Buch lesen: «H. G. Wells – Gesammelte Werke», Seite 32

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Und jetzt, was die Na­tur der Un­ter­su­chun­gen an­geht. Hier kommt lei­der eine erns­te Schwie­rig­keit. Ich bin kein wis­sen­schaft­li­cher Sach­ver­stän­di­ger, und woll­te ich ver­su­chen, das Ziel, auf das sei­ne Ex­pe­ri­men­te hin­aus­woll­ten, in Mr. Ca­vors hoch­wis­sen­schaft­li­cher Spra­che aus­ein­an­der­zu­set­zen, ich fürch­te, so wür­de ich nicht nur den Le­ser ver­wir­ren, son­dern auch mich, und fast si­cher wür­de ich ir­gend­ei­nen Bock schie­ßen, der den Spott je­des auf der Höhe ste­hen­den Stu­den­ten der ma­the­ma­ti­schen Phy­sik im Lan­de auf mich nie­der­lenk­te. Das bes­te also, glau­be ich, was ich tun kann, ist, mei­ne Ein­drücke in mei­ner ei­ge­nen un­ex­ak­ten Spra­che wie­der­zu­ge­ben, ohne je­den Ver­such, ein Ge­wand des Wis­sens zu tra­gen, auf das ich kei­nen An­spruch ma­chen kann.

Das Ziel von Mr. Ca­vors Un­ter­su­chung war ein Stoff, der »für alle For­men strah­len­der Ener­gie« »un­durch­sich­tig« sein soll­te – er ge­brauch­te ein an­de­res Wort, das ich ver­ges­sen habe, aber »un­durch­sich­tig« gibt die Idee. »Strah­len­de Ener­gie«, mach­te er mir klar, war al­les wie Licht oder Wär­me oder jene Rönt­gen­strah­len, von de­nen vor ein paar Jah­ren so viel die Rede war, oder wie Mar­co­nis elek­tri­sche Wel­len, oder die Gra­vi­ta­ti­on. Alle die­se Din­ge, sag­te er, strah­len von Zen­tren aus und wir­ken auf ent­fern­te Kör­per, wo­her der Aus­druck »strah­len­de Ener­gie« kommt. Nun sind fast alle Stof­fe ge­gen die eine oder an­de­re Form strah­len­der Ener­gie un­durch­läs­sig. Glas zum Bei­spiel ist für Licht durch­sich­tig, aber für Wär­me we­ni­ger, so­dass es als Ofen­schirm Diens­te tut; und Alaun ist für Licht durch­läs­sig, sperrt aber Wär­me voll­stän­dig ab. Eine Lö­sung von Jod in Koh­len­di­sul­fid da­ge­gen sperrt das Licht völ­lig ab, ist da­ge­gen für Wär­me ganz durch­läs­sig. Es ver­birgt ei­nem ein Feu­er, lässt aber all sei­ne Wär­me zu ei­nem kom­men. Me­tal­le sind nicht nur für Licht und Hit­ze un­durch­läs­sig, son­dern auch für elek­tri­sche Ener­gie, die so­wohl durch die Jod­lö­sung wie durch Glas fast so hin­durch­geht, als wä­ren sie nicht ein­ge­schal­tet. Und so wei­ter.

Nun sind alle be­kann­ten Stof­fe für die Gra­vi­ta­ti­on »durch­sich­tig«. Man kann Schir­me ver­schie­de­ner Art an­wen­den, um das Licht, oder die Wär­me, oder den elek­tri­schen Ein­fluss der Son­ne, oder die Wär­me der Erde von ir­gend et­was ab­zu­schnei­den; man kann Kör­per durch Me­tall­plat­ten vor Mar­co­nis Strah­len schüt­zen, aber nichts wird die An­zie­hung der Schwer­kraft der Son­ne oder die der Erde ab­schnei­den. Und doch ist es schwer zu sa­gen, warum es nichts ge­ben soll­te. Ca­vor sah nicht ein, warum ein sol­cher Stoff nicht exis­tie­ren soll­te, und si­cher­lich konn­te ich es ihm nicht sa­gen. Ich hat­te noch nie an eine sol­che Mög­lich­keit ge­dacht. Er zeig­te mir durch Be­rech­nun­gen auf dem Pa­pier – und Lord Kel­vin oder Pro­fes­sor Lod­ge oder Pro­fes­sor Karl Pear­son oder ir­gend­ei­ner von den großen Wis­sen­schaf­tern hät­te sie ohne Zwei­fel ver­ste­hen kön­nen, mich aber brach­ten sie in hoff­nungs­lo­se Ver­wir­rung – dass nicht nur ein sol­cher Stoff mög­lich sei, son­dern dass er so­gar ge­wis­sen Be­din­gun­gen ge­nü­gen müs­se. Es war ein er­staun­li­ches Stück Rä­son­ne­ment. So sehr es mich zur Zeit er­staun­te und in An­spruch nahm, es wäre un­mög­lich, es hier wie­der­zu­ge­ben. »Ja«, sag­te ich zu al­lem, »ja, nur wei­ter!« Es ge­nü­ge für die­sen Be­richt, dass er glaub­te, er wer­de im­stan­de sein, die­sen mög­li­chen Stoff, der für die Gra­vi­ta­ti­on un­durch­läs­sig wäre, aus ei­nem kom­pli­zier­ten Ge­misch von Me­tal­len und et­was Neu­em – ei­nem neu­en Ele­ment, den­ke ich mir; ich glau­be, es hieß He­li­um, und es wur­de ihm aus Lon­don in ver­sie­gel­ten Steinkrü­gen ge­schickt – her­zu­stel­len. Auf die­se letz­te­re Ein­zel­heit ist Zwei­fel ge­wor­fen wor­den, aber ich bin fast ge­wiss, dass es He­li­um war, was er in ver­sie­gel­ten Steinkrü­gen ge­schickt er­hielt. Auf je­den Fall war es et­was sehr Flüch­ti­ges und Dün­nes. Wenn ich nur No­ti­zen ge­macht hät­te! …

Aber wie soll­te ich auch die Not­wen­dig­keit vor­aus­sehn, No­ti­zen zu ma­chen?

Je­der, der nur den ge­rings­ten Keim von Fan­ta­sie hat, wird die au­ßer­or­dent­li­chen Mög­lich­kei­ten ei­nes sol­chen Stof­fes be­grei­fen, und er wird die Er­re­gung ein we­nig mit­füh­len, die ich durch­mach­te, als die­ses Ver­ständ­nis aus dem Ne­bel ab­stru­ser Phra­sen auf­tauch­te, mit de­nen Ca­vor sich aus­drück­te. Ko­mi­sche Be­frei­ung in ei­nem Dra­ma! Es dau­er­te ei­ni­ge Zeit, ehe ich glau­ben woll­te, dass ich ihn recht ge­deu­tet hat­te, und ich nahm mich sehr in acht, kei­ne sol­chen Fra­gen zu stel­len, die ihn in­stand ge­setzt hät­ten, die Tie­fe des Miss­ver­ste­hens zu er­mes­sen, in die er sei­ne täg­li­che Dar­le­gung hin­ein­warf. Aber nie­mand, der die­se Ge­schich­te hier liest, wird ganz mit­füh­len kön­nen, denn es wird un­mög­lich sein, mei­ner nack­ten Er­zäh­lung die Kraft mei­ner Über­zeu­gung zu ent­neh­men, dass die­ser er­staun­li­che Stoff tat­säch­lich im Be­griff stand, her­ge­stellt zu wer­den.

Ich be­sin­ne mich nicht, dass ich nach mei­nem Be­such im Hau­se auch nur noch eine Stun­de hin­ter­ein­an­der an mei­nem Dra­ma ge­ar­bei­tet hät­te. Mei­ne Fan­ta­sie hat­te an­de­re Din­ge zu tun. Die Mög­lich­kei­ten des Stoffs schie­nen völ­lig un­be­grenzt zu sein; wo ich auch ver­such­te, stieß ich auf Wun­der und Re­vo­lu­tio­nen. Wenn man zum Bei­spiel ein Ge­wicht he­ben woll­te, moch­te es noch so un­ge­heu­er sein, man brauch­te nur eine Plat­te von die­sem Stoff dar­un­ter zu tun, und man konn­te es mit ei­nem Stroh­halm he­ben. Mein ers­ter na­tür­li­cher Im­puls war, die­ses Prin­zip auf Ka­no­nen und Pan­zer­schif­fe und als Ma­te­ri­al auf alle Metho­den der Krieg­füh­rung an­zu­wen­den, dann auf die Schif­fahrt, die Lo­ko­mo­ti­ven, den Bau, jede nur denk­ba­re Form mensch­li­cher In­dus­trie. Der Zu­fall, der mich ge­ra­de in die Ge­burts­kam­mer die­ser neu­en Zeit ge­bracht hat­te – es war eine Epo­che, nichts Ge­rin­ge­res – war ei­ner von je­nen Zu­fäl­len, die in tau­send Jah­ren ein­mal kom­men. Die Sa­che ent­roll­te sich, sie dehn­te und dehn­te sich. Un­ter an­de­rem sah ich mei­ne Er­lö­sung als Ge­schäfts­mann dar­in. Ich sah eine Mut­ter­ge­sell­schaft und Toch­ter­ge­sell­schaf­ten, An­glie­de­run­gen rechts von uns, An­glie­de­run­gen links, Rin­ge, Trusts, Pri­vi­le­gi­en und Kon­zes­sio­nen, die sich aus­brei­te­ten und aus­brei­te­ten, bis eine un­ge­heu­re stu­pen­de Ca­vo­rit-Ge­sell­schaft die Welt um­lief und be­herrsch­te.

Und ich war dar­in!

Ich wähl­te so­fort mei­nen Weg. Ich wuss­te, ich setz­te al­les aufs Spiel, aber ich tat den Sprung als­bald.

»Wir sind ein­fach bei dem größ­ten Ding, das je er­fun­den wor­den ist«, sag­te ich und leg­te den Ak­zent auf das »Wir«. »Wenn Sie mich da her­aus­hal­ten wol­len, wer­den Sie’s mit ’ner Ka­no­ne tun müs­sen. Mor­gen kom­me ich her­un­ter, um Ihr vier­ter Ar­bei­ter zu wer­den.«

Er schi­en von mei­nem En­thu­si­as­mus über­rascht, aber kei­ne Spur arg­wöh­nisch oder feind­lich. Viel­mehr wür­dig­te er sich selbst her­ab.

Er blick­te mich zwei­fel­haft an. »Aber mei­nen Sie wirk­lich –?«, sag­te er. »Und Ihr Dra­ma! Was wird aus dem Dra­ma?«

»Das ist ver­schwun­den!«, rief ich. »Mein lie­ber Herr, se­hen Sie nicht, was Sie da ha­ben? Se­hen Sie nicht, was Sie im Be­griff sind, zu ma­chen?«

Das war nur eine rhe­to­ri­sche Wen­dung, aber er sah es po­si­tiv nicht. Erst konn­te ich es nicht glau­ben. Er hat­te nicht die Spur von ei­ner Ah­nung von ei­ner Idee. Die­ser er­staun­li­che klei­ne Mann hat­te die gan­ze Zeit über auf bloß theo­re­ti­schem Grun­de ge­ar­bei­tet! Als er sag­te, es sei das »al­ler­wich­tigs­te« Ex­pe­ri­ment, das die Welt noch ge­se­hen habe, hat­te er nur ge­meint, es be­rich­ti­ge so vie­le Theo­ri­en, er­le­di­ge so vie­les, was zwei­fel­haft sei; über die An­wen­dung des Stoffs, den er ma­chen woll­te, hat­te er sich so we­nig be­un­ru­higt, wie wenn er eine Ma­schi­ne ge­we­sen wäre, die Ka­no­nen macht. Dies war ein mög­li­cher Stoff, und er woll­te ihn ma­chen! V’­la tout, wie der Fran­zo­se sagt.

Über das hin­aus war er kin­disch! Wenn er ihn mach­te, wür­de der Stoff als Ca­vo­rit oder Ca­vor­in auf die Nach­welt kom­men, ihn wür­de man zur Aka­de­mie be­ru­fen, sein Por­trät wür­de als das ei­nes wis­sen­schaft­li­chen Man­nes von Ver­dienst mit der »Na­tur« ver­teilt wer­den, und der­lei Din­ge mehr. Und das war al­les, was er sah! Er hät­te die­se Bom­be in die Welt ge­wor­fen, als hät­te er eine neue Mücken­art ent­deckt, wenn nicht der Zu­fall ge­wollt hät­te, dass ich dazu ge­kom­men war. Und da hät­te sie ge­le­gen und ge­pufft wie noch ein paar an­de­re klei­ne Din­ge, die die­se Wis­sen­schaf­ter an­ge­zün­det und um uns ge­wor­fen ha­ben.

Als mir das klar wur­de, war ich der­je­ni­ge, der das Re­den be­sorg­te, und Ca­vor sag­te: »Nur wei­ter!« Ich sprang auf. Ich schritt durchs Zim­mer und ges­ti­ku­lier­te wie ein Jun­ge von zwan­zig. Ich ver­such­te, ihm sei­ne Pf­lich­ten und Verant­wort­lich­kei­ten in der Sa­che ver­ständ­lich zu ma­chen – un­se­re Pf­lich­ten und Verant­wort­lich­kei­ten in der Sa­che. Ich ver­si­cher­te ihm, wir könn­ten Geld ge­nug ma­chen, um jede Art so­zia­ler Re­vo­lu­ti­on durch­zu­füh­ren, die wir woll­ten, wir könn­ten die gan­ze Welt be­sit­zen und ord­nen. Ich er­zähl­te ihm von Ge­sell­schaf­ten und Pa­ten­ten und den Ge­set­zen für ge­hei­me Pro­zes­se. All die­se Din­ge schie­nen auf ihn zu wir­ken, wie sei­ne Ma­the­ma­tik auf mich ge­wirkt hat­te. In sein ro­tes klei­nes Ge­sicht kam ein Blick der Ver­wir­rung. Er stot­ter­te ei­ni­ges über Gleich­gil­tig­keit ge­gen Reich­tum, aber ich jag­te all das bei­sei­te. Er hat­te reich zu wer­den und sein Stot­tern nütz­te zu nichts. Ich gab ihm zu ver­ste­hen, was für eine Art Mensch ich war, und dass ich sehr be­trächt­li­che Ge­schäfts­er­fah­run­gen hat­te. Ich sag­te ihm nicht, dass ich zur Zeit in ei­nem noch un­ge­re­gel­ten Ban­ke­rott stak, denn das war nur vor­über­ge­hend, aber ich glau­be, ich ver­söhn­te mei­ne of­fen­bar wir­ken­de Kraft mit mei­nen fi­nan­zi­el­len An­sprü­chen. Und ganz un­merk­lich, wie eben sol­che Plä­ne wach­sen, wuchs zwi­schen uns das Ein­ver­ständ­nis über ein Ca­vo­rit-Mo­no­pol em­por. Er soll­te den Stoff ma­chen, und ich soll­te den Lärm dazu ma­chen.

Ich hing mich wie ein Blut­egel an das »wir« – »Sie« und »ich« exis­tier­te für mich nicht.

Sei­ne Idee war, der Ge­winst, von dem ich sprach, kön­ne dazu die­nen, die For­schung zu för­dern, aber das war na­tür­lich eine Sa­che, die wir spä­ter zu er­le­di­gen hat­ten. »Schon gut«, rief ich, »schon gut.« Der Haupt­punkt war, wie ich be­harr­te, das Zeug wirk­lich zu ma­chen.

»Hier ha­ben wir einen Stoff«, rief ich, »ohne den zu sein kein Haus, kei­ne Wirt­schaft, kei­ne Fes­tung, kein Schiff wa­gen kann – all­ge­mei­ner an­wend­bar noch als eine Pa­tent­me­di­zin! Kei­ne ein­zi­ge Sei­te, nicht eine von sei­nen zehn­tau­send mög­li­chen An­wen­dun­gen, die uns nicht rei­cher ma­chen wird, Ca­vor, als sich nur die Hab­sucht träu­men las­sen kann.«

»Nein«, sag­te er. »Ich fan­ge an, es ein­zu­se­hen. Es ist merk­wür­dig, wie man zu neu­en Ge­sichts­punk­ten kommt, wenn man die Din­ge durch­spricht!«

»Und der Zu­fall woll­te, dass Sie ge­ra­de mit dem rich­ti­gen Mann ge­spro­chen ha­ben!«

»Ich glau­be«, sag­te er, »nie­mand ist un­ge­heu­rem Reich­tum ab­so­lut ab­ge­neig­t. Na­tür­lich bleibt ein – –«

Er hielt inne. Ich stand still.

»Es ist ge­ra­de noch mög­lich, wis­sen Sie, dass wir es schließ­lich doch nicht ma­chen kön­nen! Es kann eins von den Din­gen sein, die eine theo­re­ti­sche Mög­lich­keit aber eine prak­ti­sche Ab­sur­di­tät sind. Oder wenn wir es ma­chen, kann noch ir­gend­ein klei­ner Ha­ken da­bei sein – –«

»Den Ha­ken wol­len wir un­ter­krie­gen, wenn er kommt«, sag­te ich.

1 Zweit­woh­nung <<<

2 – Wie das Cavorit zum ersten Male gemacht wurde

Aber Ca­vors Be­fürch­tun­gen wa­ren grund­los, so­weit die tat­säch­li­che Fa­bri­ka­ti­on in Fra­ge kam. Am 14. Ok­to­ber 1899 wur­de die­ser un­glaub­li­che Stoff her­ge­stellt!

Son­der­bar ge­nug wur­de er zu­letzt durch einen Zu­fall fer­tig, als Mr. Ca­vor es am we­nigs­ten er­war­te­te. Er hat­te eine An­zahl Me­tal­le und ge­wis­se an­de­re Din­ge mit­ein­an­der ver­schmol­zen – ich woll­te jetzt, ich wüss­te die Ein­zel­hei­ten! – und er be­ab­sich­tig­te, die Mi­schung eine Wo­che in Ruhe zu las­sen und sie dann lang­sam ab­zu­küh­len. Wenn er nicht falsch ge­rech­net hat­te, muss­te die letz­te Ent­wick­lungs­stu­fe in der Kom­bi­na­ti­on er­fol­gen, wenn das Zeug auf eine Tem­pe­ra­tur von 60° Fah­ren­heit ge­sun­ken war. Aber es traf sich, dass ohne Ca­vors Wis­sen ein Streit über die Un­ter­hal­tung des Feu­ers im Schmelzofen aus­ge­bro­chen war. Gibbs, der vor­her da­für ge­sorgt hat­te, hat­te plötz­lich ver­sucht, es auf den Mann ab­zu­wäl­zen, der Gärt­ner ge­we­sen war, und zwar mit der Be­grün­dung, Koh­le wer­de ge­gra­ben und sei Erde, kön­ne also un­mög­lich in den Be­reich ei­nes Schrei­ners fal­len; der Mann, der Ak­kord­gärt­ner ge­we­sen war, mach­te da­ge­gen gel­tend, Koh­le sei ein me­tal­li­scher oder erz­ar­ti­ger Stoff, ganz ab­ge­se­hen da­von, dass er Koch sei. Aber Spar­gus be­stand dar­auf, dass Gibbs das Feu­ern be­sorg­te, zu­mal er ein Schrei­ner sei, und Koh­le be­kann­ter­ma­ßen fos­si­les Holz ist. In­fol­ge­des­sen hör­te Gibbs auf, den Schmelzofen nach­zu­fül­len, und nie­mand tat es, und Ca­vor war zu sehr in ge­wis­sen in­ter­essan­ten Pro­ble­men in­be­treff ei­ner Ca­vo­rit-Flug­ma­schi­ne ver­sun­ken (wo­bei er den Luft­wi­der­stand und ein oder zwei an­de­re Punk­te ver­nach­läs­sig­te) um zu mer­ken, dass ir­gend et­was ver­kehrt ging. Und die vor­zei­ti­ge Ge­burt sei­ner Er­fin­dung trat ein, als er ge­ra­de über das Feld in mein Haus kam, um beim Tee un­ser Nach­mit­tags­ge­spräch zu hal­ten.

Ich er­in­ne­re mich des Vor­falls mit äu­ßers­ter Leb­haf­tig­keit. Das Was­ser koch­te und al­les war vor­be­rei­tet, und das Geräusch sei­nes »Su­suhh« hat­te mich auf die Ve­ran­da hin­aus­ge­ru­fen. Sei­ne be­weg­li­che klei­ne Ge­stalt stand schwarz ge­gen den herbst­li­chen Son­nen­un­ter­gang, und rechts er­ho­ben sich die Schorn­stei­ne sei­nes Hau­ses eben über eine glor­reich ge­tön­te Baum­grup­pe. Fer­ner er­ho­ben sich blass und blau die Weal­den Hills, wäh­rend sich nach links hin ge­räu­mig und hei­ter die neb­li­ge Marsch er­streck­te. Und dann – –!

Die Schorn­stei­ne ruck­ten zum Him­mel em­por, im Flug zu ei­ner Rei­he Zie­gel zer­sprit­zend, und das Dach und ein Ge­misch von Mö­beln folg­te. Dann hol­te sie eine rie­sen­haf­te wei­ße Flam­me ein. Die Bäu­me um das Ge­bäu­de schwank­ten und wir­bel­ten und ris­sen in Stücke, die auf die Flacker­glut loss­pran­gen. Mei­ne Ohren schlug ein Don­ner­schlag, von dem ich auf ei­ner Sei­te fürs Le­ben taub ge­blie­ben bin, und über­all um mich zer­spran­gen die Fens­ter un­be­ach­tet.

Ich mach­te von der Ve­ran­da drei Schrit­te auf Ca­vors Haus zu, und als ich das tat, kam der Wind.

Im Nu flat­ter­te mir mein Rock­schoß über dem Kopf, und ich rann­te in großen Sät­zen und Sprün­gen und ganz ge­gen mei­nen Wil­len auf ihn zu. Im sel­ben Mo­ment wur­de der Ent­de­cker er­fasst, her­um­ge­wir­belt, und er flog durch die schrei­en­de Luft. Ich sah einen mei­ner Schorn­stei­ne sechs Schritt von mir zu Bo­den schla­gen, ei­ni­ge zwan­zig Fuß sprin­gen und so in großen Sät­zen auf den Brenn­punkt des Aufruhrs zu­ei­len. Ca­vor flog, mit Fü­ßen und Ar­men schla­gend, wie­der her­ab, roll­te eine Stre­cke weit am Bo­den hin, ar­bei­te­te sich in die Höhe, wur­de auf­ge­ho­ben und mit enor­mer Ge­schwin­dig­keit vor­wärts ge­tra­gen, bis er schließ­lich zwi­schen den rin­gen­den, peit­schen­den Bäu­men ver­schwand, die sich um sein Haus wan­den.

Eine Mas­se von Rauch und Aschen und ein Block bläu­lich leuch­ten­den Stof­fes stürm­te zum Ze­nith em­por. Ein großes Zaun­frag­ment kam an mir vor­bei­ge­se­gelt, fiel auf die Kan­te, schlug zu Bo­den und kam flach zu lie­gen, und da­mit war das Schlimms­te vor­bei. Die Luft­be­we­gung leg­te sich rasch, bis sie nur noch ein kräf­ti­ger Sturm war, und mir kam noch ein­mal wie­der zum Be­wusst­sein, dass ich Atem und Füße hat­te. In­dem ich mich ge­gen den Wind zu­rück­lehn­te, ge­lang es mir, ste­hen zu blei­ben, und ich konn­te zu­sam­men­su­chen, was mir noch an Ver­stand blieb.

In dem Mo­ment hat­te sich das gan­ze An­ge­sicht der Erde ver­än­dert. Der ru­hi­ge Son­nen­un­ter­gang war ver­schwun­den, der Him­mel war dun­kel vor fe­gen­den Wol­ken, al­les war flach­ge­legt und schwank­te mit dem Sturm. Ich warf einen Blick zu­rück, um zu se­hen, ob mein Haus im großen und gan­zen noch ste­he, und stol­per­te dann auf die Bäu­me zu, un­ter de­nen Ca­vor ver­schwun­den war, und durch de­ren große, blät­ter­nack­te Äste die Flam­men sei­nes bren­nen­den Hau­ses leuch­te­ten.

Ich be­trat das Ge­büsch, in­dem ich von ei­nem Baum zum an­de­ren flog und mich an sie an­klam­mer­te; eine Zeit lang such­te ich ihn ver­ge­bens. Dann merk­te ich, dass sich mit­ten in ei­nem Hau­fen zer­knit­ter­ter Äste und Zaun­werks, der sich ge­gen einen Teil sei­ner Gar­ten­mau­er auf­ge­baut hat­te, et­was rühr­te. Ich such­te da­hin­zu­lau­fen; aber ehe ich es er­reich­te, lös­te sich ein brau­ner Ge­gen­stand da­von los, er­hob sich auf zwei schlamm­be­schmutz­ten Bei­nen und hielt zwei hän­gen­de, blu­ten­de Hän­de vor sich hin. Von sei­nem mitt­le­ren Teil flat­ter­ten ein paar zer­fetz­te Klei­der­res­te aus, die vor dem Win­de schwe­ben blie­ben.

Ei­nen Mo­ment lang er­kann­te ich die­sen Erd­klum­pen nicht, und dann sah ich, dass es Ca­vor war, über­zo­gen von dem Schlamm, in den er ge­rollt war. Er lehn­te sich ge­gen den Wind vorn­über und rieb sich den Schmutz aus Au­gen und Mund.

Er streck­te eine schlam­mi­ge Hand­mas­se aus und stol­per­te auf mich zu. Sein Ge­sicht ar­bei­te­te vor Er­re­gung, und fort­wäh­rend fie­len klei­ne Erd­klum­pen da­von her­ab. Er sah so be­schä­digt und er­bärm­lich aus wie nur ir­gend­ein le­ben­des Ge­schöpf, das ich je ge­se­hen hat­te, und da­her ver­blüff­te mich sei­ne Be­mer­kung au­ßer­or­dent­lich: »Gra­tu­lie­ren Sie mir«, keuch­te er, »gra­tu­lie­ren Sie mir!«

»Ih­nen gra­tu­lie­ren?«, sag­te ich. »Gü­ti­ger Him­mel! Wozu?«

»Ich hab’s fer­tig ge­bracht.«

»Wahr­haf­tig. Was zum Teu­fel hat die Ex­plo­si­on ver­an­lasst?«

Ein Wind­stoß blies sei­ne Wor­te fort. Ich ver­stand so­viel, dass er sag­te, es sei gar kei­ne Ex­plo­si­on. Der Wind wir­bel­te mich in eine Kol­li­si­on mit ihm, und wir stan­den und klam­mer­ten uns an­ein­an­der.

»Ver­su­chen Sie, zu mei­nem Hau­se zu­rück­zu­kom­men«, brüll­te ich ihm ins Ohr. Er hör­te mich nicht und rief et­was wie »drei Mär­ty­rer-Wis­sen­schaft«, und auch et­was wie »nicht viel wert«. Zu der Zeit quäl­te er sich un­ter dem Ein­druck, sei­ne drei Ge­hil­fen sei­en in dem Wir­bel­wind um­ge­kom­men. Zum Glück war das nicht rich­tig. So­wie er sich nach mei­nem Hau­se auf dem Weg ge­macht hat­te, wa­ren sie zum Wirts­haus in Lym­pne ge­gan­gen, um die Fra­ge der Schmel­zö­fen über ei­ner klei­nen Er­fri­schung zu er­ör­tern.

Ich wie­der­hol­te mei­nen Vor­schlag, zu mei­nem Hau­se zu­rück­zu­keh­ren, und dies­mal ver­stand er. Wir hin­gen uns Arm in Arm und er­reich­ten schließ­lich den Schutz des­sen, was mir noch von mei­nem Da­che ge­blie­ben war. Eine Zeit lang sa­ßen wir in Lehn­stüh­len und keuch­ten. Alle Fens­ter wa­ren zer­bro­chen, und die leich­teren Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­de wa­ren in großer Un­ord­nung, aber kein un­wi­der­ruf­li­cher Scha­den war an­ge­rich­tet. Zum Glück hat­te die Kü­chen­tür den Druck dar­auf aus­ge­hal­ten, so­dass alle mei­ne Ton­wa­ren und Koch­ma­te­ria­li­en am Le­ben ge­blie­ben wa­ren. Der Öl­ofen brann­te noch, und ich setz­te das Was­ser für den Tee von neu­em zum Ko­chen auf. Und als das ge­sche­hen war, konn­te ich mich um sei­ne Er­klä­rung an Ca­vor wen­den.

»Ganz in Ord­nung«, be­harr­te er, »ganz in Ord­nung. Ich hab’s fer­tig ge­bracht, und al­les stimmt.«

»Aber«, pro­tes­tier­te ich. »In Ord­nung! Kei­ne Scheu­ne kann mehr ste­hen, kein Zaun, kein Stroh­dach, nicht im Um­kreis von zwan­zig Mei­len …«

»Es stimmt al­les – wahr­haf­tig. Na­tür­lich habe ich den klei­nen Aufruhr nicht vor­aus­ge­se­hen. Mein Geist war mit ei­nem an­de­ren Pro­blem be­schäf­tigt, und ich ver­ges­se die­se prak­ti­schen Sei­ten­er­geb­nis­se leicht. Aber es ist ganz in Ord­nung – –«

»Mein lie­ber Herr«, rief ich, »se­hen Sie denn nicht, dass Sie für Tau­sen­de von Pfund Scha­den an­ge­rich­tet ha­ben?«

»O, da werf ich mich auf Ihre Ver­schwie­gen­heit. Ich bin na­tür­lich kein prak­ti­scher Mensch, aber mei­nen Sie nicht, dass man es als einen Wir­bel­sturm an­se­hen wird?«

»Aber die Ex­plo­si­on – –«

»Es war kei­ne Ex­plo­si­on. Es ist ganz ein­fach. Nur, wie ge­sagt, ich über­se­he die­se Klei­nig­kei­ten leicht. Es ist die­se Su­suhh-Ge­schich­te in grö­ße­rem Maß­sta­be. Un­be­dach­ter­wei­se habe ich die­sen mei­nen Stoff, dies Ca­vo­rit, in ei­ner dün­nen, wei­ten Schicht …«

Er un­ter­brach sich. »Es ist Ih­nen ganz klar, dass der Stoff ge­gen die Gra­vi­ta­ti­on un­durch­läs­sig ist, dass er die Din­ge von ge­gen­sei­ti­ger Gra­vi­ta­ti­on ab­schnei­det?«

»Ja«, sag­te ich. »Ja.«

»Nun, so­wie er die Tem­pe­ra­tur von 60° Fah­ren­heit er­reicht hat­te und der Pro­zess sei­ner Her­stel­lung vollen­det war, hat­te die Luft dar­über, hat­ten die Tei­le von Dach und De­cke und Bo­den dar­über kein Ge­wicht mehr. Ich glau­be, Sie wis­sen – das weiß heu­te je­der – dass die Luft als ein ge­wöhn­li­cher Kör­per Ge­wicht hat, dass sie auf al­les an der Ober­flä­che der Erde drückt, dass sie in al­len Rich­tun­gen drückt, und zwar mit ei­nem Druck von vier­zehn und ei­nem hal­b­en Pfund auf den Qua­drat­zoll?«

»Das weiß ich«, sag­te ich. »Nur wei­ter.«

»Ich weiß das auch«, be­merk­te er. »Nur zeigt dies, wie nutz­los das Wis­sen ist, wenn man es nicht an­wen­det. Sie se­hen, das hör­te über un­sern Ca­vo­rit auf, dort hör­te die Luft auf, ir­gend­wel­chen Druck aus­zuü­ben, und die Luft dar­um und nicht über dem Ca­vo­rit übte auf die­se plötz­lich ge­wicht­lo­se Luft einen Druck von vier­zehn ei­nem hal­b­en Fuß auf den Qua­drat­zoll aus. Ah! Sie be­gin­nen zu be­grei­fen! Die Luft um das Ca­vo­rit dräng­te auf die Luft dar­über mit un­wi­der­steh­li­cher Ge­walt ein. Die Luft über dem Ca­vo­rit wur­de hef­tig auf­wärts ge­trie­ben, die Luft, die nach­stürz­te, um sie zu er­set­zen, ver­lor als­bald ihr Ge­wicht, hör­te auf, ir­gend­wel­chen Druck aus­zuü­ben, folg­te nach, durch­schlug die De­cke, warf das Dach ab …«

»Sie se­hen«, sag­te er, »sie bil­de­te eine Art at­mo­sphä­ri­schen Spring­brun­nens, eine Art Schorn­stein in der At­mo­sphä­re. Und wenn das Ca­vo­rit nicht sel­ber los ge­we­sen und so in den Schorn­stein in die Höhe ge­so­gen wäre, mer­ken Sie, was da ge­sche­hen wäre?«

Ich über­leg­te. »Ich ver­mu­te«, sag­te ich, »die Luft wür­de noch im­mer über die­sem höl­li­schen Stück Zeug hin­auf­fe­gen.«

»Ganz recht«, sag­te er. »Ein rie­si­ger Spring­brun­nen – –«

»Der in den Raum speit! Gü­ti­ger Him­mel! Ah, er hät­te die gan­ze At­mo­sphä­re der Erde fort­ge­spritzt! Er hät­te die Welt der Luft be­raubt! Es wäre der Tod der gan­zen Mensch­heit ge­we­sen! Das klei­ne Stück Zeugs!«

»Nicht ge­ra­de in den Raum«, sag­te Ca­vor, »aber eben­so schlimm – prak­tisch. Es hät­te die Lust von der Welt ge­schnellt, wie man eine Bana­ne schält, und es hät­te sie Tau­sen­de von Mei­len fort­ge­schleu­dert. Sie wäre na­tür­lich zu­rück­ge­fal­len, aber auf eine er­stick­te Welt! Von un­se­rem Stand­punk­te aus sehr we­nig bes­ser, als wenn sie nie zu­rück­käme.«

Ich mach­te wei­te Au­gen. Bis jetzt war ich noch zu ver­blüfft, um zu mer­ken, wie all mei­ne Er­war­tun­gen ver­nich­tet wa­ren. »Was den­ken Sie zu tun?«, frag­te ich.

»Zu­nächst, wenn ich mir eine Gar­ten­schau­fel bor­gen kann, will ich ei­ni­ges von die­ser Erde ent­fer­nen, in die ich gehüllt bin, und wenn ich mich dann ih­rer häus­li­chen Vor­rich­tun­gen be­die­nen kann, will ich ein Bad neh­men. Da­rauf wol­len wir uns mehr in Muße be­re­den. Es wird klug fein, glau­be ich« – er leg­te mir eine lehm­be­deck­te Hand auf den Arm – »wenn von die­ser Af­fä­re au­ßer uns nie­mand et­was er­fährt. Ich weiß, ich habe großen Scha­den an­ge­rich­tet – viel­leicht wer­den auf dem Lan­de hier und dort so­gar Wohn­häu­ser zer­stört sind. Aber an­de­rer­seits kann ich für den Scha­den, den ich an­ge­rich­tet habe, un­mög­lich zah­len, und wenn die wirt­li­che Ur­sa­che von all dem ver­öf­fent­licht wird, wird es nur zu Groll und zur Hin­de­rung mei­ner Ar­beit füh­ren. Man kann nicht al­les vor­aus­sehn, wis­sen Sie, und ich kann kei­nen Au­gen­blick zu­ge­ben, zu mei­nem Theo­re­ti­sie­ren noch die Last prak­ti­scher Er­fah­run­gen hin­zu­zu­fü­gen. Spä­ter, wenn Sie mit Ihrem prak­ti­schen Sinn Mit­ar­bei­ten, und das Ca­vo­rit vom Sta­pel ge­las­sen ist – vom Sta­pel las­ten ist das Wort da­für, oder nicht? – und wenn es al­les er­reicht hat, was Sie ihm pro­phe­zei­en, dann kön­nen wir die Sa­che mit die­sen Leu­ten in Ord­nung brin­gen. Aber nicht jetzt – nicht jetzt. Wenn kei­ne an­de­re Er­klä­rung ge­bo­ten wird, wer­den die Leu­te bei dem ge­gen­wär­ti­gen un­ge­nü­gen­den Stan­de der me­teo­ro­lo­gi­schen Wis­sen­schaft all dies ei­nem Wir­bel­sturm zu­schrei­ben; viel­leicht wird so­gar eine öf­fent­li­che Sub­skrip­ti­on ver­an­stal­tet, und da mein Haus ein­ge­stürzt und ver­brannt ist, wür­de ich in dem Fall einen be­trächt­li­chen An­teil der Ent­schä­di­gung er­hal­ten, was bei der Fort­set­zung un­se­rer Un­ter­su­chun­gen eine große Hil­fe wäre. Aber wenn es be­kannt wird, dass ich dies ver­ur­sacht habe, wird kei­ne öf­fent­li­che Sub­skrip­ti­on ver­an­stal­tet, und je­der­mann wird är­ger­lich sein. Prak­tisch wür­de ich nie wie­der Aus­sicht ha­ben, in Frie­den ar­bei­ten zu kön­nen. Mei­ne drei Ge­hil­fen kön­nen um­ge­kom­men sein oder auch nicht. Das ist eine Ein­zel­heit. Wenn, so ist es kein großer Ver­lust; sie wa­ren mehr eif­rig als fä­hig, und die­ser vor­zei­ti­ge Aus­gang muss zum großen Teil die Fol­ge ih­rer ge­mein­sa­men Ver­nach­läs­si­gung des Schmelzofens sein. Wenn sie nicht um­ge­kom­men sind, so zweifle ich, ob sie den Ver­stand ha­ben, die Sa­che zu er­klä­ren. Sie wer­den die Wir­bel­sturm­ge­schich­te an­neh­men. Und wenn ich wäh­rend der zeit­wei­li­gen Un­taug­lich­keit mei­nes Hau­ses in ei­nem der un­be­nutz­ten Zim­mer die­ses Ihres Hau­ses woh­nen darf – –«

Er hielt inne und sah mich an.

Ein Mann von sol­chen Mög­lich­kei­ten, über­leg­te ich, ist kein ge­wöhn­li­cher Gast.

»Vi­el­leicht«, sag­te ich und er­hob mich auf die Füße, »sä­hen wir uns bes­ser nach ei­ner Schau­fel um«, und ich führ­te ihn zu den zer­trüm­mer­ten Spu­ren des Ge­wächs­hau­ses.

Und wäh­rend er sein Bad nahm, be­dach­te ich die gan­ze Fra­ge al­lein. Es war klar, Mr. Ca­vors Ge­sell­schaft hat­te Schat­ten­sei­ten, die ich nicht vor­aus­ge­se­hen hat­te. Die Geis­tes­ab­we­sen­heit, die um Haa­res­brei­te den Erd­ball ent­völ­kert hät­te, konn­te je­den Au­gen­blick eine an­de­re erns­te Unan­nehm­lich­keit zur Fol­ge ha­ben. An­de­rer­seits war ich jung, mei­ne An­ge­le­gen­hei­ten wa­ren in Wirr­warr, und ich war ge­ra­de in der Stim­mung für ge­dan­ken­lo­ses Aben­teu­ern – mit der Aus­sicht auf et­was Gu­tes am Schluss. Ich hat­te im Geist voll­stän­dig ab­ge­macht, dass ich in die­ser Sei­te der Sa­che min­des­tens mit der Hälf­te be­tei­ligt sein müss­te. Zum Glück hat­te ich mein Som­mer­haus, wie ich schon ge­sagt habe, auf drei­jäh­ri­gen Kon­trakt, ohne für Re­pa­ra­tu­ren aus­kom­men zu brau­chen; und mei­ne Ein­rich­tung war, so wie sie da war, ei­lig er­stan­den, un­be­zahlt, ver­si­chert und je­der As­so­zia­tio­nen völ­lig bar. Schließ­lich be­schloss ich, mit ihm aus­zu­hal­ten und das Ende der Sa­che ab­zu­war­ten.

Si­cher­lich hat­te sich der An­blick der Din­ge sehr ge­än­dert. Ich zwei­fel­te durch­aus nicht län­ger an den un­ge­heu­ren Mög­lich­kei­ten des Stof­fes, aber ich be­gann über den Ka­no­nen­wa­gen und die Pa­tent­s­tie­fel Zwei­fel zu he­gen.

Wir mach­ten uns so­fort an die Ar­beit, um sein La­bo­ra­to­ri­um wie­der auf­zu­bau­en und mit un­se­ren Ex­pe­ri­men­ten fort­zu­fah­ren. Ca­vor sprach mehr mei­nem Ni­veau ent­spre­chend, als er je zu­vor ge­tan hat­te, so­bald es auf die Fra­ge hin­aus­lief, wie wir das Zeug das nächs­te Mal ma­chen soll­ten.

»Na­tür­lich müs­sen wir es wie­der­ma­chen«, sag­te er mit ei­ner Art des Schmer­zes, die ich nicht an ihm er­war­tet hät­te, »na­tür­lich müs­sen wir es wie­der­ma­chen. Wir ha­ben viel­leicht den kür­ze­ren ge­zo­gen, aber wir ha­ben die Theo­rie ein für al­le­mal hin­ter uns ge­las­sen. Wenn wir es ir­gend­wie ver­mei­den kön­nen, die­sen un­se­ren Pla­ne­ten zu ver­nich­ten, wol­len wir es tun. Aber – es muss ein Ri­si­ko ge­ben! Es muss. Bei ex­pe­ri­men­tel­ler Ar­beit gibt es das im­mer. Und da müs­sen als prak­ti­scher Mann Sie ein­tre­ten. Mir mei­ner­seits scheint, wir kön­nen es viel­leicht senk­recht ma­chen und sehr dünn. Aber ich weiß nicht. Ich habe eine dunkle Vor­stel­lung von noch ei­ner an­de­ren Metho­de. Ich kann es bis jetzt kaum er­klä­ren. Aber son­der­ba­rer­wei­se fiel es mir, als ich vor dem Wind im Schmutz her­um­roll­te und sehr im Zwei­fel war, wie das gan­ze Aben­teu­er en­den soll­te, als ge­nau das ein, was ich hät­te tun sol­len.«

Selbst mit mei­ner Hil­fe fan­den wir ei­ni­ge klei­ne Schwie­rig­kei­ten, und un­ter­des blie­ben wir da­mit be­schäf­tigt, das La­bo­ra­to­ri­um wie­der­her­zu­stel­len. Es gab eine Men­ge zu tun, ehe es ab­so­lut nö­tig wur­de, sich über die ge­naue Form und Metho­de un­se­res zwei­ten Ver­suchs zu ent­schei­den. Die ein­zi­ge Sto­ckung für uns war der Streik der drei Ar­bei­ter, die sich ge­gen mei­ne Tä­tig­keit als Werk­füh­rer wehr­ten. Aber die­se Sa­che leg­ten wir nach ei­nem Ver­zug von zwei Ta­gen bei.