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2. Voraussetzungen des § 248a StGB (Diebstahl geringwertiger Sachen)

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Die Norm enthält heute nur mehr ein (relatives) Strafantragserfordernis und stellt eine Ausnahme zu Legalitätsprinzip und Verfolgungszwang (§§ 152 Abs. 2, 170 Abs. 1 StPO) im Bereich der Bagatellkriminalität dar.

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§ 248a StGB ist auf die Fälle der §§ 242 und 246 StGB einschließlich der veruntreuenden Unterschlagung[458] und des Versuchs[459] unmittelbar anwendbar. Ebenso ist die Norm kraft Verweisungen in §§ 248c Abs. 3, 257 Abs. 4 S. 2, 259 Abs. 2, 263 Abs. 4, 263a Abs. 2, 265a Abs. 3, 266 Abs. 2 und 266b Abs. 2 StGB anzuwenden. Dagegen sind Fälle der §§ 244, 244a, 249 ff. und 252 StGB nicht erfasst.[460] Im Falle des § 243 StGB kann eine Geringwertigkeit nur dann zu einem Strafantragerfordernis führen – sonst scheidet gemäß § 243 Abs. 2 StGB schon ein Fall des besonders schweren Falles aus –, wenn das Regelbeispiel nach Nr. 7 einschlägig ist, die Geringwertigkeit verkannt wird, oder nach teilweise vertretener Auffassung ein nicht benannter besonders schwerer Fall vorliegt.[461]

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Für die Bestimmung der Geringwertigkeit[462] ist der objektive Verkehrswert, d.h. der am Markt zu erzielende Verkaufspreis zum Zeitpunkt der Tat, heranzuziehen,[463] wobei Veränderungen nach der Tat[464] genauso wie ein Affektionswert[465] außer Betracht bleiben. Bei mehreren Tatobjekten ist der Gesamtwert entscheidend.[466]

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Die Geringwertigkeitsgrenze stieg in den 1980er Jahren auf etwa 50 DM.[467] Nach der Einführung des Euro wurde sie zunächst – gewissermaßen mittels einfacher Umrechnung – mit 25 Euro angenommen, uneinheitlich gehandhabt[468] und dürfte sich bei dem gut anwendbaren Wert von 50 Euro[469] wieder stabilisieren.

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Der gegenständliche Anwendungsbereich der Norm erstreckt sich unmittelbar auf alle Sachen (körperliche Gegenstände), wobei keine Beschränkung (etwa auf Gebrauchsgüter) besteht. Hierfür nötig ist, dass sich ein objektiver Wert der Sache bestimmen lässt, was in erster Linie bei Sachen mit Verkehrswert der Fall ist. Hat die Sache hingegen „keinen Verkehrswert“, so ist zu unterscheiden: Im Falle eines objektiv nennenswerten funktionalen Wertes (z.B. Ausweispapiere) fällt die Sache nicht in den Anwendungsbereich der Norm; es bedarf keines Strafantrags.[470] Ist hingegen auch kein funktional nennenswertes Interesse gegeben, so ist ihre Bewertung nach Marktkriterien maßgeblich, mit der Folge, dass dies auch zu einem Wert von Null oder nahe Null führen kann, was zu einer Anwendbarkeit der Norm führt.

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Soweit die Vorschrift kraft gesetzlich angeordneter Analogie Anwendung findet, bezieht sie sich nicht nur auf körperliche Gegenstände, sondern auf alle in der jeweils verweisenden Norm geschützten Vermögensbestandteile.[471]

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Anders als bei § 243 Abs. 2 StGB, der ein Schuldmaß betrifft, ist für § 248a StGB als prozessuale Norm allein die objektive Geringwertigkeit ausschlaggebend.[472] Irrtümer sind ohne Belang, denn diese betreffen nur die Verfolgbarkeit der Tat.[473] Im Falle eines Versuchs ist das Handlungsunrecht maßgeblich,[474] wozu also der Täter entsprechend seiner Vorstellung angesetzt hat.[475]

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In Fällen der Mittäterschaft ist – bis auf Exzessfälle – auf die Gesamtbeute abzustellen.[476] Gleiches gilt bei Teilnehmern, soweit sich ihr Beitrag darauf bezieht.[477]

VII. Sondertatbestände im 19. Abschnitt des StGB

1. Unbefugte Verwendung eines Fahrzeugs, § 248b StGB

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Die Vorschrift stellt in Abweichung von der ansonsten geltenden Straflosigkeit des „Gebrauchsdiebstahls“ (furtum usus) den Sonderfall der Anmaßung des Gebrauchs von Fahrzeugen unter Strafe und wurde durch das 3. StrÄndG vom 4. August 1953[478] eingefügt. Geschütztes Rechtsgut ist das Gebrauchsrecht,[479] denn hierfür sprechen sowohl der Wortlaut der Norm als auch die Gepflogenheiten des Automobilmarktes, erfolgt in diesem doch oft eine Trennung von Nutzungsberechtigung und Eigentum, etwa bei einem Ratenkauf unter Eigentumsvorbehalt oder Leasingverträgen. Eine andere Ansicht hingegen sieht – mit beachtlichen Argumenten – das Eigentum als geschütztes Rechtsgut an und begründet dies mit der systematischen Stellung der Vorschrift,[480] wobei diese Ansicht zur Folge hat, dass der Eigentümer gegenüber dem Nutzungsberechtigten kein tauglicher Täter wäre. Dies steht letztlich aber im Widerspruch zum Wortlaut der Vorschrift, denn es wird kein „fremdes“ Fahrzeug gefordert und es wird zudem auf den Willen des „Berechtigten“ und nicht auf den des Eigentümers abgestellt. Auch erfolgt mittelbar ein Schutz gegen die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch unbefugte und damit gefahr- und unfallträchtige „Schwarzfahrten“.[481]

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a) Taugliche Tatobjekte sind lediglich Kraftfahrzeuge und Fahrräder. Entsprechend der Legaldefinition in Abs. 4 sind Kraftfahrzeuge solche Fahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Gleise gebunden zu sein, wie z.B. Autos, Motorräder, Flugzeuge und Motorschiffe. Straßenbahnen und Fahrzeuge ohne eigenen Antrieb wie Segelflugzeuge, Segelboote und Anhänger sind dagegen nicht erfasst. Ebenso sind Oberleitungsbusse, Seil-, Hänge- und Schwebebahnen aufgrund ihrer (wie bei einer Gleisgebundenheit) eingeschränkten Beweglichkeit und Reichweite und der damit leichteren Wiederauffindbarkeit ebenfalls keine tauglichen Tatobjekte.[482]

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Das Fahrrad ist hingegen nicht legaldefiniert. In Abgrenzung zu den motorbetriebenen Kraftfahrzeugen sind darunter radgebundene Fortbewegungsmittel zu verstehen, die mit Körperkraft betrieben werden.[483] Unter den Begriff fallen auch Sondermodelle wie z.B. Dreiräder und Krankenfahrstühle, denn – wie bei den Kraftfahrzeugen auch – besteht keine Abhängigkeit zu der tatsächlichen Anzahl der Räder.[484] Hingegen fallen Tretroller (sog. „Kickboards“ oder „Scooter“, soweit sie nicht motorisiert sind und daher als Kraftfahrzeuge gelten) nicht unter die Wortschrift, da diese bereits außerhalb des denkbaren Wortsinns liegen dürften.

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b) Die Vorschrift setzt weiter eine Ingebrauchnahme eines der genannten Fahrzeuge voraus. Hierunter versteht man das Ingangsetzen bzw. Inganghalten des Fahrzeugs zur selbstständigen Fahrt.[485] Auch wird ein widerrechtlicher Weitergebrauch nach erkannter Nichtberechtigung erfasst,[486] denn ein Gewahrsamsbruch ist gerade nicht nötig.[487] Das bloße Mitfahren stellt kein selbstständiges Fahren dar und ist daher straflos.[488] Für eine Ingebrauchnahme bedarf es des bestimmungsgemäßen Gebrauchs des Fahrzeugs als Fortbewegungsmittel.[489] Dies ist bereits durch ein Rollenlassen des Fahrzeugs auf abschüssiger Straße der Fall,[490] hingegen genügt nicht das bloße Starten und Laufenlassen des Motors oder die Bedienung bestimmter Einrichtungen des Fahrzeugs. Ein Um- oder Einparken ist bereits tatbestandsmäßig,[491] eine nennenswerte Ortsveränderung ist gerade nicht nötig.[492] Die Vollendung erfolgt durch die Ingebrauchnahme; in deren Einstellung liegt die Beendigung der Tat.[493]

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c) Die genannte Ingebrauchnahme muss weiterhin gegen den (ausdrücklichen oder mutmaßlichen) Willen des Berechtigten geschehen, weshalb ein Einverständnis des Berechtigten bereits tatbestandsausschließend wirkt. Berechtigt ist dabei, wer aufgrund dinglichen, obligatorischen oder sonstigen Rechts (z.B. als Eigentümer, Halter, Mieter, angestellter Fahrer etc.) befugt ist, über den Besitz am Fahrzeug zum Zwecke des Gebrauchs zu verfügen.[494] Aufgrund des Umstandes, dass das Nutzungsrecht – wie etwa in den oben genannten Fällen des Leasings oder Verkaufs unter Eigentumsvorbehalt – nicht notwendigerweise dem Eigentümer zustehen muss, kann auch dieser sich des unbefugten Gebrauchs des in seinem Eigentum stehenden Fahrzeugs strafbar machen.

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Ob die Möglichkeit tatbestandsrelevanter Nutzungsbeschränkungen durch den Berechtigten existiert, ist umstritten. Eine Ansicht vertritt mit Blick auf den Begriff „Ingebrauchnahme“ die Meinung, es fehle an der nötigen Befugnis nur dann, wenn der Nutzungsbeginn bereits ohne Befugnis war.[495] Überzeugender ist aber der Ansatz einer (unterschlagungsähnlichen) Gebrauchsanmaßung, bei der auch der grundsätzlich befugte Täter die ihm eingeräumte Sachherrschaft zu unberechtigtem Gebrauch nutzen kann.[496] Was in die Nutzungsbefugnis fällt, wird durch den – nicht unbedingt ausdrücklich erklärten – Willen des Berechtigten bestimmt, weshalb jeder Gebrauch außerhalb der inhaltlichen (Routen- oder Geschwindigkeitsvorgaben, Alkoholverbote usw.) oder zeitlichen Grenzen der Gebrauchsüberlassung unbefugt im Sinne der Vorschrift ist.[497] Im Gegensatz hierzu ist aber die Ingebrauchnahme eines Fahrzeugs durch einen an sich Unberechtigten allein zum Zwecke der Rückführung an den Berechtigten regelmäßig von dessen mutmaßlichen Willen gedeckt und daher nicht tatbestandsmäßig.[498]

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Auf Ebene des subjektiven Tatbestands bedarf es (zumindest bedingten) Vorsatzes, der sich auf alle Tatbestandsmerkmale und damit auch auf den entgegenstehenden Willen des Berechtigten erstrecken muss. Ein Irrtum über das Einverständnis stellt einen Tatbestandsirrtum dar.

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d) Der Versuch ist nach § 248b Abs. 2 StGB strafbar. Im Falle von Kraftfahrzeugen beginnt er u.U. schon mit dem Aufbrechen des Schlosses,[499] jedenfalls aber mit dem Einschalten der Zündung.[500]

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Die Teilnahme richtet sich nach den allgemeinen Regeln. Es handelt sich nach h.M. auch nicht um ein eigenhändiges Delikt, so dass für Mitfahrer auch eine Mittäterschaft oder mittelbare Täterschaft in Betracht kommt. Die Ausnutzung einer bereits von einem Dritten geschaffenen Situation begründet keine strafbare Beteiligung, da zur Ingebrauchnahme ein eigenständiger Beitrag zu leisten ist.[501]

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e) Die in § 248b Abs. 1 a.E. StGB enthaltene Subsidiaritätsklausel greift typischerweise bei Vorschriften ein, die – bei gleich oder ähnlich gelagertem Rechtsgüterschutz[502] – mit einer höheren Strafandrohung aufwarten. Eine Subsidiarität des § 248b StGB ist daher insbesondere gegenüber den täter- oder teilnehmerschaftlich begangenen Eigentumsdelikten der §§ 242, 246 StGB, aber auch gegenüber den Vermögensdelikten der §§ 253, 263, 266 StGB, wenn der Täter den Besitz am Fahrzeug aufgrund Nötigung, Täuschung oder Missbrauchs bzw. Treuebruchs erlangt, anzunehmen. Hingegen bleibt nach h.M. weiterhin eine echte Konkurrenz möglich, wenn die Vorschriften eine andere Schutzrichtung, wie etwa §§ 222, 229 StGB, entfalten.[503] Werden während des Gebrauchs Straßenverkehrsdelikte (z.B. §§ 142, 315c, 316 StGB bzw. § 21 StVG) begangen, so ist i.d.R. Tateinheit anzunehmen.[504]

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Die Zueignung des verbrauchten Kraftstoffs sowie anderer dem Betrieb dienenden Substanzen, die mit der unbefugten Benutzung verbunden ist, wird nach h.M. als notwendige Begleittat von § 248b StGB konsumiert. Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass sonst die Subsidiaritätsklausel des § 248b StGB und die gegenüber § 242 StGB privilegierte Strafdrohung ohne Wirkung wäre.[505] Wollte der Täter sich aber gerade die verbrauchten Stoffe sparen, so kann das Ergebnis ein anderes sein.[506]

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f) Die Tat wird gemäß § 248b Abs. 3 StGB nur auf Antrag verfolgt. Verletzter i.S.d. § 77 StGB und damit antragsberechtigt ist nach h.M. der Gebrauchsberechtigte. Fristbeginn der Antragsfrist ist nach § 77b StGB die Kenntnis der Beendigung des unbefugten Gebrauchs. Ist der Strafantrag lediglich auf eine Verurteilung wegen Diebstahls gerichtet, so umfasst dieser nicht auch den unbefugten Gebrauch eines Kraftfahrzeugs. Da es sich bei § 248b StGB um ein Vergehen handelt, ist neben einer Erledigung im Strafbefehlsverfahren (§§ 407 ff. StPO) grundsätzlich auch die Einstellung über die §§ 153, 153a StPO möglich. Der unbefugte Gebrauch des Fahrzeugs fällt nicht in den Katalog der Privatklagedelikte gemäß § 374 StPO, weshalb dem Gebrauchsberechtigten das Klageerzwingungsverfahren offen steht.

2. Entziehung elektrischer Energie, § 248c StGB

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Die Vorschrift geht auf die Bestimmungen der §§ 1 und 2 des Gesetzes betreffend die Bestrafung der Entziehung elektrischer Arbeit vom 9. April 1900[507] zurück und wurde durch das 3. StrÄndG vom 4. August 1953[508] ins StGB aufgenommen. Dies geschah in Konsequenz der Auffassung des RG,[509] dass Energie keine Sache i.S.d. §§ 242, 246, 303 StGB sei. Geschütztes Rechtsgut ist die Verfügungsbefugnis über elektrische Energie.[510]

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§ 248c StGB enthält in Abs. 1 und Abs. 4 zwei in subjektiver Hinsicht differenzierende Tatbestände. Abs. 1 setzt (seit der 6. StrRG auch Dritt-)Zueignungsabsicht voraus, wohingegen Abs. 4 Schädigungsabsicht des Täters verlangt. Sie entsprechen insofern und auch bzgl. ihrer Strafandrohungen § 242 bzw. § 303 StGB.[511]

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a) Die Bestimmung des Begriffs der elektrischen Energie erfolgt physikalisch-naturwissenschaftlich.[512] Das Merkmal der Fremdheit richtet sich nicht wie bei § 242 StGB nach dem Eigentum, denn Energie ist nicht-körperlich und daher dem zivilrechtlichen Eigentum nicht zugänglich,[513] sondern danach, ob die Energie der Verfügungsbefugnis eines anderen untersteht, der Täter also kein Recht zur Entnahme besitzt,[514] wobei die zweck- oder vereinbarungswidrige Benutzung mit umfasst ist.[515] Hierbei ist irrelevant, ob der andere ein Versorgungsunternehmen, ein Erzeuger oder ein Verbraucher ist.

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b) Täter des § 248b StGB ist, wer einer elektrischen Anlage oder Einrichtung fremde elektrische Energie mittels eines Leiters, der nicht zur ordnungsgemäßen Energieentnahme daraus bestimmt ist, entzieht.

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Elektrisch sind (auf Dauer angelegte) Anlagen oder (vorübergehende) Einrichtungen, wenn sie der Erzeugung, Weiterleitung, Ansammlung oder Aufbewahrung von elektrischer Energie dienen.[516] Dies beinhaltet neben Generatoren, Akkumulatoren, Batterien und Transformatoren auch das gesamte Stromnetz.[517] Erfasst sind aber auch Sachgesamtheiten, die die Energie zum Eigenbetrieb verwenden, wie z.B. Antennen oder ein Telefon.[518]

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c) Entziehen ist das einseitig bewirkte Reduzieren des Energievorrats des Berechtigten durch Entnahme von Energie, die vom Berechtigten nicht mehr genutzt werden kann.[519] Es genügt nach dem Wortlaut der Vorschrift völlig, dass der Abfluss der Energie in Zueignungsabsicht erfolgt. Es ist daher irrelevant, ob der Strom (in Parallelität zur Gewahrsamsbegründung bei § 242 StGB) auch einem Empfänger zufließt,[520] zumal die Tathandlungen in Abs. 1 und Abs. 4 gerade identisch sind.

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d) Ein Leiter ist jede technische Vorrichtung, die sich zur Aufnahme und Weiterleitung von Elektrizität eignet, vor allem Stromkabel und sonstige Metallteile.[521] Eine feste Verbindung ist nicht erforderlich zwischen Leiter und der elektrischen Anlage oder Einrichtung. Unter Beachtung von Art. 103 Abs. 2 GG genügt das bloße Ausnutzen von Elektrizität ohne körperlich vermittelte Übertragung, etwa durch elektromagnetische Induktion oder Lichtbogen, nicht.[522] Ebenso ist erst recht nicht das bloße Ausnutzen fremder elektrischer Energie, wie es etwa bei dem unbefugten Gebrauchen elektrisch betriebener Geräte vorliegt, erfasst.[523]

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Zur ordnungsgemäßen Entnahme gewidmet wird der Leiter durch den Verfügungsberechtigten, gegebenenfalls durch Vereinbarung mit dem Abnehmer.[524] Den Tatbestand nicht erfüllt die bloße unbefugte Nutzung ordnungsgemäß zugeführter elektrischer Energie.[525] Dies ist z.B. sowohl der Fall bei der unbefugten Benutzung bereits angeschlossener elektrischer Geräte eines anderen,[526] als auch durch das (z.B. vertragswidrige, hausrechtswidrige etc., jedoch) äußerlich ordnungsgemäße Anstecken eines Gerätes an eine fremde Steckdose.[527] Auch die Manipulation eines Stromzählers ist sub specie des § 248c StGB tatbestandslos.[528] Eine Verwirklichung des Tatbestands ist hingegen zu bejahen, wenn der Täter einen Stromzähler mittels eines Leiters überbrückt,[529] eine vom Netzbetreiber gesperrte Stromanlage an ein anderes Netz anschließt,[530] Strom mittels eines nicht zum Leitungsnetz gehörenden Kabels entnimmt[531] oder Geräte betreibt, die ein anderer unzulässigerweise mittels eines Leiters mit dem Stromnetz verbunden hat.[532]

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e) Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes ist zum einen (zumindest bedingter) Vorsatz erforderlich, zum anderen Zueignungsabsicht in Form von dolus directus 1. Grades.[533] Zueignungsobjekt sind die in Anlehnung an § 242 StGB zu beurteilenden Nutzungsbefugnisse des Berechtigten.[534] Der Täter muss dem Berechtigten somit dauerhaft die Möglichkeit, durch Energieeinsatz Licht, Wärme oder Kraft zu erzeugen, zumindest teilweise entziehen (Enteignung), um darüber, wenn auch nur vorübergehend, eigen- oder fremdnützig zu verfügen (Aneignung).[535] Seit dem 6. StrRG erfüllt auch die Zueignung zugunsten eines Dritten den Tatbestand, obwohl die praktische Relevanz dieser Änderung wohl überschaubar sein wird. In Betracht kommen Fälle, in denen sich der Handelnde, etwa als Angestellter, im Lebens- oder Geschäftsbereich des Dritten bewegen kann.[536]

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Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Zueignung ist dolus eventualis ausreichend. Diese liegt dann vor, wenn kein schuldrechtlicher Anspruch besteht und die Zueignung auch sonst nicht gerechtfertigt ist. Bei einem Irrtum über das (normative) Merkmal der Rechtswidrigkeit entfällt der Vorsatz.

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Handlungen, die objektiv denen nach Abs. 1 gleichen, subjektiv jedoch statt von einer Zueignungs- von einer Schädigungsabsicht getragen sind, werden von § 248c Abs. 4 StGB erfasst. Der Täter muss also eine Enteignung ohne Aneignung beabsichtigen. Als Beispiel ist insbesondere das Verursachen eines Kurzschlusses eines nicht mit Sicherungen versehenen Leitungsnetzes mittels eines Leiters zu nennen. Nur hierbei kann überhaupt ein nennenswerter Energieverlust bewirkt werden.[537]

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f) Hinsichtlich der Energieentziehung normiert § 248c Abs. 2 StGB eine Versuchsstrafbarkeit, hingegen fehlt für Taten nach Abs. 4 eine entsprechende Regelung. Zur Bejahung eines unmittelbaren Ansetzens ist das Heranführen eines nicht zur ordnungsgemäßen Energieentnahme bestimmten Leiters an die Anlage bzw. Einrichtung zur Herstellung eines körperlichen Kontaktes zwischen diesen, wenn die nachfolgende Entziehung ohne weiteres Zutun des Täters erfolgen soll, ausreichend.[538] Eine Teilnahmestrafbarkeit ist grundsätzlich möglich und es gelten die allgemeinen Regeln entsprechend, jedoch handelt es sich bei der Zueignungs- und der Schädigungsabsicht um tatbezogene Merkmale, so dass § 28 StGB nicht herangezogen werden kann.[539]

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g) Wird zur Sicherung der Vorteile der Stromentziehung ein Betrug begangen, so ist dieser als mitbestrafte Nachtat anzusehen.[540] Im Falle der Wegnahme mit Zueignungsabsicht eines ganzen Energieträgers (z.B. der Batterie) geht § 242 StGB vor. Ebenso gilt dies für die Fälle der §§ 246, 303 StGB.[541] In § 248c StGB sind zwei unterschiedliche Strafrahmen enthalten, hinsichtlich des Abs. 1 beträgt dieser Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, hinsichtlich Abs. 4 Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Gemäß § 248c Abs. 3 StGB ergibt sich für eine Tat nach Abs. 1 eine entsprechende Anwendung des Strafantragserfordernisses in den Fällen der §§ 247 und 248a StGB. Für eine Tat nach Abs. 4 normiert Abs. 4 S. 2 ein (im Gegensatz zu § 248a StGB zwingendes) Antragserfordernis. Maßgeblicher Zeitpunkt sowohl für den Beginn der Antragsfrist des § 77b StGB als auch für den der Verjährung nach § 78a StGB ist die Beendigung des Stromentzugs.