Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt (Band 1)

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Der Hindernissport hat mit etwa 100 Renntagen und mehr als zwei Millionen Preisgeld ebenfalls großen Zuspruch, wobei alle Hürdenrennen und Steeplechases von Anfang Mai bis Ende September gelaufen werden. Die beiden Hauptereignisse, mit je 100.000 NZ$ dotiert, haben auf Auklands Bahn Ellerslie Hausrecht, wo statt der europäischen „Hecken“ Bambus grünt: The Great Northern Steeplechase führt über 6.400 Meter und 25 Sprünge, wobei die Reise dreimal über den „Ellerslie Hill“ am Ostende der Bahn bergan führt, während im The Great Northern Hürdle 4.190 Meter zu absolvieren sind. Zwei Pferde gewannen die Steeple jeweils dreimal: Hunterville von 1983 bis 1985, und Hypnotize 2007, 2008 und 2010. Das erste „tote“ Rennen in der Mercedes Great Northern Chase gab es 2001 zwischen Smart Hunter, der unter seiner Reiterin, Michelle Hopkins, bereits zwei Tage früher das „Große Hürdenrennen“ gewonnen hatte, und Sir Avinion, dem Sieger von 1998. 2004 gelang Michelle Hopkins mit Wanderlust ein weiterer Erfolg in dieser „Großen Steeple“. Im Great Northern Hürdle war auch Shelly Housten doppelt erfolgreich, die 2010 Mount Sinai und 2012 Witoki Atti steuerte. Zwölf Monate später stieg diese Reiterin, die 13 Jahre lang eine Lizenz für Flach- und Hindernisrennen besaß, ins Trainergeschäft um. Als weitere wichtige Hindernisrennen in Neuseeland zählen die Grand National im Riccardon Park zu Christchurch, als auch die Wellington Steeple-Chase und das Wellington Hürdle zu Trentham. Die Steeple-Chase, die dort über 5.500 Meter „einer Acht“ folgt, führt auch drei Damen in der Siegerliste: Tina Egan gewann mit Kildare King 1998 und ein Jahr später; Michelle Hopkins siegte mit Flash Hunter 1997, und Sue Thompson zehn Jahre früher.

Von den „Pferden des Jahres“, die in Australien seit 1973 gekürt wurden, gingen 16 Titel an Neuseeländer, wobei die Stute Sunline zu Beginn des neuen Jahrtausends mit drei Titeln in Folge begann. Bis 2016 gewannen „Kiwis“ 30 der letzten 58 Melbourne Cups, und der erste, der insgesamt 43 Neuseeland-Sieger, war 1883 Martini Henry. Von den bisher 11 Pferden, denen in der gleichen Saison das Doppel Caulfield Cup/Melbourne Cup gelang, erblickten acht das Licht der Welt auf der kleinen Nachbar-Insel, und sieben der 12 Melbourne Cup Sieger, die die inzwischen verstorbene Trainerlegende Bart Cummings absatteln konnte, hatten die gleiche Heimat. Schließlich zogen auch acht Champions, die zwischen Cape Reinga und Invercargill geboren wurden, in die Australian Hall of Fame ein: Carbine, Phar Lap, Galilee, Might And Power, Rising Fast, Sunline, Tulloch und Super Impose.

Der Nachwuchs der neuseeländischen Pferde, die in der Regel Härte, hochklassiges Mitteldistanz, aber auch echtes Stehvermögen vertreten, für die sich ganz besonders Australien interessiert, wird vor allem zu Karaka bei der sechs Tage andauernden Nationalen Jährlingsauktion angeboten. 2016 wurden 979 Hoffnungen für rund 86,3 Millionen Neuseeland Dollars zugeschlagen, und die teuerste war ein Frankel-Hengst für 1,3 Millionen. Gezogen hatte ihn das Pencarrow Stud, dessen 300 Hektar in der Waikato-Region liegen, und das 2015 etwa 70 Stuten decken ließ.

Südamerikas Rennsport-Geschichte ist ebenfalls eine lange, denn die zu den ersten Siedlern in Argentinien zählenden Engländer ließen nicht viel Zeit verstreichen und organisierten bereits 1826 im Süden von Buenos Aires ihre Matches. 1853 kamen die englischen Hengste Elcho (1847), der ein Waxy-Ururenkel von Harkaway war, und der 4x4 auf den Waxy-Sohn Whisker ingezogene Bonnie Dundee (1848; Lanercost) ins Land, dem 1885 ein Stutenkontingent folgte. Ein starker Förderer war damals der spätere Präsident der Republik, Carlos Pellegrini, und das prinzipielle internationale Rennen Südamerikas, der Gran Premio Internazionale, wird heute als „Gran Premio Carlos Pellegrini“ gelaufen.

Der Vollblut-Gigant Südamerikas ist natürlich Argentinien, wo vor Jahren noch etwa 20.000 Zuchtstuten für jährlich acht- bis zehntausend Fohlen pro Jahr sorgten, während die Statistik für 2014 noch von 13.150 Stuten und 8.423 Geburten sprach. Nach jener Statistik folgen Brasilien (3.089), Chile (2.169), Uruguay (2.924), Venezuela (1.902) und Peru mit 895 Zuchtstuten. Auch nach der Anzahl der im gleichen Jahr gelaufenen Rennen führt Argentinien mit 5.727, während Chile (4.954) mit Brasilien (3.673) die Platze tauscht. Das trifft auch für Venezuela (2.737) und Uruquay (1.574) zu.

Naturell bestehen in Südamerika sehr gute Konditionen, und die Begeisterung wuchs sofort, als die ersten Rennen im englischen Stil auf einer Rennbahn stattfanden. Diesen Anfängen folgten hohe Investitionen in Argentinien, Brasilien, Chile und Uruguay, und lange vor dem Ende des 19. Jahrhunderts wurden bereits sehr gute Pferde aus Europa importiert. Seither hieß das Target Exzellence. Die Halbblüter wurden durch Vollblüter ersetzt, und diese durch rigerose und intensive Auslese verbessert. Die ersten Bahnen entstanden durch die Initiative eingewanderter Briten, und eine der ersten und bestorganisierten war der Belgrano Racetrack in Buenos Aires. Danach wurde in der Nähe der Palermo Racetrack aus der Taufe gehoben, und in Santiago de Chile nahm der Club Hipico Gestalt an. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren in mehreren südamerikanischen Ländern auch die Jockey Clubs gegründet und der organisierte Pferderenn-Sport etabliert. Die Champions ließen eben so wenig auf sich warten, wie Export und Import.

Später unterstrichen Pferde wie Endeavour (1942; British Empire), den das Haras El Pelado zog, und der in der vierten Ahnenreihe auf beiden Seiten Chaucer im Pedigree hatte, den Fortschritt der Zucht oder beeinflussten sie durch ihre Nachkommen selbst positiv. Im Falle Endeavour traf das auf Nachkommen wie Prove It (1957, Sieger im Hollywood Gold Cup) zu, der einen nachhaltigen Eindruck auf die amerikanische Zucht hinterließ. Die 1956 geborene Pamplona, die den Argentinier und Hurry On-Enkel Postin zum Vater hatte, gewann Perus „Quadrouble“, als sie sich in den Polla de Potrancas, Coteo de Potrancas, dem Derby und dem Gran Premio Nacionale durchsetzte. Die Stute erwarb der Amerikaner Nelson Bunker Hunt und zog aus ihr den Epsom Derby-Sieger Empery. 2006 produzierte Südamerika etwa 16.000 Vollblüter und schrieb rund 25.000 Rennen aus.

1963 wurde der Hyperion-Enkel Forli (Aristophanes) geboren, der in Argentiniens klassischen Rennen zwischen 1.500 und 3.000 Metern ungeschlagen blieb, neun von zehn Starts gewann, und auch Vater von Forego (1974 bis 1976 „Pferd des Jahres“ und viermaliger US-Champion-Handicapper) und Thatch wurde. Als Zweijähriger war dieser Irlands Champion, und ein Jahr später in England der beste Meiler seines Jahrganges.

Auch Südafrikas Klasse-Stute und „Pferd des Jahres“ 1983, Tecla Bluff (1978; Snow Bluff), wurde in Südamerika gezogen, während der 2015 US-Import Dacita (2011; Scat Daddy) bewies, dass sich Südamerikaner auch weiterhin auf höchstem Level behaupten können. Die auf dem Haras Paso Nevado geborene fünfjährige Chilenische Oaks-Siegerin, die 3x4 auf Mr. Prospector ingezogen ist, unterstrich ihre Qualitäten im Sommer 2016 zu Saratoga, als sie sich in den Grade One Diana Stakes durchsetzte.

Etwa 30.000 Pferde starteten auf regionalen Bahnen wie zu San Isidro, Palermo und La Plata in Argentinien; La Gávea und Cidade Jardim in Brasilien; Club Hipico und Hipódromo Chile, Valparaiso Sporting Club in Chile; Monterrico in Peru; Maronas in Uruguay und La Rinconata in Venezuela, wobei die eigenen klassischen Rennen als Grundlage für die Auslese gelten.

Den Grundstein dafür legten argentinische Gründerstuten und die ersten importierten Vollbluthengste Bonnie Dundee (1848) und Elcho, der 1853 eintraf. 1865 trafen zwar auch einige Vollblutstuten in Argentinien ein, doch überlebten auch die beiden nativen Stutenfamilien der Bonnie Dundee Mare (1725), als auch die der Eve, die unbekannter Abstammung war, bis in die moderne Zeit.

Der Jockey Club Argentino und die OSAF (South American Association for the Promotion of Thoroughbred Racehorse Breeding) vereinen die Zuchtinstitutionen von Argentinien, Brasilien, Chile, Columbien, Ecuador, Paraguay, Peru, Uruguay und Venezuela. Und diese OSAF,1958 drei Jahre früher gegründet, ehe Marcel Boussac und Jean Romanet das erste Komitee organisierten, das heute die International Federation of Horse Racing darstellt, ist inzwischen Südamerikas Synonym in der Rennsportwelt und war von Anfang an aktiv.

Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts waren Pferde und Esel auf dem afrikanischen Kontinent nur im Norden und am Rande der Sahara zu finden, während die südlichen Stämme, darunter das Hirtenvolk der Khoi, die mit den ersten europäischen Einwanderern im 16. und 17. Jahrhundert Handel trieben, Nomaden waren oder in winzigen Ansiedlungen lebten. Das Rad war ihnen unbekannt, und es gab auch keine Lasttiere. Erst, als die Holländer das Cape – heute das moderne Kapstadt – 1652 besetzt hatten, übernahmen auch Ochsengespanne und Wagen die schweren Transporte.

Das Kap der Guten Hoffnung, auch als Kap der Stürme bekannt, hatte geographisch und politisch eine wichtige Bedeutung, denn hier führte die einzige Handelsroute von Amerika und Europa zu den ostindischen Gewürzinseln vorbei, und der erste Europäer, der es umsegelte, war 1488 Bartolomeu Dias. Als die Holländer 1652 eine Dauersiedlung einrichteten, konnten sich Handelsschiffe, die diese gefährliche Route befuhren, hier mit frischen Lebensmitteln eindecken.

1679 war die sternförmige Festung „Castle of Good Hope“ fertig gestellt, die der erste Gouverneur des Caps, Jan van Riebeck, bauen ließ. Heute ist sie Südafrikas ältestes Gebäude und dient als Museum. Als der Handel mit Indien und dem Osten wuchs, übernahmen 1795 die Briten die Kontrolle des Kaps, gaben sie 1802 jedoch an die Holländer zurück. Vier Jahre später eroberten sie es erneut und behielten das Kap bis 1910 unter ihrer Hoheit. Und dieser erste Gouverneur importierte auch Pferde, die kleinen Timor Ponys von der holländischen Niederlassung Batavia in Java, um sie für Reit- und Zugzwecke zu nutzen. Und diese genügsamen Vierbeiner spielen in Südafrika auch heute noch eine Rolle, wobei man ihnen ganz besonders im bergigen Königreich von Lesotho begegnen kann. Etwa vierzig Jahre später folgten einige persische Hengste, um die heimische Pferderasse zu verbessern, und danach wurden mehrere Hengste aus Südamerika und England importiert. Bis jedoch Englisches Vollblut verstärkt ins Land kam, blieb das „Cape-Pferd“ während der ersten 150 Jahre klein, und seine Zucht auf den kleinen lokalen Markt ausgerichtet, denn Rennsport-Interesse bestand bei den Cape-Holländern nicht.

 

Kap-Holländischer Baustil, West-Cape

Als jedoch die Briten 1788 in New South Wales Fuß fassten, wurde der „Caper“, wie das lokale südafrikanische Pferd genannt wurde, auch in Australien zur Gründerrasse und, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, auch nach Indien als Renn- und Armeepferd exportiert. In Australien hatten diese Pferde auch einen wichtigen Einfluss auf die „Colonialen-Familien“, die auf dem fünften Kontinent die frühen „Rennpferde“ lieferten. Zu den wenigen südafrikanischen Farmern, die sich der Zucht der „Caper’s“ widmeten, zählte ganz besonders die van der Byl-Familie zu Eerste River, das außerhalb von Cape Town lag, doch war das kein „breeding country“ und mag zu der mangelnden Größe auch in den kommenden Jahren weiterhin beigetragen haben.

Als die Briten 1795 die Regie übernahmen, war der „Rennsport“ schnell etabliert, und durch laufenden Vollblutimport aus dem Mutterland der „Caper“ in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch seinen Vollblutanteil auch in Indien ein erfolgreiches Rennpferd geworden. Ab etwa 1860 übernahmen Vollblüter und der australische „Waler“ die Szenerie, während die Cape-Horses auf Mauritius einen neuen Markt fanden.

Das erste dokumentierte „Garnisons-Rennen“, mit Caperns und einigen importierten Pferden, die Offizieren gehörten, soll im September 1797 etwas außerhalb „der Stadt“ zu Green Point abgehalten worden sein, wobei das wichtigste Rennen dieses Meetings, The Turf Club Purse, Colonel Hope’s fünfjähriger Zemman Shaw gewann. Nach dem Abzug der Briten wurde auch dieser Sport unterbrochen, bis sie 1810 zurückkehrten und vier Jahre später der erste Gouverneur der Colonie, Lord Charles Somerset, ein Sohn des Duke of Beaufort, sein neues Amt antrat, ein Staatsgestüt errichtete, Regeln für den Sport anmahnte, selbst zahlreiche Vollblüter aus England importierte und reiche Colonisten dazu ermutigte, Rennpferde zu importieren. So kamen in seiner Amtszeit u. a. Vollbluthengste namens Kutusoff, Cottager, Cricketer, Vanguard und Walton ins Land, und zu den von ihm importierten Stuten zählte auch Miss Whipthong, eine Enkelin der 1781 geborenen Editha (Herod), die die 7. Mutter von Prince Batthyani’s Epsom-Derbysieger Galopin (1872; Vedette) werden sollte. Danach erhöhte sich nicht nur die Anzahl der Rennmeetings in Cape Town, sondern um 1825 gab es bereits zehn Coloniale Austragungsorte, für die hauptsächlich die 4.000 Siedler verantwortlich waren, die 1820 ins Land gekommen waren..

Zu Port Elizabeth, dessen Hafen durch die Wollproduktion und, 1871, als das reichste Diamantenvorkommen der Welt zu Kimberley entdeckt wurde, einen weiteren Aufschwung erlebte, gab es zwar schon vorher einige Rennen, doch wurden sie erst zu einer festen Größe, als sich der „Port Elizabeth Turf Club“ 1857 gründete, und in den 1860er Jahren der Sport zu Cape Town zurückging. In Natal startete der Rennsport in den 1840er Jahren, wobei der Pietermaritzburg Turf Club erstmals 1844, und Durban 1851 ihre Tore öffneten, und der Jockey Club of Natal, der den Rennsport dann regulierte und die „Rules“ erließ, 1864 gegründet wurde. Die jeweilige „Saison“ dauerte einige Tage, und, wie auch in Cape Town oder im Eastern Cape, waren die Pferde „Homebreds“ – Caper- oder Halbblutstuten gekreuzt mit Vollbluthengsten – und nur wenige hatten den Status eines Vollblüters. Das führte zwar zu verbesserten Rennpferden, doch begann die Zucht Mitte des 19. Jahrhunderts zu schwächeln. Für dieses Problem gab es auch Gründe: Zu wenig Vollblüter, züchterisch ungünstige Standorte, schlechtes Gestüts-Management, rückläufigen Export, weil Indien den australischen Waler bevorzugte und selbst Vollblüter importierte, und der Ausbruch der Afrikanischen Pferdepest, heute eine anzeigenpflichtige Seuche.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren die Gestüte – die meisten etwa 100 Meilen von Cape Town entfernt – der Van der Byls, Van Bredas, Melcks und einem Mr. Kirsten dominant, und die stockende Zucht wurde Nutznießer dreier wirtschaftlicher Aufschwünge: In den 1830er Jahren begann Südafrika der koloniale Woll-Lieferant für die englischen Webereien zu werden, 1871 fand man 100 Meilen nordwestlich von Coolesberg zu Kimberley das größte Diamantenfeld der Welt, und zwei Jahre später 400 Meilen nordöstlich von Pilgrim’s Rest Südafrikas erstes Goldfeld, dem sich 1886 der Fund zu Whitwatersrand, das größte Goldfeld der Welt, anschloss.

In der trockenen, halbwüstenartigen „Karoo“ und dem savannenartigen Inland der östlichen und zentralen Kapküste, wo die Merinoschafe prächtig gediehen, stellten die Farmer fest, das auch die dort aufgewachsenen Pferde starken Knochenbau und eine sehr gute Konstitution zeigten. Später bestätigten auch chemische Analysen, dass der Karooboden ein für die Pferdezucht perfektes Verhältnis zwischen Eiweiß, Kalzium und Phosphor anbot, sodass sich in diesem Gebiet das Dreieck zwischen den Orten Colesberg, Middelburg und Cradock schnell zu einem der wichtigsten Aufzuchtgebiete von Rennpferden entwickelte.

Die Diamanten- und Goldfunde sorgten dafür, dass Minenarbeiter und ihre Nachfolger aus Europa und Australien nach Südafrika eilten, dort hart arbeiteten, aber auch so „spielten“. Und weil Port Elizabeth – 1885 durch eine Coach-Road und Eisenbahn-Linie mit Kimberly verbunden, über die auch das küstennaheste kommerzielle Zentrum Cape Town erreicht wurde – gewann es erheblich an Einfluss.

Das Goldfeld zu Witwatersrand brachte nicht nur die Goldsucher von den übrigen südafrikanischen Goldfeldern in Aufruhr, sondern noch viel mehr Glücksjäger aus Europa, Australien und Nord-Amerika nach Südafrika. Und diese schnell wachsende Bevölkerung ließ die neue Gemeinde Johannesburg entstehen. Und diejenigen, die ihr Glück in dieser „Rand-Region“ (auch bekannt als The Rand; The Gold Reef oder Witewater) gemacht hatten, im Lande blieben und von ihrem gewaltigen Reichtum auch erhebliche Summen ausgaben, wurden als „Rand-Lords“ bekannt. Diese Kimberley – Diamantenmillionäre scheffelten weitere Vermögen aus dem Gold und, zusammen mit anderen Reichen des Landes, wurden sie auch begeisterte Förderer des Rennsports. Ihre gewaltigen Vermögen gestatteten ihnen, sich mit den Besten der Rennsportwelt in Verbindung zu setzen und teuere Rennpferde in England, Frankreich und Südafrika zu kaufen, mit denen sie erhebliche Erfolge verzeichneten. Einige von ihnen, die dabei fast ohne Limit spielten und Spitzenqualität für Sport und Zucht importieren konnten, wurden auch Züchter. Es entstanden neue Rennbahnen, und Profis, Trainer und Jockeys kamen von Europa und Australien ins Land.

Als 1882 zu Port Elizabeth der „Jockey Club of South Afrika“ als „ruling body“ gegründet wurde, gehörten auch die drei einflussreichen Vollblutzüchter aus dem „Karoo-Dreieck”, Charles Southey, Allen Robertson und Hilton Barber zu den Gründungsmitgliedern, die ihre Gestüte in den 1870er Jahren während des Woll-Booms etabliert hatten. Charley Southy, ein Sohn des frühen Pionier-Siedlers und Schafzüchter in der Karoo, betrieb das in der Nähe von Middelburg liegende Gestüt Culmstock, das die Vollblutzucht in Südafrika für 30 Jahre dominierte. Zunächst durch den importierten Stallion Whackum (1876; Mogador), danach durch den vielfachen Champion Pearl Diver (1882; Master Kildare). Dieser Sprinter, der in England acht Rennen – inklusive Steward’s Cup – gewonnen hatte und 1894 in der neuen Heimat eintraf, beherrschte sechsmal in Folge das Championat der Beschäler.

Southey, der 1925 mit 93 Jahren verstarb, war auch einer der ersten Züchter, die hochklassige Stuten importierten. Gedeckt von Pearl Diver, der 3x4 auf Stockwell und 4x3 auf Newminster ingezogen war, produzierten sie Derbysieger wie Valhalla, Vasco, Verdant Green, Green Sea, Wild Plunger, Ocean Gem, Peerless (1899) und Camp Fire (1900). Neben Camp Fire, der eine Whackum-Tochter zur Mutter hatte, zog er auch Pearl Rover. Und diese beiden waren die einzigen in Südafrika gezogenen Pferde, die bis Mitte der 1920er Jahre in England Rennen gewannen.

Allen Robertson importierte 1925 Kerasos (1917; Kennymore), der zwei Jahre nach seinem Tod die Liste der Hengste 1935 anführte. Der erste südafrikanische Sieger der Dreifachen Krone, Colesberg (1917), erblickte das Licht der Welt ebenfalls auf Robertsons Gestüt Stormfontain, das in der Nähe von Colesberg lag. Dessen Vater und St. Simon-Enkel Wilfrid (1909; William The Third), hatte Robertson aus England importiert, und den Vater seiner Mutter Lily Maid (1911), den Musket-Enkel Uniform, aus Neuseeland eingeführt. Colesberg gewann jedoch die „Dreifache“ in fremden Farben, denn sein Züchter hatte ihn im Jährlingsalter für 150 gns verkauft. Mit Irene, Lammas, Diana (Uniform) und Blanche (1912; Simontault) zog er weitere frühe Derbysieger in seiner Wahlheimat. Den ungelaufenen St. Simon-Sohn Simontault (1893), der sich als Jährling verletzte und daher nie lief, importierte der gebürtiger Schotte, Trainer, Besitzer und Züchter 1911. Fünf Jahre später war der Hengst bereits tot, hatte jedoch einige gute Renner für Robertson hinterlassen, der in eine alte Cape-Familie eingeheiratet hatte. Der St. Simon-Enkel Abelard (1905; Leisure Hour) war ein Spitzensprinter dieses Gestüts, und an dem Derbysieger von 1895, Rosary, war der Züchter auch beteiligt. Sein Sohn Allan führte fort, was der Vater aufgebaut hatte, wurde auch in der Administration der Vollblutzucht eine Autorität, und die von diesem Gestüt gezogenen Pferde waren bis weit in das 20. Jahrhundert erfolgreich. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Robertson den von Mahmoud stammenden Mehrali (1939) importiert, der der mütterliche Großvater von Hawaii (1964), wurde. Hilton Barber, der seine Farm in der Nähe von Cradock betrieb, zog und besaß auch 1885 den ersten Südafrikanischen Derby-Sieger, und von den folgenden fünf trugen vier seine Farben.

In der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts konzentrierte sich der Rennsport – wenn auch kleinere „Country Courses“ noch bis in die 1920er Jahre existierten – auf die wichtigsten Städte. Der Johannesburg Turf Club hielt sein erstes Meeting im Juni 1887 ab, und das Derby, das seit 1885 jährlich in Port Elizabeth ausgetragen wurde, siedelte nach der Jahrhundertwende ebenfalls nach Johannesburg um, das sich schnell, und gut unterstützt von den Reichen im Land, zum Rennsportzentrum von Südafrika entwickelt hatte.

Auch ein Südafrikanisches Gestütsbuch wurde etabliert, dessen erste Ausgabe 1906 erschien. Von den eingetragenen Pferden erfüllte jedoch nur eine limitierte Anzahl die Voraussetzungen, um in einem „offiziellen Gestütsbuch der Welt“ eingetragen zu werden, denn die meisten stammten von den genannten frühen Züchtern. Von den verzeichneten 382 Stuten waren 185 aus Großbritannien, 28 aus Südamerika und 10 aus Australien eingeführt worden. Der Rest hatte größtenteils schon in der zweiten Generation importierte Vorfahren. 77 der 98 importierten Hengste stammten von der englischen Insel, neun aus Australien oder Neuseeland, fünf von Nord- oder Südamerika, und sieben waren heimische Produkte. Die geringe Stutenanzahl pro Hengst lag nicht nur daran, dass die Züchter ihre Stallions für die eigenen Stuten reservierten, sondern auch an den weiten Distanzen der Gestüte untereinander und den Transportverhältnissen, die zur damaligen Zeit alles andere als praktikabel waren. Somit wurden um 1906 lediglich drei Ladies, und 1952 sieben im Durchschnitt pro Hengst registriert. Und das führte nicht nur zu „Jahresblöcken“, in denen ein bestimmter Hengst dominierte, sondern auch gleichzeitig zu einem stark limitierten Outcross in diversen Gestüten.

Besonders betroffen war davon Henry Nourse, der zunächst als Offizier im Zulu-War kämpfte, danach beim Gold schürfen ein Vermögen machte, einen großen Rennstall besaß, und um 1900 sein Dwarsvlei Stud etabliert hatte. Diese Zuchtstätte, in der Nähe von Middelburg, war aber nur eine von mehreren, die er im „Karoo-Dreieck“ unterhielt, wo er Hunderte von Siegern von teuer bezahlten Importhengsten zog. Und das reichte, um in den ersten vierzig Jahren des neuen Jahrhunderts die Züchter Südafrikas zu dominieren, während seine vielen Produkte den Rennsport beherrschten.

 

Die Erfolge dieses Züchters basierten im Wesentlichen auf der Kreuzung der Blutlinien von drei Hengsten: Pearl Diver (1882; Master Kildare), Greatorex (1900; Carbine) und Polystome (1912; Polymelus). Der vom Duke of Portland aus einer St. Simon-Tochter gezogen Greatorex war in England ein guter Zweijähriger, brach jedoch bei der Vorbereitung auf das Epsom-Derby nieder und, von Nourse als Beschäler für Dwarsvlei Stud gekauft, traf er noch 1903 in Südafrika ein, wo er zwischen 1919 und 1921 zehnmal das Championat der Stallions beherrschte. Sein 1918 geborener Sohn Dignitary gewann Südafrikas Derby, St. Ledger und 13 weitere Rennen und stand 1934 selbst an der Spitze der Vererber, womit ihm das als erstem, in Südafrika gezogenem Hengst, gelang.

Polystome war ein J. B. Joel-Import, der als Zwei- und Dreijähriger in England drei Rennen gewonnen hatte. In Südafrika fügte er für Joel weitere fünf hinzu und ging als Siebenjähriger in den Besitz von Nourse über, wo er im Gestüt elf Championate sammelte. Von 1924 bis 1933 gelang das ununterbrochen, während der letzte Treffer fünf Jahre später erfolgte. Nourse, der bei seinem Tod 1940 mehr als 1.000 Pferde besaß, darunter 400 Zuchtstuten, verkaufte die jährliche Nachzucht nicht, sondern verpachtete vorerst nur. In der Regel nahm er die Stuten für seine eigene Herde später wieder zurück, was jedoch zur Übersättigung des vorhandenen Blutes und zum „Abstieg“ führte.

Für die nächsten vierzig Jahre trat das Vogelvlei Stud von E. V. Birch zu Dordrecht an seine Stelle. Dessen Grasland liegt an den Hängen der Drakensberge, die die afrikanische Version der amerikanischen „Great Divide“ sind. Und das etwa 1.880 Meter hoch gelegen ist. Im Winter sind die Tage kühl, die Nächte frostig und Schneefall eine reguläre Erscheinung. Die riesigen Paddocks des Gestüts liegen in einem Tal von vielen Tausend Acker und bestehen aus natürlichem und angesätem Gras, auf denen auch Schafe weiden. Doch das betrifft nicht mehr die Gründerjahre des Südafrikanischen Rennsports und seiner Zucht, sondern berührt bereits die Neuzeit auf dem Vogelvlei-Gestüt der Birch-Brüder, und über die wird später noch berichtet.

Von den superreichen „Randlords“ etablierten einige auch einflussreiche Gestüte in England, und zu jenen gehörten S. B. (Solly) Joel, sein Bruder J. B (Jack) und deren Verwandte. Beide waren Neffen von Barney Barnato, der, gemeinsam mit Cecil Rhodes, eine Zeit lang die Diamantenproduktion zu Kimberley kontrollierte. Die Joels erbten das Geschäft ihres Onkels Harry, der von dem depressiven Barney Barnato übernommen hatte, der, auf einem Postschiff Richtung England, 1897 von Bord gesprungen und ertrunken war. Und beide, Barney und Harry hatten bereits Pferde in England laufen, wobei Barney’s Worcester (1890; Saraband) 1896 das City and Suburban, und Harry’s Sir Geoffrey (1895; St. Angelo) 1900 das Lincolnshire gewonnen hatten.

Jack, der eine Gefängnisstrafe wegen illegalen Diamantenkaufs zu erwarten hatte, verließ Südafrika und wurde in England mit seinem Childwick Bury Stud in den ersten zwanzig Jahren des 19. Jahrhunderts als Züchter hoch erfolgreich. Auch Yolly Joel hatte dort Erfolg, doch stand in seinen Rennställen – Sefton Lodge, später Moulton Paddocks – an Pommern (Polymelus) nur ein einziger klassischen Sieger, der 1915 die Kriegs-Ersatzrennen der Dreifachen Krone zu Newmarket gewann. Das St. Ledger hieß damals allerdings September Stakes, weil Doncaster den Namen außerhalb seiner Bahn verweigerte. Andere „Racing Randlords“ waren George Farrar und Sir David Harris, ein Cousin von Barney Barnato, Sir Lionel Phillips, und der in Deutschland geborene und 1880 vom französischen Diamantenhändler Jules Porges – in Südafrika zum Minenmagnat aufgestiegen – nach Südafrika geschickte Sir Julius Wernher, der Gründer des Diamanten und Gold Imperiums, das später als De Beers bekannt wurde. Ende der 1880er Jahre ließ er sich in London nieder, das ihm als Basis für seine riesigen südafrikanischen Bergbaugeschäfte diente. Für seinen Sohn, Sir Harold Wernher und seine Schwiegertochter, Lady Zia Wernher lief der große Steher und 25-fache Sieger, der Wallach Brown Jack (1924), der u. a. sechs Queen Alexandra Stakes, vier Goodwood Cups und das Englische Champion-Hürdle gewann. In den Gestüten der Wernhers, Sommeries in England und Blackhall in Irland, wurden Pferde wie Precipitation (Ascot Gold Cup; Jockey Club Stakes und Hurry On’s erfolgreichster Sohn in England), Meld (1000 Guineas, Oaks, St. Ledger) und deren Sohn Charlottown (Epsom Derby, St. Ledger) gezogen.

Einer der bekanntesten Randlords war auch Sir Abe Bailey, der in den 1890ern bis in die 1930er Jahre, wie Solly Joel, in Südafrikas Rennsport ebenfalls sehr erfolgreich war und das Clewer Stut in Colesberg betrieb. Beide hatten Durban July-Sieger, und Bailey schickte seinen Camp Fire (Pearl Diver) nach England, wo er neben fünf weiteren Rennen auch die Kings Stands Stakes gewann und zum Champion-Sprinter avancierte. In den Farben dieses Besitzers lief in England auch der große Erzeuger von Stehern, Son-in-Law (1911; Dark Ronald). Und Bailey kaufte auch Dark Ronald, der später nach Graditz kam, als Jährling, schickte ihn auf sein südafrikanisches Gestüt und nach dem Anreiten wieder nach England, wo er als Zweijähriger bei seinem zweiten Start niederbrach. Der beste Hengst, der zu Clever stand, war der 1927 importierte Sunstar-Sohn Sunstone (1921), der in der neuen Heimat fünffacher Beschäler-Champion wurde und später auch auf Birch’s Vogelvlei Stud zu Dordrecht stand. Dieses Gestüt wurde 1910 gegründet und zog Pferde wie Colorado King (1959) oder Wolf Power (1978), der 1984 in die USA wechselte. Ein weiterer Import für Clever war Pietri (1908; St. Frusquin), der dreimal die Hengstliste anführte und auch ein erfolgreicher Stutenerzeuger wurde. Der Gestütsherr starb 1940, aber zu Clever züchteten seine Nachfahren weiter.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verbesserte der Afrikanische Jockey Club die Regeln, reduzierte die Veranstaltungen und wertete die Anlagen auf, während die reichen Randlords der ersten und zweiten Generation die heimische Zucht dominierten. Die wichtigsten Stallions und viele Stuten, die während dieser Zeit ins Land kamen, wurden mit „Gold- und Diamanten-Geld“ bezahlt, und in den 1930er Jahren war der Sport auf die populären Plätze Johannesburg, Cape Town, Port Elizabeth, Pietermaritzburg, Bloemfontain, Kimberley und East London konzentriert. Johannesburg, als die wichtigste Bahn, hatte das Christmas Handicap – später als Summer Handicap Cup bekannt, als absolutes Highlight im Programm. Heute verfügt es über die beiden Bahnen Tuffontain und Newmarket, während der Kurs zu Vaal etwa vierzig Kilometer entfernt ist. Die Küstenstädte Cape Town und Durban hatten ihre wichtigsten Karnivals in der trockenen Saison. Am Kap (Kenilworth, und Durbanville außerhalb der Stadt) ist das der Sommer, zu Durban (Natal) der Winter. Als Hauptereignissen gelten Cape Metropolitan Stakes, Cape Guineas und Cape Derby, während im tropischen Durban (Greyville und, außerhalb, Clairwood) das Durban July Handicap – das wichtigste Rennen des Landes und seit 1897 im Programm – und der Durban Gold Cup die Highlights sind. Port Elizabeth veranstaltet zu Arlington und Fairview, und zwischen Durban und Petermaritzburg befindet sich, in den Bergen außerhalb von Durban auf 700 Meter Höhe zu Shongweni, mit Summerveld ein Weltklasse-Trainingszentrum mit mehr als 1.000 Boxen, Unterkünften und der Jockey-Akademie. Diese Anlage erhielt, ehe 2014 das Trainingszentrum Clairwould geschlossen wurde, eine gründliche Überholung und verfügt nun über verschiedene Grasbahnen mit großen Bögen und langen Geraden; leichte und schwere Sandbahnen, als auch über ein 1.200 Meter Polytrack-Geläuf und große Trabringe. Ein 1884 etabliertes Trainingszentrum zu Ashburton, in der Nähe von Petermaritzburg, bietet etwa 480 Pferden Platz und ist mit Gras- und verschiedenen Sandbahnen ausgestattet.