27 Jahre Himmelslotse im Seemannsheim

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27 Jahre Himmelslotse im Seemannsheim
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Jürgen Ruszkowski

27 Jahre Himmelslotse im Seemannsheim

Rückblicke – Autobiographie – Teil 5

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Widmung

Arbeitsplatz

Wieder in Hamburg

Himmelslotse bei der Seemannsmission

Hotelmanager im Seemannsheim

Hochkonjunktur in der Seefahrt

Multikulturelle Gesellschaft

Mit Hein Seemann auf Tuchfühlung

Kapellenneubau

Jubiläen im Seemannsheim

Wer hätte das geahnt? – 1989

Reisen während der Zeit im Seemannsheim

Seemannsschicksale

Feierabend

Maritime gelbe Buchreihe „Zeitzeugen des Alltags“

Weitere Informationen

Impressum neobooks

Vorwort


Zu den von mir bevorzugt gelesenen Büchern gehören Auseinandersetzungen mit der Zeitgeschichte und Biographien. Menschen und ihre Geschichte sind immer interessant.

Ich weiß, dass mein Leben und meine Reflexion darüber nur wenige Mitmenschen interessiert. Warum dann diese Autobiographie? Im Jahre 1987 erhielt ich einen empörten Brief in Kinderschrift von Marelina Lüneburg, einer Urenkelin des Diakons Friedrich Wilhelm Koch, des ersten Hausvaters im Hamburger Seemannsheim, in dem diese sich bitter darüber beklagte, dass die diversen Seemannspastoren in einer 1966 erschienenen Jubiläumsschrift der Seemannsmission ausgiebig gewürdigt worden waren, ihr Urgroßvater jedoch kaum Erwähnung gefunden hatte, obwohl er von 1906 bis 1933 – wie ich 27 Jahre lang – die Verantwortung der Heimleitung in schwierigen Zeiten getragen hatte. Für eine Schulprojekt-Aufgabe, in der sie über ihren Urgroßvater berichten sollte, hatte sie Informationen über den Urahn mühevoll sammeln müssen. So soll es meinen Enkelinnen Stella und Lara und eventuellen Urenkeln nicht ergehen.

Ich wollte mit diesen Rückblicken keinen spannenden Lebensbericht schreiben, sondern möglichst detailgenau mein individuelles Erleben in den zeitgeschichtlichen Zusammenhängen deutlich machen und für Nachfahren festhalten. Anstoß zu dieser Lebensreflexion gab mir ein Vortrag von Professor Wolfgang Braun anlässlich des 25jährigen Bestehens der Fachhochschule für Diakonie und Sozialarbeit des Rauhen Hauses und der darauf folgenden kontroversen Leserreaktionen von Diakonen-Kollegen. Ich erinnerte mich an alte Tagebuchnotizen aus den 1950er Jahren und blätterte darin, um mir die Situation meiner eigenen Diakonenausbildung besser vergegenwärtigen zu können. Die Erlebnisse der Jugendjahre erwachten zu intensiver Erinnerung und ich beschloss, sie in Reinschrift zu bringen, damit mein erstes Enkelkind, das zu dieser Zeit auf die Welt kommen sollte, einmal würde nachlesen können, was den Opa in jungen Jahren bewegt hat. Aus dieser Tagebuchreinschrift entwickelte sich diese Autobiographie zu einer Lebensreflexion für mich. Meine hier zitierten Tagebuchaufzeichnungen sind in der Sprache des 15- bis 22jährigen Jünglings in der seinerzeitigen Gedanken- und Erlebniswelt verfasst. Ich habe sie mit nur geringfügigen redaktionellen Änderungen wiedergegeben, weil sie große Aussagekraft über mein damaliges Befinden und Erleben haben. Manche Abschnitte werden daher für den an diesen Vorgängen nicht direkt beteiligten Leser sicherlich langweilig sein. Deshalb habe ich viele Zitate, Tagebuchnotizen und für den Leser nebensächliche Abschnitte in kleinerer Schrift wiedergegeben, damit dieser schneller den roten Faden finden kann.

Im Zusammenhang mit meinen Reflexionen über mein Berufsleben stieß ich auch auf Michael Häuslers Dissertation über die Emanzipation der Männlichen Diakonie, die unter dem Titel „Dienst an Kirche und Volk“ als Buch vorliegt. Diese Arbeit hat mich gerade wegen ihrer angenehm sachlichen Objektivität und Gründlichkeit stark beeindruckt. Die Emanzipation der Diakone von Pfarrgehilfen zu selbstverantwortlichen Mitarbeitern in Diakonie und Kirche war ein oft dornenvoller und interessanter Weg, den ich teilweise noch miterlebt habe. – Zwischen den 1930er und 90er Jahren haben sich im gesellschaftlichen, politischen, religiösen, kirchlichen und Alltagsleben so gewaltige Entwicklungen und Umwälzungen ergeben, dass es für nachfolgende Generationen nicht immer ganz einfach sein wird, vor Jahrzehnten Erlebtes und Empfundenes nachvollziehen zu können. Zu diesem Verständnis mitzuhelfen, mögen meine Rückblicke beitragen.

Wegen der vielen Bilder und sich daraus ergebenden Dateigröße muss ich das ebook aus technischen Gründen aufteilen. Im dritten Teil finden Sie einen Bericht über meine Ausbildung zum Diakon und Diplom-Sozialpädagogen im Rauhen Haus in Hamburg. In zwei vorhergehenden Teilen hatte ich über meine Herkunft, Kindheit und Jugend berichtet. Im vierten Teil erzähle ich von meinen ersten Berufsjahren als Jugendfürsorger in Dortmund und Diakonie-Geschäftsführer in Soest in Westfalen. Hier in diesem fünften Teil geht es um meine 27 Jahre als Leiter des Seemannsheimes am Krayenkamp in Hamburg, im sechsten ebook berichte ich über meinen kreativen Ruhestand und die Entstehung der maritimen gelben Buchreihe.

Hamburg, 2002 / 2005 / 2016 Jürgen Ruszkowski


Widmung


für Stella-Simone und Lara Sophie

als Information über den Großvater


Arbeitsplatz


Mein Arbeitsplatz im Seemannsheim


Mein Ruhestands-Arbeitsplatz

Von hier aus betreibe ich meinen Hobby-Verlag, verpacke und verschicke Bücher und gestalte meine Internet-Websites.



Sieht man ihm schon den künftigen Seemannsdiakon an?

Wieder in Hamburg


Bei einem Besuch bei Otto Brunschede, dem bisherigen Leiter des Seemannsheimes überzeugt mich dieser mit dem Hinweis auf einige Pfründen, die das Seemannsheim bietet, sein Nachfolger zu werden.


So nehme ich dann die Stelle im Seemannsheim durch den Druck der Ereignisse doch an und wechsele am 26. Januar 1970 nach Hamburg an den Krayenkamp.


Es steht für mich fest: Jetzt muss ich auf die Zähne beißen! Noch ein Wechsel ist nicht mehr drin. Ich bin 35 und Rente gibt es erst mit 65. Dreißig Jahre muss ich also auf der nächsten Stelle durchhalten!

Mein Vorgänger, Otto Brunschede, wird Ende März 1970 in den Ruhestand gehen und kann mich in den gut zwei Monaten einarbeiten. Monica bleibt bis dahin mit Tochter Almuth noch in Speyer. Am 26. Januar 1970 reise ich dann also im kernigen Alter von 35 Jahren zusammen mit unserem damals 10jährigen Sohn Jörg an und bewohne mit ihm zunächst das Gästezimmer Nr. 227 im zweiten Stock des Seemannsheimes. Jörg geht vormittags zur Schule. Ich schaue Brunschede, der den Job des Hausvaters schon seit 1951 macht, über die Schulter. Das Seemannsheim steht in der Straße Krayenkamp im Schatten des großen Hamburger „Michel“ inmitten der City, tausend Schritte von St. Pauli entfernt.

 

Mitte März 1970 zieht Otto Brunschede aus der Dienstwohnung in sein eigenes Haus nach Lokstedt. Die Hausvaterwohnung wird renoviert und wir ziehen von Speyer nach Hamburg um. Jörg und Almuth bekommen ein Zimmer in der Personaletage über unserer Wohnung.

Neben dem Seemannsheim rauscht die Ost-West-Straße (später in Ludwig-Erhard-Straße umbenannt), eine der belebtesten Verkehrsadern Hamburgs, vorbei. Die Feuerwache befindet sich in der Nähe: Tag und Nacht hören wir die schrillen Martinshörner von Polizei und Feuerwehr in Richtung St. Pauli. Das 1959 erbaute Haus hängt zu der Zeit mit einer Ecke über einer gigantischen, 30 m tiefen, Baugrube der City-S-Bahn. Die Straße Krayenkamp ist eine Großbaustelle. Ein Stück des Kellers ist weggerissen.


Ganz tief unten in der Grube sieht man die Arbeiter werken. Die Bauarbeiten gehen vom frühen Morgen bis in den späten Abend zügig voran. Die schlimmsten Rammarbeiten sind aber schon vor unserem Einzug beendet. Noch jahrelang müssen wir mit der Baustelle leben. Am nervigsten sind die Ramm- und Rüttelarbeiten nach Zuschütten des Tunnelschachtes. Nach Jahren Bauzeit spüren wir eines Nachts, wie der erste Zug unter uns hinwegrattert. Später wird alle paar Minuten eine Bahn nach der anderen mit unüberhörbaren Vibrationen unter uns hinwegbrausen.


Am 31. Januar 1972 wird uns in Hamburg unsere Tochter Inken geschenkt.


So werden wir für den Verlust unseres Tobias entschädigt. – Wolle Prehn, Vorsteher des Rauhen Hauses, tauft sie am 11.6.1972 in der alten Kapelle des Seemannsheimes unter dem Schriftwort aus Psalm 30,12 a: „Du hast mir meine Klage verwandelt in einen Reigen.“ Mein Klassenbruder Gottfried Wendt und das befreundete Ehepaar Angelika und Klaus Kehlbreier aus Soest sind die Taufpaten.

Als mein Vater im Januar 1972 65 wird, darf er erstmals als Rentner zusammen mit meiner Mutter, die schon eher die Renter-Reiseerlaubnis hatte, aus der DDR zu uns reisen. Er sieht sein jüngstes Enkelkind noch einmal. Bereits am 29.6.1972 verstirbt er im Alter von 66 Jahren aus heiterem Himmel an einem Hirnschlag in Grevesmühlen. Einige Zeit später hole ich meine Mutter nach Hamburg und kann ihr eine Wohnung im neuen Schröderstift am Kiwitsmoor bei Bruder Fahrni in Langenhorn beschaffen.


Himmelslotse bei der Seemannsmission

Am 3.05.1970, am Sonntag Rogate, werde ich im Beisein meines Brüderältesten, Paul Hatje, in der alten Kapelle des Seemannsheimes von Seemannspastor Theodor Mundt in mein neues Amt als Seemannsdiakon offiziell eingeführt.



Dort, wo sich in der alten Kapelle der Altar befand, wird heute an der Bar Bier ausgeschenkt.

Für die Seeleute, die zwischen Pastor und Diakon ohnehin kaum zu unterscheiden wissen, bin ich als „Himmelslotse“ in der Regel „Herr Pastor“ oder später bei den Afrikanern „Pasta“.


Träger meiner neuen Arbeit ist die 1891 von Seemannspastor Julius Jungclaußen mit Hilfe von Hamburger Reedern, Kaufleuten und Senatsmitgliedern gegründete „Deutsche Seemannsmission in Hamburg R.V.


Die Buchstaben R.V. stehen für Rechtsfähiger Verein. Diese Rechtsform stammt aus der Zeit vor Gültigkeit des BGB in Hamburg. Eine aus etwa zwei Dutzend Herren (überwiegend Reeder und einige Männer der Kirche) gebildete Mitgliederversammlung trägt diesen altehrwürdigen Verein und „wählt“ alle zehn Jahre einen Vorstand aus vier Herren. Er besteht 1970 aus drei Reedern und einem Kapitän. Jeweils zwei dieser Vorstandsmitglieder vertreten den Verein gemeinsam nach außen. Vorsitzender ist seit 1937 der Mitinhaber der alten Hamburger Reederei Rob. M. Sloman jr., Robert Miles Reincke, ein nobler Gentleman alter Schule. Dem Schatzmeister, Claus Edye, ebenfalls Mitinhaber der Firma Sloman, der später den Vorsitz übernehmen wird, überbringe ich regelmäßig die Monatsabrechnungen. Zu beiden Herren habe ich ein recht gutes Verhältnis. Zwischendurch war nach Reinckes Tod einige Jahre Kapitän Emil Memmen Vorsitzender. Er stellte in diesem Amt eine Art Galionsfigur dar. Nach Memmen übernimmt Claus Edye den Vorsitz. Ich komme jahrelang in guter Zusammenarbeit prächtig mit ihm aus. Erst nachdem Assessor Sigurd Stabenow, Jurist und Abteilungsleiter beim Reedereikonzern Hapag-Lloyd, zum Vorsitzenden gewählt wird, gibt es öfter Differenzen, meistens um pingeligen Kleinkram, mit denen ich aber leben kann. Ein überwiegend aus Reederfrauen gebildetes Damencomité kümmert sich um Weihnachtspäckchen, Winterschmuck des Seemannsfriedhofs und erforderlichenfalls um Beratung bei der Farbgestaltung der Gardinen im Seemannsheim. Einige Jahre später werden aus den Comitédamen vollwertige Mitglieder und die Legislaturperiode des Vorstandes wird von zehn auf fünf Jahre verkürzt. Die Mitglieder achten jedoch sehr darauf, dass kein artfremdes Blut den erlauchten Kreis stört. „So einen Gewerkschaftsheini wollen wir hier nicht haben.“ Allerdings muss ich zur Ehrenrettung erwähnen, dass mein Vorgänger Otto Brunschede nach seiner Pensionierung als stimmberechtigtes Mitglied aufgenommen wird!


Auch Fiete Jahnke wird auf meinen Vorschlag als Ersatz für Pastor Wilhelm Schmidt vom Diakonischen Werk Hamburg Mitglied.


Die Kirche stellt die von ihr besoldeten Seemannspastoren und Diakone im Seemannspfarramt zur Verfügung. Ich bin in Personalunion als Diakon des Seemannspfarramtes Geschäftsführer des Vereins und Heimleiter und unterstehe in personeller Hinsicht der kirchlichen Dienstaufsicht, in puncto Finanzen und Heimbetrieb dem Vereinsvorstand.


Die personelle Situation in der Seemannsmission: Ein Theologe als Seemannspastor ist für den Bereich der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Hamburger Staate zuständig. Dazu gehört damals auch noch die Exklave Cuxhaven. Theo Mundt, der dieses Amt innehat und von seinem Studienfreund, Bischof Hans-Otto Wölber, in die Seemannsmission gebracht worden war, ist ein lieber, oft etwas hilfloser Zeitgenosse. In seiner vorherigen Pfarrstelle in Cuxhaven hatte man ihn „Opa müde“ genannt. Meine anfänglichen Befürchtungen vor territorialen Machtkämpfen zwischen Pastor und Diakon (eine Berufskrankheit vieler Diakone) sind völlig unbegründet. Brunschede hatte vor Mundt mit dessen Vorgänger, Kurt Rössing, mit dem er zunächst dick befreundet gewesen war, entsprechende Kämpfchen auszufechten gehabt. Mundt ist todunglücklich, dass die Seeleute so wenig von ihm wissen wollen. Er sitzt oft einsam in seinem großen Amtszimmer im 2. Stock des Seemannsheimes und wartet BILD-Zeitung lesend darauf, dass mal jemand beim Seemannspastor um einen Heiermann nachfragt. Die Mitarbeiter, und was vor allem wichtig ist, die Seeleute, sehen von vorn herein uneingeschränkt im Heimleiter den „Chef“. Ganz anders sieht das im Seemannsheim Altona an der Großen Elbstraße aus, wo Pastor Harald Kieseritzky bis ins Detail des Alltags unumschränkter Herrscher ist und die Hausväter deshalb alle paar Monate wechseln.


Etwas überspitzt wird behauptet, der Altonaer Hausvater müsse seinen Pastor fragen, ob er ein halbes Pfund Nägel kaufen dürfe. Das ändert sich erst, als der sehr tüchtige Carl Osterwald Seemannspastor in Altona wird.

Mit mir auf gleicher Ebene arbeitet Diakon Karl-Heinz Hansen als Seemannsmissionar. Er ist bereits seit seinem Diakonenexamen im Jahre 1953 bei der Seemannsmission tätig.


Diakon Karl-Heinz Hansen mit Senioren aus dem Seefahrer-Altenheim

Seine Arbeitsschwerpunkte sind Krankenhaus- und Bordbesuche, Bücherkistendienst und das Spendenwesen.


Wir kommen recht gut und kollegial miteinander zurecht. Jeder respektiert den Arbeitsbereich des anderen und wir vertreten uns bei Bedarf gegenseitig. Nach Hansens Ruhestand im Jahre 1983 wird durch meine Vermittlung Jan Borowski, der Sohn des Rauhhäusler Diakons Lothar Borowski, sein Nachfolger.

Einige Wochen nach meinem Dienstbeginn in Hamburg erhalte ich einen Anruf von Pfarrer Kottschlag aus Werl. Zur evangelischen Kirchengemeinde Werl im Kirchenkreis Soest gehört auch die kleine Diasporadorfgemeinde Bremen an der Möhne. Hier habe ich bisweilen von Soest aus als Urlaubsvertreter gepredigt. Der bisherige Pastor von Bremen geht in den Ruhestand. Kottschlag bietet mir die Nachfolge an. Es wäre ein verlockendes Angebot gewesen und die „Chance“, in die „höheren Weihen“ aufzusteigen. Etliche Rauhhäusler Diakone sind diesen Weg gegangen. Meistens hatten sie Pastorentöchter zu Ehefrauen! Kurz entschlossen lehne ich das Angebot – nicht ohne heimliches Bedauern – ab. – Etwas später will mich Bruder Fahrni, als er in Ruhestand geht, für das Schröderstift abwerben. Auch diese Aufgabe hätte mich sehr gereizt. Aber ich sage wiederum ab.

Im Seemannsheim finde ich folgende Belegschaft vor: Die Wirtschaftsleiterin, Frau Marlene Dernedde, sie ließ sich damals nur mit „Fräulein“ anreden, bleibt bis nach meinem Ruhestand im Jahre 1997.


Sie verantwortet selbständig Küche und Hauswirtschaft.


In der Küche wirkt als Köchin eine dem Klosterleben entronnene Nonne, Fräulein Elisabeth Nordheider, die später einen Seemann namens Werner Lösekow heiratet, der wiederum Jahre später meine rechte Hand im Hause wird und sie bleibt weit über zwei Jahrzehnte, bis sie in Rente geht.


Zwei Küchenhelferinnen bleiben ebenfalls bis über meine Pensionierung hinaus. Die Wäscherin und sieben Raumpflegerinnen sind auch fast alle jahrzehntelang treu dabei, bis sie das Rentenalter erreichen. Ein Hausmeister und vier Pförtner, ehemalige Seeleute, und eine männliche Halbtagskraft im Büro verstärken die Mannschaft. Pförtner „Timo“, Detlef Nören, ein netter, stets einsatzbereiter Kerl, mag gerne einen guten Tropfen und schüttet bei Personalfeiern ein Glas nach dem anderen in sich hinein, bis er unter den Tisch rutscht. Beim Mittagessen muss er meistens das ganze Programm hintereinander durchprobieren. Das bleibt nicht ohne gesundheitliche Folgen. Eines Tages finden wir ihn tot in seinem Zimmer. Auch ein zweiter Pförtner, Fleing, säuft sich tot. Der Hausmeister „Bazi“, Emil Morban, auch Ex-Seemann und Weltbürger, der bereits zu Hitlers Zeiten das KZ Neuengamme erleiden musste, jammert immer darüber, dass ihm sein Chef nicht einmal seine Arbeitskleidung finanzieren will. Als er nach einigen Jahren stirbt, finden wir ein kleines Vermögen vor, das der Bruder erbt, mit dem er unversöhnlich im Streit gelebt hatte.

 

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