Buch lesen: «Buen Camino - die schönste Reise meines Lebens»
Inhaltsverzeichnis
Impressum 5
Vorwort 6
1. Pilgertag, Samstag, 24.09.2011 12
2. Pilgertag, Sonntag, 09.10.2011 18
3. Pilgertag, Dienstag, 11.10.2011 22
4. Pilgertag, Mittwoch, 12.10.2011 25
5. Pilgertag, Donnerstag, 17.05.2012 27
6. Pilgertag, Freitag, 18.05.2012 30
7. Pilgertag, Freitag, 22.06.2012 34
8. Pilgertag, Mittwoch, 29.08.2012 37
9. Pilgertag, Mittwoch, 04.09.2013 39
10. Pilgertag, Donnerstag, 05.09.2013 42
11. Pilgertag, Freitag, 06.09.2013 47
Impressionen Oberschwäbischer Jakobsweg 52
Schweiz 56
12. Pilgertag, Sonntag, 04.05.2014 58
13. Pilgertag, Montag, 05.05.2014 63
14. Pilgertag, Dienstag, 06.05.2014 67
15. Pilgertag, Samstag, 02.05.2015 72
16. Pilgertag, Sonntag, 03.05.2015 77
17. Pilgertag, Montag, 04.05.2015 84
18. Pilgertag, Dienstag, 05.05.2015 94
19. Pilgertag, Mittwoch, 06.05.2015 98
20. Pilgertag, Freitag, 29.04.2016 103
21. Pilgertag, Samstag, 30.04.2016 108
22. Pilgertag, Sonntag, 01.05.2016 112
23. Pilgertag, Montag, 02.05.2016 117
24. Pilgertag, Dienstag, 03.05.2016 122
25. Pilgertag, Mittwoch, 04.05.2016 126
26. Pilgertag, Donnerstag, 05.05.2016 130
27. Pilgertag, Freitag, 06.05.2016 135
Fuge 2017 138
28. Pilgertag, Samstag, 28.04.2018 141
29. Pilgertag, Sonntag, 29.04.2018 148
Impressionen Schweiz 151
Frankreich 155
30. Pilgertag, Montag, 30.04.2018 162
31. Pilgertag, Dienstag, 01.05.2018 168
32. Pilgertag, Mittwoch, 02.05.2018 174
33. Pilgertag, Donnerstag, 03.05.2018 178
34. Pilgertag, Freitag, 04.05.2018 183
35. Pilgertag, Samstag, 05.05.2018 189
36. Pilgertag, Sonntag, 06.05.2018 194
37. Pilgertag, Montag, 07.05.2018 200
Dienstag, 23.04.2019: Anreise zur Pilgertour 2019 204
38. Pilgertag, Mittwoch, 24.04.2019 207
39. Pilgertag, Donnerstag 25.04.2019 210
40. Pilgertag, Freitag, 26.04.2019 213
41. Pilgertag, Samstag, 27.04.2019 217
42. Pilgertag, Sonntag, 28.04.2019 220
43. Pilgertag, Montag, 29.04.2019 224
44. Pilgertag, Dienstag, 30.04.2019 227
45. Pilgertag, Mittwoch, 01.05.2019 232
Impressionen Via Gebennensis 238
Frankreich Via Podiensis 243
46. Pilgertag, Donnerstag, 02.05.2019 246
47. Pilgertag, Freitag, 03.05.2019 253
48. Pilgertag, Samstag, 04.05.2019 257
49. Pilgertag, Sonntag, 05.05.2019 261
50. Pilgertag, Montag, 06.05.2019 266
51. Pilgertag, Dienstag, 07.05.2019 269
52. Pilgertag, Mittwoch, 08.05.2019 274
53. Pilgertag, Donnerstag, 09.05.2019 278
54. Pilgertag, Freitag, 10.05.2019 281
55. Pilgertag, Samstag, 11.05.2019 285
56. Pilgertag, Sonntag, 12.05.2019 290
57. Pilgertag, Montag, 13.05.2019 294
58. Pilgertag, Dienstag, 14.05.2019 297
59. Pilgertag, Mittwoch, 15.05.2019 301
60. Pilgertag, Donnerstag, 16.05.2019 305
Ruhetag, Freitag, 17.05.2019 309
61. Pilgertag, Samstag, 18.05.2019 312
62. Pilgertag, Sonntag, 19.05.2019 316
63. Pilgertag, Montag, 20.05.2019 320
64. Pilgertag, Dienstag, 21.05.2019 323
65. Pilgertag, Mittwoch, 22.05.2019 328
66. Pilgertag, Donnerstag, 23.05.2019 333
67. Pilgertag, Freitag, 24.05.2019 338
68. Pilgertag, Samstag, 25.05.2019 344
69. Pilgertag, Sonntag, 26.05.2019 348
Montag, 27.05.2010: Start, Verletzung, Heimreise 352
Unvergessliche Augenblicke in Frankreich 356
Sonntag, 08.09.2019: Anreise nach Aire-sur-l’Adour 359
70. Pilgertag, Montag, 09.09.2019 361
71. Pilgertag,Dienstag, 10.09.2019 363
72. Pilgertag, Mittwoch, 11.09.2019 369
73. Pilgertag, Donnerstag, 12.09.2019 373
74. Pilgertag, Freitag, 13.09.2019 378
75. Pilgertag, Samstag, 14.09.2019 383
76. Pilgertag, Sonntag, 15.09.2019 388
Impressionen Via Podiensis 395
Spanien 398
77. Pilgertag, Montag, 16.09.2019 400
78. Pilgertag, Dienstag, 17.09.2019 409
79. Pilgertag, Mittwoch, 18.09.2019 414
80. Pilgertag, Donnerstag, 19.09.2019 421
81. Pilgertag, Freitag, 20.09.2019 428
82. Pilgertag, Samstag, 21.09.2019 433
Ruhetag: Sonntag, 22.09.2019 440
83. Pilgertag, Montag, 23.09.2019 444
84. Pilgertag, Dienstag, 24.09.2019 448
85. Pilgertag, Mittwoch, 25.09.2019 454
86. Pilgertag, Donnerstag, 26.09.2019 459
87. Pilgertag, Freitag, 27.09.2019 466
88. Pilgertag, Samstag, 28.09.2019 471
89. Pilgertag, Sonntag, 29.09.2019 476
90. Pilgertag, Montag, 30.09.2019 482
Impressionen der Meseta 489
91. Pilgertag, Dienstag, 01.10.2019 492
92. Pilgertag, Mittwoch, 02.10.2019 497
93. Pilgertag, Donnerstag, 03.10.2019 502
94. Pilgertag, Freitag, 04.10.2019 510
Am Cruz de Ferro 513
95. Pilgertag, Sonntag, 05.10.2019 521
96. Pilgertag Sonntag, 06.10.2019 527
97. Pilgertag, Montag, 07.10.2019 533
98. Pilgertag, Dienstag, 08.10.2019 537
99. Pilgertag, Mittwoch, 09.10.2019 544
100. Pilgertag, Donnerstag, 10.10.2019 552
101. Pilgertag, Freitag, 11.10.2019 557
102. Pilgertag, Samstag, 12.10.2019 563
103. Pilgertag, Sonntag, 13.10.2019 566
Montag, 14.10.2019: Santiago de Compostela 576
Dienstag, 15.10.2019: Santiago de Compostela 581
Dienstag, 16.10.2019: Heimreise 586
Wertsachen eines Pilgers 589
Ausschnitte meiner Pilgerstempel 591
Meine Pilgerurkunde 593
Danke! 595
Literaturhinweise 597
Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.
© 2021 novum publishing
ISBN Printausgabe: 978-3-99107-647-6
ISBN e-book: 978-3-99107-648-3
Lektorat: Dr. Annette Debold
Umschlagfoto: Josef Frey, Dimarik16, Tomislav Birtic | Dreamstime.com
Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh
Innenabbildungen: Josef Frey
Vorwort
Warum pilgern? – Wieso gerade dieser Weg? – Wenn schon pilgern, warum zu Fuß? – Land und Leute – Wer war der heilige Jakobus? – Reisen mit dem Auto ist eigentlich bequemer – Welche Menschen tun sich das an? – Wo ist die Quelle des Geistes? –
Das Licht am Ende des Tunnels ist da,
aber wo ist der Tunnel?
Wo ist der Menschen Grenze? – Der Menschen Grenze ist da, wo der Glaube beginnt!
Buen Camino – die schönste Reise meines Lebens
Josef FREY
Allein
auf Pilgertour
von der Heimat nach Spanien
zum Grab des heiligen Jakobus
Viele Tage Entspannung, Freude, Leid, Sonne, Regen, Entbehrungen, Hilfsbereitschaft, nette Menschen, Enttäuschungen, neue Erfahrungen, Glaubenserforschung, Zufriedenheit
Egal, wohin du gehst,
geh mit deinem ganzen Herzen.
Konfuzius
Übersicht der Jakobswege in Europa
Kilometerstein
Es gibt keinen Weg zum Frieden:
Der Friede ist der Weg.
Mahatma Gandhi
Pilgerweg
Stele an der Kirche in Thalfingen
(die km-Angabe entspricht eher einem Auto-Navi, Pilgerweg ist 2.500 km)
1. Pilgertag, Samstag, 24.09.2011
Oberelchingen–Ulm: 8 km, Gesamt: 8 km
Der erste Tag, die ersten Schritte auf meiner Pilgertour – ein Tag der Erinnerungen
Der Start heute zu meiner großen Pilgertour kommt etwas überraschend. Man kann schon fast sagen, überstürzt. Bereits im Jahr 2007 habe ich mich aufgemacht, diesen Weg zu gehen. Unvernunft über meine körperliche Leistungsfähigkeit und falscher Ehrgeiz („Ein Pilger muss auch leiden können“) haben mich jedoch ganz schnell mit einer schmerzhaften Verletzung zur Aufgabe gezwungen.
Dieses Jahr habe ich mich entschlossen, einen neuen Anfang zu wagen. Deshalb habe ich bei der „Schwäbischen Jakobusgesellschaft“ einen neuen Pilgerausweis online angefordert. Und bereits zwei Tage später, am Samstagvormittag, wurde dieser durch die Post angeliefert.
Nun gab es kein Halten mehr. Ein wunderbarer, sonniger Herbsttag mit strahlend blauem Himmel. Ganz schnell wurden noch die notwendigen samstäglichen Arbeiten wie Einkauf, Autowäsche und Rasenmähen erledigt.
Der Rucksack ist schnell gepackt. Etwas Proviant, Foto und besagter Pilgerausweis. Wegbeschreibung und Wanderkarte benötige ich nicht. Auf dieser ersten Etappe kenne ich jeden Meter des Weges. Zum einen bin ich ja vor vier Jahren schon gelaufen, zum anderen ist der Neustart wieder in der Wallfahrtskirche in Oberelchingen vorgesehen. Hier habe ich neben dem Kloster, hoch über dem Donautal, mit Fernsicht bis zu den Alpen, 55 Jahre gewohnt.
Von meinem jetzigen Wohnsitz in Blaubeuren fahre ich deshalb nach Oberelchingen, parke mein Auto bei der Bahnhaltestelle, ziehe meine Wanderschuhe an, hänge den Rucksack um und umfasse meine Wanderstöcke kräftig mit den Händen. Zuerst muss ich noch den steilen Klosterberg zur Kirche hinauf. Dort, vor dem Marienaltar, will ich meine Pilgertour beginnen.
Bei „Andrea’s Klosterbäckerei“ mache ich kurz halt, um „Grüß Gott“ zu sagen. Danach geht es Schritt für Schritt bergauf. Ich treffe noch mehrere bekannte Leute, die mich herzlich begrüßen und fragen, wie ich mich in der „Fremde“ so fühle. Ich kann allen bestätigen, dass es mir sehr gut geht und ich mich in meiner neuen Heimat sehr wohlfühle.
Für eine Tasse Kaffee im Biergarten der Klosterbräustuben lasse ich mir aber Zeit. Ich sitze allein an einem Tisch und genieße die Ruhe.
Meine Gedanken schweifen in Erinnerungen der letzten 60 Jahre. Ich sehe neben dem Klosterbräu die alte Herrschaftsvilla, welche wir bei meiner Geburt bewohnten, weil meine Eltern in der Brauerei und der Gastronomie gearbeitet haben. Und die damalige Besitzerin der gesamten Anlage hier war meine gefühlte Oma. Sie hatte keine Enkel und ich keine Großeltern. Also passten wir doch wunderbar zusammen. Jeder hatte viel Freude am anderen. Eine unvergessliche Kindheit.
Jeden Kastanienbaum über dem alten Biergarten, den ich so vor mir sehe, kenne ich noch aus Kindheitstagen. Auf jeden bin ich schon hinaufgestiegen, und manchen Sturz in die Tiefe habe ich Gott sei Dank ohne Schaden überstanden.
Gedanken an eine unvergessliche Kindheit. Ich nehme meinen Rucksack auf den Rücken und gehe an meinem Geburtshaus vorbei zur Klosterkirche. Am Modell der Klosteranlage, wie es Ende des 18. Jahrhunderts in voller Blüte ausgesehen hat, erinnere ich mich an die Schlacht von Elchingen. Im Jahr 1805 kämpfte hier Kaiser Napoleon in der Schlacht von Elchingen siegreich gegen die Österreicher. Tausende toter Menschen lassen das Leid für die Soldaten und die damalige Bevölkerung nur erahnen. Ein geschichtsträchtiger Ort.
Credencial
Gleich am letzten Pfeiler der Kirche befindet sich die Stempelstelle für die Jakobspilger, welche hier regelmäßig vorbeikommen. Auch ich bin heute als Jakobspilger hier und stolz, den ersten Stempel in meinen Pilgerausweis, meinem Credencial, in meinem Geburtsort zu erhalten. Als kleiner Junge, als ich zum ersten Mal einen Jakobspilger mit Stock und Jakobsmuschel hier in der Kirche sah, da habe ich gesagt: „Das möchte ich auch mal machen.“ Und dieser Ausspruch, dieser Gedanke wurde nie aus meinem Kopf verdrängt.
Zu jener Zeit habe ich natürlich noch nichts über die Hintergründe dieses Weges gewusst. Aber letztendlich waren diese kindlichen Gedanken der geistige Startschuss für die Unternehmung, welche ich hier und heute beginne.
Ich gehe zum Marienaltar. Hier bin ich oft auf ein Gebet zu Besuch. An unserem „Hohen Umgang“ findet alljährlich eine große Marienwallfahrt statt. Sehr viele Besucher und Pilger kommen hierher. Aus Bettringen bei Schwäbisch Gmünd kommen viele Wallfahrer sogar zu Fuß, um ein Gelübde aus der Pestzeit einzulösen. Heute bitte ich die heilige Maria um ihren Segen für meine Pilgertour zum Grab des heiligen Jakobus.
Die Zeit ist gekommen. Ich stelle meinen Schrittzähler auf null. Es wird ein langer Weg über einen langen Zeitraum. Schritt für Schritt, Etappe für Etappe und wahrscheinlich auch Jahr für Jahr. Denn ich kann nicht monatelang am Stück pilgern. Ich möchte die ersten Streckenabschnitte in kleinen Abschnitten erwandern.
Guten Glaubens und guten Mutes verlasse ich die Kirche und genieße wieder die warme Herbstsonne auf dem Klosterhof vor der Kirche. Ich gehe aus dem Ort in Richtung großer Forst. Bei Familie Bayer, immer sehr geschätzte Nachbarn im Pensionsalter, steht das Wohnmobil vor der Tür, und die Flagge des Freistaates Bayern ist gehisst. Das sicherste Zeichen, dass sie auch zu Hause sind.
Nachdem ich schon längere Zeit nichts mehr von ihnen gehört habe, beschließe ich ganz spontan, kurz „Grüß Gott“ zu sagen. Daraus wird natürlich eine gemütliche Kaffeestunde mit selbst gemachtem Zwetschgenkuchen und Sahne. Es ist sehr schön, doch irgendwann muss ich aufbrechen, will ich doch heute noch bis nach Ulm, meinem ersten Etappenziel, kommen.
Herr Bayer holt aus seinen Urlaubsutensilien für meinen Rucksack noch eine Jakobsmuschel, die er aus Portugal mitgebracht hat. Danke! Diese Muschel werde ich sicher nach Santiago de Compostela tragen. Sie wird mich auf meinem Weg immer als Jakobspilger ausweisen und gleichzeitig immer dankbar an den heutigen Start meiner Pilgerreise erinnern.
Mein Weg führt mich auf einen schmalen Wanderpfad im schattigen Wald in den Ortsteil Thalfingen. Hier steht das Rathaus unserer Gemeinde und ich habe hier eine kleine Eigentumswohnung, in welcher ich ein Jahr gewohnt habe, bevor ich nach Blaubeuren gezogen bin. In der Kirche „Christus unser Leben“ hat meine Tochter im Mai dieses Jahres geheiratet. Es war ein schönes Fest. Ich will sie anrufen. Auf eine Tasse Kaffee hätte ich gerade noch Zeit. Aber leider ist sie nicht zu Hause.
Entlang der Donau, gemütlich auf einem wunderbaren Fuß- und Radweg direkt am Fluss geht es zügig voran. Oberhalb des Donaukraftwerkes liegen noch einige der „Ulmer Schachteln“ vor Anker. Auf solchen Holzschiffen sind seinerzeit Waren donauabwärts verfrachtet worden. Auch die Donauschwaben sind von Ulm aus auf solchen Schiffen ohne Kiel nach Ungarn, Rumänien etc. ausgesiedelt.
Ein wunderbares, frühherbstliches Farbenpanorama begleitet mich bis zur Ulmer Friedrichsau. Diese ist Erholungs-, Fest- und Freizeitpark in einem. In den weitläufigen Parkanlagen mit Seen und Bachläufen gibt es wunderbare Anpflanzungen und das dazugehörige große Aquarium mit Tropenhaus und Außengehege erfreut Jung und Alt. Und am Schwörmontag, dem Ulmer Nationalfeiertag, wird gegrillt, getanzt und gefeiert.
Friedrichsau
Heute ist es sehr ruhig. Ich gehe bis zum großen Ausee. Dort kaufe ich mir an einem Kiosk eine Semmel mit Leberkäs, setze mich gemütlich auf eine Bank und genieße den Augenblick.
Bis zum Donaustadion führt mich mein Weg, bevor ich meinen ersten Pilgertag abschließe. Viele Dinge gehen mir durch den Kopf. Der Tag war interessant, erholsam und geistreich. Aber auch, in seiner angenehmsten Art, anstrengend.
Eine altbewährte chinesische Weisheit sagt:
Auch der längste Weg beginnt
immer mit dem ersten Schritt!
Die ersten Schritte sind gemacht. Es waren die wichtigsten, denn ohne Beginn gibt es keine Fortsetzung. Und darauf freue ich mich schon voller Ungeduld.
2. Pilgertag, Sonntag, 09.10.2011
Ulm–Grimmelfingen: 9 km, Gesamt: 17 km
… beim Aufwachen schaue ich aus dem Fenster. Regen, wie vom Wetterdienst gemeldet. Trotzdem habe ich die Hoffnung, dass es im Laufe des Vormittags wenigstens trocken wird. Für die nun angebrochene kalte Jahreszeit nehme ich extra einen leichten Pullover mit in den Rucksack.
So starte ich am Donaustadion in Ulm an der Stelle, an welcher ich vor einigen Tagen in die Straßenbahn eingestiegen bin. Meine Karin hat mich heute hierhergebracht. Mein Auto haben wir in Grimmelfingen nahe der St. Jakobuskirche für die Heimfahrt bereitgestellt. Es ist wie erhofft trocken. Sogar ein paar vereinzelte Sonnenstrahlen finden ihren Weg durch die Wolkendecke.
Ich gehe in Richtung Stadtmitte zur St. Georgskirche. Hier in der Kirche, in welcher immer die Schulgottesdienste meiner Realschulzeit stattgefunden haben, fühle ich mich immer sehr wohl. Die Wandmalereien wirken wie eine Tapete und geben dem Raum eine weiche, wohltuende Atmosphäre.
Jakobus in der St.Georgskirche
Ich komme gerade recht zum Gottesdienst und beschließe spontan, daran teilzunehmen. Es werden die neuen Ministranten in die Gruppe aufgenommen. Sie bekommen während des Gottesdienstes feierlich ein Kreuz an der Halskette ausgehändigt.
An den Wänden sind alle Apostel in großen Gemälden abgebildet. So begegne ich meinem Pilgerpatron heute zum ersten Mal bewusst in einer Kirche. Vollständigkeitshalber möchte ich jedoch erwähnen, dass ich bisher noch nie darauf geachtet habe, wo welcher Apostel in einer Kirche mit welchen Gegenständen oder Sinneszeichen abgebildet ist. Ab heute wird sich dies grundlegend ändern, wie die Zukunft zeigen wird.
Als ich nach dem Gottesdienst wieder ins Freie trete, traue ich meinen Augen nicht. Die Sonne scheint, und der Himmel strahlt herrlich blau herab. Was doch ein bisschen Beten alles bewirken kann (schmunzel).
Mein Weg führt mich nun zum Ulmer Münster. Es hat mit 161 m den höchsten Kirchturm der Welt. Ein Floh- und Grümpelmarkt lockt heute viele Menschen an, und ich erfreue mich am Würstchenstand an einer Grillwurst im Semmel. Vorbei am wunderbar bemalten Rathaus, der modernen Bibliothek, welche als Glaspyramide die umliegenden Fassaden widerspiegelt, geht es in die herrliche Altstadt zum schiefen Haus an der Blau.
Die Blau entspringt in meiner jetzt neuen Heimat Blaubeuren. Einen Steinwurf von hier entfernt mündet sie in die Donau. Böse Zungen behaupten, die schöne blaue Donau, welche in Wien so besungen wird, erhält hier die nötige Färbung. Es kann natürlich auch andere Gründe haben.
Vorbei am Saumarkt geht es ans Donauufer und dann zwischen Bahngleisen und Duftgarten zur Martin-Luther-Kirche. Hier wird gerade ein Konzert für heute Abend vorbereitet. Die Kirche ist innen mit Holz verkleidet. Es sieht sehr gemütlich aus. Der Pfarrer ist auch Jakobspilger und erzählt mir, dass er es bereits bis Genf geschafft hat. Er wünscht mir alles Gute und „Buen Camino“. Das erste Mal auf meinem Pilgerweg, dass ich diesen Gruß höre.
Die Römerstraße geht es nun 2,5 km hoch zum Kuhberg. So wie Rom auf Hügeln erbaut ist, so liegt Ulm auf vielen Bergen verteilt. Eselsberg, Kuhberg, Michelsberg und Safranberg. Und jeder Berg hat seine eigenen Reize und Geschichten.
Ich gehe am Fort Oberer Kuhberg vorbei. Ursprünglich als Außenfort der Bundesfestung Ulm gebaut, wurden in den Jahren 1933–1935 politische Gegner des NS-Regimes hier inhaftiert. Heute dient es als Freilichtmuseum der früheren Bundesfestung und beherbergt eine KZ-Gedenkstätte.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ein Besuch dieser Gedenkstätte von mir bisweilen noch nicht erfolgt ist.
Hinaus geht es aus der Stadt entlang dem südlichen Rand der Schwäbischen Alb. Bald erblicke ich im Tal bereits Grimmelfingen, mein heutiges Tagesziel mit der St. Jakobskirche. Sehr klein, ohne große Ausschmückung, liegt sie inmitten des Ortes. Aber sie strahlt Geborgenheit und Ruhe aus.
An Grimmelfingen habe ich auch eine ganz persönliche Erinnerung. Lange Jahre machte ich Tanzmusik. Das bedeutet, dass wir sehr oft in den Nächten bei jeder Witterung mit unseren Instrumenten auf dem Heimweg waren. Den einzigen schweren Unfall, den wir dabei hatten, war nach einer Veranstaltung in Grimmelfingen. Dass ich nicht im Unfallwagen gesessen bin, verdanke ich der Tatsache, dass meine Eltern ausgerechnet an diesem Abend anwesend waren und warteten, bis wir unsere gesamte Musikanlage abgebaut und verstaut hatten. Danach nahmen Sie mich gleich mit nach Hause. Wie durch ein Wunder blieb es jedoch überwiegend bei Sachschaden. An diese Nacht muss ich heute traurig, aber auch dankbar wegen des glimpflichen Ausgangs denken.
In der Kirche bewundere ich den Erntedankschmuck, stemple nach einem Dankesgebet mein Credencial mit dem Pilgerstempel und gehe zu meinem Auto.
Erntedank Grimmelfingen
Zufrieden über einen schönen Pilgertag fahre ich heimwärts nach Blaubeuren zu meiner Familie. Ich freue mich schon auf Dienstag, wenn ich zu meiner ersten Mehrtagesetappe starte.