Buch lesen: «Grundwissen Konfessionskunde», Seite 8

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Weiterführende Literatur

Böttigheimer, Christoph (2009), Lehrbuch der Fundamentaltheologie. Die Rationalität der Gottes-, Offenbarungs- und Kirchenfrage, Freiburg i.Br.

Böttigheimer, Christoph (2016), Die eine BibelBibel und die vielen Kirchen. Die Heilige Schrift im ökumenischen Verständnis, Freiburg i.Br.

Fitschen, Klaus (2001), Der Katholizismus von 1648 bis 1870. KGE III/8, Leipzig.

Knop, Julia (2013), Wie geht katholisch. Eine Gebrauchsanleitung, Freiburg i.Br.

Müller, Gerhard Ludwig (2005), Katholische Dogmatik. Für Studium und Praxis der Theologie, Freiburg i.Br.

Pesch, Otto Hermann (2016), Katholische Dogmatik aus ökumenischer Erfahrung. Die Geschichte der Menschen mit Gott. Die Geschichte Gottes mit den Menschen, Ostfildern.

Pesch, Otto Hermann (2001), Das Zweite Vatikanische KonzilKonzil / Konziliarismus. Vorgeschichte – Verlauf – Ergebnisse – Nachgeschichte, Würzburg.

Rahner, Johanna (2014), Einführung in die katholische Dogmatik, Darmstadt.

Ratzinger, Joseph (2013), Der Geist der LiturgieLiturgie. Eine Einführung, Freiburg i.Br.

Thönissen, Wolfgang (2013), Ein KonzilKonzil / Konziliarismus für ein ökumenisches Zeitalter. Schlüsselthemen des Zweiten Vaticanums, Paderborn/Leipzig.

3.2 Die Altkatholische Kirche

Die Altkatholische (in der Schweiz: Christkatholische) Kirche führt ihrem Selbstverständnis nach TraditionenTradition katholischer Kirchen fort, die sich gegenüber Rom als unabhängig verstehen. Besonderen Bezug nimmt sie auf die bereits im 18. Jahrhundert von Rom losgelöste katholische Kirche in Utrecht, in deren Sukzessionslinie die Bischöfe der Altkatholischen Kirche stehen.

Die historischen AnfängeDie Anfänge der Altkatholischen Kirche liegen in der Entwicklung der Römisch-katholischen Kirche im Zuge des I. Vatikanischen KonzilsKonzil / KonziliarismusI. Vatikanisches Konzil. Die dort dogmatisierten Vorrechte des Papstes, Jurisdiktionsprimat und Infallibilität, wurden unter der maßgeblichen Führung des Münchner Professors für Kirchengeschichte, Johann Joseph Ignaz von Döllinger$Döllinger, Johann Joseph Ignaz von, 1799–1890, römisch-katholischer Theologe (1799–1890), der diese DogmenDogma 1870 als weder biblisch noch kirchengeschichtlich korrekt begründet ansah, nicht als der katholischen Lehre gemäß betrachtet und deshalb abgelehnt. Gegenüber diesen „neuen“ Dogmen hielten Altkatholiken an den „alten“ Lehren fest – daher der Name „altkatholisch“.

Diejenigen, die die neuen DogmenDogma der Römisch-katholischen Kirche nicht anerkennen konnten, wurden exkommuniziert und gründeten deshalb die Altkatholische Kirche. 1873 wurde ihr erster BischofBischof Josef-Hubert Reinkens$Reinkens, Josef-Hubert, 1821–1896, altkatholischer Bischof (1821–1896) geweiht.

Die Entwicklung der Altkatholischen KircheIm Vergleich zur Römisch-katholischen Kirche des 19. und frühen 20. Jahrhunderts zeigte sich die Altkatholische Kirche den Entwicklungen der Moderne und der ökumenischen BewegungBewegung(en) gegenüber aufgeschlossener. Belegt ist dies z.B. durch die Bonner Unionskonferenzen 1874 und 1875, bei denen die Altkatholische Kirche Kontakte zu anderen Konfessionsfamilien aufnahm. 1931 wurde in der Bonner Vereinbarung bereits die volle Kirchengemeinschaft mit der Kirche von England, später der gesamten Anglikanischen Gemeinschaft erklärt, nachdem die Lambeth-KonferenzLambeth-Konferenz bereits 1878 Sympathien für die Altkatholische Kirche erklärt hatte. Seit 1985 gibt es eine Vereinbarung zur gegenseitigen Einladung zu dem unter beiderlei Gestalt stattfindenden AbendmahlAbendmahl mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) [→ Evangelische Kirchen]. Außerdem ist die Altkatholische Kirche Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACKArbeitsgemeinschaft der christlichen Kirchen (ACK)).

Die Utrechter UnionUtrechter Union1889 schlossen sich die Altkatholischen Kirchen der Niederlande, der Schweiz und Deutschlands in der Utrechter UnionUtrechter Union zusammen, die bis heute – mittlerweile ergänzt durch weitere Altkatholische Kirchen – die internationale Zusammenarbeit regelt. Die Utrechter UnionUnion / Uniert hat gegenwärtig ca. 70000 Mitglieder, in Deutschland zählt sie ca. 15000 Gläubige.

Die Organisation der KircheDie Altkatholische Kirche ist synodal strukturiert. Der BischofBischof wird von Gemeindevertretern gewählt und steht in der personellen apostolischen Nachfolge. Von daher ist die Altkatholische Kirche in ihrer Struktur manchen evangelischen Landeskirchen ähnlich, allerdings mit dem starken Akzent des Bischofsamtes. Deshalb ist die Verfassung als bischöflich-synodal zu verstehen. Es gibt seit 1878 keinen (Pflicht-)ZölibatZölibat. Frauen können seit 1996 die PriesterweiheWeihePriesterweihe (Presbyterat) empfangen und Laien Führungsaufgaben in der kirchlichen Hierarchie übernehmen. Im Gegensatz zur Römisch-katholischen Kirche werden geschiedene und wiederverheiratete Menschen nicht von der Teilnahme an den SakramentenSakrament ausgeschlossen.

Weiterführende Literatur

Eßner, Günther (2016), Die Alt-Katholischen Kirchen, BensH 116, Göttingen.

3.3 Die Orthodoxe Kirche

Die konfessionelle Orthodoxie wird im deutschsprachigen Raum aufgrund der Unkenntnis östlicher Kirchen schnell mit der lutherischen oder reformierten Orthodoxie, mit der sie konfessionell aber nichts gemein hat, verwechselt.

Herleitung des NamensDie Selbstbezeichnung „orthodox“ ist für die Orthodoxe Kirche ein signifikantes Wesensmerkmal. Sie versteht sich nicht nur als „Kirche der Rechtgläubigkeit“, sondern bringt in ihrem Namen schon wesentliche theologische Charakteristika ihrer selbst zum Ausdruck. Das griechische Wort orthodoxos setzt sich zusammen aus orthos = ‚richtig, aufrecht‘ und dokeo = ‚meinen, glauben, sich bekennen‘. Verbunden mit dokeo ist das Verb doxazo = ‚ehren, lobpreisen‘, das der Wortbedeutung eine spezielle Prägung verleiht: „Ortho-dox“ meint demnach den „rechten LobpreisLobpreis Gottes“, der besonders in der LiturgieLiturgie, im Kult und im kirchlichen Leben zum Ausdruck kommt.

Bedeutung der ErfahrungIn der Orthodoxie steht die LiturgieLiturgie im Mittelpunkt von Theologie und Frömmigkeit. In ihr drücken sich in unmittelbar erfahrbarer Form das gesamte orthodoxe Glaubensleben und die gesamte orthodoxe Theologie aus. Erfahrung ist in diesem Verständnis Ausgangspunkt des Glaubens. Manche der orthodoxen Theologen sehen das eigentlich Besondere der Orthodoxie darin, dass sie nur auf dem Weg der Erfahrung begriffen werden könne, d.h. speziell durch die Teilnahme am GottesdienstGottesdienst, an den MysterienMysterien, d.h. den SakramentenSakrament, sowie durch die kirchlich rezipierte AskeseAskese, das kirchliche geistliche Leben, durch Gebet und LobpreisLobpreis. Theologie erschließt sich nach orthodoxer Vorstellung im Vollzug des kirchlichen Lebens. Somit ist der Erfahrungsbegriff eng mit „Kirchlichkeit“ verbunden, die der Erfahrung den Raum gibt.

Heilige Schrift und OffenbarungsquellenIn der Orthodoxie gilt neben der Heiligen Schrift auch die kirchliche Überlieferung, die TraditionTradition als Quelle der OffenbarungOffenbarungQuelle(n) der Offenbarung. Eine Fixierung auf die Schrift als alleinige OffenbarungOffenbarung Jesu ChristiJesus Christus ist der Orthodoxie fremd. Tradition, Überlieferung und die Aussagen der Kirchenväter können biblischen Aussagen durchaus vor-, zumindest aber gleichwertig beigeordnet werden.

Die Rezeption der Lehren der Kirchenväter und ihre Aneignung unter den Bedingungen der Moderne ist eine zentrale Aufgabe besonders der neopatristischen Richtung innerhalb der orthodoxen Theologie. Dabei werden mit den Kirchenvätern auch gegenwärtige ethische Konzepte gemessen und die BibelBibel auf Bestätigung ihrer Aussagen geprüft.

LiturgieLiturgieIm orthodoxen Selbstverständnis fußt die orthodoxe Identität weder auf einem DogmaDogma noch einer speziellen Organisationsstruktur, sondern in erster Linie auf dem rechten LobpreisLobpreis des dreieinigen Gottes. Der GottesdienstGottesdienst hat theophanischen Charakter, d.h. er ist Ort der Gegenwart und Selbstoffenbarung Gottes. Damit erhalten alle im Zusammenhang mit dem Gottesdienst stehenden Elemente und Aspekte eine besondere Bedeutung, die von der LiturgieLiturgie her zu verstehen sind und durch sie definiert werden. Das betrifft u.a. das Wirken des BischofsBischof und Priesters und ihre Stellung im gottesdienstlichen Geschehen.

Die LiturgieLiturgie als ein Volksdienst, abgeleitet von leitou = ‚Volk‘ und ergon = ‚Werk‘, ist kein privater religiöser Akt, d.h. sie kann nicht wie in der Römisch-katholischen Kirche als Ritus für Einzelne vollzogen werden und fokussiert ebenso wenig eine individuelle Beziehung des Einzelnen zu Gott wie im Protestantismus. Die Liturgie wird verstanden als ein Glaubensakt des kirchlichen Volkes Gottes in Christus.

Orthodoxe Christen sehen ihre jeweilige Konfession und Kirchenzugehörigkeit am deutlichsten in ihren gottesdienstlichen Ordnungen und Liturgien zum Ausdruck gebracht. Nach welchem Kalender die Abfolge der Gottesdienstfeiern und Feste stattfindet, welcher Ritus und welche Sprache in Gebrauch ist, nach welchen Liturgieformularen gefeiert wird, ist bei aller regionalen Vielfalt zentral für die orthodoxe konfessionelle Identität.

3.3.1 Die Realisierung der ApostolizitätApostolizitätRealisierung der Apostolizität: Theologische Grundlagen

EkklesiologieEkklesiologieDie Orthodoxie sieht sich als die authentische Fortführung der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche. Sie ist der Ursprung, von dem sich alle anderen Kirchen, auch die westliche, Römisch-katholische Kirche abspalteten, und somit die Heimat aller Christen.

Die orthodoxe EkklesiologieEkklesiologie erfuhr lediglich durch die Konzilien eine gewisse allgemeine Fixierung, aber nicht durch weiterführende dogmatisch-theologische Festschreibungen, die verbindlich für die gesamte Kirche sind. Das gilt ebenso für das Kirchenrecht: Es gibt keinen allgemein verbindlichen Rechtskodex, auch wenn bis ins Mittelalter verschiedene Kanones und andere Normenlisten entwickelt wurden, die auch heute weitgehend die Grundlage des kirchlichen Lebens bilden.

Die Kirche wird als „lebendiger Organismus“ gesehen, deren Wirklichkeit eher erfahrbar ist, als dass sie dogmatisch festgeschrieben werden kann.

SynodalitätSynodalität/GemeinschaftIm Allgemeinen beschreibt sich die orthodoxe Kirche, wie z.B. in den Dokumenten des im Sommer 2016 stattgefundenen (Pan)orthodoxen KonzilsKonzil / Konziliarismus, dessen Beschlüsse von zehn der zu dem Zeitpunkt 14 autokephalen Kirchen getragen werden, als dreifach geeint, und zwar in den SakramentenSakrament, besonders in der Göttlichen EucharistieEucharistie, im orthodoxen Glauben und in ihrer SynodalitätSynodalität. Grundlage des Synodalismus, der die kanonische Struktur der Kirche bestimmt, ist sein Charakter als Gemeinschaft(lichkeit), die im orthodoxen Verständnis das Leben der Kirche trägt und eines der herausragenden Elemente orthodoxer EkklesiologieEkklesiologie ist.

Eine treffende Bezeichnung für diese Vorstellung der Gemeinschaft(lichkeit) ist sobornost. Der Begriff entstand Ende des 19. Jahrhunderts in der russischen Orthodoxie. Er leitet sich von ‚Sammlung‘ ab und meint ‚Konziliarität‘, ‚Katholizität‘ oder ‚Gemeinschaft‘. Die jeweiligen theologischen Deutungen können leicht variieren, meinen aber stets Formen der Verbindung des Individuellen und des Gemeinschaftlichen, ohne ein Element dem anderen unterzuordnen.

Die leibhaftige Gemeinschaft der Gläubigen in der Kirche kann christologischChristologie, d.h. in Bezug auf Jesus ChristusJesus Christus, oder pneumatologisch, d.h. im Hinblick auf den heiligen Geist, gedeutet werden. Auch der Rückbezug auf die TrinitätTrinität ist gebräuchlich: Die innertrinitarische Gemeinschaft der drei göttlichen Hypostasen hat sich der Gemeinschaft der Kirche mitgeteilt und erfährt durch sie eine Verkörperung.

Die Gemeinschaftlichkeit, die qualitative Katholizität, hält u.a. sakramentales und allgemeines Priestertum zusammen. Mit der Vorstellung der kirchlichen Gemeinschaft ist das Amtsverständnis untrennbar verbunden.

Eschatologische PerspektiveIn der orthodoxen Theologie und in der orthodoxen Frömmigkeit wird die Kirche als mystisch in Gott verankert und damit vor der Zeit existierend verstanden (so z.B. bei Bulgakov, 1993, 19). Damit ist sie unabhängig von ihrer historischen Entstehung und Entwicklung. Sie wird von der Zukunft ausgehend eschatologisch gedacht, weniger von der Vergangenheit her. Aktuell begegnet diese Vorstellung u.a. bei Johannes Zizioulas (geb. 1931)$Zizioulas, Johannes, geb. 1931, orthodoxer Theologe, Titular-Metropolit von Pergamon, Titular-Metropolit von Pergamon und einer der gegenwärtig einflussreichsten Theologen der Orthodoxen Kirche.

Eucharistische EkklesiologieEkklesiologieDer Kern dieser Anschauung ist die schon in der Alten Kirche vertretene eucharistische EkklesiologieEkklesiologie, die in der die EucharistieEucharistie feiernden Ortsgemeinde die Kirche selbst sieht. Das Feiern der Eucharistie unter der Leitung eines BischofsBischof in jeder einzelnen Gemeinde stellt die Kirche schlechthin dar. Da die Eucharistie die Inkarnation des ungeteilten Jesus ChristusJesus Christus ist, wird durch sie auch die Einheit der KircheKircheEinheit der Kirche selbst gewahrt. In orthodoxer Sicht ist die Eucharistie kirchenkonstituierend. Die Gültigkeit der Eucharistie wiederum hängt von der Gültigkeit des Amtes und des Trägers ab, der sie zelebriert.

Vor diesem Hintergrund nimmt das Amtsverständnis eine untergeordnete Stellung in der orthodoxen Theologie und Dogmatik ein. Gleichermaßen kommt ihm im Hinblick auf das Zentrum des Glaubens und der Theologie eine eminent wichtige Rolle zu. Das kirchliche AmtAmt wird nicht aus sich selbst heraus begriffen, sondern in seinem Bezug zu EucharistieEucharistie und GottesdienstGottesdienst und in deren Zusammenhang zur EkklesiologieEkklesiologie.

Aufgrund dieser Nachrangigkeit fehlen Beschreibungen der orthodoxen Definition des kirchlichen Amtes in so gut wie jeder deutschsprachigen konfessionskundlichen Darstellung seit Beginn des 20. Jahrhunderts bzw. finden nur peripher im Zusammenhang mit dem GottesdienstGottesdienst Erwähnung.

EucharistieEucharistie und PriesteramtDer Bezug auf EucharistieEucharistie und GottesdienstGottesdienst verleiht dem AmtAmt seine ekklesiologische Bedeutung. Die unmittelbare Zuordnung zur Eucharistie, die als SakramentSakrament und LiturgieLiturgie Mitte des kirchlichen Lebens ist, erhöht den Stellenwert des BischofsBischof- und Priesteramtes, trotz seiner Nachrangigkeit bei der Betrachtung als eigenständiges Amt und im Vergleich mit anderen, markanteren Erscheinungen des kirchlichen Lebens. Für die eucharistische Gemeinschaft ist das Priestertum unerlässlich.

Die LiturgieLiturgie ist in der Orthodoxie Ausdruck und Element der Vergegenwärtigung des Heils. In theologischer Terminologie bedeutet das: anamnetische Aktualpräsenz der HeilsökonomieHeilsökonomie. In der Liturgie wird in einer Vielzahl einzelner Akte und Handlungen Heilswirklichkeit aktualisiert und die Wiederkunft Christi vergegenwärtigt. In der EucharistieEucharistie nimmt die Gemeinde sakramental an dem Opfer Christi zum Heil des Menschen teil. Christus selbst ist der PriesterPriester, der das in seiner Kirche gefeierte Opfer darbringt. Die Kirche feiert die Eucharistie im Bewusstsein, in ihrer sichtbaren Gestalt mystischer Leib Christi zu sein.

Der BischofBischof oder PriesterPriester ist dabei die Versinnbildlichung des sakramental Vollzogenen – seine einzigartige Funktion besteht darin, das Priestertum Christi, des einzigen und wahren Priesters, abzubilden und zu vergegenwärtigen.

Apostolische SukzessionSukzessionApostolische SukzessionDie Orthodoxe Kirche vertritt den Standpunkt, dass es ein von Jesus ChristusJesus Christus gestiftetes AmtAmt gibt, das von den ApostelnApostel durch sukzessive OrdinationOrdination weitergegeben wurde und wird. Die ekklesiologischen Voraussetzungen der SukzessionSukzession werden in der Aufgabe der Verbreitung und Mission der in der Geschichte existierenden Kirche gesehen sowie der Vorstellung der Übertragung von AutoritätAutorität durch Stellvertretung und Repräsentanz (Zizioulas$Zizioulas, Johannes, geb. 1931, orthodoxer Theologe, Titular-Metropolit von Pergamon, 1996, 153f. u.ö.). Die apostolische SukzessionSukzessionApostolische SukzessionApostolizitätApostolische Sukzession wiederum ist Voraussetzung der Einheit der KircheKircheEinheit der Kirche und so untrennbar mit SynodalitätSynodalität und Konziliarität verbunden. Die einzigartige Rolle des BischofsBischof besteht darin, die sichtbare Einheit der Gemeinschaft in der EucharistieEucharistie zu garantieren. Steht der Bischof nicht in der apostolischen Sukzession, bricht die Einheit der Kirche auseinander bzw. wird nicht hergestellt. Damit ist die Kirche keine im GlaubensbekenntnisGlaubensbekenntnis bezeugte Kirche mehr, kein MysteriumMysterien.

Einheit der KircheKircheEinheit der Kirche im HirtenamtDas Hirtenamt ist aufgrund seiner engen Verbindung mit dem Apostolat das AmtAmt, das alle anderen Ämter umschließt. Seine besondere Aufgabe ist die Förderung der Einheit der KircheKircheEinheit der Kirche. Dies wird in den von der Orthodoxie rezipierten Gedanken der Kirchenväter Ignatius von Antiochien (2. Jahrhundert)$Ignatius von Antiochien, 2. Jahrhundert, Bischof von Antiochien, Kirchenvater und Cyprian$Cyprian von Karthago, gest. 258, Bischof, Kirchenvater von Karthago (um 200–258) deutlich: Die Kirche sei das in ihrem BischofBischof vereinte Volk, eine Herde, die sich um ihren Hirten dränge, und somit habe der Bischof nur in der Kirche und die Kirche nur im Bischof Bestand.

Das dreigliedrige HirtenamtNach orthodoxer Scholastik vereint und verkörpert das Hirtenamt, das höchste und das zentrale AmtAmt der Kirche, die dreifache messianische Würde Jesu ChristiJesus Christus als ProphetProphet, Hohepriester (Lehrer) und König (Kirchenleiter). Keiner dieser drei Komponenten kann vom Hirtenamt gelöst werden. In ihnen spiegelt sich die trinitarische HeilsökonomieHeilsökonomie. Die Vor- oder Unterordnung eines Amtes gegenüber einem anderen schadet dem Ganzen, allerdings steht die priesterliche Würde im Mittelpunkt und umfasst die beiden anderen.

Das SakramentSakrament der Handauflegung/die PriesterweiheWeihePriesterweihe (Presbyterat)Das Weihesakrament der Handauflegung oder der OrdinationOrdination ist in der Orthodoxie dreigeteilt in den DiakonDiakonat (die DiakonenweiheWeiheDiakonenweihe), den PresbyteratWeihePriesterweihe (Presbyterat) (die Priesterweihe) und den Episkopat (die BischofsweiheWeiheBischofsweihe). Neben dem Weihesakrament gibt es die sogenannten niederen WeihenWeihe, z.B. zum Lektorat oder zum Subdiakonat.

Im SakramentSakrament der PriesterweiheWeihePriesterweihe (Presbyterat) wird durch Weihegebete und Handauflegung (griech.: Cheirotonia) des BischofsBischof der Heilige GeistHeiliger Geist auf den zum Priesteramt Erwählten herabgerufen. Er wird dadurch befähigt, die MysterienMysterien zu feiern, allen voran das Mysterium der EucharistieEucharistie, Sakramente zu spenden (bei PriesternPriester ausgenommen das Sakrament der WeiheWeihe), zu segnen und sich am kirchlichen Hirten- und LehramtLehramt aktiv zu beteiligen.

Die gesamte Fülle der priesterlichen Gewalt wird in der BischofsweiheWeiheBischofsweihe, die eingeschränkte priesterliche Gewalt in der PriesterPriester- und Diakonatsweihe mitgeteilt.

Das priesterliche AmtAmt ist christologischesChristologie Abbild mit pneumatologischer Perspektive. Der PriesterPriester wird u.a. in der Nachfolge des aaronitischen Priestertums gesehen (Lilienfeld, 1995, 428). Pneumatologisch gedeutet empfängt der Priester in seiner WeiheWeihe, so der orthodoxe Theologe Alexander Schmemann (1921–1983)$Schmemann, Alexander, 1921–1983, orthodoxer Theologe, „nicht das ,Priestertum‘, sondern die Gabe der Liebe Christi“ (Schmemann, 1974, 115), und die pneumatische Befähigung, die unsichtbare ParusieParusie des Herrn, seine Gegenwart und deren Wirkung in seiner Kirche zu verkörpern. In dieser OffenbarungOffenbarung der Liebe ähnele das SakramentSakrament der PriesterweiheWeihePriesterweihe (Presbyterat) dem Ehesakrament.

ÄmterstrukturDie Ämterstruktur in der Orthodoxen Kirche weist eine hierarchische Gliederung auf: An der Spitze einer Lokalkirche steht der BischofBischof, der als primus inter pares im Kollegium der Bischöfe wirkt. Bezeichnungen wie „PatriarchPatriarch“, „Metropolit“ oder „ErzbischofBischofErzbischof“ sind lediglich Titel, die sich auf Leitungsfunktionen oder Ehrenämter beziehen. Der Bischof wird als Hohepriester verstanden (griech.: Archiereis, seltener: Bischof = griech.: Episkopos), als „Vorarbeiter“ und „Aufseher“. Bischöfe sind geistlich und kirchenrechtlich gleichgestellt, sodass auch ein Patriarch oder Metropolit keine höhere AutoritätAutorität oder Jurisdiktionsgewalt gegenüber einem Bischof hat. Er vertritt lediglich die Kirche nach außen.

Ein BischofBischof wiederum leitet die PriesterPriester (Priester = griech.: Hiereus, seltener: Presbyteros = ‚Ältester‘). Es gibt für Priester Ehrentitel wie „Erzpriester“ (griech.: Archipresbyteros) oder „Archimandrit“ u.ä.

BischofBischof und PriesterPriesterPriesterPriester besitzen ihre AutoritätAutorität nur Kraft der bischöflichen Delegation. Diese zeigt sich konkret an der Überreichung des Antimension, des Altartuchs, das die Signatur des BischofsBischof trägt. Ohne das Antimension kann ein Priester keine EucharistieEucharistie feiern. Ein weiteres Zeichen der Delegation der bischöflichen Autorität ist die liturgische Kommemoration des Bischofs durch den Priester. Der Priester vollzieht die SakramenteSakrament in Abhängigkeit vom Bischof.

In der Gemeinde ist wiederum der PriesterPriester der Hirte der spirituellen Herde, auch wenn seine AutoritätAutorität eine delegierte ist. Sie ist ebenso real und von der Art wie die des BischofsBischof, von der sie sich ableitet.

Die DiakoneDiakon (griech.: Diakonos) sind Helfer des Priesters in der Gemeinde oder sind einem BischofBischof und dessen Aufgabenbereichen zugeordnet.

Eheschließung bei PriesternPriesterEin Spezifikum der orthodoxen Kirche, welches auf altkirchliche kanonische Praxis zurückgeht, ist die Möglichkeit der Eheschließung für DiakoneDiakon und PriesterPriester, bevor sie die WeiheWeihe empfangen. Bischöfe sind immer Mönche und von daher zum ZölibatZölibat verpflichtet. Da aber auch verwitwete Priester, die in den Mönchsstand eingetreten sind, zu Bischöfen gewählt und geweiht werden können, kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass orthodoxe Bischöfe und kirchliche Würdenträger verheiratet waren und Kinder haben. Allerdings dürfen Priester, wenn sie Witwer werden oder sich von ihrer Frau trennen, kein zweites Mal heiraten. Geweihte Priester hingegen dürfen nicht mehr heiraten – darin ähneln sie römisch-katholischen Priestern. Die PriesterweiheWeihePriesterweihe (Presbyterat) stellt in der Orthodoxie wie im römischen Katholizismus in kirchenrechtlicher Terminologie ein Ehehindernis dar.

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