Buch lesen: «TCM für Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit», Seite 5

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Das Yang-Fersengefäß Yang Quiao Mai

Das Yang-Fersengefäß wird auch Gefäß des aufsteigenden Yang genannt. Es entspringt aus dem Blasenmeridian und beginnt am Sprungbein. Von dort aus erstreckt es sich an der Außenseite des Beines und wandert an der Körperseite entlang hinauf zum Hals. Hier verläuft der Meridian weiter zum Auge, wo er sich mit Yin Qiao Mai verbindet. Danach ziehen sich die miteinander verbundenen Meridiane ins Gehirn.

Yang Quiao Mai versorgt die Organe mit Yang-Energie, weshalb man durch dessen Aktivierung eine Yang-Wirkung erzielt, die den Körper wärmt, ihn fit und leistungsfähig macht. Dieser Effekt wird durch die gleichzeitige Anregung von Yang Wei Mai sowie Du Mai erhöht.

Der Sondermeridian wirkt auf den Spannungszustand der Beinmuskulatur und die Aktivität, transportiert Nieren-Jing-Qi und Yang-Qi zu den Augen, entfernt Wind vom Kopf und befreit die Wirbelsäule.

Typische Symptome einer Störung

Augenprobleme

Kopfschmerzen

Kraftlosigkeit

Schlafstörungen

Spasmen in den Extremitäten

Taubheitsgefühl in den unteren Extremitäten

Wichtige Reizpunkte

GB 20 – Fengchi: Eine Handbreit hinter dem Ohrläppchen in einer Mulde zwischen den Ansätzen der Nackenmuskulatur. Vertreibt Hitze und wirkt deshalb fiebersenkend. Bei infektiösen Erkrankungen, Sehstörungen und Gehörstörungen (z. B. Gehörverlust oder Schwerhörigkeit), Kopfschmerzen, Migräne, Nasenbluten, Schlafstörungen und verstopfter Nase.

DÜ 10 – Naoshu: Auf dem unteren Rand der Wirbelsäule des Schulterblattes, oberhalb der Falte der Achselhöhle. Hilft bei Beschwerden im Nacken- und Schulterbereich, Verspannungen, Schmerzen in Arm oder Schulter.

MA 1 – Chengqi: Senkrecht unterhalb der Pupille, direkt unterhalb des Augapfels. Hilft bei Sehstörungen (wie Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit, Nachtblindheit), Bindehautentzündung (Konjunktivitis), Katarakt, Entzündung des Augennerves, exzessivem Tränenfluss, Augenschmerzen, geröteten Augen. Darüber hinaus eliminiert dieser Reizpunkt Hitze und Wind aus der Augenregion.

Yin Quiao Mai und Yang Quiao Mai sind für die Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus zuständig, befeuchten und nähren die Augen, nähren Muskeln und Gelenke der unteren Extremitäten und sorgen damit auch für Beweglichkeit.

Durch die Anregung von Yin Quiao Mai und Yang Quiao Mai können die beiden Pole Yin und Yang in Balance gebracht werden. Wenn das Qi die beiden Leitbahnen ungehindert und frei durchströmen kann, ist der Mensch fähig, problemlos vom Arbeitsmodus in den Erholungsmodus zu schalten. Gerade bei Erschöpfung, großer Anstrengung und Schlafstörungen, Stress und Burn-out kann die Aktivierung dieser beiden Meridiane Abhilfe schaffen.

Das Yin-Bindegefäß Yin Wei Mai

Das Yin-Bindegefäß wandert von der Innenseite des Beins über die Hüften seitlich am Rumpf hinauf. Dann zieht es sich zur Mitte und verbindet sich dort mit dem Konzeptionsgefäß.

In diesem außerordentlichen Gefäß sammelt sich das Qi aller Yin-Leitbahnen an und wird dort ausgeglichen. Besonders bei Beschwerden und Erkrankungen, die auf einer Yin-Schwäche beruhen, spielt Yin Wei Mai deshalb eine wichtige Rolle.

Typische Symptome einer Störung

Abmagerung

Depressionen

Durchblutungsstörungen

Herzblutmangel

(Trockener) Husten

Lymphödeme

Rastlosigkeit

Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule

Schwäche

Sodbrennen

Verdauungsstörungen

Wichtige Reizpunkte

PE 6 – Neiguan: Am Ende der Handfalte, vier Querfinger oberhalb; in der Mitte der Sehnen. Hilft unter anderem gegen Übelkeit, Erbrechen, Schlaflosigkeit, Ängstlichkeit, Traurigkeit, Depression, Menstruationsstörungen.

KG 23 – Lianquan: Wo der Hals auf den Kopf trifft, in der mittleren Vorderlinie. Indikationen sind trockene Kehle, plötzlicher Stimmverlust, Knötchen der Stimmbänder, Sprechschwierigkeiten, Schwellungen, Zungengeschwüre.

MI 15 – Daheng: Vier Daumenbreit seitlich vom Nabel; lindert chronischen Durchfall, Verstopfung, Müdigkeit, Appetitlosigkeit und Niedergeschlagenheit.

Das Yang-Bindegefäß Yang Wei Mai

Dieses außerordentliche Gefäß verbindet das Qi aller Yang-Meridiane, reguliert sie und bewahrt den Körper vor krank machenden Faktoren aus der Umwelt. Es beeinflusst die gesamte laterale Körperseite und das Ohr. Über Yang Wei Mai kann auf alle mit Yang-Mangel assoziierten Beschwerden und Erkrankungen eingewirkt werden.

Das Yang-Bindegefäß verläuft von der Fußseite zur Außenseite der Beine und wandert dann von dort aus zur Außenseite des Rumpfes.

Typische Symptome einer Störung

Durchfall

(Rasche) Erschöpfung

Kreislaufschwäche

Libidomangel

Ödeme (Wasseransammlungen)

Rückenschmerzen

Schwerhörigkeit

Sprachstörungen

(Starke) Temperaturempfindlichkeit

(Übermäßiger klarer) Urin

Wichtige Reizpunkte

3 E 5 – Waiguan: Oberhalb des Handrückens, zwei Daumenbreit von der Handgelenksfalte in Richtung Ellenbogen; stärkt Schultern und Ellenbogen, wirkt bei Kopf-, Ohren- und Nackenschmerzen.

GB 20 – Fengchi: Eine Handbreit hinter dem Ohrläppchen in einer Mulde zwischen den Ansätzen der Nackenmuskulatur. Vertreibt Hitze und wirkt deshalb fiebersenkend. Bei infektiösen Erkrankungen, Schmerzen, Sehstörungen und Gehörstörungen, Nasenbluten, Schlafstörungen und verstopfter Nase.

GB 41 – Zulinqui: Zwischen den oberen Enden der beiden Mittelfußknochen der kleinen und vierten Zehen. Hilft gegen Spannungsgefühl in den Brüsten, kontrolliert das Qi der Leber, lindert Blasenentzündung, Augenschmerzen und Trockenheit sowie Schwellung der Augen, Schwindel und Kopfschmerz.

Entstehung von Krankheiten

Nach Ansicht der Traditionellen Chinesischen Medizin sind Erkrankungen die Folge eines gestörten Flusses der Lebensenergie Qi sowie einer Yin-Yang-Disharmonie. Diese Störungen sind in den Organen oder Meridianen lokalisiert. Vor allem mit Schwäche/Leere assoziierte Störungen treten in Teilen der inneren Organe auf. Insgesamt wird zwischen einer Schwäche oder Fülle des Qi, Yang (Funktion) oder Yin (Struktur bzw. Substanz) der Organe differenziert.

Als Ursachen für Krankheiten betrachtet die Traditionelle Chinesische Medizin innere und äußere Faktoren. Die inneren Faktoren beinhalten sämtliche Facetten der Gefühlswelt, und unter den äußeren Faktoren werden alle klimatischen Aspekte vereint. Jedem Klimafaktor wird dabei ein spezieller Konstitutionstyp zugeordnet, der anhand bestimmter Eigenschaften bzw. Krankheitsbilder identifizierbar ist. Darüber hinaus ist auch die Lebensweise entscheidend für die Gesundheit.

Qi-Störungen

Für die Störung des Qi kann entweder eine Fülle, Schwäche/Leere, Stagnation oder Blockade des Qi verantwortlich sein.

Fülle wird als Yang-Zustand beschrieben, der eine Überfunktion der Organe hervorruft. Hitze stellt das Hauptsymptom der Fülle dar. Sie kann sich in Form von Fieber oder Entzündungen äußern. Darüber hinaus treten Füllezustände häufig infolge eines stagnierenden oder blockierten Qi auf. Anzeichen hierfür sind Muskelverspannungen oder auch Kopfschmerzen.

Typische Qi-Fülle-Symptome

Fülle- und Spannungsgefühl

Nervosität

Rötung

(Akute, krampfartige oder stechende) Schmerzen

Eine Schwäche/Leere des Qi wird als Yin-Zustand betrachtet, bei dem die Funktion der Organe beeinträchtigt ist.

Typische Qi-Schwäche- oder Qi-Leere-Symptome

Blässe

(Niedriger) Blutdruck

Depressive Verstimmungen

Frösteln

(Kalte) Hände und Füße

Müdigkeit

Verminderte Aktivität und Antriebslosigkeit

Yin- und Yang-Störungen

Sobald einer der dualen Aspekte im Übermaß ist, liegt eine Störung des Gleichgewichts vor. Bei einer Yang-Fülle kommt es zu übermäßiger Hitze. Der Yin-Aspekt zeigt dabei keine Extremformen an, und die Hitze ist lediglich auf das überschüssige Yang zurückzuführen. Anzeichen für ein Yang-Fülle sind unter anderem Durst, Spannungsgefühl im Bereich des Rumpfes zwischen Brustkorb und Becken (Abdomen), hohes und unklares Fieber, dunkler Urin, gespanntes Abdomen und Schmerzverstärkung auf Druck. Eine Yang-Schwäche wird mit scheinbarer Kälte in Verbindung gebracht, weil die Kälte nicht auf einer Yin-Fülle, sondern auf einer Yang-Schwäche beruht. Auf einen Mangel an Yang weisen Bauchschmerzen hin, die bei Druckausübung nachlassen, wässriger Stuhl, klarer Urin, energieloses und schwaches Erscheinungsbild, kalte Gliedmaßen, Aversion gegen Kälte.

Yin-Fülle wiederum wird mit übermäßiger Kälte assoziiert. Anzeichen hierfür sind zum Beispiel eine ausgeprägte Aversion gegen Kälte, Bauchschmerzen, die durch Druck zunehmen, kalte Gliedmaßen oder Verstopfung.

Bei einer Yin-Schwäche besteht eine scheinbare Hitze, weil diese nicht durch ein Übermaß an Yang hervorgerufen wird. Typische Symptome sind Unwohlsein, mageres Erscheinungsbild, Mundtrockenheit, Hitze in den Fußsohlen und den Handinnenflächen, nächtliches Schwitzen oder leicht erhöhte Temperatur.

Innere Faktoren

Verdrängte, fehlende oder langfristig überbetonte Emotionen können das energetische Gleichgewicht schwer ins Wanken bringen und damit einen negativen Einfluss auf das Befinden haben. Häufig wurzeln solche Krankheiten in emotionalen Störungen, deren Ursache schwer zu dechiffrieren ist.

Die chinesische Lehre geht von fünf elementaren Gefühlen aus: Wut/Zorn (Nu), Kummer/Traurigkeit (Bei), Freude (Xi), Schwermut/Sorge (Si) sowie Angst/Furcht (Kong).

Erfahrene TCM-Ärzte sowie gute Beobachter ihres Gegenübers können ein emotionales Ungleichgewicht an Körperhaltung, Gestik und Mimik ablesen.

Sind beispielsweise die Augenbrauen heruntergezogen, die Augen zusammengekniffen und werden die Lippen mit Druck geschlossen, ist dies ein Ausdruck von Zorn und Wut. Ebenso zeugen ausladende und heftige Gesten von diesem Gemütszustand. Bei Furcht hingegen gehen die Augenbrauen nach oben, die Augen sind weit aufgerissen, die Nase ist leicht hochgezogen, und die Mundwinkel werden auseinandergezogen. Die Haltung ist meist gebeugt, und die Gestik ist verhalten. Doch welche Auswirkungen haben Gestik, Körperhaltung und Mimik auf unsere Gesundheit?

Ein fröhlicher Mensch lächelt viel, wodurch die Nasenflügel geweitet werden und mehr Sauerstoff in die Lunge transportiert werden kann. Auch hat er üblicherweise eine aufrechte Körperhaltung, wodurch der Brustkorb geweitet wird. In der Folge werden dort sitzende Organe in ihrem Raum nicht komprimiert und können ihre Funktionen ungehindert erfüllen. Trauer drückt sich hingegen häufig in einer gekrümmten Körperhaltung aus, das engt die Organe ein, und sie werden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben gestört. Man schluchzt und weint, was die Atemtätigkeit zusätzlich verschlechtert und sich direkt auf das der Trauer zugeordnete Organ, die Lunge, auswirkt. Da das Herz allen inneren Organen übergeordnet ist, sind sämtliche Empfindungen Ausdruck des Herzens. Insofern wirkt sich Trauer auch direkt auf das Herz aus. Diese Ansicht wird auch von westlichen Schulmedizinern vertreten. Laut klinischen Studien beeinträchtigt Trauer das Herz negativ und kann die Blutgerinnung, den Blutdruck, die Menge an Stresshormonen und die Herzfrequenz beeinflussen.

Überbetonte Gefühle können auch durch andere physische Faktoren wie etwa vegetative Funktionsstörungen, Muskelverspannungen und Schmerzen in Körperregionen, die mit dem Bezugsorgan in Verbindung stehen, wahrgenommen werden. Der Grund dafür ist, dass jedem elementaren Gefühl ein organischer Funktionskreis entspricht: Wut und Zorn manifestieren sich im Funktionskreis Leber. Kummer und Traurigkeit sind mit dem Funktionskreis Lunge assoziiert. Freude wird mit dem Herzen in Verbindung gebracht. Schwermut und Sorge beeinflussen den Funktionskreis Milz. Angst und Furcht wirken auf die Nieren.

Äußere Faktoren

Wind, Feuchtigkeit/Nässe, Trockenheit, Wärme/Hitze und Kälte können von außen in den Menschen eindringen und dessen Organismus beeinträchtigen. Qi fungiert wie eine Art Schutzschild und wirkt schädlichen klimatischen Einflüssen entgegen. Sofern das Qi jedoch schwach ist, kann es keinen Schutz mehr gewährleisten. In der Folge gewinnt das Klima die Oberhand, und es entstehen Beschwerden und Erkrankungen. In der Regel treten durch klimatische Faktoren hervorgerufene Erkrankungen plötzlich auf und manifestieren sich an der Körperoberfläche. Sie betreffen dann Haut, Muskeln, Sehnen oder Knochen.

Feuchtigkeit – Shi

Feuchtigkeit zeichnet sich durch Langsamkeit sowie Schwere aus und wird mit Ying und dem Spätsommer assoziiert. Auf der seelisch-geistigen Ebene wird sie den Emotionen Sorge und Kummer zugeordnet. Sie beeinträchtigt vor allem untere Körperregionen und wird mit dem Magen-Milz-Funktionskreis (→ Seite 34 ff.) verbunden. Entsprechend verursacht übermäßige Feuchtigkeit Beschwerden und Erkrankungen, die mit diesen Meridianen in Verbindung gebracht werden. Beispiele sind Verdauungsstörungen, Magenprobleme, dickflüssiger Vaginalausfluss, übermäßige Ausflüsse aus Nase, Ohren und Augen, Harnwegsinfektionen, chronisches Ermüdungssyndrom, rheumatische Erkrankungen, Ödeme oder nässende Ekzeme. Auch dumpfe, fest lokalisierte Schmerzen und ein Schweregefühl im Körper weisen auf pathogene Feuchtigkeit hin.

Der Feuchtigkeitstyp nimmt Nahrung gern im Übermaß zu sich, hat meistens schlechte Laune, spricht nur das Nötigste, und sein Teint ist fahl und bleich. Er reagiert sehr empfindlich auf Feuchtigkeit und leidet häufig unter depressiven Verstimmungen, Konzentrationsschwäche, Hypochondrie, Ödemen, Rheuma, niedrigem Blutdruck, Herzinsuffizienz, Verdauungsstörungen oder Magenbeschwerden.

Trockenheit – Zao

Der Gegenspieler der Feuchtigkeit ist die Trockenheit. Sie besitzt Yang-Qualität, und ihr entsprechen der Herbst, Trauer sowie die Meridiane der Lunge und des Dickdarms (→ Seite 32 ff.).

Zu den typischen Trockenheitserkrankungen und -beschwer- den zählen trockener Husten, trockener Hals, übermäßige Faltenbildung, trockenes Haar, trockene Lippen, trockene und rissige Haut sowie Nasenbluten. Aber auch Dehydration, trockene Schleimhäute, Halsschmerzen, unzureichendes Schwitzen und harter Stuhl weisen auf den Einfluss von schädlicher Trockenheit hin.

Der Trockenheitstyp ist ein eher unsympathischer Zeitgenosse und fällt durch seine übermäßige Sparsamkeit und Verschlossenheit auf. Zudem ist er humorlos und egozentrisch. Dieser Konstitutionstyp ist meist von großer und schlanker Statur und tendiert zur Austrocknung, was sich äußerlich an seinem Hautbild ablesen lässt. Er sieht oft müde und welk aus. Auch neigt er zu Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Schuppenflechte. Darüber hinaus treten bei ihm nicht selten Kreislaufstörungen, Verdauungsbeschwerden, Magenprobleme oder Asthma auf.

Wind – Feng

Der Wind zählt zu den Yang-Phänomenen, wird mit dem Frühling, den Emotionen Zorn und Wut sowie dem Funktionskreis Leber-Galle in Verbindung gebracht. Die Leitbahnen ziehen sich entlang der Seitenpartien des Körpers. Mit Wind assoziierte Beschwerden und Erkrankungen treten plötzlich und völlig unvermittelt auf. Die Symptomatik setzt rasch ein und wandert. Ein Beispiel hierfür sind Schübe von rheumatischen Gelenkschmerzen. Darüber hinaus sind Benommenheit, Schwindel, Zittern, Ohrensausen, Husten, Fieber, Niesen, laufende Nase, Nackenschmerzen, Kopfschmerz und Krämpfe typische Wind-Symptome. Der Wind kann auch in Kombination mit Kälte oder Hitze auftreten. Besonders ist die Tatsache, dass es neben dem äußeren klimatischen Faktor Wind wie zum Beispiel Zugluft, Luftdruckschwankungen oder allgemeinen mit ihm verbundenen Wetterphänomenen auch einen sogenannten inneren Wind gibt. Dieser wird in Nieren und Leber gebildet. Charakteristisch für ihn sind Sehstörungen, steife Muskeln oder Gelenke, Bewusstlosigkeit und Schwäche.

Der Windtyp ist meist athletisch gebaut, selbstbewusst, jähzornig und leicht reizbar. Er ist besonders zug- und wetterempfindlich und hat häufig mit Beschwerden bzw. Erkrankungen wie Koliken, Halsschmerzen, Kopfschmerzen bei Erkältung, Migräne, Gelenkbeschwerden, Arthrose, Bluthochdruck, Trigeminus- und anderen ausstrahlenden Neuralgien zu kämpfen.

Wärme – Re/Hitze – Huo

Die beiden Yan-Phänomene Wärme und Hitze zeichnen sich durch ihre warmen, heißen und aktiven Eigenschaften aus. Im chinesischen Entsprechungssystem gehören der Sommer sowie der Funktionskreis des Herzens und des Dünndarms (→ Seite 37 ff.) zu ihnen. Wie die Sonne den Erdboden und die Pflanzenwelt bei übermäßiger Präsenz austrocknet oder verbrennt, können die beiden Wärme- und Hitze-Faktoren im Körper Ähnliches anrichten. Sie bewirken unter anderem Überhitzung des Körpers (z. B. Hitzschlag), Fieber, raschen oberflächlichen Puls, Palpitationen, starkes Schwitzen sowie Austrocknung, die sich z. B. in Durstgefühl, Mundtrockenheit, Verstopfung, dunklem Urin oder Kopfschmerz bemerkbar macht.

Vermengen sich Wärme/Hitze mit Feuchtigkeit, verursacht dies Erbrechen, Darmkrämpfe und Schmerzen im Abdomen.

Der Wärme-/Hitzetyp ist ein optimistischer und geistig sowie körperlich flexibler Mensch, der zudem kontaktfreudig, fantasiebegabt und leistungsfähig ist. Im Gegensatz zum Kältetyp ist ihm immer warm. Typische Beschwerden und Krankheitsbilder sind entzündliche Erkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen, Sonnenbrand, Fieber und Hautausschläge – sowie hoher Blutdruck und Übergewicht.

Kälte – Han

Die Kälte besitzt Yin-Qualität, wird mit dem Winter verknüpft, und ihr entspricht auf emotionaler Ebene die Angst. Darüber hinaus steht sie mit dem Nieren- und Blasenmeridian (→ Seite 40 ff.) in Verbindung, die beide in der Innenseite der Füße und Beine sowie in der Nackenregion und im Rückenbereich verlaufen. Entsprechend liegt in diesen Körperarealen das pathogene Einflussgebiet der Kälte. Kälte wirkt zusammenziehend, und behindert so den Qi- und Blut-Xue-Fluss. In der Folge kann es zu Krämpfen oder Gliedersteife kommen. Typische Symptome von schädlicher Kälte sind Impotenz, Frigidität, Durchfall (wässrig) sowie konstante und in die Tiefe ziehende Schmerzen.

Der Kältetyp hat eine hagere Physiognomie, bewegt sich langsam, hat mangelndes Selbstvertrauen und scheut die Übernahme von Verantwortung. Er ist besonders kälteempfindlich und hat häufig kalte Füße und Hände. Niedriger Blutdruck, starke sowie schmerzhafte Menstruation, Frigidität, Blasenentzündung, Nieren- und Nierenbeckenentzündung, Lungenkrankheiten und Magenkrämpfe machen diesem Konstitutionstypen oft zu schaffen.

Wichtig: Ihre Lebensweise

Spätestens bei Kinderwunsch oder während einer Schwangerschaft ist ein gesunder Lebensstil unbedingt erforderlich, da er nicht nur das seelische sowie körperliche Wohlbefinden steigert, sondern auch einen erheblichen Beitrag für eine beschwerdefreie Schwangerschaft leistet. Vermeiden Sie deshalb Stress, setzen Sie auf gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung. Sofern keine Komplikationen vorliegen, können Sie bis kurz vor der Geburt täglich moderat sportlich aktiv sein. Das bedeutet, dass Sie nur leicht schwitzen, eine verstärkte Atmung auftritt und Sie sich noch problemlos unterhalten können. Es spricht auch nichts dagegen, dass Sie weiterhin Sex haben.

Wunder des Lebens

Auf Java, einer vulkanreichen Insel zwischen Sumatra und Bali, auf der viele Chinesen leben, betrachtet man das ungeborene Kind als Mystiker, der in seiner Höhle meditiert und dessen Seele sich auf das Leben in der äußeren Welt vorbereitet. Vor allem in den ersten Wochen der Schwangerschaft ist das keimende Leben sehr verletzlich und bedarf ganz besonderen Schutzes. Auf dieser Entwicklungsstufe liegen Leben und Tod nahe beieinander. Dies entspricht dem biologischen Alles-oder-nichts-Prinzip der frühen Schwangerschaft: Entweder sind Störungen und Schäden reparabel – dann wird sich der Embryo zum Fötus entwickeln und als Kind geboren, oder der Embryo stirbt – dann kommt es zur Tot-/Fehlgeburt.

Werdende Mütter – vor allem beim ersten Mal – haben ein intuitives Wissen darüber, welche Veränderungen in der Schwangerschaft auf sie zukommen. Dieser archaische »Mutterinstinkt« ist die Lebensversicherung für das ungeborene Kind. Er kollidiert allerdings in der Regel mit den Anforderungen der modernen Welt: Beruf, Wohnsituation, Leistungsfähigkeit, Partnerschaft, Mobilität – das Chaos der Schwangerschaft widersetzt sich dem modernen Mythos der Mach- und Kontrollierbarkeit. Beides wird nicht ohne Kollateralschäden unter einen Hut zu bringen sein.

Geborgenheit und Sicherheit in der Bauchhöhle haben oberste Priorität für die Erhaltung des werdenden Lebens, denn die vorgeburtliche Entwicklung vollzieht sich in unzertrennlicher Verbundenheit von Körper und Seele. Deshalb sind positive Gefühle »in guter Hoffnung« so wichtig. Schon der Embryo bekommt Angst, Stress, Depression, Wut und Ohnmacht mit: Wenn Sie leiden, leidet er mit, wenn Sie voller Freude sind, ist er es auch. Tun Sie sich und Ihrem Kind etwas Gutes, indem Sie regelmäßig meditieren. So finden Sie zu Ihrer Mitte zurück und spenden Ihrer Seele und der des jungen Lebens in Ihrem Bauch wohltuende Ruhe.

Immunologisch ist das kleine Wesen, das sich in ihrer Gebärmutter eingenistet hat, ein fremder Gast, dem von der Mutter gern Unterschlupf gewährt wird. Als Kommunikations- und Servicemedium des »Gästezimmers« mit der »Herbergsmutter« dient die Plazenta (Mutterkuchen). Für die Frühphase der vorgeburtlichen Entwicklung gilt: Nichts entwickelt sich nach »Schema F« – strukturelle und funktionelle Reifeprozesse sind untrennbar miteinander verbunden. Von Anfang an entsteht ein lebender Organismus durch biologische Interaktion unter gegebenen Umständen. Alles ist auf optimale Anpassung ausgerichtet.

Erinnerungen an die frühe Kindheit erscheinen uns oftmals seltsam bruchstückhaft. Sie schimmern wie schemenhafte Formen in einem geheimnisvollen Nebel. Doch manchmal tauchen Episoden oder Ereignisse dieser Zeit schlagartig und klar umrissen vor dem inneren Auge auf – durch einen Geruch, einen Ort oder eine Begegnung aus der Tiefe geholt. Das trifft uns dann mitten ins Herz. Ein zugleich schmerzvolles und freudiges Gefühl. Wer die Geburt eines Kindes miterleben darf, wird urplötzlich vom unerklärlichen und magischen Zauber dieses Wunders der Schöpfung ergriffen. Es ist die unmittelbare Erfahrung des immerwährenden Zyklus von Entstehen und Vergehen, Veränderung und Erneuerung, Leben und Tod, Sein und Nichtsein.

Der kostenlose Auszug ist beendet.