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c) § 299 StGB als gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB

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§ 299 StGB ist ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB.[415] Daher ist die Schmiergeldvereinbarung zwischen Korrumpierendem und Korrumpiertem regelmäßig nichtig.[416] Der von dem bestochenen Angestellten abgeschlossene Vertrag bleibt grundsätzlich wirksam, soweit nicht im Einzelfall § 138 BGB eingreift.[417] Demgegenüber wird im Schrifttum eine pauschale Sittenwidrigkeit als nicht interessengerecht abgelehnt und eine Genehmigungsmöglichkeit des Geschäftsherrn bejaht.[418] Die insbesondere von der Rechtsprechung vertretene Nichtigkeit des Hauptvertrages in den Fällen des § 138 BGB hat grundsätzlich keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Wirksamkeit wirtschaftlich verbundener Folgeverträge.[419]

d) Abstrakte Gefährdungsdelikte

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Die Wettbewerbsvariante des § 299 StGB enthält abstrakte Gefährdungsdelikte,[420] weil das Fordern und Sich-versprechen-Lassen bzw. das Anbieten und Versprechen eines Vorteils noch keinen materiellen Schaden bewirkt.[421] Auch das Annehmen oder Gewähren des Vorteils begründet noch keinen Schaden der Mitbewerber; diese werden erst durch die Bevorzugung im Wettbewerb geschädigt, weil die Bevorzugung definitionsgemäß die Schädigung eines Mitbewerbers beinhaltet. Insofern schützen die Straftatbestände des § 299 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB materiell gesehen „Versuchshandlungen als vollendete Straftaten“.[422] Auch die Vermögensinteressen des Geschäftsherrn werden nur abstrakt gefährdet;[423] hingegen wird das im Rahmen des § 299 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB nur nachrangig geschützte Interesse des Geschäftsherrn an der Erfüllung der ihm gegenüber bestehenden Treuepflicht verletzt.[424] Im Hinblick darauf, dass § 299 StGB nicht nur dem Schutz der Konkurrenten, deren Chancengleichheit und Vermögensinteressen, dient, sondern auch den Wettbewerb als solchen schützt, greift die Einordnung als abstraktes Gefährdungsdelikt insofern zu kurz, als der Wettbewerb bereits durch die Zuwendung des Vorteils, also durch die Regelverletzung, beeinträchtigt wird. Es fehlt lediglich ein Taterfolg in Bezug auf ein Individualrechtsgut. Hinsichtlich des Schutzes des Wettbewerbs als überindividuell geschützten Rechtsguts kann § 299 StGB daher auch als „Verletzungsdelikt“ angesehen werden, weil bereits das tatbestandsmäßige Verhalten den Wettbewerb verletzt.[425] Allerdings erfasst § 299 StGB in der Wettbewerbsvariante auch Fälle, in denen der Täter zum Zeitpunkt der Tatbegehung davon ausgeht, dass bei der späteren Auftragsvergabe der Vorteilsgeber bevorzugt werden soll, obwohl zum Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung noch keine Wettbewerber auf dem Markt sind. Wenn aber die Strafbarkeit nicht zwingend das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses voraussetzt, sondern die bloße Möglichkeit eines solchen ausreichen lässt, kann § 299 StGB nicht als Verletzungsdelikt eingestuft werden. Hinzu kommt, dass die Gefahr nach h.M. im Einzelfall nicht festgestellt werden muss, also lediglich Motiv des Gesetzgebers ist, und spätestens in der unlauteren Zuwendung eines Vorteils zur Erreichung einer unlauteren Bevorzugung ein regelverletzendes Verhalten liegt.[426] Es handelt sich daher um ein abstraktes Gefährdungsdelikt.

e) Keine Heimlichkeit der Tathandlungen

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Die Heimlichkeit der Tathandlungen ist keine Tatbestandsvoraussetzung des § 299 StGB.[427] Für das Opfer ist es irrelevant, ob das kollusive Agieren geheim gehalten wird.[428] Dennoch kann sich aus der Verheimlichung der Unrechtsvereinbarung (Rn. 14) ein besonderer Handlungsunwert ergeben.

f) § 299 Abs. 1 StGB als Sonderdelikt und § 299 Abs. 2 StGB als Allgemeindelikt

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Täter der Bestechlichkeit nach § 299 Abs. 1 StGB können nur Angestellte und Beauftragte eines Unternehmens sein. Es handelt sich daher bei § 299 Abs. 1 StGB um ein Sonderdelikt,[429] dessen Täter durch die besondere Beziehung zum Unternehmen gekennzeichnet sind. Dritte können lediglich Anstifter oder Gehilfen sein, deren Strafe gemäß § 28 Abs. 1 StGB zu mildern ist, da sie nicht in einer solchen Beziehung zum Unternehmen stehen.[430] Selbstständige und Unternehmensinhaber selbst sind keine tauglichen Täter des § 299 StGB;[431] jedoch kann eine Schmiergeldzahlung an einen Unternehmensinhaber gegen § 3 UWG verstoßen.[432]

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Täter der Bestechung nach § 299 Abs. 2 StGB ist der Mitbewerber oder ein für ihn handelnder Dritter. Dritte, die nicht im Interesse eines Mitbewerbers handeln, kommen nur als Teilnehmer in Betracht. Insoweit ist der Täterkreis des § 299 Abs. 2 StGB begrenzt. Dadurch wird § 299 Abs. 2 StGB nicht zum Sonderdelikt, sondern bleibt ein Allgemeindelikt.[433]

2. Tatbestand der passiven Bestechung (§ 299 Abs. 1 StGB)

a) Täterkreis

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Täter der Bestechlichkeit nach § 299 Abs. 1 StGB können nur Angestellte und Beauftragte eines Unternehmens sein, nicht hingegen selbstständige Unternehmer. Der Täterkreis zeichnet sich dadurch aus, dass der Täter des § 299 Abs. 1 StGB mit Befugnis für das im Wirtschaftsverkehr agierende Unternehmen Tätigkeiten ausübt und in der Lage ist, den Waren- und Leistungsaustausch des Unternehmens zu beeinflussen.[434]

aa) Angestellter

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Angestellter ist, wer in einem Dienst-, Werkvertags- oder Auftragsverhältnis zum Geschäftsinhaber steht und den Weisungen des Geschäftsherrn unterworfen ist.[435] Fehlt es an der Weisungsgebundenheit, so kann es sich lediglich um einen Beauftragten handeln. Im Vergleich zu diesem entfaltet das Maß an Eingliederung in das Unternehmen für den Angestelltenstatus eine Indizwirkung.[436] Der Begriff des Angestellten ist weit zu verstehen.[437] Auf die arbeitsrechtliche Einordnung des Vertrages kommt es ebenso wenig an wie auf dessen zivilrechtliche Wirksamkeit, sofern der Angestellte nur als solcher tätig wird.[438] Bereits eine kurzfristige Beschäftigung (Zeitarbeitsverhältnis) reicht aus.[439] Das Angestelltenverhältnis muss wegen des Koinzidenzprinzips zum Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung schon und noch bestanden haben.[440] Aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedene Angestellte sind daher keine tauglichen Täter. Wenn der Anstellungsvertrag wirksam ist, muss der Angestellte seinen Dienst noch nicht angetreten haben.[441] Auch auf die Entgeltlichkeit der Tätigkeit kommt es nicht an;[442] allerdings kommt in letzterem Falle auch eine bloße Beauftragung in Betracht. Aus dem Gesetzeszweck ergibt sich das Erfordernis, dass § 299 Abs. 1 StGB in seinen beiden Tatbestandsvarianten nur Angestellte erfasst, die Entscheidungskompetenz haben oder zumindest Entscheidungen beeinflussen können,[443] wie beispielsweise geschäftsführende Vorstandsmitglieder[444] und Fremdgeschäftsführer einer GmbH. Daher können untergeordnete Hilfskräfte keine tauglichen Täter sein;[445] Gleiches gilt für Boten.[446] Auch mit der Kündigung eines Angestellten kann die Einflussmöglichkeit bereits vor Vertragsende entfallen, so dass es an der für § 299 Abs. 1 StGB erforderlichen Sonderdeliktseigenschaft fehlen kann.[447]

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Auch der Geschäftsführer einer GmbH ist deren Angestellter, da es nicht auf die zivilrechtliche Einordnung als Organ oder Angestellter ankommt, sondern darauf, ob eine Weisungsabhängigkeit gegenüber dem Geschäftsherrn besteht.[448] Der Vorstand einer AG ist gleichermaßen als Angestellter zu qualifizieren.[449] Dies gilt nicht für den Alleingesellschafter-Geschäftsführer.[450] Dieser ist zwar verpflichtet, die Interessen der rechtlich selbstständigen GmbH wahrzunehmen.[451] Es fehlt jedoch an einer Weisungsabhängigkeit gegenüber dem Geschäftsherrn, denn der geschäftsführende Alleingesellschafter einer GmbH steht einem Betriebsinhaber faktisch gleich.[452] Auch faktische Geschäftsführer sind Angestellte und damit taugliche Täter des § 299 Abs. 1 StGB.[453] Hingegen sind Strohmann-Geschäftsführer, da sie aufgrund ihrer Stellung nicht befugtermaßen Einfluss auf betriebliche Entscheidungen nehmen können, nicht taugliche Täter.[454]

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Beamte können Angestellte sein, wenn die Behörde erwerbswirtschaftlich tätig wird.[455] Hierbei ist eine Abgrenzung zum Amtsträgerbegriff des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB vorzunehmen,[456] denn § 299 StGB scheidet aus, wenn der Bestochene als Hoheitsträger handelt, weil § 299 StGB im Verhältnis der Exklusivität zu §§ 331 ff. StGB steht (Rn. 113) und die Amtsdelikte Vorrang haben.[457] Während der BGH in der Entscheidung „Deutsche Bahn AG“ auf Art und Umfang der Einflussnahme abgestellt hat,[458] hat er im Fall „Bayerisches Rotes Kreuz“[459] den Geschäftsführer einer GmbH, deren einziger Gesellschafter eine Körperschaft des öffentlichen Rechts war, als Angestellten qualifiziert, weil er seit der Neufassung des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB für die Tätigkeit als Amtsträger zum einen fordert, dass die wahrzunehmenden Aufgaben „ihrer Natur nach typischerweise dem Staat vorbehalten sind“, und zum anderen, dass durch längerfristige vertragliche Bindung des Bestellungsakts eine organisatorische „Anbindung an eine Behörde“ vorhanden ist.[460] Erforderlich sei, dass die nicht-öffentliche Stelle i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB bei einer „Gesamtbewertung“ der Merkmale als „verlängerter Arm des Staates“ erscheint, damit die Amtsdelikte anzuwenden sind.[461] Allerdings ist es der Rechtsprechung bisher nicht gelungen, die Gesamtbetrachtungslehre soweit zu konkretisieren, dass ihr allgemeine Richtlinien für das Vorliegen einer staatlichen Steuerung entnommen werden können.[462]

bb) Beauftragter

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Beauftragter ist jede Person, die aufgrund ihrer Stellung berechtigt und verpflichtet ist, für das Unternehmen befugtermaßen dauernd oder gelegentlich geschäftlich tätig zu werden (zum Begriff des Unternehmens Rn. 112), und die unmittelbar oder mittelbar auf die im Rahmen eines Unternehmens zu treffenden Entscheidungen Einfluss über den Waren- und Leistungsaustausch nehmen kann, sofern sie nicht Unternehmensinhaber oder Angestellter ist.[463] Da auch der Unternehmensbeauftragte die Möglichkeit der Einflussnahme auf betriebliche Entscheidungen haben muss, können Hilfskräfte weder Täter des § 299 Abs. 1 Nr. 1 StGB noch Täter des § 299 Abs. 1 Nr. 2 StGB sein.[464] Der Begriff des Beauftragten ist – ebenso wie der des Angestellten– weit zu verstehen[465] und hat Auffangfunktion.[466] Er ist nicht nach bürgerlichen Gesichtspunkten, sondern strafrechtlich autonom zu bestimmen;[467] maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse, so dass auch faktische Geschäftsführer sowie Werkvertragspartner erfasst werden.[468] Zivilrechtlich setzt die Beauftragung zwar Weisungsabhängigkeit voraus (§ 665 BGB). Gleichwohl ist der Begriff des Beauftragten nicht zivilrechtlich, sondern faktisch zu bestimmen.[469] Das Abstellen auf die tatsächlichen Verhältnisse hat zur Folge, dass die Selbstständigkeit innerhalb des Unternehmens der Eigenschaft als Beauftragter nicht entgegensteht.[470] Der BGH hat sogar die fehlende Einordnung in den geschäftlichen Betrieb des Geschäftsherrn auf Grundlage der Ausübung einer eigenen geschäftlichen freiberuflichen Tätigkeit als geradezu typisch für den Beauftragten angesehen.[471] Gleichwohl besteht die Notwendigkeit einer Einschränkung des Beauftragtenbegriffs,[472] insbesondere um einen gespaltenen Begriff bei der Wettbewerbs- und Geschäftsherrenvariante, die eine Loyalität des Beauftragten gegenüber dem Geschäftsinhaber erfordert, zu vermeiden.[473] Deshalb ist es erforderlich, dass der Beauftragte bei seiner Geschäftstätigkeit die Stellung eines ausschließlich an die Interessen des Geschäftsherrn gebundenen Beauftragten haben sollte, dem es verwehrt ist, ein Entgelt von der anderen Vertragspartei anzunehmen.[474]

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Bei Personengesellschaften ist ein einzelner geschäftsführender Gesellschafter als Beauftragter tauglicher Täter;[475] wenn alle Gesellschafter gemeinsam handeln, sind sie Betriebsinhaber.[476] Auch Aufsichtsratsmitglieder sind, obwohl sie eine gewisse Selbstständigkeit innehaben, Beauftragte.[477] Da der Beauftragte nicht in das Unternehmen eingebunden sein muss, reicht ein Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB aus.[478] Generell gilt, dass die Selbstständigkeit innerhalb eines Unternehmens der Eigenschaft des Beauftragten nicht entgegensteht, sofern sich der Beauftragte hinsichtlich des betroffenen Auftrags in eine Fremdbindung begeben hat, auch wenn er auf eigene Rechnung wirtschaftet. Beauftragter ist auch ein Unternehmensberater, der dem beratenen Unternehmen auftragsgemäß Lieferanten vermittelt und von diesen Schmiergelder annimmt,[479] weiterhin die Tätigkeit eines Architekten, der von einem Bundesland mit der Planung einer Schlossrenovierung[480] oder von einer Kommune mit der Planung eines Klärwerks betraut wird.[481] Kraft Verweisung sind auch geschäftsführende Gesellschafter (§ 713 BGB) sowie Vereinsvorstände und -liquidatoren (§§ 27 Abs. 3, 48 Abs. 2 BGB) in den Täterkreis des § 299 Abs. 1 StGB einbezogen. Weiterhin sind Handelsvertreter aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit erfasst,[482] sofern sie bei der Vermittlung des konkreten Geschäfts an die Interessen der einen Vertragspartei gebunden und dadurch gehindert sind, auch von der anderen Vertragsseite ein Entgelt anzunehmen.[483] Ebenso können Anlage- und Steuerberater sowie Rechtsanwälte Beauftragte ihres Mandanten und damit taugliche Täter sein.[484]

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Umstritten ist, ob die Beauftragung durch Rechtsgeschäft erfolgt sein muss oder auch behördlich oder gerichtlich erfolgen kann.[485] Nach h.M. reicht auch eine solche Beauftragung aus.[486] Es ist nicht erforderlich, dass irgendeine rechtsgeschäftliche Beziehung[487] oder ein „Element der Befugnisberufung“ durch den Geschäftsherrn[488] vorliegt. Dies ergibt sich daraus, dass nur der Prinzipal in einem Rechtsverhältnis zu den Wettbewerbern steht.[489] Der Beauftragte erreicht hingegen durch sein unlauteres Verhalten, dass der Prinzipal seine Bezugs- und Lieferentscheidung aus unsachlichen Gründen trifft. Dieses tatsächliche Verhalten muss dem Prinzipal nicht zugerechnet werden. Verantwortlich ist allein der Beauftragte für sein Verhalten, das über den Prinzipal, der gleichsam als (in der Regel gutgläubiges) Werkzeug eingesetzt wird, den Wettbewerb beeinträchtigt. Daher kommt es allein auf das unlautere Tätigwerden des Beauftragten für den Geschäftsherrn an, ohne dass dieses Verhalten dem Geschäftsherrn zurechenbar sein muss. Damit besteht keine Notwendigkeit einer rechtsgeschäftlichen Beauftragung. An diesem Ergebnis ändert auch der in § 299 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB verankerte unternehmensinterne Loyalitätsschutz nichts. Deshalb ordnet die Rspr den von Gericht bestellten Insolvenzverwalter zu Recht als Beauftragten ein, der bei der Fortführung des Unternehmens als gesetzlicher Vertreter des insolventen Unternehmens bestochen werden kann.[490] Allerdings hat der BGH in neuerer Zeit einschränkend ein personales Befugniselement gefordert, dass nämlich dem beauftragten Begriff die freie Auswahl der Person des Beauftragten immanent sei und der Auftraggeber dieser Person bei der Ausübung ihrer im Interesse des Auftraggebers liegenden Tätigkeit durch Weisungen ohne Bevollmächtigung anleite.[491] Diese Einschränkung, die in Bezug auf Vertragsärzte als Beauftragte der Krankenkassen vorgenommen wurde, um dem persönlichen Vertrauensverhältnis des Arztes zum Patienten Rechnung zu tragen, welches das Verhältnis zwischen Krankenkasse und Vertragsarzt überlagern soll, ist unter dem Gesichtspunkt des zu schützenden Rechtsguts fragwürdig und hat deshalb zu Recht zur Einführung der §§ 299a, 299b StGB geführt.

cc) Unternehmen („geschäftlicher Betrieb“)

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Der Täter muss weiterhin Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens sein. Angestellte und Beauftragte von Privatpersonen sind keine tauglichen Täter.[492] Der Gesetzgeber hat das Merkmal des „geschäftlichen Betriebs“, das die persönliche betriebliche Zugehörigkeit des Angestellten oder Beauftragten betont, mit der Novellierung 2015 durch den des Unternehmens ersetzt, ohne dadurch eine inhaltliche Änderung erreichen zu wollen.[493] Es sollte lediglich eine Anpassung an die redaktionellen Änderungen des UWG von 3. Juli 2004[494] erfolgen und der gesetzliche Sprachgebrauch modernisiert werden. Deshalb ist der weite Begriff des Unternehmens gegebenenfalls unter Rückgriff auf die bisherige Auslegung des Begriffs des geschäftlichen Betriebs restriktiv auszulegen, um dem Willen des Gesetzgebers Rechnung zu tragen.[495] Unternehmen ist jede auf eine gewisse Dauer angelegte gewerbliche oder selbständige, auf den Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt gerichtete wirtschaftliche Tätigkeit, mit der gegen Entgelt Waren oder Dienstleistungen vertrieben werden.[496] Erfasst sind Geschäftsbetriebe jeder Art, nicht nur Handels- oder Gewerbebetriebe. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist – in der dem Art. 2 Abs. 2 RB 568/2003/JI allein entsprechenden Auslegung[497] – nicht erforderlich;[498] auch gemeinnützige, kulturelle und soziale Einrichtungen kommen in Betracht[499] sowie öffentliche Unternehmungen, wenn sie wirtschaftliche Tätigkeiten entfalten,[500] insbesondere private Krankenhäuser[501] und andere medizinische Einrichtungen.[502] Diese Sicht entspricht dem wettbewerbsrechtlichen Verständnis des UWG. Entscheidend ist die tatsächliche Stellung des Unternehmens im Wettbewerb und nicht der Grund oder der Anlass für das Tätigwerden, der deshalb auch nicht in einer Gewinnabzielungsabsicht liegen muss. Weiterhin sind freiberufliche Tätigkeiten von Architekten, Rechtsanwälten,[503] Notaren, Steuerberatern, Wirtschafts- und Unternehmensberatern einbezogen.[504] Die geschäftliche Tätigkeit muss auf Dauer angelegt sein.[505]

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Die Tätigkeit öffentlicher Behörden ist, soweit sie als Hoheitsträger handeln, insbesondere in Fällen der Eingriffsverwaltung, keine unternehmerische Betätigung. Das Gleiche gilt auch für die behördliche Aquirierung und Zuweisung von Waren oder Leistungen auf Grund von Hoheitsrechten.[506] Jedoch sind öffentliche Behörden bei erwerbswirtschaftlich-fiskalischem Handeln,[507] bei dem unter den Interessenten für Aufträge Wettbewerb entsteht, als Unternehmen anzusehen (Rn. 108).[508] Hierunter fällt insbesondere die Tätigkeit staatlicher Beschaffungsstellen[509] und Ausschreibungsstellen, jedenfalls soweit es nicht um Objekte der Daseinsvorsorge geht.[510] Ein Wettbewerbsbezug kann weiterhin bei einer allgemeinen öffentlichen Aufgabenerfüllung ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung gegeben sein.[511] So hat der BGH für Objekte der Daseinsvorsorge bspw. den von einer Gebietskörperschaft eingeschalteten Ingenieur als Beauftragten i.S.d. § 12 Abs. 2 UWG a.F. angesehen.[512] Zur Daseinsvorsorge gehören z.B. die Energie- und Wasserversorgung und die Abfallentsorgung. Wenn der Bestochene Amtsträger ist, kommt den Amtsdelikten kein Vorrang vor § 299 StGB zu, da die §§ 331 ff. StGB ein anderes Rechtsgut schützen als § 299 StGB.[513] Der BGH fordert nunmehr für die Annahme amtlicher Aufgaben, dass diese „ihrer Natur nach typischerweise dem Staat vorbehalten sind“ und für die Amtsträgereigenschaft die organisatorische „Anbindung an eine Behörde“ durch eine längerfristige vertragliche Bindung oder durch einen Bestellungsakt.[514]

b) Handeln im geschäftlichen Verkehr

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Ein Handeln im geschäftlichen Verkehr erfordert geschäftliche Beziehungen zu einem Unternehmen. Dieses Tatbestandsmerkmal dient der Abgrenzung der strafbaren Handlungen in zwei Richtungen: Einerseits scheidet ein rein privates Handeln[515] und andererseits ein amtliches Handeln in Ausübung von Hoheitsgewalt aus.[516] In letzterem Falle wird der Täter in der Regel Amtsträger i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB[517] oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter sein, mit der Folge, dass sich die Strafbarkeit auch nach den §§ 331 ff. StGB richtet. Der Begriff des Handelns im geschäftlichen Verkehr ist weit auszulegen.[518] Er umfasst alle Maßnahmen, die auf die Förderung eines beliebigen Geschäftszwecks gerichtet sind, d.h. jede selbstständige, der Verfolgung eines wirtschaftlichen Zwecks dienende Tätigkeit, in der eine Teilnahme am Wettbewerb irgendwie zum Ausdruck kommt.[519] Die Handlung muss also Wettbewerbshandlung sein. Eine erste Begrenzung ergibt sich daraus, dass als Geschäftszweck nur wirtschaftliche Zwecke in Betracht kommen,[520] das Handeln wohltätiger und gemeinnütziger Unternehmen also nur dann im Geschäftsverkehr erfolgt, wenn in einem bestimmten Bereich der Tätigkeit ein Erwerbszweck hinzutritt.[521] Dies gilt gleichermaßen für karitatives Handeln.[522] Auch Werbegeschenke, mit denen Kunden gewonnen werden sollen, stellen kein Handeln im geschäftlichen Verkehr dar.[523] Hingegen betätigen sich Unternehmen der öffentlichen Hand im geschäftlichen Verkehr, wenn sie sich auf den Boden des Privatrechts begeben (Rn. 113) und sich erwerbswirtschaftlich betätigen,[524] so z.B. Ortskrankenkassen, die Heilmittel von privaten Unternehmen beziehen[525] oder eine staatliche Kurverwaltung, die bei Hinweisen auf Unterkünfte zukünftige wirtschaftliche Interessen eines Badeortes verfolgt.[526] Ob sich die öffentliche Hand dabei einer privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Unternehmensform bedient, ist gleichgültig. Ein rein hoheitliches Handeln ist allerdings kein Handeln im geschäftlichen Verkehr (Rn. 108).

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