Ich beschattete die Augen mit der Hand. »Es ist wie die Landschaft eines Traums. Diese Dinge sind weniger wie irdische Landpflanzen als wie das, was man sich zwischen den Felsen auf dem Meeresboden vorstellt. Sehn Sie das dahinten an! Man könnte es für eine Eidechse halten, die in eine Pflanze verwandelt wäre. Und der Glanz!«
»Dies ist nur erst der frische Morgen«, sagte Cavor.
Er seufzte und blickte um sich. »Dies ist keine Welt für Menschen«, sagte er. »Und doch, gewissermaßen – es ruft danach.«
Er verstummte eine Weile, dann begann er sein nachdenkliches Summen.
Ich fuhr unter einer leichten Berührung zusammen und sah, wie mir ein dünnes Blatt fahler Flechten über den Schuh schlug. Ich trat danach und es zerfiel zu Pulver, und jedes Fleckchen begann zu wachsen.
Ich hörte Cavor scharf aufschreien und sah, dass ihn eines der festgewachsenen Bajonette des Strauchwerks gestochen hatte.
Er zögerte, feine Augen suchten unter den Felsen um uns. Ein plötzlicher rosiger Schein war einen rauen Felspfeiler emporgekrochen. Es war ein ganz merkwürdiges Rosa, ein fahles Magenta.
»Sehn Sie!«, sagte ich und drehte mich um, aber siehe, Cavor war verschwunden.
Einen Moment stand ich gebannt. Dann tat ich einen hastigen Schritt, um über den Rand des Felsens zu blicken. Aber in meiner Überraschung über sein Verschwinden vergaß ich von neuem, dass wir auf dem Monde waren. Der Druck meines Fußes, den ich zum Schritt ausübte, hätte mich auf der Erde einen Meter weit getragen, auf dem Monde trug er mich sechs – gute fünf Meter über den Rand hinaus. Im Moment hatte das etwa die Wirkung jenes Albs, in dem man fällt und fällt. Denn während man auf der Erde in der ersten Sekunde eines Falls sechzehn Fuß fällt, fällt man auf dem Monde zwei, und mit nur einem Sechstel seines Gewichts. Ich fiel, oder ich sprang vielmehr zehn Meter hinab, denke ich. Es schien eine ganze Zeit zu dauern, fünf oder sechs Sekunden, sollte ich meinen. Ich schwebte durch die Luft und fiel wie eine Feder, knietief in eine Schneetrift auf dem Boden einer Rinne aus blaugrauem, weißgeädertem Fels hinein.
Ich blickte mich um. »Cavor!«, rief ich; aber kein Cavor war zu sehen.
»Cavor!«, rief ich lauter, und die Felsen warfen mir ihr Echo zurück.
Ich wandte mich wild, zu den Felsen und kletterte auf ihre Gipfel. »Cavor!«, rief ich. Meine Stimme klang wie die Stimme eines verlorenen Lammes.
Auch die Sphäre war außer Sicht, und einen Moment bedrückte mir ein furchtbares Gefühl der Verlassenheit das Herz.
Dann sah ich ihn. Er lachte und gestikulierte, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er stand auf einem nackten Felsstück zwanzig oder dreißig Meter entfernt. Seine Stimme konnte ich nicht hören, aber seine Gesten sagten: »Springen Sie!« Ich zögerte; die Entfernung schien enorm. Aber ich überlegte mir, ich müsse doch sicher imstande sein, eine größere Entfernung zu nehmen als Cavor.
Ich tat einen Schritt zurück, nahm mich zusammen und sprang mit aller Macht. Ich schien geradewegs in die Lust emporzuschießen, als sollte ich nie wieder herunterkommen …
Es war furchtbar und reizvoll, und so wild wie ein Alb, auf diese Art davonfliegen. Ich sah gleich, dass mein Sprung viel zu heftig gewesen war. Ich flog glatt über Cavors Kopf weg, und sah eine stachlige Wirrnis in einem Spalt meinem Fall entgegenstarren. Ich stieß einen Schreckensschrei aus. Ich streckte die Hände vor mich hin und spannte meine Beine.
Ich schlug auf eine pilzartige Masse, die rings um mich aufspritzte und nach allen Richtungen hin eine Masse orangefarbener Sporen fortschleuderte und mich mit orangegelben Pulver bedeckte. Ich überschlug mich sprudelnd und kam, von atemlosem Lachen geschüttet, zur Ruhe.
Ich sah Cavors kleines, rundes Gesicht über eine borstige Hecke spähen. Er rief eine matte Frage. »Eh?«, versuchte ich zu rufen, konnte es aber vor Atemmangel nicht. Er arbeitete sich zu mir hin, indem er vorsichtig durch die Büsche kam.
»Wir müssen uns in acht nehmen«, sagte er. »Dieser Mond hat keine Zucht. Er wird uns noch zerschmettern lassen.«
Er half mir auf die Füße. »Sie haben sich zu sehr angestrengt«, sagte er, indem er mit der Hand auf das gelbe Zeug klopfte, um es von meinem Anzug zu entfernen.
Ich stand passiv und keuchend da und ließ ihn mir die Gallerte von Knien und Ellbogen schlagen und über mein Missgeschick predigen. »Wir berücksichtigen die Gravitation nicht genug. Unsere Muskeln sind noch kaum erzogen. Wir müssen ein wenig üben, wenn Sie wieder zu Atem gekommen sind.«
Ich zog mir zwei oder drei kleine Dornen aus der Hand und blieb eine Zeit lang auf einem Felsblock sitzen. Mir bebten die Muskeln, und ich hatte jenes Gefühl der persönlichen Enttäuschung, das auf der Erde den befällt, der beim Erlernen des Radfahrens den ersten Fall tut.
Plötzlich fiel es Cavor ein, die kalte Luft in dem Spalt könne mir nach dem Sonnenglanz ein Fieber geben. So kletterten wir in den Sonnenschein zurück. Wir fanden, dass ich von meinem Sturz außer ein paar Abschürfungen keinerlei ernste Beschädigung davongetragen hatte, und auf Cavors Vorschlag blickten wir uns dann nach einem sicheren und leichten Landeplatz für meinen nächsten Sprung um. Wir wählten eine Felsenplatte in etwa zehn Meter Entfernung, die durch ein kleines Dickicht von olivengrünen Dornen von uns getrennt war.
»Stellen Sie sich vor, es wäre da!«, sagte Cavor, der die Miene eines Trainers annahm, und er zeigte auf eine Stelle, die von meinen Zehen etwa vier Fuß entfernt war. Diesen Sprung brachte ich ohne Schwierigkeit fertig, und ich muss gestehen, ich fand eine gewisse Befriedigung darin, dass Cavor um einen Fuß oder so zu kurz sprang und die Dornen des Gestrüpps zu kosten bekam. »Man muss sich in acht nehmen, sehen Sie!«, sagte er und zog sich die Dornen heraus, und damit hörte er auf, mein Mentor zu sein und wurde mein Mitlehrling in der Kunst der Bewegung auf dem Monde.
Wir wählten einen noch leichteren Sprung und taten ihn ohne Schwierigkeit; dann sprangen wir wieder zurück, und so mehrmals hin und her, indem wir unsere Muskeln an den neuen Maßstab gewöhnten. Ich hätte es nie geglaubt, wenn ich es nicht ausprobiert hätte, wie schnell diese Anpassung vor sich gehen würde. In ganz kurzer Zeit, sicher nach weniger als dreißig Sprüngen, konnten wir die für eine Entfernung nötige Anstrengung mit fast irdischer Sicherheit beurteilen.
Und noch während all der Zeit wuchsen die Mondpflanzen um uns, immer höher und dichter und wirrer, jeden Augenblick dicker und größer, dornige Pflanzen, grüne Kaktusmassen, Pilze, fleischige und flechtenartige Dinge, die seltsamsten strahligen und gewundenen Gestalten. Aber wir waren so mit unserm Springen beschäftigt, dass wir eine Zeit lang nicht auf ihre unentwegte Entfaltung achteten.
Eine außerordentliche Gehobenheit hatte uns ergriffen. Zum Teil glaube ich, war es das Gefühl der Befreiung aus dem Gefängnis der Sphäre. Hauptsächlich aber war es die dünne Frische der Luft, die, wie ich sicher glaube, einen viel höheren Bruchteil Sauerstoff enthielt als unsere irdische Atmosphäre. Trotz der Fremdartigkeit unserer ganzen Umgebung fühlte ich mich so abenteuerlich und experimentell, wie sich ein Cockney fühlen würde, den man zum ersten Mal unter die Berge stellte; und ich glaube nicht, dass es einem von uns einfiel, obgleich wir dem Unbekannten von Angesicht zu Angesicht gegenüber standen, uns sehr zu fürchten.
Wir waren von einem Unternehmungsgeist gebissen. Wir wählten eine flechtenbedeckte Kopje in etwa fünfzehn Meter Entfernung und landeten glatt einer nach dem anderen auf seinem Gipfel. »Gut!«, riefen wir einander zu, »gut!«, und Cavor machte drei Schritte und sprang zu einem verlockenden Schneehang, reichliche zwanzig Meter und mehr entfernt, davon. Einen Moment blieb ich von der grotesken Wirkung seiner auffliegenden Gestalt – seiner schmutzigen Kricketmütze und des borstigen Haars, seines kleinen, runden Rumpfes, seiner Arme und seiner in Kniehosen eng eingeknöpften Beine – vor der magischen Geräumigkeit der Mondszenerie – gebannt stehen. Mich fasste ein plötzliches Lachen, und dann sprang ich ab, ihm zu folgen. Plumps! fiel ich neben ihm nieder.
Wir machten ein paar gargantuanische Schritte, sprangen noch drei oder viermal und setzten uns schließlich in einer flechtenbedeckten Höhlung nieder. Unsere Lungen schmerzten. Wir saßen da und hielten uns die Seiten und suchten wieder zu Atem zu kommen, indem wir einander Beifall zublickten. Cavor keuchte etwas von »erstaunlichen Empfindungen«. Und dann kam mir ein Gedanke in den Kopf. Im Moment erschien er nicht als ein besonders erschreckender Gedanke, nur als eine natürliche Frage, die sich aus der Situation ergab.
»Nebenbei«, sagte ich, »wo mag die Sphäre des Genaueren liegen?«
Cavor blickte mich an. »Eh?«
Die volle Bedeutung dessen, was wir sagten, blitzte mir scharf auf.
»Cavor!«, rief ich und legte ihm eine Hand auf den Arm, »wo ist die Sphäre?«
Sein Gesicht nahm etwas von meinem Entsetzen an. Er stand auf und starrte um sich in das Gestrüpp, das uns umzäunte und um uns aufstieg und in leidenschaftlichem Wachstum nach oben rang. Er legte sich eine zweifelnde Hand an die Lippen. Er sprach mit einem plötzlichen Mangel an Sicherheit. »Ich glaube«, sagte er langsam, »wir haben sie … irgendwo … daherum gelassen.«
Er zeigte mit zögerndem Finger, der über einen Bogen schwankte.
»Ich bin nicht sicher.« Die Bestürzung in seinem Blicke vertiefte sich. »Auf jeden Fall«, sagte er, die Augen auf mich gerichtet, »kann es nicht weit sein.«
Wir waren beide aufgestanden. Wir stießen bedeutungslose Ausrufe aus, unsere Augen suchten in dem sich verschlingenden, dichter werdenden Dschungel rings um uns.
Überall rings um uns schäumten und schwankten die strahlenden Büsche, die schwellenden Kakteen, die kriechenden Flechten. Überall dort, wo Schatten war, blieben die Schneewehen liegen. Nach Norden, nach Süden, nach Osten und Westen erstreckte sich die gleiche Monotonie ungewohnter Formen. Und irgendwo begraben schon in diesem verschlungenen Wirrwarr, lag unsere Sphäre, unser Haus, unser einziger Vorrat, unsere einzige Hoffnung auf Rettung aus dieser fantastischen Wildnis ephemerer Pflanzen, in die wir geraten waren.
»Ich glaube doch«, sagte er, plötzlich zeigend, »es könnte da drüben sein.«
»Nein«, sagte ich. »Wir haben uns in einer Kurve gedreht! Seh’n Sie! da ist die Spur meines Absatzes. Es ist klar, sie muss mehr nach Osten liegen, viel mehr. Nein! – die Sphäre muss da drüben sein.«
»Ich glaube«, sagte Cavor, »ich habe die Sonne die ganze Zeit über rechts gehabt.«
»Bei jedem Sprung, scheint mir«, sagte ich, »ist mein Schatten vor mir hergeflogen.«
Wir starrten uns gegenseitig in die Augen. Das Gebiet des Kraters war unserer Fantasie ungeheuer weit geworden, das wachsende Dickicht bereits undurchdringlich dicht.
»Gütiger Himmel! Was für Narren wir gewesen sind!«
»Es ist klar, dass wir sie wiederfinden müssen«, sagte Cavor, »und das bald. Die Sonne wird stärker. Wir würden schon jetzt vor Hitze ohnmächtig werden, wenn es nicht so trocken wäre. Und … ich habe Hunger.«
Ich starrte ihn an. Diese Seite der Sache hatte ich vorher nicht vermutet. Aber es überkam mich sofort – ein positives Verlangen. »Ja«, sagte ich mit Nachdruck, »ich habe auch Hunger.«
Er stand mit einem Blick aktiver Entschlossenheit auf. »Aus jeden Fall müssen wir die Sphäre finden.«
So ruhig wie möglich überblickten wir die endlosen Risse und Dickichte, die den Boden des Kraters bildeten, und wir beide wogen in der Stille die Aussicht ab, ob wir die Sphäre finden würden, ehe die Hitze und der Hunger uns überwältigten.
»Sie kann keine fünfzig Meter von hier entfernt sein«, sagte Cavor mit unentschiedenen Gesten. »Das einzige ist, herumzusuchen, bis wir sie finden.«
»Das ist alles, was wir tun können«, sagte ich ohne jede Lebendigkeit, mit unserer Jagd zu beginnen. »Ich wollte, diese verdammten Dornbüsche wüchsen nicht so schnell.«
»Das ist es gerade«, sagte Cavor. »Aber sie hat auf einer Schneebank gelegen.«
Ich starrte in der unbestimmten Hoffnung umher, ich werde einen Kopf oder einen Busch wiedererkennen, der in der Nähe der Sphäre gestanden hatte. Aber alles war die verwirrende Gleichheit, überall die aufstrebenden Büsche, die schwellenden Pilze, die schwindenden Schneebänke, die sich stetig und unvermeidlich änderten. Die Sonne sengte und stach, die Schwäche eines unerklärlichen Hungers mischte sich mit unserer unendlichen Bestürzung. Und wie wir noch so da standen, verwirrt und verloren unter unerhörten Dingen, wurden wir uns zum ersten Mal eines Schalles auf dem Mond bewusst, der etwas anderes war, als die Regung der wachsenden Pflanzen, das leichte Seufzen des Windes oder die Geräusche, die wir selber gemacht hatten.
Bumm … Bumm … Bumm …
Er kam von unter unseren Füßen her – ein Schall im Mond. Es war, als hörten wir ihn ebensosehr mit unsern Füßen wie mit unsern Ohren. Seine dumpfe Resonanz war durch die Ferne gedämpft, gedämpft von den dazwischenliegenden Massen. Kein Schall, den ich mir vorstellen kann, hätte uns mehr erstaunen können, oder hätte den Ausdruck der Dinge um uns vollständiger verändern können. Denn dieser reiche, langsame und überlegte Schall, so schien es uns, konnte nichts sein als der Schlag einer riesenhaften, vergrabenen Uhr.
Bumm … Bumm … Bumm …
Ein Schall, der an stille Klöster erinnerte, an schlaflose Nächte in volkreichen Städten, an Wachen und die erwartete Stunde, an alles, was geordnet und methodisch am Leben ist, und der dröhnte schwanger und geheimnisvoll empor in diese fantastische Wüste! Für das Auge war alles unverändert: die Einsamkeit der Büsche und Kakteen, die sich schweigend im Winde wiegten, erstreckte sich ungebrochen bis zu den fernen Klippen, der noch dunkle Himmel zu Häupten war leer; und die heiße Sonne zögerte und brannte. Und durch all das hindurch pochte eine Warnung, eine Drohung, dieses Schallrätsel hindurch.
Bumm … Bumm … Bumm …
Wir fragten einander mit schwachen und matten Stimmen. »Eine Uhr?«
»Wie eine Uhr!«
»Was ist es?«
»Was kann es sein?«
»Zählen Sie«, lautete Cavors verspäteter Vorschlag, und bei dem Worte hörte das Schlagen auf.
Die Stille, die rhythmische Enttäuschung der Stille, wirkte als ein neuer Stoß. Einen Moment konnte man zweifeln, ob man je einen Ton gehört hatte. Ober ob er nicht noch fortdauerte. Hatte ich wirklich einen Schall gehört?
Ich fühlte den Druck von Cavors Hand auf meinem Arm. Er sprach im Flüsterton, als fürchte er, ein schlafendes Etwas zu wecken. »Lasten Sie uns zusammenbleiben«, flüsterte er, »und nach der Sphäre suchen. Wir müssen zur Sphäre zurückkommen. Dies geht über unser Verständnis hinaus.«
»In welcher Richtung sollen wir gehen?«
Er zögerte. Eine intensive Überzeugung von der Gegenwart von Wesen, von unsichtbaren Dingen um uns und in unserer Nähe beherrschte unseren Geist. Was konnte es sein? Wo mochten wir sein? War diese dürre Einöde, die wechselnd gefroren und versengt wurde, nur die äußere Rinde und Maske einer unterirdischen Welt? Und wenn, welcher Art von Welt? Welche Art Bewohner konnte sie nicht plötzlich auf uns ausspeien!
Und dann stach in die schmerzende Stille hinein, lebhaft und plötzlich wie ein unerwarteter Donnerschlag, ein Geklirr und ein Rasseln hinein, als wären plötzlich große metallene Tore aufgestoßen.
Das unterbrach unsere Schritte. Wir standen still und starrten hilflos. Dann stahl Cavor sich auf mich zu.
»Ich verstehe das nicht!«, flüsterte er mir nah am Gesicht. Er schwenkte die Hand unbestimmt nach dem Himmel hin – die unbestimmte Andeutung noch unbestimmterer Gedanken.
»Ein Versteck! Wenn irgend etwas käme …«
Ich blickte um uns. Ich nickte ihm zustimmend mit dem Kopfe zu.
Wir brachen wieder auf und bewegten uns verstohlen mit den übertriebenen Vorsichtsmaßregeln gegen ein Geräusch. Wir gingen auf ein Gestrüppdickicht zu. Ein Gerassel, wie wenn man Hämmer um einen Kessel schlägt, beschleunigte unsere Schritte. »Wir müssen kriechen«, flüsterte Cavor.
Die unteren Blätter der Bajonettpflanzen, die schon von den jüngeren darüber beschattet wurden, begannen zu welken und zu verschrumpfen, sodass wir uns zwischen den dicker werdenden Stämmen ohne ernsten Schaden durcharbeiten konnten. Auf einen Stich ins Gesicht oder in den Arm achteten wir nicht. Im Herzen des Dickichts machte ich Halt und starrte Cavor keuchend ins Gesicht.
»Unterirdisch«, flüsterte er. »Da unten.«
»Sie können herauskommen.«
»Wir müssen die Sphäre finden!«
»Ja«, sagte ich, »aber wie?«
»Wenn wir aber nicht zu ihr kommen.«
»Kriechen, bis wir zu ihr kommen.«
»Verborgen bleiben. Sehen, wie sie sind.«
»Wir wollen zusammenbleiben«, sagte ich.
Er dachte nach. »Wohin sollen wir gehen?«
»Wir müssen unser Glück versuchen.«
Wir spähten hierhin und dorthin. Dann begannen wir sehr umsichtig durch den unteren Dschungel zu kriechen, in dem wir, so gut wir es beurteilen konnten, einen Kreis schlugen und jetzt bei jedem schwankenden Schwammgewächs, bei jedem Schall innehielten, nur auf die Sphäre bedacht, aus der wir so törichterweise aufgetaucht waren. Von Zeit zu Zeit drangen aus der Erde unter uns immer wieder Erschütterungen herauf, Schläge, unheimliche, unerklärliche, mechanische Töne: und einmal, und dann nochmals hörten wir etwas, ein schwaches Rasseln und einen Tumult, durch die Luft her zu uns getragen. Aber furchtsam, wie wir waren, wagten wir keinen erhöhten Punkt aufzusuchen, um den Krater zu überblicken. Lange sahen wir nichts von den Wesen, deren Geräusche so reichlich und beharrlich waren. Wäre nicht die Mattigkeit unseres Hungers und die Trockenheit unserer Kehlen gewesen, so hätte dies Kriechen etwas von einem sehr lebhaften Traum gehabt. Es war so absolut unreal. Das einzige Element, das einen Hauch von Realität hatte, waren diese Töne.
Man stelle es sich vor! Um uns der traumhafte Dschungel mit den stillen Bajonettblättern, die über uns strahlten, und die stillen, lebhaften, sonnegesprenkelten Flechten unter unseren Händen und Knien, die vor der Gewalt ihres Wachstums wogten, wie ein Teppich wogt, wenn der Wind darunter fasst. Hin und wieder sperrte uns eine neue Gestalt in lebhafter Farbe den Weg. Die Zellen, die diese Pflanzen aufbauten, waren schon so groß wie mein Daumen; sie glichen Perlen aus gefärbtem Glas. Und all diese Dinge waren im ungemilderten Glanz der Sonne gesättigt, wurden gegen einen Himmel gesehen, der bläulich schwarz und trotz des Sonnenscheins noch mit ein paar überlebenden Sternen übersät war. Fremdartig! sogar die Formen und die Textur der Steine waren fremdartig. Alles war fremdartig, das Gefühl des Körpers war unerhört und jede neue Bewegung endete in einer Überraschung. Der Atem strömte dünn durch den Hals ein, das Blut floss einem in einer pochenden Flut durch die Ohren – bum, bum, bum, bum, bum …
Und immer kamen uns von Zeit zu Zeit Schauer des Aufruhrs, Hämmern, das Rasseln und Schlagen von Maschinen zu Ohren, und dann – das Brüllen großer Tiere!