Kroat mit einem Halsschmuck. Scharfschütze folgt. Vorige.
Kroat, wo hast du das Halsband gestohlen?
Handle dir's ab! dir ist's doch nichts nütz.
Geb' dir dafür das Paar Terzerolen.
Nix, nix! Du willst mich betrügen, Schütz.
Nun! geb' dir auch noch die blaue Mütz,
Hab' sie soeben im Glücksrad gewonnen.
Siehst du? Sie ist zum höchsten Staat.
's ist aber von Perlen und edelm Granat.
Schau, wie das flinkert in der Sonnen!
Die Feldflasche noch geb' ich drein, (besieht es)
Es ist mir nur um den schönen Schein.
Seht nur, wie der den Kroaten prellt!
Halbpart, Schütze, so will ich schweigen.
Deine Mütze mir wohlgefällt.
Wir tauschen hier! Die Herrn sind Zeugen!
Vorige. Konstabler.
Wie ist's, Bruder Karabinier?
Werden wir uns lang noch die Hände wärmen,
Da die Feinde schon frisch im Feld herum schwärmen?
Tut's Ihm so eilig, Herr Konstabel?
Die Wege sind noch nicht praktikabel.
Mir nicht. Ich sitze gemächlich hier;
Aber ein Eilbot' ist angekommen,
Meldet, Regensburg sei genommen.
Ei, da werden wir bald aufsitzen.
Wohl gar! Um dem Bayer sein Land zu schützen,
Der dem Fürsten so unfreund ist?
Werden uns eben nicht sehr erhitzen.
Meint Ihr? – Was Ihr nicht alles wißt!
Vorige. Zwei Jäger. Dann Marketenderin. Soldatenjungen. Schulmeister. Aufwärterin.
Sieh, sieh!
Da treffen wir lustige Kompanie.
Was für Grünröck' mögen das sein?
Treten ganz schmuck und stattlich ein.
Sind Holkische Jäger; die silbernen Tressen
Holten sie sich nicht auf der Leipziger Messen.
Glück zur Ankunft, ihr Herrn!
Was? der Blitz!
Das ist ja die Gustel aus Blasewitz.
I freilich! Und Er ist wohl gar, Mußjö,
Der lange Peter aus Itzehö?
Der seines Vaters goldene Füchse
Mit unserm Regiment hat durchgebracht
Zu Glückstadt in einer lustigen Nacht –
Und die Feder vertauscht mit der Kugelbüchse.
Ei da sind wir alte Bekannte!
Und treffen uns hier im böhmischen Lande.
Heute da, Herr Vetter, und morgen dort –
Wie einen der rauhe Kriegesbesen
Fegt und schüttelt von Ort zu Ort;
Bin indes weit herum gewesen.
Will's Ihr glauben! Das stellt sich dar.
Bin hinauf bis nach Temeswar
Gekommen mit den Bagagewagen,
Als wir den Mansfelder täten jagen.
Lag mit dem Friedländer vor Stralsund,
Ging mir dorten die Wirtschaft zu Grund.
Zog mit dem Sukkurs vor Mantua,
Kam wieder heraus mit dem Feria,
Und mit einem spanischen Regiment
Hab' ich einen Abstecher gemacht nach Gent.
Jetzt will ich's im böhmischen Land probieren,
Alte Schulden einkassieren –
Ob mir der Fürst hilft zu meinem Geld.
Und das dort ist mein Marketenderzelt.
Nun, da trifft Sie alles beisammen an!
Doch wo hat Sie den Schottländer hingetan,
Mit dem Sie damals herumgezogen?
Der Spitzbub! der hat mich schön betrogen.
Fort ist er! Mit allem davon gefahren,
Was ich mir tät am Leibe ersparen.
Ließ mir nichts als den Schlingel da!
Mutter! sprichst du von meinem Papa?
Nun, nun! das muß der Kaiser ernähren,
Die Armee sich immer muß neu gebären.
Fort in die Feldschule! Marsch, ihr Buben!
Das fürcht sich auch vor der engen Stuben!
Base, sie wollen fort.
Gleich, gleich!
Ei, wer ist denn das kleine Schelmengesichte?
's ist meiner Schwester Kind – aus dem Reich.
Ei, also eine liebe Nichte?
Bleib Sie bei uns doch, artiges Kind.
Gäste dort zu bedienen sind.
Das Mädchen ist kein übler Bissen! –
Und die Muhme – beim Element!
Was haben die Herrn vom Regiment
Sich um das niedliche Lärvchen gerissen! –
Was man nicht alles für Leute kennt,
Und wie die Zeit von dannen rennt. –
Was werd' ich noch alles erleben müssen!
Euch zur Gesundheit, meine Herrn! –
Laßt uns hier auch ein Plätzchen nehmen.
Jäger. Wachtmeister. Trompeter.
Wir danken schön. Von Herzen gern.
Wir rücken zu. Willkommen in Böhmen!
Ihr sitzt hier warm. Wir, in Feindes Land,
Mußten derweil uns schlecht bequemen.
Man sollt's euch nicht ansehn, ihr seid galant.
Ja, ja, im Saalkreis und auch in Meißen
Hört man euch Herrn nicht besonders preisen.
Seid mir doch still! Was will das heißen?
Der Kroat es ganz anders trieb,
Uns nur die Nachles' übrig blieb.
Ihr habt da einen saubern Spitzen
Am Kragen, und wie euch die Hosen sitzen!
Die feine Wäsche, der Federhut!
Was das alles für Wirkung tut!
Daß doch den Burschen das Glück soll scheinen,
Und so was kommt nie an unser einen!
Dafür sind wir des Friedländers Regiment,
Man muß uns ehren und respektieren.
Das ist für uns andre kein Kompliment,
Wir ebenso gut seinen Namen führen.
Ja, ihr gehört auch so zur ganzen Masse.
Ihr seid wohl von einer besondern Rasse?
Der ganze Unterschied ist in den Röcken,
Und ich ganz gern mag in meinem stecken.
Herr Jäger, ich muß Euch nur bedauern,
Ihr lebt so draußen bei den Bauern;
Der feine Griff und der rechte Ton,
Das lernt sich nur um des Feldherrn Person.
Sie bekam Euch übel, die Lektion.
Wie er räuspert, und wie er spuckt,
Das habt Ihr ihm glücklich abgeguckt;
Aber sein Schenie, ich meine sein Geist
Sich nicht auf der Wachparade weist.
Wetter auch! wo Ihr nach uns fragt,
Wir heißen des Friedländers wilde Jagd
Und machen dem Namen keine Schande –
Ziehen frech durch Feindes und Freundes Lande,
Querfeldein durch die Saat, durch das gelbe Korn –
Sie kennen das Holkische Jägerhorn! –
In einem Augenblick fern und nah,
Schnell wie die Sündflut, so sind wir da –
Wie die Feuerflamme bei dunkler Nacht
In die Häuser fähret, wenn niemand wacht –
Da hilft keine Gegenwehr, keine Flucht,
Keine Ordnung gilt mehr und keine Zucht. –
Es sträubt sich – der Krieg hat kein Erbarmen –
Das Mägdlein in unsern sehnigten Armen –
Fragt nach, ich sag's nicht, um zu prahlen;
In Baireuth, im Voigtland, in Westfalen,
Wo wir nur durchgekommen sind –
Erzählen Kinder und Kindeskind
Nach hundert und aber hundert Jahren
Von dem Holk noch und seinen Scharen.
Nun, da sieht man's! Der Saus und Braus,
Macht denn der den Soldaten aus?
Das Tempo macht ihn, der Sinn und Schick,
Der Begriff, die Bedeutung, der feine Blick.
Die Freiheit macht ihn! Mit Euren Fratzen!
Daß ich mit Euch soll darüber schwatzen. –
Lief ich darum aus der Schul' und der Lehre,
Daß ich die Fron' und die Galeere,
Die Schreibstub' und ihre engen Wände
In dem Feldlager wiederfände? –
Flott will ich leben und müßig gehn,
Alle Tage was Neues sehn,
Mich dem Augenblick frisch vertrauen,
Nicht zurück, auch nicht vorwärts schauen –
Drum hab' ich meine Haut dem Kaiser verhandelt,
Daß keine Sorg' mich mehr anwandelt.
Führt mich ins Feuer frisch hinein,
Über den reißenden, tiefen Rhein –
Der dritte Mann soll verloren sein;
Werde mich nicht lang sperren und zieren. –
Sonst muß man mich aber, ich bitte sehr,
Mit nichts weiter inkommodieren.
Nu, nu, verlangt Ihr sonst nichts mehr?
Das ließ sich unter dem Wams da finden.
Was war das nicht für ein Placken und Schinden
Bei Gustav, dem Schweden, dem Leuteplager!
Der machte eine Kirch' aus seinem Lager,
Ließ Betstunde halten, des Morgens, gleich
Bei der Reveille und beim Zapfenstreich.
Und wurden wir manchmal ein wenig munter,
Er kanzelt' uns selbst wohl vom Gaul herunter.
Ja, es war ein gottesfürchtiger Herr.
Dirnen, die ließ er gar nicht passieren,
Mußten sie gleich zur Kirche führen.
Da lief ich, konnt's nicht ertragen mehr.
Jetzt geht's dort auch wohl anders her.
So ritt ich hinüber zu den Ligisten,
Sie täten sich just gegen Magdeburg rüsten.
Ja, das war schon ein ander Ding!
Alles da lustiger, loser ging,
Soff und Spiel und Mädels die Menge!
Wahrhaftig, der Spaß war nicht gering,
Denn der Tilly verstand sich aufs Kommandieren.
Dem eigenen Körper war er strenge,
Dem Soldaten ließ er vieles passieren,
Und ging's nur nicht aus seiner Kassen,
Sein Spruch war: leben und leben lassen.
Aber das Glück blieb ihm nicht stet –
Seit der Leipziger Fatalität
Wollt' es eben nirgends mehr flecken,
Alles bei uns geriet ins Stecken;
Wo wir erschienen und pochten an,
Ward nicht gegrüßt noch aufgetan.
Wir mußten uns drücken von Ort zu Ort,
Der alte Respekt war eben fort. –
Da nahm ich Handgeld von den Sachsen,
Meinte, da müßte mein Glück recht wachsen.
Nun, da kamt Ihr ja eben recht
Zur böhmischen Beute.
Es ging mir schlecht.
Sollten da strenge Mannszucht halten,
Durften nicht recht als Feinde walten,
Mußten des Kaisers Schlösser bewachen,
Viel Umständ' und Komplimente machen,
Führten den Krieg, als wär's nur Scherz,
Hatten für die Sach' nur ein halbes Herz,
Wollten's mit niemand ganz verderben,
Kurz, da war wenig Ehr zu erwerben,
Und ich wär' bald für Ungeduld
Wieder heimgelaufen zum Schreibepult,
Wenn nicht eben auf allen Straßen
Der Friedländer hätte werben lassen.
Und wie lang denkt Ihr's hier auszuhalten?
Spaßt nur! Solange der tut walten,
Denk' ich Euch, mein Seel! an kein Entlaufen.
Kann's der Soldat wo besser kaufen? –
Da geht alles nach Kriegessitt',
Hat alles 'nen großen Schnitt,
Und der Geist, der im ganzen Korps tut leben,
Reißet gewaltig, wie Windesweben,
Auch den untersten Reiter mit.
Da tret' ich auf mit beherztem Schritt,
Darf über den Bürger kühn wegschreiten,
Wie der Feldherr über der Fürsten Haupt.
Es ist hier wie in den alten Zeiten,
Wo die Klinge noch alles tät bedeuten;
Da gibt's nur ein Vergehn und Verbrechen:
Der Ordre fürwitzig widersprechen.
Was nicht verboten ist, ist erlaubt;
Da fragt niemand, was einer glaubt.
Es gibt nur zwei Ding' überhaupt:
Was zur Armee gehört und nicht;
Und nur der Fahne bin ich verpflicht.
Jetzt gefallt Ihr mir, Jäger! Ihr sprecht
Wie ein Friedländischer Reitersknecht.
Der führt's Kommando nicht wie ein Amt,
Wie eine Gewalt, die vom Kaiser stammt!
Es ist ihm nicht um des Kaisers Dienst,
Was bracht' er dem Kaiser für Gewinst?
Was hat er mit seiner großen Macht
Zu des Landes Schirm und Schutz vollbracht?
Ein Reich von Soldaten wollt' er gründen,
Die Welt anstecken und entzünden,
Sich alles vermessen und unterwinden –
Still! Wer wird solche Worte wagen!
Was ich denke, das darf ich sagen.
Das Wort ist frei, sagt der General.
So sagt er, ich hört's wohl einigemal,
Ich stand dabei. »Das Wort ist frei,
Die Tat ist stumm, der Gehorsam blind,«
Dies urkundlich seine Worte sind.
Ob's just seine Wort' sind, weiß ich nicht;
Aber die Sach ist so, wie er spricht.
Ihm schlägt das Kriegsglück nimmer um,
Wie's wohl bei andern pflegt zu geschehen.
Der Tilly überlebte seinen Ruhm.
Doch unter des Friedländers Kriegspanieren,
Da bin ich gewiß zu viktorisieren.
Er bannet das Glück, es muß ihm stehen.
Wer unter seinem Zeichen tut fechten,
Der steht unter besondern Mächten.
Denn das weiß ja die ganze Welt,
Daß der Friedländer einen Teufel
Aus der Hölle im Solde hält.
Ja, daß er fest ist, das ist kein Zweifel.
Denn in der blut'gen Affär bei Lützen
Ritt er euch unter des Feuers Blitzen
Auf und nieder mit kühlem Blut.
Durchlöchert von Kugeln war sein Hut,
Durch den Stiefel und Koller fuhren
Die Ballen, man sah die deutlichen Spuren;
Konnt' ihm keine die Haut nur ritzen,
Weil ihn die höllische Salbe tät schützen.
Was wollt Ihr da für Wunder bringen!
Er trägt ein Koller von Elendshaut,
Das keine Kugel kann durchdringen.
Nein, es ist die Salbe von Hexenkraut,
Unter Zaubersprüchen gekocht und gebraut.
Es geht nicht zu mit rechten Dingen!
Sie sagen, er les' auch in den Sternen
Die künftigen Dinge, die nahen und fernen;
Ich weiß aber besser, wie's damit ist.
Ein graues Männlein pflegt bei nächtlicher Frist
Durch verschlossene Türen zu ihm einzugehen;
Die Schildwachen haben's oft angeschrien,
Und immer was Großes ist drauf geschehen,
Wenn je das graue Röcklein kam und erschien.
Ja, er hat sich dem Teufel übergeben,
Drum führen wir auch das lustige Leben.