Buch lesen: «Der Kommunale Haushalt in Aufstellung, Ausführung und Abschluss», Seite 7

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Veranschlagung einer Verpflichtungsermächtigung

Sachverhalt:

Die Bibliothek soll erweitert werden. Hierfür muss zunächst noch eine benachbarte Grundstücksfläche zugekauft werden. Der Vertrag über den Grunderwerb von 120.000 Euro soll im Oktober 2021 geschlossen werden. Der Eigentümer verlangt die Auszahlung zu 1/4 zum 15.10.2021 und den Rest zum 15.02.2022.

Es ist zu klären, wie der Finanzvorfall zu veranschlagen ist.

Lösung:

Der Sachverhalt erfüllt die Voraussetzungen für die Veranschlagung einer Verpflichtungsermächtigung: Das Tatbestandsmerkmal des § 112 II 1 Nr. 1d NKomVG »Eingehen von Verpflichtungen …« ist durch den geplanten Abschluss des Kaufvertrags in 2021 erfüllt. Das Tatbestandsmerkmal »künftige Haushaltsjahre belasten« ist durch die Restzahlung i. H. v. 90.000 Euro in 2022 erfüllt. Das Tatbestandsmerkmal »Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen« ist als Investition (§ 60 Nr. 22 KomHKVO) durch den Grunderwerb als Mehrung des Sachvermögens erfüllt.

Im Haushaltsjahr (Teilfinanzhaushalt) 2021 ist nach § 3 Nr. 5a KomHKVO bei der Haushaltsposition »Erwerb von Grundstücken und Gebäuden« ein investiver Auszahlungsansatz i. H. v. 30.000 Euro zu veranschlagen (Muster 8 C, Spalte 4) und gleichzeitig maßnahmenbezogen eine Verpflichtungsermächtigung i. H. v. 90.000 Euro (Muster 8 C, Spalte 5).

Der Auszahlungsansatz ermächtigt dazu, eine investive Verpflichtung einzugehen, die noch im gleichen Haushaltsjahr kassenwirksam, d. h. ausgezahlt, wird. Die Verpflichtungsermächtigung ermächtigt dazu, eine investive Verpflichtung einzugehen, die in künftigen Haushaltsjahren kassenwirksam wird. Insgesamt beträgt das mögliche Auftragsvolumen in 2021 damit 120.000 Euro, so dass der Vertrag über den Grunderwerb durch den Auszahlungsansatz zuzüglich zur Verpflichtungsermächtigung ermächtigt ist.

Der Betrag von 90.000 Euro ist zugleich in (Muster 8 C) Spalte 6 »Ansatz des ersten Jahres der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung« einzutragen, so dass die Belastung des künftigen Haushaltsjahres ablesbar ist.

vereinfachtes Muster 8 C, Teilfinanzhaushalt 2021


In den künftigen Jahren ist sodann ein Auszahlungsansatz zu veranschlagen, um die Auszahlung tatsächlich leisten zu dürfen, d. h. die Verpflichtungsermächtigung ersetzt nicht die (später notwendige) Veranschlagung der aus ihr hervorgehenden Auszahlung. Die Verpflichtungsermächtigung ist also in dem direkten Folgejahr oder den weiteren Folgejahren je nach erwarteter zeitlicher Zahlungsverteilung noch zusätzlich als Ansatz (Muster 8 C, Spalte 4) aufzunehmen.

vereinfachtes Muster 8 C, Teilfinanzhaushalt 2022


§ 4 der Haushaltssatzung – Höchstbetrag der Liquiditätskredite

Insbesondere am Jahresanfang stehen Einzahlungen als Deckungsmittel oftmals noch nicht zur Verfügung, die Auszahlungen müssen aber andererseits geleistet werden, so dass die Liquidität gefährdet sein könnte.

§ 60 KomHKVO enthält folgende Begriffsbestimmung:

Nr. 33 Liquidität:

die Fähigkeit der Kommune, zu jeder Zeit ihren Zahlungsverpflichtungen termingerecht und vollständig nachzukommen;

Die Kommune hat die Zahlungsfähigkeit gleichwohl sicherzustellen, damit sie alle Auszahlungen termingerecht und vollständig leisten und ihre Aufgaben erfüllen kann. Liquide Mittel müssen für ihren Zweck rechtzeitig verfügbar sein.

§ 22 KomHKVO fordert zur Liquiditätsplanung:

Die Kommune steuert ihre Zahlungsfähigkeit durch eine Liquiditätsplanung.

Ein verspäteter Eingang der zustehenden Finanzierungsmittel führt entweder zu einer Verzögerung der Aufgabenerfüllung oder zu Liquiditätsproblemen. Um dieses zu vermeiden, ist die erforderliche Liquiditätsplanung zeitnah zu betreiben, so dass der Kommunalkasse rechtzeitig erwartete größere Erträge oder Aufwendungen bzw. Ein- oder Auszahlungen mitzuteilen sind.

Die Forderungen der Kommune sind durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen und die erfassten und festgesetzten Ansprüche der Kommune müssen von den Schuldnern auch rechtzeitig erfüllt werden. In diesem Zusammenhang ist auch die vollständige Erfassung der zustehenden Erträge zu sehen.

§ 25 I KomHKVO regelt zur Bewirtschaftung der Erträge und Einzahlungen:

(1)Die Erträge und Einzahlungen sind rechtzeitig und vollständig zu erfassen. Forderungen sind geltend zu machen und einzuziehen. Der Eingang ist zu überwachen.

Vor diesem Hintergrund ist der Kommunalkasse rechtzeitig und vollständig die Anweisung zur Einziehung der Ansprüche zu erteilen. Einzahlungen, die nicht rechtzeitig eingegangen sind, beeinflussen sodann die Zahlungsfähigkeit, die ausbleiben kann, wenn Auszahlungen (z. B. Gehälter) bei verspätetem Eingang der Einzahlungen (z. B. Steuern) zu leisten sind. Wenn die Zahlungsausgänge nun die Zahlungseingänge übersteigen, kann die Kommune für die unverzügliche Leistung jeglicher Auszahlungsarten Liquiditätskredite »aufnehmen« indem sie z. B. ihr Konto bei ihrem Geldinstitut überzieht.

§ 60 KomHKVO enthält folgende Begriffsbestimmung:

Nr. 34 Liquiditätskredite:

Kredite zur Überbrückung des verzögerten Eingangs von Deckungsmitteln durch in der Regel kurzfristige Verbindlichkeiten, insbesondere Kontokorrentkredite, soweit keine anderen Mittel zur Verfügung stehen;

Liquiditätskredite können also den zeitlichen Versatz zwischen dem Eingang von Einzahlungen und der rechtzeitigen Leistung der Auszahlungen überbrücken. Sowohl aufgenommene Investitionskredite ermächtigt durch § 2 der Haushaltssatzung wie auch aufgenommene Liquiditätskredite ermächtigt durch § 4 der Haushaltssatzung führen durch die sich daraus ergebenden Zahlungsverpflichtungen zu einer Verschuldung, die über die Zinslast grundsätzlich auch die Nettoposition belastet. Während mit Investitionskrediten (z. B. für den Kauf von Betriebs- und Geschäftsausstattung, die Erweiterung der Hochbauten oder die Erweiterung des Infrastrukturvermögens) jedoch neue Werte geschaffen werden, die das Vermögen auf der Aktivseite der Bilanz erhöhen, führen Kredite zur Liquiditätssicherung lediglich zu einer Erhöhung der Verbindlichkeiten auf der Passivseite der Bilanz. Eine Mehrung von Sachvermögen findet nicht statt. Die Verbindlichkeiten aus Liquiditätskrediten gehen also ohne jeglichen Gegenwert zu Lasten folgender Generationen. Sie resultieren vielmehr aus überhöhten konsumtiven Ausgaben der heutigen Generation. Unter dem Aspekt der intergenerativen Gerechtigkeit, wonach der konsumtiv verursachte Vermögensverzehr den Vermögenszugang grundsätzlich nicht übersteigen soll, sind sie damit grundsätzlich auch nur auf kurzfristige Verbindlichkeiten ausgelegt.

So dienen die Liquiditätskredite der Überbrückung temporärer Liquiditätsengpässe und damit zur Sicherung der Liquidität. Die Kommunen können über diese Ermächtigung Kredite zur Liquiditätssicherung als kurzfristige Verbindlichkeiten aufnehmen, um vorübergehende Kassenanspannungen zu überbrücken. In der Praxis haben die Liquiditätskredite gleichwohl große Ausmaße angenommen, da viele Kommunen defizitäre Haushalte ausweisen und diese Defizite hierüber finanzieren. Auch wenn es sich de jure um kurzfristige Verbindlichkeiten handelt, haben sie sich aufgrund der Zinsstruktur und der schwierigen Finanzlage der Kommunen mittlerweile de facto zu einer langfristigen Finanzierungsvariante der laufenden Verwaltungstätigkeit gewandelt. Liquiditätskredite sind andererseits aufgrund ihrer zumeist kurzen Laufzeiten stark von der aktuellen Zinsentwicklung abhängig und die anfallenden Zinsaufwendungen und -auszahlungen sind damit mittelfristig nur bedingt planbar. Folglich birgt diese Finanzierungsvariante große finanzielle Risiken für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung.

§ 122 I 1 NKomVG regelt zu der Aufnahme von Liquiditätskrediten:

(1)1Zur rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen können die Kommunen Liquiditätskredite bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrag aufnehmen, soweit der Kasse keine anderen Mittel zur Verfügung stehen.

Liquiditätskredite können in Anspruch genommen werden, »soweit der Kasse keine anderen Mittel zur Verfügung stehen«, d. h., dass keine anderen freien Finanzmittel vorhanden sein dürfen. Sollten also Zahlungsüberschüsse aus laufender Verwaltungstätigkeit vorhanden sein, sind diese vorrangig zum Abbau der Liquiditätskredite zu verwenden. Zahlungsüberschüsse aus laufender Verwaltungstätigkeit können nur dann zur Deckung von Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen eingesetzt werden, wenn keine Liquiditätskredite vorhanden sind. Andernfalls könnten Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen dauerhaft über (nicht zurückgeführte) Liquiditätskredite finanziert werden. Die Kommune würde für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen nicht in dem notwendigen Umfang Investitionskredite aufnehmen und hierdurch die Genehmigungsbedürftigkeit für Kredite umgehen.

Da die vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten und damit die Inanspruchnahme naturgemäß schwankt, wird die Obergrenze der zulässigen Liquiditätskredite in § 4 der örtlichen Haushaltssatzung angegeben und jeweils jährlich neu festgesetzt. Im Gegensatz zu den in §§ 2 und 3 der Haushaltssatzung festgelegten Gesamtbeträgen der Kredite und Verpflichtungsermächtigungen können Liquiditätskredite im Rahmen dieser Ermächtigung mehrmals im Haushaltsjahr in Anspruch genommen und wieder zurückgezahlt werden. Der Höchstbetrag darf jedoch in der Planausführung zu keinem Zeitpunkt überschritten werden. Liquiditätskredite können im Rahmen des Höchstbetrags beliebig oft aufgenommen, erhöht, zurückgezahlt und wieder aufgenommen werden etc.. Der Höchstbetrag darf im Haushaltsjahr, wenn es erforderlich ist, also mehrmals ausgeschöpft werden. Für die Festsetzung des Höchstbetrages sind sowohl der voraussichtliche Spitzenbedarf wie auch der Bestand an Liquiditätskrediten, die in den Vorjahren aufgenommen worden sind, zu berücksichtigen.

Neben der Darstellung in der Haushaltssatzung erfolgt gleichwohl keine Aufnahme im Sinne einer Einplanung und Darstellung im Haushaltsplan.

§ 14 Nr. 4 KomHKVO regelt die Nicht-Veranschlagung von Liquiditätskrediten:

Im Haushaltsplan werden nicht veranschlagt

Nr. 4 die Einzahlungen und Rückzahlungen aus der Aufnahme von Liquiditätskrediten.

Die Einzahlungen und Rückzahlungen aus der Aufnahme von Liquiditätskrediten sind haushaltsunwirksame Zahlungen und bleiben bei der Planaufstellung unberücksichtigt. Der Liquiditätskreditbedarf wird lediglich in der Planausführung ausgewiesen und gesondert abgewickelt, d. h. er wird in der Zahlungsabwicklung gemäß § 42 II 3 KomHKVO (empfohlene Einzahlungs- und Auszahlungskontenart 670 und 770 jeweils mit Bereichsabgrenzung B und D) gesondert erfasst. Die zu zahlenden Zinsen sind dagegen vollständig haushaltswirksam, d. h. als zahlungswirksamer Aufwand (Konten 4521 und 7521) zu veranschlagen. Die Ergebnis- und Zahlungsgrößen im Zusammenhang mit Krediten zur Liquiditätssicherung sind im Rahmen einer zentralen Schuldenwirtschaft ebenfalls im Produktbereich 6 »Zentrale Finanzleistungen« zusammengefasst in der Produktgruppe 612 »Sonstige Allgemeine Finanzwirtschaft« zu erfassen.

§ 5 der Haushaltssatzung – Hebesätze der Grund- und Gewerbesteuer

Die hier genannten Hebesätze für die sog. Realsteuern sind eine Art Faktor, um die Grund- und Gewerbesteuerschuld zu ermitteln und vom Gewerbetreibenden (bei der Gewerbesteuer), vom Landwirt (bei der Grundsteuer A für unbebautes Land) oder z. B. vom Gebäudeeigentümer (bei der Grundsteuer B) mittels Steuerbescheid zu fordern. Die Vomhundertsätze (als Prozent zu verstehen) werden hierzu mit dem jeweiligen vom Finanzamt festgesetzten Steuermessbetrag multipliziert. Beträgt der Hebesatz für die Gewerbesteuer 395 v. H., so wird der Steuermessbetrag mit 3,95 multipliziert.

Die Hebesätze stellen ein Instrument dar, mit welchem die Vertretung im Rahmen der Steuerhoheit als Teil der Finanzhoheit direkten Einfluss auf die Höhe der Steuern nehmen kann. Der Satzungsparagraf entfaltet demnach als einziger eine Außenwirkung. Hat die Gemeinde nach Maßgabe des Grundsteuergesetzes und des Gewerbesteuergesetzes eine besondere Hebesatzsatzung erlassen, hat die Angabe der Hebesätze in der Haushaltssatzung hingegen nur deklaratorische, d. h. rechtsbekundende, Bedeutung. Insgesamt sind die Realsteuern die mit Abstand aufkommensstärksten Gemeindesteuern und die von der Gemeinde festgelegten Hebesätze sind wichtige Faktoren für die Berechnung der Steuerlast. Es ist gleichwohl zu bedenken, dass hohe Gewerbesteuern die Standortqualität beeinträchtigen und deshalb Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze gefährden könnten.

Die Landkreise regeln in § 5 ihrer Haushaltssatzung den Hebesatz der Kreisumlage. Diese darf von den kreisangehörigen Gemeinden erhoben werden, soweit die Landkreise ihre Aufwendungen und Auszahlungen nicht durch andere eigene Erträge und Einzahlungen finanzieren können. Diese für die Gemeinden erhebliche finanzielle Belastung wird nach den Regeln im Niedersächsischen Finanzausgleichsgesetz berechnet und berücksichtigt u. a. sowohl die Finanzkraft der Gemeinden wie auch den Finanzbedarf des Landkreises. Die Kreisumlage ist wiederum die bedeutendste Finanzierungsquelle des Landkreises und bestimmt damit letztlich die Belastung der kreisangehörigen Gemeinden. So sichert ein im landesweiten Vergleich niedriger Kreisumlagehebesatz den kreisangehörigen Gemeinden Handlungsspielräume für ihre Aufgaben vor Ort.

§ 6 der Haushaltssatzung – Wertgrenzen zur Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe

Neben den bisher vorgestellten Paragrafen, die in der Haushaltssatzung verbindlich aufzunehmen sind, kann noch ein weiterer Paragraf oder auch mehrere hinzukommen.

§ 112 II 2 NKomVG erweitert den Inhalt der Haushaltssatzung:

(2)2Sie kann weitere Vorschriften enthalten, wenn sich diese auf die Erträge, Aufwendungen, Einzahlungen und Auszahlungen sowie den Stellenplan für das Haushaltsjahr beziehen.

Hier werden häufig individuelle Wertgrenzen für die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe (z. B. der Erheblichkeitsbegriffe in § 115 II NKomVG, § 117 I 2 NKomVG, § 8 I KomHKVO, § 4 VI KomHKVO oder § 19 IV 1 KomHKVO) festgelegt, die als Selbstbindung durch die Kommune zu verstehen sind. Zu beachten ist, dass gleiche Formulierungen im Gesetz (z. B. »erheblich« in § 115 II Nr. 1 NKomVG und »erheblich« in § 115 II Nr. 2 NKomVG) in der Praxis in Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes mit verschiedenen Werten festgelegt werden können. Wurde hier keine Festlegung getroffen, muss in der Planausführung in jedem Einzelfall über die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe gesondert entschieden werden.

Auf einen Blick: Aufstellung und Inhalte der Haushaltssatzung

Die Aufstellung der Haushaltssatzung hat nach § 112 I NKomVG für jedes Haushaltsjahr zu erfolgen. Die Pflichtinhalte beziehen sich auf fünf Paragraphen:

Das Gesamtvolumen in § 1 der Haushaltssatzung ist rein informativ und erlaubt einen schnellen Überblick über die Planungsgrößen des Ergebnis- und Finanzhaushalts.

Die Kreditermächtigung in § 2 der Haushaltssatzung stellt die Erlaubnis dar, unter der Verpflichtung zur Tilgung von Dritten oder von Sondervermögen mit Sonderrechnung Geldkapital als Deckungsmittel für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen aufzunehmen. Weitere Aufnahme- und Formvorschriften sind in § 111 VI NKomVG, § 112 II 1 Nr. 1 c NKomVG sowie in § 120 NKomVG enthalten.

Der Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen in § 3 der Haushaltssatzung steht vor dem Hintergrund, dass die Kommune einen Finanzvorfall im Haushaltsjahr nur auslösen darf, wenn der Haushaltsplan hierzu ermächtigt. Möchte die Kommune im Haushaltsjahr ein Rechtsgeschäft im Zusammenhang mit einer Investition oder Investitionsförderungsmaßnahme, mit dem erst in künftigen Jahren Auszahlungen verbunden sind, eingehen, bedarf sie hierzu im Haushaltsjahr einer Verpflichtungsermächtigung. Weitere Vorschriften sind in § 112 II 1 Nr. 1 d NKomVG, in § 119 NKomVG und in § 11 KomHKVO enthalten. Verpflichtungsermächtigungen führen zu einer Mittelbindung zu Lasten künftiger Haushaltsjahre und schränken insofern deren Handlungsspielraum ein.

Der Höchstbetrag der Liquiditätskredite in § 4 der Haushaltssatzung ermöglicht der Kommune, zu jeder Zeit ihren Zahlungsverpflichtungen termingerecht und vollständig nachzukommen. Die Kommune darf so bis zu dem genannten Höchstbetrag Kredite zur Überbrückung des verzögerten Eingangs von Deckungsmitteln durch in der Regel kurzfristige Verbindlichkeiten aufnehmen, soweit keine anderen Mittel zur Verfügung stehen. Weitere Vorschriften sind in § 112 II 1 Nr. 2 NKomVG und in § 122 NKomVG enthalten.

Mit der Festsetzung der Hebesätze der Grund- und Gewerbesteuer in § 5 der Haushaltssatzung nimmt die Vertretung im Rahmen der Steuerhoheit als Teil der Finanzhoheit direkten Einfluss auf die Höhe der geplanten Steuererträge.

2.3.2Genehmigungsbedürftige Teile der Haushaltssatzung

Vom Grundsatz her ist die Haushaltssatzung genehmigungsfrei und nur einzelne Paragrafen sind (bedingt) genehmigungsbedürftig.

§ 114 II 1 und 2 NKomVG verweisen auf genehmigungsbedürftige Teile:

(2)1Enthält die Haushaltssatzung genehmigungsbedürftige Teile, so darf sie erst nach Erteilung der Genehmigung verkündet werden. 2Haushaltssatzungen ohne genehmigungsbedürftige Teile dürfen frühestens einen Monat nach Vorlage an die Kommunalaufsichtsbehörde verkündet werden.

Die Haushaltssatzung kann genehmigungsbedürftige Teile nach § 119 IV, § 120 II und § 122 II NKomVG enthalten. Sollten diese genehmigungsbedürftigen Teile in der Haushaltssatzung enthalten sein, gilt die Genehmigung grundsätzlich als erteilt, wenn über einen Genehmigungsantrag von der zuständigen Aufsichtsbehörde nicht innerhalb von drei Monaten nach seinem Eingang entschieden worden ist.

Entsprechend formuliert § 176 I NKomVG zu Genehmigungen:

(1)1Satzungen, Beschlüsse und andere Maßnahmen der Kommune, für die eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforderlich ist, werden erst mit der Genehmigung wirksam. 2Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn über einen Genehmigungsantrag von der zuständigen Aufsichtsbehörde nicht innerhalb eines Monats nach seinem Eingang entschieden worden ist. 3Dies gilt nicht, wenn die Kommune einer Fristverlängerung zugestimmt hat. 4Der Kommune ist auf Antrag zu bescheinigen, dass die Genehmigung als erteilt gilt. 5Satz 2 gilt nicht für die Zulassung von Ausnahmen. 6Für Genehmigungen nach § 119 Abs. 4, § 120 Abs. 2 und 6, § 121 Abs. 2 und 3, § 122 Abs. 2 sowie § 152 Abs. 2 gilt Satz 2 mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Frist von einem Monat eine Frist von drei Monaten tritt, in den Fällen des § 119 Abs. 4 und des § 120 Abs. 2 jedoch nur, wenn für die Genehmigung eine besondere Prüfung erforderlich ist. 7Ein besonderer Prüfungsbedarf liegt vor, wenn

1.in der letzten bestandskräftigen Entscheidung nach § 120 Abs. 2 festgestellt worden ist, dass die Kreditverpflichtungen mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Kommune nicht in Einklang stehen,

2.der Gesamtbetrag der Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungs-maßnahmen höher als die zu leistende ordentliche Tilgung ist oder

3.zugleich ein Genehmigungserfordernis nach § 122 Abs. 2 besteht.

Die jeweiligen Paragrafen zur Genehmigungsbedürftigkeit der Haushaltssatzungsteile lauten hierzu wie folgt:

§ 120 II NKomVG zur Genehmigungsbedürftigkeit der Kredite in § 2 der Haushaltssatzung:

(2)1Der Gesamtbetrag der im Finanzhaushalt vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen bedarf im Rahmen der Haushaltssatzung der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde (Gesamtgenehmigung). 2Die Genehmigung soll nach den Grundsätzen einer geordneten Haushaltswirtschaft erteilt oder versagt werden; sie kann unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden. 3Sie ist in der Regel zu versagen, wenn die Kreditverpflichtungen nicht mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Kommune im Einklang stehen.

Der Gesamtbetrag der Kredite für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen ist also in jedem Fall genehmigungsbedürftig. Dieses schon, um Risiken der Kommunen zu minimieren und eine mögliche Überschuldung zu vermeiden. Kredite begründen durch Zins- und Tilgungszahlungen langfristige Zahlungsverpflichtungen und belasten die künftige Haushaltswirtschaft. Die Genehmigung der Kreditaufnahme ist daher an die Grundsätze einer geordneten Haushaltswirtschaft geknüpft, die individuell zu betrachten ist.

Die Kreditverpflichtungen sind zudem unter Berücksichtigung der dauernden Leistungsfähigkeit, die wiederum in § 23 KomHKVO skizziert ist, zu prüfen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit, die Aufgabenstruktur und die Entwicklungschancen einer Kommune werden dabei vom jeweiligen strukturellen Umfeld beeinflusst. So sind z. B. der Gemeindetyp, die Bevölkerungsstruktur, die Gewerbeansiedlungen sowie die Gebiets- und Infrastruktur wesentliche Faktoren, die in die Überlegungen zur Genehmigung der Kreditaufnahmen einzubeziehen sind.

Hat die Kommunalaufsicht nur einen Teilbetrag des veranschlagten Gesamtbetrages der Kredite genehmigt, so besteht für die Kommune die Möglichkeit, der Reduzierung zuzustimmen oder diese abzulehnen. Bei einer Zustimmung ist sodann vor der öffentlichen Auslegung und der Verkündung von der Vertretung nach § 58 I Nr. 9 NKomVG ein sog. Beitrittsbeschluss zu fassen. Stimmt die Vertretung der Reduzierung nicht zu, gilt die Genehmigung als nicht erteilt. Eine rechtswirksame Verkündung der Haushaltssatzung ist dann nicht möglich. In diesem Fall müssen die Haushaltssatzung und der Haushaltsplan überarbeitet, die Haushaltssatzung erneut beschlossen und der Kommunalaufsicht zur Genehmigung vorgelegt werden.

Zu bedenken ist jedoch, dass die Genehmigung der Kreditaufnahme andererseits erhebliche Rückwirkungen auf die Investitionstätigkeit der Kommune hat. Die Finanzierung der Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen hat nach § 111 VI NKomVG nachrangig aus Kreditaufnahmen zu erfolgen. Bei einer durch die Kommunalaufsichtsbehörde limitierten Kreditermächtigung ist die Kommune sodann vorrangig auf andere Finanzierungen, wie z. B. aus Beiträgen, Zuwendungen oder Veräußerungserlösen von Vermögensgegenständen, angewiesen.

Tritt die Vertretung durch Beschluss dem von der Kommunalaufsicht genehmigten reduzierten Gesamtbetrag für Kredite gleichwohl bei, entfaltet die erteilte (Teil-) Genehmigung ihre Rechtswirksamkeit. Im Rahmen des Beitrittsbeschlusses entscheidet die Vertretung auch über die Maßnahmen, die wegen der Kürzung der Kreditaufnahmen nicht durchgeführt werden können, aufgeschoben oder gestreckt werden müssen. Die geänderte Fassung der Haushaltssatzung ist der Kommunalaufsicht nochmals vorzulegen, zeitgleich können die Verkündung und öffentliche Auslegung erfolgen.

Hat die Kommunalaufsicht den Gesamtbetrag der veranschlagten Kredite versagt, so kann die Vertretung auch dieser Versagung beitreten, sodass die Haushaltssatzung ohne Gesamtkreditbetrag in Kraft tritt. Möchte die Verwaltung eine Kreditermächtigung in der Haushaltssatzung aufnehmen, so muss sie eine neue Haushaltssatzung beschließen und der Kommunalaufsichtsbehörde zur Genehmigung vorlegen.

§ 119 IV NKomVG zur (bedingten) Genehmigungsbedürftigkeit der Verpflichtungsermächtigungen in § 3 der Haushaltssatzung:

(4)Der Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen bedarf im Rahmen der Haushaltssatzung der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde, soweit in den Jahren, zu deren Lasten sie veranschlagt werden, insgesamt Kreditaufnahmen vorgesehen sind.

Verpflichtungsermächtigungen belasten künftige Haushaltsjahre mit Auszahlungen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen. Um zu sehen, ob und in welchen belasteten Jahren insgesamt Kreditaufnahmen vorgesehen sind, wird auf die integrierte mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung verwiesen, welche eine Vorausschau auf künftige Haushaltsjahre ermöglicht. Zur konkreten Berechnung, inwieweit die Verpflichtungsermächtigungen der Genehmigung bedürfen, kann das Muster 9 herangezogen werden, welches die notwendige Gegenüberstellung der zu prüfenden Elemente ausweist.

Übersicht

über die aus Verpflichtungsermächtigungen voraussichtlich

fällig werdenden Auszahlungen

(Muster 9)

Übersicht gem. § 1 Abs. 2 Nr. 5 KomHKVO


Diese Übersicht dient der Kommunalaufsichtsbehörde als Hilfsmittel zur Beurteilung über die Genehmigungsbedürftigkeit des Gesamtbetrags der Verpflichtungsermächtigungen. Dieser ist in § 3 der Haushaltssatzung 2021 (Spalte 1) festgesetzt und beträgt in diesem Beispiel 740.000 Euro (Summe der Spalten 3 bis 5). Die Formulierung in § 119 IV NKomVG »bedarf im Rahmen der Haushaltssatzung der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde, soweit …« zeigt, dass nicht der volle Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen genehmigungsbedürftig ist, sondern maximal nur der Teilbetrag, der den Kreditaufnahmen in den belasteten Jahren entspricht. Die Genehmigungsbedürftigkeit ist zudem für jedes belastete Haushaltsjahr, in dem die Verpflichtungsermächtigungen voraussichtlich zu Auszahlungen führen, getrennt zu prüfen. Da Verpflichtungsermächtigungen künftige Haushaltsjahre belasten, kann in Spalte 2 naturgemäß kein Wert stehen. Im belasteten Jahr 2022 (Spalte 3) sind von dem Anteil der Verpflichtungsermächtigung i. H. v. 300.000 Euro lediglich 220.000 Euro genehmigungsbedürftig, da nur soweit Kreditaufnahmen veranschlagt sind. Für den durch Eigenmittel finanzierten Anteil ist damit keine Genehmigung erforderlich. Im belasteten Jahr 2023 (Spalte 4) ist ein Teilbetrag i. H. v. 240.000 Euro genehmigungsbedürftig, der der voraussichtlichen Kreditaufnahme entspricht. Im belasteten Jahr 2024 (Spalte 5) sind die Kreditaufnahmen höher als der Anteil der Verpflichtungsermächtigung i. H. v. 190.000 Euro, so dass der Teilbetrag voll genehmigungsbedürftig ist. Als Rechtsfolge bedarf der festgesetzte Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen i. H. v. 740.000 Euro lediglich i. H. v. 650.000 Euro der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde.

Soweit die Kommunalaufsichtsbehörde den Gesamtbetrag oder einen Teilbetrag der Verpflichtungsermächtigungen nach § 119 IV NKomVG versagt, ist von der Vertretung ebenfalls ein Beitrittsbeschluss zu fassen. Tritt die Vertretung durch Beschluss dem von der Kommunalaufsicht genehmigten reduzierten Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen bei, entfaltet die erteilte (Teil-) Genehmigung ihre Rechtswirksamkeit.

§ 122 II NKomVG zur (bedingten) Genehmigungsbedürftigkeit der Liquiditätskredite in § 4 der Haushaltssatzung:

(2)Der in der Haushaltssatzung festgesetzte Höchstbetrag bedarf der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde, wenn er ein Sechstel der im Finanzhaushalt veranschlagten Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit übersteigt.

Die Formulierung »bedarf der Genehmigung …, wenn …« zeigt, dass eine einfache Gegenüberstellung des Höchstbetrags der Liquiditätskredite zu den im Finanzhaushalt veranschlagten Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit notwendig ist. Sollte der Höchstbetrag der Liquiditätskredite z. B. 26.000.000 Euro und die im Finanzhaushalt veranschlagten Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit 98.900.000 Euro betragen, so übersteigt der Höchstbetrag der Liquiditätskredite ein Sechstel dieser Einzahlungen. Als Rechtsfolge bedarf der in § 4 der Haushaltssatzung festgesetzte Höchstbetrag der Liquiditätskredite in voller Höhe der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde.

Soweit die Kommunalaufsichtsbehörde den Höchstbetrag oder einen Teilbetrag der Liquiditätskredite nach § 122 II NKomVG versagt, ist von der Vertretung ebenfalls ein Beitrittsbeschluss zu fassen. Tritt die Vertretung durch Beschluss dem von der Kommunalaufsicht genehmigten reduzierten Höchstbetrag für Liquiditätskredite bei, entfaltet die erteilte (Teil-) Genehmigung ihre Rechtswirksamkeit.

Auf einen Blick: Genehmigungsbedürftige Teile der Haushaltssatzung

Einzelne Paragraphen der Haushaltssatzung bedürfen einer Genehmigung. Diese beziehen sich auf den angegebenen Gesamtbetrag der vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen, auf den Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen sowie auf den festgesetzten Höchstbetrag der Liquiditätskredite. Weitere Vorschriften sind in § 120 II NKomVG, § 119 IV NKomVG und § 122 II NKomVG enthalten.

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846 S. 411 Illustrationen
ISBN:
9783786910183
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