Buch lesen: «12 Rezepte der adygischen Küche»

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Für meine Oma

Aklima Barieva


Photograph Inga Kazancheva

© Inga Kazancheva, 2025

© Inga Kazancheva, photos, 2025

ISBN 978-5-0065-7490-8

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Vorwort

In der Kindheitserinnerung jedes guten Kochs gibt es… eine große Küche, einen laufenden Kochherd, einen Kuchen im Ofen und eine Mama.

Barbara Costikyan

Vielen Dank, dass Sie dieses Buch gewählt haben. Sie können hier die Rezepte der traditionellen adygischen (tscherkessischen) Gerichte finden. Ich erzähle Ihnen über die Lehren, die mir der berühmte kabardinische Kochforscher Boris Kubatiev, meine Oma und meine Mutti beigebracht haben. Ich freue mich, wenn Sie mich auf dieser kulinarischen Reise begleiten. Hoffentlich macht Ihnen das Buch “12 Rezepte der adygischen Küche” viel Freude und Spaß.

Bevor ich zum Hauptinhalt übergehe, möchte ich Sie daran aufmerksam machen, dass die nordkaukasischen Völker  Tscherkessen, Kabardiner und Adygeer  einen gemeinsamen Selbstnamen haben  Adyge. Die umliegenden Völker aber nennen sie Tscherkessen. Deshalb geht es in diesem Buch um die adygische (tscherkessische) Küche.

Erfolgsformel

“Die Arbeit, die Sie jeden Tag machen, müssen Sie professionell beherrschen.” Ai Mo, der Redner aus Kanada, machte eine Pause. “Wer von Ihnen kocht jeden Tag?” Für die Teilnehmer des Seminars kam diese Frage unerwartet. Fast alle Anwesenden hoben ihre Hand. “Und wer von Ihnen hat Kochen gelernt?” Ai Mo selbst hob seine Hand. Im Auditorium mit dreihundert Menschen folgten ihm nur eine Frau und ich. Der Redner schaute sich im Publikum um. “Kochen ist eine Wissenschaft”, sagte er. “Jeder, der täglich kocht, muss sich im Kochen so gut, wie in seinem Hauptberuf, auskennen. Die Gesundheit der Familie hängt von den Kenntnissen des Kochs ab. Bevor Sie Koch in ihrer eigenen Küche werden, müssen Sie eine Ausbildung machen.”

Die Erfolgsformel des kanadischen Business-Trainers Ai Mo habe ich fest im Gedächtnis behalten. Wenn ich etwas neues erlernen will, suche ich für mich die besten Lehrer. Oft sind die ersten und manchmal die einzigen Lehrer die Bücher, die von den besten Autoren geschrieben sind. Und es kommt vor, dass diese Bücher zu den Meistern führen. So war es auch bei mir. Ich interessierte mich dafür, wie sich die Ernährung auf die Gesundheit auswirkt und las Bücher zu diesem Thema. Diese Bücher führten mich zum Bedürfnis, die traditionellen Gerichte meines Volkes, das für seine Gesundheit, Langlebigkeit und Schönheit berühmt ist, zu lernen.

Die einzigartige Schule

Die erste und einzige adygische Kochschule wurde 1994 vom kabardinischen Kochforscher Boris Kubatiev in Naltschik, der Hauptstadt der nordkaukasischen Republik Kabardino-Balkarien, gegründet. Boris Kubatiev war in unserer Republik sehr beliebt, weil er alte Rezepte der adygischen Küche wiederhergestellt hatte. Er hatte alle Dörfer und Städte des Nordkaukasus, in denen die Träger der adygischen Kochkunst leben, bereist, um diese Rezepte zu sammeln. Einige Jahre später, nachdem der Forscher seine Schule geschlossen hatte, veröffentlichte er zwei Bücher mit mehr als achthundert Rezepten der adygischen (tscherkessischen) Küche.

In die Kochschule “Kubati” kam ich später, als die anderen Schüler. “Du bist rechtzeitig gekommen. Das Wichtigste hast du nicht verpaßt”, beruhigte mich der Meister. “Wir beginnen die praktischen Unterrichte in der nächsten Woche. Bis jetzt habe ich die Rezepte zum Aufschreiben gegeben, aber das reicht nicht, um kochen zu lernen. Wichtig ist, was du selbst mit deinen eigenen Händen machst.”

Gleichzeitig unterrichtete Boris Kubatiev nur vier Personen. Seiner Meinung nach würde eine größere Zahl von Schülern negativ auf die Qualität der praktischen Unterrichte wirken. Der Meister schlug uns vor, ihn mit seinem Vornamen anzureden. Nach den Regeln der tscherkessischen Sprache ist es nicht üblich, eine Person mit dem Vornamen und Vatersnamen und mit “Sie” anzureden. Der Chefkoch folgte diesen Normen und unterschied sich damit von vielen anderen Lehrern.

Die Distanz zwischen dem Traum und der Realität heißt Disziplin

Boris forderte Sauberkeit und Ordnung in der Küche. Er behauptete, dass nur ein ordentlicher disziplinierter Mensch ein guter Koch werden kann. Ich erinnere mich, wie der Lehrer empört war, als eine Schülerin das heruntergefallene Handtuch vom Boden aufhob und auf den Tisch legte. “Wie kann man so was tun?! Wie kann man das Geschirrtuch, das auf dem Boden lag, zurück auf den Tisch legen?!” In seiner Küche hatte jedes Werkzeug seinen Platz und auf der Schwelle lag täglich ein frischgewaschener weißer Lappen.

Der Lehrer verlangte von uns, dass wir ein gestärktes Kopftuch, eine gebügelte Schürze und einen Schuhwechsel mitbringen. Meine Tochter Ingret war damals vier Jahre alt. Sie wollte mich unbedingt begleiten und der Lehrer hatte nichts dagegen. Ich nähte für Ingretchen eine weiße, spitzenbesetzte Kochmütze, und sie besuchte jeden Unterricht mit mir. Boris nannte sie liebevoll “Babitsa”, wie es bei uns üblich ist, kleine Mädchen zu nennen. “Iss, iss, meine kleine Babitsa!” Das gefiel meiner Tochter sehr.

Rezeptnotizen-Idee

“Wenn ihr diese Gerichte nicht oft zubereitet, vergisst ihr mit der Zeit die Zubereitungsart”, warnte uns der Lehrer vor dem Beginn der praktischen Unterrichte. In dem Moment beschloss ich, täglich Notizen zu machen. Dank diesen Notizen habe ich die kleinsten Details der Zubereitung von traditionellen adygischen Gerichten sowie wertvolle Tipps des Chefkochs aufbewahrt.

Die Kochschule funktionierte acht Jahre lang. Im Laufe von diesen Jahren unterrichtete Boris Kubatiev nur zweiundfünfzig Schüler. Ich freue mich, die Kenntnisse, die ich beim berühmten Kochforscher erfahren habe, sowie die Atmosphäre seiner einzigartigen Unterrichte, Ihnen zu vermitteln.

Die Parabel über die Wichtigkeit eines Kochrezepts

Ein berühmter Koch gab dem Hodscha gebratene Rinderleber zu essen. Dem Hodscha schmeckte das Gericht so gut, dass er den Koch um das Rezept bat und es sorgfältig auf ein Blatt Papier aufschrieb. Dann kaufte er Rinderleber auf dem Markt und ging nach Hause. Plötzlich flog ein großer Vogel auf ihn zu und riss ihm das Fleisch aus den Händen. “Diese Leber wird dir sowieso nicht gut schmecken!”, ärgerte sich der Hodscha. “Das Rezept ist ja bei mir geblieben!”

Ein guter Koch legt zu Beginn alle Zutaten und Küchenwerkzeuge bereit. Warum? Weil er auf diese Weise 50 bis 70% seiner Zeit einspart.

Brian Tracy

Kapitel 1. Adygisches Abendbrot für die deutschen Freunde

Mit dem Gast kommt das Glück.

Adygisches Sprichwort

Im Jahre 1985, als Studentin der Fakultät für Germanistik, hatte ich Glück, die Deutsche Demokratische Republik zu besuchen. Die Universität delegierte mich nach Dresden als Dolmetscherin einer Studentenbaugruppe. Die besten Studenten aus Mosambik, Polen, der Tschechoslowakei, der Sowjetunion und der Deutschen Demokratischen Republik versammelten sich im Interlager “Raduga”.

Am Abend der Nationen zeigte unsere Gruppe den adygischen Fürstentanz “Kafa”. Alle waren begeistert nicht nur vom Tanz und von unserer nationalen Tracht, sondern auch von der adygischen Etikette, von unseren Sitten und Bräuchen. Wir beschlossen, die Lagerleiter auch mit der adygischen Küche zu überraschen. Gesagt – getan! Die deutschen Freunde nahmen unsere Einladung gern an.

“Gekochtes Huhn mit Soße” ist ein Klassiker der adygischen Küche und zählt zu den beliebtesten Gerichten der Adygen. Jede Hausfrau bereitet es gern sowie für die Gäste als auch für ihre eigene Familie. Wir waren überzeugt, dass dieses Gericht unsere neuen Freunde beeindruckt.

Wie besprochen war der Tisch um sechs Uhr gedeckt. Auch die Jungen waren rechtzeitig an Ort und Stelle und machten sich sofort an die Arbeit. Während Ralf, der Hauptleiter des Interlagers, das Hühnerfleisch vom Knochen mit dem Messer zu trennen versuchte, zeigte Frank, der für das Kulturprogramm verantwortlich war, seine Kreativität.

“Darf man das mit den Fingern essen?”

“Natürlich”, antwortete ich. “Wir essen das Hühnerfleisch mit den Fingern.”

Er legte das Essbesteck beiseite und genoss sein Essen, während Ralf den ganzen Abend an seinem Hühnerstück herumfummelte. Aber sowohl Ralf als auch Frank tupften die Reste der Soße mit Pasta auf.

Jede Hausfrau bereitet das Gericht “Gekochtes Huhn mit Soße” (auf Tscherkessisch “Dschedlibsche”) auf ihre eigene Weise, aber unabhängig von der Zubereitungsart schmeckt es immer gut. Ich erzähle Ihnen von der klassischen Version, die ich bei Boris Kubatiev gelernt habe. Wenn Sie diesem Rezept Schritt für Schritt folgen, können Sie Ihre Gäste mit einem neuen Gericht begeistern.

Der kostenlose Auszug ist beendet.

€4,35
Altersbeschränkung:
12+
Veröffentlichungsdatum auf Litres:
26 März 2025
Umfang:
50 S. 1 Illustration
ISBN:
9785006574908
Download-Format:
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