Gott! Warum nicht?« – »Weil wir sonst den Kerl, der Sie überfallen hat, nicht fangen.« – »Aber, Monsieur, wir könnten, wenn Sie wissen, wo er ist, ihn ja viel leichter ergreifen, wenn ich nicht gefesselt bin.« – »Nein, Master, ich weiß nicht, wo er ist, aber er wird ganz sicher wiederkommen.« – »Wirklich? So müssen Sie mich erst recht losmachen.« – »Nein, sondern ich muß Sie erst recht gebunden lassen. Ja, ich muß Ihnen sogar den Knebel wieder anlegen, damit er nicht weiß, daß jemand dagewesen ist. Er muß denken, Sie liegen noch gerade so wie erst; als er Sie herlegte.« – »Das begreife ich nicht.« – »Aber ich! Und das ist mir die Hauptsache. Ich kenne diese Jäger. Ich weiß ganz genau, wie sie sich zu verhalten pflegen.« – »Aber wenn er mich nun noch weiter malträtiert?« – »Das fällt ihm gar nicht ein. Er hat gegen Sie nicht das geringste. Er hat Sie nur deshalb niedergeschlagen, weil er Ihre Uniform gebraucht hat. Sobald er dieser nicht mehr bedarf, bringt er sie wieder.« – »So holen Sie doch lieber Hilfe herbei. Sie können ihn dann ganz leicht abfassen.« – »Ist nicht notwendig. Ich weiß ja noch gar nicht einmal, was ich mit ihm anzufangen habe. Vielleicht werden wir noch die besten Freunde miteinander.« – »Sie und dieser Garotteur? Nein, nein, er muß auf alle Fälle bestraft werden.« – »Das wollen wir uns erst überlegen. Alle Teufel! Horch! Da kommen zwei Leute!«

Geierschnabel lauschte gespannt in das Gäßchen hinein.

 

»Nein«, sagte er, »es sind nicht zwei, sondern drei. Zwei treten gewöhnlich auf, der dritte aber hat den leisen Savannenschritt. Sie sind es. Schnell das Tuch wieder um den Mund! Stellen Sie sich nur so, als ob Sie noch immer besinnungslos seien, und reden Sie kein Wort, sonst könnte es Ihnen doch noch schlimm ergehen.«

Ehe er es sich versah, hatte der Offizier den Knebel wieder an dem Mund, und der Jäger war mit einem raschen Satz über die Mauer.

Dort drückte er sich so an dieselbe, daß er auf keinen Fall gesehen werden konnte, aber jedes Wort hören mußte.

Die Schritte nahten und verstummten in der Nähe. Ein Flüstern war zu hören, und dann löste sich eine Gestalt von den dreien, trat näher und bückte sich zu dem Offizier herab.

»Donnerwetter, muß mein Hieb dieses Mal ein kräftiger gewesen sein«, sagte der Mann halblaut, so daß die beiden anderen ihn hören konnten. – »Warum?« fragte einer. – »Der Kerl ist noch immer besinnungslos.« – »So haben Sie ihn vielleicht gar erschlagen?« – »Nein, Leben hat er noch. Ich werde jetzt seine Uniform ausziehen und wieder hinlegen.« – »Und die Fesseln? Die lassen Sie ihm?« – »Nein, ich nehme sie ihm ab. Wenn er erwacht, soll er sich frei entfernen können. Wollen Sie warten?« – »Nein; wir gehen.« – »Nach dem Hotel?« – »Noch nicht. Wir haben erst noch einen kleinen Weg. Aber in einer halben Stunde sind wir dort und werden auch Sie einlassen.« – »Gut, so werde ich sehen, wie ich meine Zeit bis dahin verbringe.«

Die zwei entfernten sich. Natürlich war es niemand anderes als Cortejo und Landola. Als sie eine Strecke zurückgelegt hatten, meinte der erstere zu dem letzteren:

»Warum belogen Sie ihn?« – »Belogen? Wieso?« – »Indem Sie sagten, daß wir noch eine kleine Besorgung haben.« – »Ach so! Erraten Sie das nicht?« – »Nein.« – »Nun, damit wir ihn loswerden. Er kann uns von jetzt an nur schaden. Wer mir nichts nützt, der schadet mir, und Nutzen hat er uns genug gebracht. Wir wissen von ihm, wohin wir uns zu wenden haben. Am liebsten möchte ich ihm eine Kugel durch den Kopf jagen.« – »Donnerwetter, er hat uns aus der Gefangenschaft befreit.« – »Ja, das ist auch der Grund, daß ich ihn nicht erschieße.« – »Und außerdem ist es Ihr Bruder.« – »Das geht mich ganz und gar nichts an. Ein jeder ist sich selbst der nächste. Er hat da draußen auf dem Gottesacker die Wächter belauscht, wer weiß, was er da gehört hat. Wie nun, wenn er erfahren hat, daß ich Landola, sein Bruder, bin?« – »Das wäre allerdings schlimm, aber ich bin überzeugt, daß er es nicht weiß. Er sucht seinen Bruder, um sich an ihm zu rächen. Wüßte er, daß Sie der Gesuchte sind, so hätte er uns nicht aus der Gefangenschaft befreit.« – »Was Sie da sagen, klingt sehr klug und weise, ist es aber leider nicht. Wir waren dem Strafgericht verfallen, mein Stiefbruder wäre also zu gar keiner Rache gekommen. Ein Präriejäger aber, der sich rächen will, der rächt sich persönlich, der überläßt diese Rache keinem anderen. Ich halte es für sehr leicht möglich, daß er uns durchschaut hat, ohne es uns merken zu lassen. Und ebenso wahrscheinlich ist es, daß er uns befreit hat, nur daß wir nun desto sicherer ihm allein verfallen sind.« – »Alle Teufel, wenn dies wahr wäre!« – »Ich sage Ihnen, das dies sehr leicht möglich ist.« – »So müssen wir uns allerdings von ihm trennen. Aber wie?« – »Er sieht uns ja nicht wieder.« – »Er kommt doch ins Hotel.« – »Da sind wir bereits fort.« – »Ah! Sie meinen, daß wir ein anderes Hotel beziehen?« – »Fällt mir nicht ein! Wir verlassen augenblicklich die Stadt.« – »Das geht nicht! Wir sind ja mit unserer Aufgabe noch gar nicht zu Ende.« – »Sie ist gescheitert und gar nicht mehr zu lösen. Übrigens kann uns der Überfall des Offiziers viel Schaden machen, und außerdem haben wir als entflohene Gefangene hier keinen sicheren Aufenthalt.« – »Das ist wahr. Also fort.« – »Und zwar sogleich. Aber mein Bruder darf es nicht ahnen. Wir kehren nach dem Hotel zurück, schleichen uns hinein und stehlen uns nur mit dem Notwendigsten fort. Sieht er, daß unsere Pferde und Effekten noch da sind, so wird er glauben, wir kehren zurück, und tagelang warten.« – »Dann wird er doch nach Santa Jaga kommen und uns finden.« – »Nein, denn wir werden dort bereits zu Ende sein.« – »Wie aber kommen wir hin? Laufen können wir doch nicht.« – »Nein; wir reiten.« – »Woher Pferde nehmen, wenn wir die unsrigen zurücklassen?« – »Kaufen. Jeder Pferdehändler hilft uns aus, sogar in der Nacht.« – »Wissen Sie einen?« – »Ich sah heute das Schild eines solchen gar nicht weit von unserem Hotel. An ihn könnten wir uns wenden.« – »Beeilen wir uns also, damit wir bereits fort sind, wenn Ihr Bruder zurückkehrt.«

Als Cortejo und Landola ihren Gasthof erreichten, stiegen sie über die Hofmauer und gelangten unbemerkt auf ihr Zimmer. Dort nahmen sie, wie besprochen worden war, nur das Allernötigste mit und kehrten auf demselben Weg nach der Straße zurück.

Nach einigem Klopfen gelang es ihnen, den Pferdehändler aus dem Schlaf zu wecken. Sie sagten, daß sie auf Mietpferden aus Querétaro kämen, und da sie augenblicklich nach Puebla müßten, so seien sie gezwungen, sich noch während dieser Nacht und in aller Eile Pferde zu kaufen.

Der Mann führte sie in den Stall und zeigte die Pferde. Sie wurden schnell handelseinig und nahmen für jedes Tier noch einen Sattel, da sie, um Grandeprise zu täuschen, die ihrigen im Hotel zurückgelassen hatten.

16. Kapitel

Unterdessen war der Jäger zu dem scheinbar noch ohnmächtigen Offizier getreten, hatte die Uniform ausgezogen und den Degen abgelegt, um an Stelle dieser Sachen seine eigenen Kleidungsstücke wieder anzuziehen, dann entfernte er sich, nachdem er dem regungslos Daliegenden noch den Knebel und die Fesseln abgenommen hatte.

Jetzt war Geierschnabels Zeit gekommen. Er schwang sich wieder über die Mauer herüber und schritt, ohne sich um den Offizier, um den er ja nun unbesorgt zu sein brauchte, zu bekümmern, dem sich Entfernenden nach. Dabei hatte er die Klugheit, seine Stiefel auszuziehen, so daß es nun ganz unmöglich war, daß seine Schritte gehört werden konnten.

Er folgte seinem Vordermann langsam durch mehrere Straßen, bis dieser sein Hotel erreichte. Dort blieb Grandeprise eine ganze Weile stehen und stieg, als ihm das Warten zu lange dauerte, über den Zaun, um durch den Hof nach seinem Gelaß zu gelangen.

Geierschnabel schritt sinnend eine kleine Strecke weiter. Es war jetzt die Nacht sehr vorgeschritten, und über den Anhöhen des Ostens begann sich ein falbes Licht auszubreiten.

Da wurde in kurzer Entfernung ein Tor geöffnet, aus dem zwei Reiter hervorkamen. Am Tor stand ein Mann.

»Adios, Señores«, grüßte er. »Glückliche Reise!« – »Adios«, antwortete einer von den zweien. »Der Handel, den Sie gemacht haben, ist nicht schlecht zu nennen.«

Sie ritten davon, und der Mann verschwand hinter dem Tor. Geierschnabel blickte den Reitern nach, oder vielmehr, er horchte ihnen nach, denn von ihren Gestalten waren nicht einmal die Umrisse deutlich zu erkennen gewesen.

»Bei Gott«, murmelte er, »die Stimme des Reiters war ganz genau diejenige, die dort bei dem gefesselten Offizier mit dem famosen Jäger gesprochen hat. Aber das muß eine Täuschung sein, da diese Reiter eine Reise antreten, während Cortejo und Landola nach ihrem Hotel zurückgekehrt sind.«

Er schritt sinnend eine kleine Strecke weiter und blieb endlich wieder überlegend stehen.

»Der Teufel traue sich und noch weniger anderen«, brummte er. »In dieser schlechten Welt, in der es keinen guten Menschen gibt, wird der beste Mensch von den anderen betrogen. Diese beiden Spitzbuben sind so fein und schlau, daß selbst ein Geierschnabel sich gratulieren kann, wenn es ihm gelingt, sie ein einziges Mal zu überlisten. Das sicherste ist doch das beste. Ich werde mich erkundigen, obgleich in diesem Wigwam, was sie hier Hotel oder Gasthaus nennen, noch keine Menschenseele wach sein wird.«

Er kehrte nach dem Hotel zurück. Seit der Anwesenheit der Franzosen hatten alle dieser Häuser, wo früher an den alten Gebräuchen festgehalten wurde, sich den europäischen Sitten anbequemt. Es waren da Kellner, Kellnerinnen und Hausknechte zu finden. Ein Geist von der letzten Sorte erschien, als Geierschnabel die Glocke zum dritten Male in Bewegung gesetzt hatte. Er machte ein höchst schläfriges und verdrießliches Gesicht und fragte:

»Wer klingelt denn mitten in der Nacht?« – »Ich«, antwortete Geierschnabel gelassen. – »Das merke ich. Aber was sind Sie denn?« – »Ein Fremder.« – »Auch das merke ich. Und was wollen Sie?« – »Mit Ihnen sprechen.« – »Sogar das bemerke ich. Aber ich habe keine Zeit. Gute Nacht.«

Der Hausknecht wollte die Tür schließen, aber Geierschnabel war vorsichtig und rasch genug, ihn daran zu hindern. Er ergriff ihn beim Arm und fragte, obgleich der Hausknecht viel älter schien als er selbst:

»Mein lieber Sohn, warte noch einen Augenblick. Weißt du, was ein Frank ist?«

Der Mann war über diese Frage ganz verblüfft.

»Ja«, antwortete er. »Ein französisches Geldstück, das den fünften Teil eines Duro oder Dollars wert ist.« – »Schön, mein Sohn. Und weiß du auch, was ein Duro oder Dollar ist?« – »Fünfmal so viel als ein Frank.« – »Sieh, du weißt das ganz genau. So einen Duro und noch fünf Franken, also zwei Dollar oder zehn Franken gebe ich dir, wenn du deinen lieblichen Mund öffnen willst, um mir einige kleine Fragen zu beantworten.«

Das war dem Mann noch selten vorgekommen. Er starrte den splendiden Fremden an und fragte:

»Ist das wahr, Señor?« – »Ja. Und außerdem will ich dich Sie nennen, während ich Sie bisher du genannt habe.« – »So geben Sie zuerst einmal das Geld.« – »Nein, nein, mein Sohn. Erst mußt du mir sagen, ob Sie mir antworten wollen, dann werden Sie sehen, ob du das Geld sogleich und ehrlich ausgezahlt bekommst.« – »Gut. Ich werde antworten.« – »Das freut mich. Hier haben Sie zehn Franken.«

Geierschnabel griff in die Tasche, zog einen Lederbeutel und drückte dem Hausknecht ein Geldstück von dem angegebenen Wert in die Hand.

»Señor«, meinte da dieser, »ich danke Ihnen. Unsereiner braucht seinen Schlaf sehr notwendig, aber für so ein Trinkgeld stehe ich zu jeder Zeit auf. Fragen Sie.« – »Es ist nicht viel, was ich zu fragen habe. Logieren heute viele Fremde hier?« – »Nicht sehr viele. Zehn oder elf.« – »Sind dabei drei, die zusammengehören?« – »Nein, wenigstens glaube ich es nicht. Alle wohnen einzeln, außer zweien, die zusammen ein Zimmer genommen haben.« – »Kennen Sie die Namen dieser Señores?« – »Der eine ist Don Antonio Veridante und der andere dessen Sekretär.« – »Ein dritter ist nicht dabei?« – »Ein dritter kam mit ihnen, wohnt aber nicht bei ihnen.« – »Wie heißt er?« – »Ich weiß es nicht« – »Was ist er?« – »Auch das weiß ich nicht. Er geht sehr einfach gekleidet, fast wie ein armer Vaquero oder Jäger.« – »Sind diese drei Personen am Abend ausgegangen?« – »Sie sind seit Einbruch der Nacht fort.« – »Aber sie sind wiedergekommen?« – »Ich habe nichts bemerkt.« – »Ich habe einige vertrauliche Worte mit diesem Jäger oder Vaquero zu sprechen. Wird dies möglich sein?« – »Werden Sie es verantworten, wenn ich ihn wecke, falls er überhaupt daheim ist?« – »Er ist daheim. Und verantworten werde ich es. Gibt es einen Raum, in dem wir sein können, ohne belauscht zu werden?« – »Er schläft nur in einer Hängematte und kann Sie also bei sich empfangen, wann er will. Soll ich ihm einen Namen nennen?« – »Ja. Sagen Sie ihm, Don Velasquo d‘Alcantara y Perfido de Rianza y Hallendi de Salvado y Caranna de Vesta-Vista-Vusta wünscht ihn zu sprechen.«

Geierschnabel sagte diesen Namen in einem so adelsstolzen Ton, daß der dienstbare Geist gar nicht daran zweifelte, daß der Sprecher berechtigt sei, ihn zu tragen. Nur fiel es dem Hausknecht gar nicht leicht, diese Worte mit einem Male zu behalten. Er bat daher:

»Wollen Sie mir den Namen nicht noch einmal nennen, Don Velasquo? Wir sind auf so vornehme Señores noch nicht eingerichtet.« – »Noch nicht eingerichtet? Mit dem Gedächtnis? Gut. Wenn ich hier verkehre, wird diese Schwäche weichen. Ich bin Don Velasquo d‘Alcantara y Perfido de Rianza y Hallendi de Salvado y Caranna de Vesta-Vista-Vusta.« – »Schön. Jetzt weiß ich es sehr genau. Entschuldigen Sie, daß ich Sie an der Tür warten lasse, aber in dem Zimmer schlafen die Maultiertreiber auf der Diele.« – »Tut nichts. Ich will weder die Treiber, noch die Diele in ihrer Ruhe stören!«

Der Hausknecht ging. Vom Hof aus führte eine Holztreppe nach den Räumen empor, die hier mit der Bezeichnung Fremdenzimmer beehrt wurden. Der Mann klopfte leise an eine der Türen. Grandeprise war erst vor wenigen Minuten nach Hause gekommen und schlief noch nicht. Er lag angekleidet in der Matte.

»Wer ist‘s?« fragte er, erstaunt über dieses Klopfen. – »Der Hausmeister. Darf ich einmal hereinkommen?« – »Ja.« – »Mit dem Licht?« – »Immerhin.«

 

Die Tür öffnete sich leise, damit kein anderer Gast geweckt werde, und der Mann trat ein.

»Was gibt es denn?« fragte der Jäger erstaunt, befremdet und besorgt zu gleicher Zeit. – »Señor, es ist ein Fremder unten, der Sie zu sprechen wünscht.« – »Wer?« – »Ein hoher Herr von Adel. Es ist ein Don – Don – Don Alcanto de Velasquo y Rifeda de Percantara y Hallmanza de Rillendo y Carvado de Salranna y Vesta de Vista y Vusta.«

Der Jäger schüttelte den Kopf.

»Was will er?« – »Er redete von einer freundschaftlichen Besprechung.« – »Ist er von hier?« – »Nein, jedenfalls nicht.«

Das beruhigte Grandeprise; aber dennoch fragte er:

»Woher weiß dieser Don, daß ich hier wohnte?« – »Er muß Sie kennen, denn als ich sagte, daß Sie wie ein Vaquero oder Jäger gekleidet seien, da schickte er mich herauf.« – »Nun, da bin ich neugierig. Er mag kommen!«

Grandeprise brannte, als der Hausknecht sich entfernt hatte, sein Licht an und blickte nach dem Revolver, ob dieser auch im Schuß sei. Nach dem, was heute vorgekommen war, mußte er immerhin auf eine nicht sehr angenehme Überraschung vorbereitet sein.

Da trat der Fremde ein und zog die Tür hinter sich zu, deren Riegel er obendrein vorsichtig vorschob. Die beiden blickten einander ganz erstaunt an. Das hatte keiner von ihnen erwartet.

»Alle Teufel!« rief der eine. – »Alle Wetter!« der andere. – »Geierschnabel!« – »Ihr hier?« – »Wie kommt Ihr hierher nach Mexiko?« – »Nein, wie kommt Ihr her?« – »Ich sah Euch doch bei Juarez!« – »Und ich sah Euch nach dem Rio del Norte gehen. Euer Gesicht kenne ich, aber Euren Namen noch nicht.« – »Grandeprise.« – »Grandeprise? Der dort drüben am Ufer von Texas haust?« – »Ja.« – »Ah, Euer Name hat, soviel Euch betrifft, einen guten Klang, aber es ist auch etwas Widerwärtiges dabei.« – »Wieso?« – »Es gibt einen großen Schuft, der ebenso heißt.« – »Ah! Kennt Ihr ihn?« – »Sehr gut sogar«, nickte Geierschnabel. – »Persönlich?« – »Persönlich und par Renommee.« – »Ist das möglich? Hört, ich suche diesen Kerl schon seit langer Zeit!«

Geierschnabel blickte ihn befremdet an.

»Ihr sucht ihn?« fragte er. – »Ja.« – »Hm. Hm. Und Ihr habt ihn noch nicht gefunden?« – »Leider nicht.« – »So. Hm, hm. Ich denke, ein Jäger muß doch Augen haben!« – »Hoffentlich habe ich welche!« – »Ja, aber ob sie sehen gelernt haben?« – »Ich bin überzeugt davon.« – »Ich nicht. Ich bezweifle es sogar sehr.«

Die Miene Grandeprises verfinsterte sich.

»Soll ich etwa annehmen, daß Ihr mich beleidigen wollt?« fragte er. – »Nein. Aber setzt Euch doch einmal in Eure Hängematte und erlaubt mir, mich da dieses Stuhles zu bedienen. Dann werde ich Euch etwas sagen, was wir näher zu besprechen haben werden.« – »Setzt Euch! Was ist‘s, das Ihr mir zu sagen habt?«

Geierschnabel setzte sich auf den Stuhl, spuckte sein Primchen mit einem dicken Saftstrahl über die ganze Stube, biß sich ein neues, gewaltiges Stück Kautabak ab, und erst dann, als dieses in der Backe den gehörigen Platz gefunden hatte, begann er:

»Ich will Euch in aller Freundschaft bemerken, daß Ihr entweder ein ungeheurer Schurke oder ein ganz bedauerlicher Schwachkopf seid!«

Da glitt der andere blitzschnell aus der Hängematte, zog den Revolver, postierte sich vor den Sprecher und drohte:

»Hölle und Teufel! Wißt Ihr, wie man auf ein solches Wort zu antworten pflegt?«

Geierschnabel nickte phlegmatisch mit dem Kopf und meinte:

»Unter Jägern mit dem Messer oder mit der Kugel, falls die Sache nicht zu beweisen ist.« – »Ich hoffe aber nicht, daß Ihr sie beweisen könnt, Master!« – »Pah! Regt Euch nur nicht auf! Was Geierschnabel einmal sagt, das hat er auch durchdacht und überlegt, und das pflegt er auch zu beweisen. Steckt Eure Drehpistole ein und hört mich an. Habe ich unrecht, so bin ich dabei, wenn wir uns die Hälse brechen wollen.«

Der andere behielt den Revolver in der Hand, ließ sich aber finsteren Blickes in die Hängematte zurückgleiten und entgegnete:

»So redet! Aber nehmt Euch in acht! Ein Wort zu viel, und meine Kugel sitzt Euch im Kopf!« – »Oder Euch die meine!« lachte Geierschnabel. »Ihr behauptet, mich zu kennen, und täuscht Euch da doch gewaltig. Meine Kugel hätte heute schon einige Male Zeit und Gelegenheit, vielleicht auch Veranlassung gehabt, Euch im Kopf zu sitzen.« – »Wieso?« – »Das ist Nebensache. Zunächst habe ich Euch zu beweisen, daß Ihr entweder ein Bösewicht oder ein Schwachkopf seid.« – »Ich werde auf diesen Beweis vergebens warten.« – »Ihr werdet ihn sofort erhalten. Antwortet mir einmal aufrichtig. Ihr wart in Verakruz?« – »Ja.« – »Dort lerntet Ihr zwei Männer kennen, einen Don Antonio Veridante und dessen Sekretär?« – »Ja.« – »Ihr kamt mit ihnen gestern nach Mexiko und hieltet am Abend draußen auf dem Friedhof die Wache, als diese beiden Männer eine Leichenschändung und einen Betrug ausführten?«

Grandeprise blickte ganz erstaunt auf.

»Wie kommt Ihr zu dieser Frage?« meinte er. – »Beantwortet sie!« – »Ja, ich hatte die Wache; aber es ist dabei weder von einer Schändung noch von einem Betrug die Rede.« – »Davon seid Ihr überzeugt?« – »Ich schwöre tausend Eide darauf!« beteuerte Grandeprise. – »Nun, ich will Euch glauben. Aber damit beweist Ihr, daß Ihr zwar kein Schurke, aber dafür ein gewaltiger Schwachkopf seid.«

Der andere wollte abermals aufbrausen, aber Geierschnabel fiel ihm schnell in die Rede:

»Seid ruhig! Ich bringe Beweise. Eure beiden Begleiter wurden gefangengenommen? Nicht wahr?« – »Leider ja.« – »Um sie zu befreien, schlugt Ihr einen Offizier nieder und holtet die Kerle heraus?«

Da erschrak Grandeprise.

»Alle Wetter!« meinte er. »Woher wißt Ihr das?« – »Sagt erst, ob es die Wahrheit ist oder nicht.« – »Ich kann es nicht leugnen. Es war ein wohlgelungener Trapperstreich, auf den ich stolz sein kann, und ich hoffe, daß Ihr als Kamerad mich nicht verraten werdet!« – »Ich bin kein Verräter. Ich hätte Euch längst verraten können und beneide Euch keineswegs um diesen Streich, den Ihr einen wohlgelungenen Trapperstreich nennt. Das war er nicht; aber wißt Ihr, was er im Gegenteil war?« – »Nun?« – »Ein recht dummer Jungenstreich!« – »Master Geierschnabel …« brauste Grandeprise auf. – »Ruhig, ruhig«, antwortete der Genannte. »Ich werde Euch auch das beweisen. Vorher aber sagt mir doch einmal, woher Ihr eigentlich jenen Schurken Grandeprise kennt?« – »Warum fragt Ihr?« – »Weil ich weiß, daß ich Euch dienlich und behilflich sein kann.«

Grandeprise blickte dem Sprecher forschend in das Gesicht und erwiderte dann:

»Alle Welt weiß, daß Geierschnabel ein ehrlicher Kerl und ein tüchtiger Westmann ist. Vor so einem muß man Respekt haben, und darum will ich es ruhig hinnehmen, daß Ihr so mit mir redet, wie ein anderer es niemals wagen dürfte. Ich will Euch sagen, daß dieser Seeräuber Grandeprise mein ärgster Feind ist und daß ich ihn bereits seit langen Jahren suche, um endlich einmal Abrechnung mit ihm zu halten.« – »So, so«, lachte Geierschnabel. »Das ist lustig. Ihr sucht den Kerl und habt ihn doch. Und nachdem ich mir mit anderen die größte Mühe gegeben habe, ihn aufzufinden und festzusetzen, da holt Ihr ihn wieder heraus und laßt ihn entlaufen!« – »Ich verstehe Euch nicht«, meinte Grandeprise. – »Das glaube ich. Wer so einen dummen Jungenstreich verübt hat, der pflegt dann die klügeren Leute nicht zu verstehen. Ich muß Mitleid haben und Euch das Verständnis erleichtern. Ist Euch der Name Cortejo bekannt?« – »Ja«, antwortete der Gefragte sehr kurz. – »Es gibt einen Cortejo in Mexiko und einen drüben im Mutterland. Beide sind die größten Schufte auf der Erde, und sie haben sich den allergrößten engagiert, um ihre Schlechtigkeiten auszuführen.« – »Wer ist das?« – »Landola, den Ihr Grandeprise nennt.« – »Ah! Ihr kennt auch diesen ersteren Namen?« – »Sehr gut sogar. Ist Euch der Name Rodriganda bekannt?« – »Ja. Es gibt ein Grafengeschlecht dieses Namens.« – »Dieses Geschlecht ist sehr reich. Es waren zwei Brüder da, bei denen die beiden Cortejos als Verwalter angestellt waren. Diese letzteren wollten den Reichtum an sich bringen. Den einen Grafen machten sie wahnsinnig und den anderen scheintot. Als er begraben war, gruben sie ihn aus, weckten ihn auf und ließen ihn durch Landola in die Sklaverei verkaufen. Der eine Cortejo hatte einen Sohn, dieser wurde gegen einen Sohn des Rodriganda ausgewechselt, und so kam die Grafschaft in die Hände der Cortejos. Bei dieser Geschichte spielt nun allerlei Mord und Totschlag nebenbei. Personen, die im Wege standen, wurden beseitigt, eine Reihe Personen setzte Landola auf einer wüsten Insel aus, wo sie fast zwanzig Jahre lang im Elend schmachteten. Das war zu viel, da mußte der liebe Gott einmal mit Keulen dreinschlagen, und so haben sich einige Kerle, zu denen auch ich gehöre, zusammengetan, um diesen Menschen das Handwerk zu legen.«