Emilia will Fotomodel werden

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Emilia will Fotomodel werden
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Benny Bohlen

Emilia will Fotomodel werden

Sinnlicher Liebesroman

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

Impressum neobooks

1

Ahornstraße 32

82362 Weilheim in Oberbayern

Emilia schlug seufzend die Augen auf. Die Nacht war angenehm gewesen, der Schlaf erquicklich. So ausgeruht und wohl wie heute hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt. Bäume hätte sie ausreißen können.

Bevor sie aufstand, gähnte sie herzhaft und streckte die Glieder. Ein Ritual, das sich - mit kleinen Abweichungen - jeden Morgen wiederholte.

Jetzt gab sie sich einen Ruck, warf die Steppdecke schwungvoll zur Seite und verließ das angenehm warme Bett, das sie an manchen Tagen am liebsten mitgenommen hätte. Ulkig hätte das ausgesehen, wenn sie in der Schule im Bett gelegen hätte.

„Emilia Brandtner, schnarchen Sie nicht!“, hörte sie die Klassenlehrerin im Geist ärgerlich rufen. „Wenn Sie schon mitten im Klassenzimmer im Bett herumkugeln müssen, sollten Sie sich wenigstens still verhalten! Sie stören den Unterricht!“

Der Unterricht Heike Wagenhoff war stets einschläfernd. Sie unterrichtete Betriebswirtschaftslehre, und nicht nur Emilia hatte Mühe, diese Stunde wachen Auges durchzustehen. Wenn ich einmal wirklich mit dem Bett angerückt käme, dachte Emilia amüsiert, würden die anderen Schüler es mir nachmachen.

Das Klassenzimmer würde zum Schlafsaal werden. Sie stellte sich die Lehrerin vor dreißig Betten vor.

„Wagenhoff, seien Sie still! Sie stören unseren Schlaf!“

Emilia schüttelte schmunzelnd den Kopf. Was du dir so zusammenspinnst, dachte sie, während sie einen Blick aus dem Fenster warf. Es war ein wunderschöner Herbstmorgen. Die Bäume trugen ein hübsches buntes Blätterkleid, das von goldenen Sonnenstrahlen zum Leuchten gebracht wurde.

Das himmelblaue Nachthemd, das Emilia trug, machte sie sehr sexy, denn es war ziemlich kurz, wodurch ihre langen, schlanken Beine großartig zur Geltung kamen. Außerdem war der Stoff so dünn, dass man ihre Brüste deutlich erkennen konnte. Darunter hatte sie ein gleichfarbiges Spitzenhöschen an. Emilia war blond und hatte veilchenblaue Augen.

Rafael, ihr Freund, verglich sie manchmal mit einer großen, zum Leben erweckten Barbie-Puppe. Obwohl er das als Kompliment meinte, gefiel ihr dieser Vergleich nicht, denn sie wollte kein Spielzeug sein.

Rafael … er war ein gutaussehender junger Mann, zwanzig war er im vergangenen Monat geworden, und er hatte gerade mit dem Medizin Studium begonnen. Er gefiel sich mit einem pechschwarzen Drei-Tage-Bart, den er mit einem speziellen Rasierapparat auf exakt die gleiche Länge brachte. Emilia hätte er mit glatten Wangen besser gefallen, doch er ließ sich nicht überreden, das Gestrüpp, das zu seiner persönlichen Note gehörte, wie er sagte, zu entfernen.

Rafael konnte sehr stur sein. Manchmal wünschte sich Emilia, er würde mehr auf sie eingehen, aber im Großen und Ganzen war sie mit ihrer Beziehung zufrieden. Rafael renkte sich nicht den Halswirbel aus; wenn ein hübsches Mädchen an ihm vorbeiging. Er war treu und als Liebhaber nicht übel.

Emilia ging ins Bad, zog sich aus und stieg in die Duschkabine. Vorsichtig drehte sie das Wasser auf, denn der erste Schwall war immer kalt, und sie hatte keine Lust, ihn voll abzubekommen. Als das Wasser warm wurde, drehte sie ganz auf und drückte reichlich Bade-Gel in ihre hohle Hand. Mit streichelnden Bewegungen verteilte sie das Gel auf ihrem nackten Körper. Sie massierte ihre Brüste ein wenig, weil sie gelesen hatte, dass das gut für ein straffes Gewebe war, strich mit beiden Händen über den flachen Bauch abwärts, seifte auch die Schenkel und den festen Po ein. Ihre Taille war so schmal, dass Rafael sie mit seinen Händen mühelos umfassen konnte. Rafael! dachte Emilia. Schon wieder Rafael.

Sie dachte sehr oft an ihn. Ihr Tag begann und endete mit ihm. Selbst in der Schule konnte sie nicht verhindern, dass sich ihr Geist mit ihm beschäftigte.

„Emilia Brandtner! Wo sind Sie schon wieder mit Ihren Gedanken?“, wetterte die Direktorin häufig.

„Na, wo schon?“, war sie manchmal versucht zu antworten. „Bei Rafael natürlich!“

Als Emilia wenig später, zwar dezent geschminkt, aber im superkurzen Minirock die Küche betrat, warf die Mutter ihr einen missbilligenden Blick zu.

„Findest du, dass das die richtige Kleidung für die Schule ist?“

„Ich trage sehr gerne einen Rock“, erwiderte Emilia und setzte sich an den Küchentisch. „Außerdem habe ich hübsche Beine. Warum soll ich sie verstecken?“

„Du bist immerhin achtzehn Jahre alt, und ihr habt Lehrer, die nicht viel älter sind.“

„Die sind kurze Röcke in der Schule gewohnt“, gab Emilia unbekümmert zurück.

Helene Brandtner goss Kaffee in eine Tasse und stellte sie vor ihre Tochter hin. Sie trug einen altmodischen Morgenrock, und ihr kurzes blondes Haar war fürs erste schnell mit wenigen Bürstenstrichen in Ordnung gebracht. Erst wenn alle aus dem Haus waren, nahm sie sich Zeit für sich. Ihr Mann hatte sich mit dem üblichen flüchtigen Kuss auf die Wange vor zwanzig Minuten verabschiedet, und Emilia würde in wenigen Minuten zur Tür hinausflitzen.

„Heutzutage scheint es Mode zu sein, stets unpassend gekleidet aufzutreten“, sagte Helene Brandtner verständnislos. Sie bestückte den Toaster mit zwei Weißbrotscheiben. „Man beraubt den Theaterbesuch seines festlichen Rahmens, indem man mit schiefgelaufenen Sportschuhen erscheint, geht in schmuddeligen Jeans ins Konzert und zieht seine älteste Bluse für die Oper an.“

„Die Leute tragen einfach das, worin sie sich am wohlsten fühlen“, erklärte Emilia.

„Du hast natürlich recht, Emilia. Aber ich finde, gerade heutzutage, etwas weniger Haut zu präsentieren.“

„Wie meinst du das, Mami?“

„Du weißt es genau! Wir wurden mit Flüchtlingen überschwemmt, die jetzt gelangweilt in den Containern hausen und scharf auf junge, hübsche, blonde Mädchen sind!“

Das fand Emilia überhaupt nicht, aber sie widersprach ihrer Mutter nicht. Solche Diskussionen konnten sich über mehrere Stunden hinziehen, ohne was zu bringen, denn sie hatten beide ihre feste Meinung, von der sie nicht abzugehen bereit waren.

Die Weißbrotscheiben hüpften aus dem Toaster. Helene Brandtner legte sie auf Emilias Teller.

„Gibt es irgendetwas Neues in der Schule?“

„Die hat doch eben erst begonnen.“

„Deswegen kann es doch schon was Neues geben.“

„Es geht alles seinen gewohnten Trott“, sagte Emilia und nahm einen Schluck vom lauwarmen Kaffee. Dass Eltern immer auf Sensationen erpicht waren, dachte sie. In diesem Moment läutete Emilias Handy.

„Oh … es ist Rafael!“

Sie nahm den Anruf entgegen und bat den Freund, einen kleinen Moment zu warten. Sie wollte mit ihm ungestört telefonieren.

„Rafael. Sag mal, hat er immer noch diesen schrecklichen Bart, der ihn aussehen lässt, als wäre er permanent schmutzig?“

„Ich werde ihm zu Weihnachten eine Enthaarungscreme schenken.“

Emilia sprang vom Küchentisch auf und lächelte der Mutter nochmals zu. Ob sie wusste, dass sie bereits regelmäßig mit Rafael schlief? Wahrscheinlich vermutete sie es, sie verdrängte es aber vehement - wie alles, was ihr unangenehm war.

In ihrem Zimmer angekommen, sagte sie in das Handy: „Jetzt bin ich allein.“

„Na, du!“, rief Rafael gut gelaunt in den Hörer.

„Na, du selber“, gab Emilia keck zurück.

„Gut geschlafen?“

„Hervorragend.“

„Von mir geträumt?“

Sie kicherte. „Nein, einen Alptraum hatte ich nicht.“

„Das wagst du nur zu sagen, weil du nicht vor mir stehst. Du bist ein schlimmes Mädchen. Ich werde dich bei der nächsten Gelegenheit übers Knie legen.“

„Und was weiter?“

„Das wirst du dann schon sehen. Apropos sehen. Sehen wir uns heute Nachmittag?“

„Hatten wir das nicht abgemacht?“, fragte Emilia verwundert.

„Ich wollte mich nur vergewissern, dass es dabei bleibt“, meinte Rafael. „Kannst dich schon mal freuen.“

 

„Worauf?“

„Auf eine sturmfreie Bude. Meine Eltern sind freundlicherweise für zwei Tage nach München gefahren. Wir haben das Haus für uns allein.“

„Na, wenn das keine gute Nachricht ist“, kicherte Emilia amüsiert.

Die Stunden zogen sich wie zähflüssiger Sirup. Am schlimmsten war die letzte mit der Klassenlehrerin Heike Wagenhoff, deren »Lieblingsschülerin« Emilia war.

„Emilia, sagen Sie uns dies …“ – „Emilia, erklären Sie uns das …“ – „Stellen Sie sich vor, Emilia, Sie haben ein kleines Unternehmen, das rote Zahlen schreibt …“ – „Emilia, schreiben Sie folgendes an die Tafel …“ – „Was muss man hierbei berücksichtigen - Emilia?“ – „Wie würden Sie dieses Problem lösen - Emilia?“

Manchmal hatte Emilia echt den Eindruck, sie würde sich mit der Wagenhoff allein in der Klasse befinden.

„Emilia. Emilia. Emilia …“

Sie kam kaum dazu, an Rafael zu denken, aber wenn er ihr ganz kurz einfiel, wurde sie von einem Gefühl angenehmer Vorfreude erfüllt. Sie war sehr gern mit ihm allein. Wenn seine Eltern nicht da waren, nutzten sie das immer weidlich aus. Was hatten sie in dem großen Haus nicht schon alles angestellt. Ein leises Lächeln erschien auf Emilias Lippen.

„Emilia, was gibt es zu grinsen?“, wollte die Wagenhoff, die in ihrem Leben wohl noch nie gelacht hatte, unfreundlich wissen.

„Nichts, Frau Wagenhoff“, antwortete Emilia rasch - und dann war die Stunde endlich um.

„Heute hatte dich die Wagenhoff mal wieder fast pausenlos im Visier“, sagte Alexander Zedlitz beim Verlassen des Schulgebäudes mitfühlend.

Emilia zuckte gleichmütig die Schultern und erwiderte: „Dieses eine Jahr verkrafte ich sie noch, aber danach will ich nie wieder von ihr hören.“

„Sie kann verdammt lästig sein.“

„Ich habe gelernt, mit ihr zu leben.“

„Mir würde sie gewaltig auf den Geist gehen“, meinte Alexander. „Wenn du möchtest, nehme ich dich auf meinem Vespa Roller mit.“

„Ich bin selbst mit dem Mofa da“, erwiderte Emilia.

„Mein Pech.“

Das Bedauern war ernst gemeint, denn Alexander hatte sehr viel für Emilia übrig. Deshalb versuchte er auch immer, ihr irgendeinen Gefallen zu tun. Leider gab es Rafael. Alexander wusste, dass es ihm nie möglich sein würde, Rafael auszubooten, aber er war so ehrlich, zuzugeben, dass er es versucht hätte, wenn er auch nur die winzigste Chance gewittert hätte.

„Alexander Zedlitz!“ Die bissige Stimme der Klassenlehrerin ließ Alexander heftig zusammenzucken.

„Oje“, stöhnte er und sah Emilia unglücklich an. „Sie hat gesehen, wie ich eine Dose Bier trank.“

„Kommen Sie zurück, Zedlitz, ich habe mit Ihnen zu reden!“

„Ach, du dickes Ei“, seufzte Alexander. „Sie hat ein neues Opfer gefunden.“

„Lass dich nicht unterkriegen“, riet ihm Emilia.

„Das sagt sich so leicht“, ächzte Alexander.

„Zedlitz! Wird's bald?“

„Ich komme, Frau Wagenhoff!“ Alexander schlich wie ein geprügelter Hund zurück.

Über den Brandtners wohnte Sarah Magenheim, die seit vier Jahren blind war. Sie hatte ihr Augenlicht bei einem Autounfall verloren, den sie nicht verschuldet hatte. Ein Betrunkener hatte sie mit seinem Fahrzeug frontal gerammt, und ihr Wagen war in Flammen aufgegangen. Der Betrunkene war unverletzt geblieben, und als sie im Krankenhaus zu sich gekommen war, hatte sie nichts mehr gesehen.

Seither half ihr die Familie Brandtner, wo immer sie konnte. Emilias Vater erledigte kleinere Reparaturen, Helene Brandtner half in der Wohnung von Sarah Magenheim, und Emilia kaufte regelmäßig für sie ein. Diesmal hatte es Emilia damit sehr eilig, denn anschließend wollte sie zu Rafael fahren, nach dessen Umarmung sie sich schon sehnte. Manchmal hätte sie sich von ihm etwas mehr Zärtlichkeit gewünscht und es auch gern gesehen, wenn er auch mal näher auf ihre Interessen eingegangen wäre und die Freizeit dementsprechend gestaltet hätte - aber sie sagte sich, niemand war perfekt, auch sie nicht. Er war schon okay.

Emilia schleppte den Einkaufskorb die Treppe hinauf und läutete an der Tür, die sich kurz danach öffnete. Sarah Magenheim war eine attraktive Frau, groß und schlank. Sie hatte sich vorgenommen, ihr Schicksal fest in die Hand zu nehmen, und versuchte so viel wie möglich selbst zu erledigen.

In ihrer Wohnung fand sie sich so gut zurecht, als könne sie immer noch sehen, und sie war, obwohl das Schicksal sie so hart getroffen hatte, nie schlecht gelaunt und für alles, was man für sie tat, dankbar.

Da sie Emilia schon lange kannte, duzte sie sie. Sarah Magenheim war Emilias Vertraute, mit der sie über alles reden konnte. Obwohl ihre Nachbarin so alt war wie Emilias Mutter, verstanden sich die Frauen wie gute Freundinnen.

Emilia trug den Einkaufskorb in die Küche. Die Blindheit hatte Sarah Magenheim sehr sensibel werden lassen.

„Scheint so, als hättest du es heute eilig“, stellte sie lächelnd fest. Sie sah mit ihren großen, leeren Augen dabei in Emilias Richtung.

„Stimmt“, gab Emilia zu.

„Keine Zeit für ein kleines Schwätzchen?“

„Tut mir leid …“

„Rafael?“

„Ja“, sagte Emilia. „Er erwartet mich bereits.“

„Bestimmt schon sehr sehnsüchtig.“

„Das hoffe ich“, antwortete Emilia.

„Dann solltest du dich schnell auf den Weg machen.“

„Zuerst müssen die Lebensmittel an ihren Platz.“

„Traust du mir nicht zu, dass ich das selbst kann?“

Sarah Magenheim tastete die Waren im Korb ab, und räumte die Kühlprodukte in den Kühlschrank.

„Du machst das großartig, Sarah“, lobte Emilia. „Ich muss dich immer wieder bewundern.“

„Nun fahr schon zu Rafael“, drängte die Nachbarin. „Aber fahr vorsichtig. Und grüß den jungen Mann von mir.“

2

Emilia nahm Gas weg und bog um die Ecke. Eine kleine Taubenschar stieg mit klatschenden Flügelschlägen hoch und ließ sich auf die Dächer der umliegenden Häuser nieder. Die Luft war so mild wie an einem Spätsommertag, und die Sonne zeigte - vielleicht zum letzten Mal in diesem Jahr - ihre Kraft.

Das Mofa rollte über eine Bodenschwelle, die zur Verkehrsberuhigung beitragen sollte, und einige Meter danach hielt Emilia das Zweirad an. Sie stieg ab, nahm den Sturzhelm ab und schüttelte ihre lange blonde Mähne.

An einem der Fenster im Erdgeschoß tauchte Rafael auf. Sie winkte ihm, und er winkte lächelnd zurück. Mit seinen regelmäßigen, weißen Zähnen hätte er für eine Zahncreme Reklame machen können. Emilia befestigte den Helm mit einer Kette am Mofa, und Rafael verschwand vom Fenster, um Emilia die Tür zu öffnen.

Ein leichtes Kribbeln überlief sie, als sie eintrat. Rafael gab der Tür einen lässigen Stoß und nahm Emilia in die Arme. Er drückte sie so fest, dass ihr die Luft wegblieb. Aber nur ganz kurz. Dann küsste er sie mit hungrigen warmen Lippen.

„Schön, dich hierzuhaben“, sagte er leise. „Ich wurde schon ein bisschen nervös. Ich hatte dich etwas früher erwartet.“

„Ich musste noch schnell für die Sarah einkaufen.“

„Das ist eine Entschuldigung, die ich gelten lasse.“

„Ich soll dich von ihr grüßen.“

„Vielen Dank! Und nun kein Wort mehr über andere, okay? Ab sofort sind es wir beide, um die sich alles dreht“, bestimmte Rafael, nahm ihre Hand und zog Emilia mit sich nach oben.

Sein Zimmer war nicht sehr groß, aber urgemütlich. An den Wänden hingen Drucke von Miro, Kandinsky und Pollak. Im CD-Player liefen sanfte Rockklänge. Die Lamellenjalousie war heute noch nicht hochgezogen worden. Ein weiches, angenehmes Dämmerlicht erfüllte den Raum und machte ihn zu einer intimen, weltentrückten Insel.

Rafael setzte sich mit Emilia aufs Bett und ging gleich zur Sache. Das störte sie ein wenig. Sie brauchten sich doch nicht zu beeilen, hatten alle Zeit der Welt. Emilia liebte es, wenn Rafael es langsam anging, damit sie sich voll darauf einstimmen konnte. Zärtlichkeiten waren ihr sehr wichtig, sie verzichtete nur ungern darauf.

Sie liebte es, ihn zu berühren und von ihm liebevoll gestreichelt zu werden, mit ihm zu schmusen und die Wärme seines Körpers zu spüren. Wenn er zu schnell vorging, fühlte sie sich jedes Mal um einige sehr schöne Gefühle betrogen, deshalb bremste sie ihn ein wenig.

Er sah sie befremdet an und fragte: „Hast du was?“

„Nein“, antwortete sie. „Es geht mir nur ein bisschen zu schnell.“

Er lachte. „Ich bin eben ein feuriger Liebhaber. Verlang bitte nicht, ich soll mich beherrschen, das schaffe ich nämlich nicht. Nicht, nachdem ich so lange auf dich warten musste.“

„Aber wir haben doch so viel Zeit. Du brauchst dich nicht selbst zu überholen“, flüsterte Emilia. „Lass es uns doch genießen.“

„Wie zwei alte Leute, die das Feuer der Leidenschaft auf Sparflamme zurückdrehen mussten, damit es noch für eine Weile reicht?“, fragte er, während er seine Hand wieder unter ihre Bluse zu schieben versuchte, was sie ihm jedoch auch weiterhin noch nicht erlaubte.

Er durfte ihren Busen streicheln, aber die Berührung der nackten Haut musste er sich erst verdienen. Er gab nach, zog Emilia an sich und flüsterte ihr einige nette Dinge ins Ohr.

So gefiel es ihr viel besser. Die Liebe war für sie ein Gericht, das man langsam und bewusst genießen sollte - häppchenweise, Bissen für Bissen.

Als er gefühlvoll an ihrem Ohrläppchen knabberte, erschauerte sie, und ihre Lippen trafen sich erneut zu einem zärtlichen Kuss.

„Ich kann dein Herz fühlen“, sagte Rafael leise. „Es schlägt sehr schnell.“

„Deines etwa nicht?“

„Doch“, gab er zu. „Meines auch.“

Emilia rieb ihr Kinn an seiner Schulter. Sie hatte den Wunsch, sich in Rafael zu verkriechen. Es war schön, mit ihm zusammen zu sein, und ganz besonders genoss es Emilia, wenn sie - so wie jetzt - völlig ungestört waren.

Sie hatte zu Hause auch ihr eigenes Zimmer. Rafael hatte schon einige Male in ihrem Bett gelegen, wenn ihre Eltern bei Bekannten oder Freunden zu Besuch gewesen waren, aber Emilia hatte dabei nie ganz abschalten können. Sie hatte während dieser Zeit ständig unter Strom gestanden, weil sie nie sicher sein konnte, dass ihre Eltern nicht vorzeitig nach Hause kamen. Sie stellte sich immer die Katastrophe vor, wenn ihre Mutter ahnungslos ins Zimmer kam und sie nackt in Rafaels Armen überraschte.

Niemals wollte sie das wirklich erleben!

Sie würde vor Scham im Erdboden versinken. Dass sie alt genug dafür war, Rafael liebte und dadurch ein Recht auf all das hatte, würde ihre Mutter nicht gelten lassen.

Rafael atmete heftiger. Seine zärtlichen Bemühungen erregten Emilia sehr. Selten hatte sie sich so wohl und begehrt gefühlt. Sie seufzte wohlig, denn seine Liebkosungen waren gekonnt, und er wusste genau, was ihr gefiel. Als er erneut den Versuch unternahm, seine Hand unter ihre Bluse zu schieben, hinderte sie ihn nicht mehr daran.

Der CD-Player hörte auf zu spielen, doch Rafael nahm sich nicht die Zeit, eine andere CD einzuschieben. Er und Emilia waren nur noch auf ihre Gefühle konzentriert und genossen ihre wachsende Erregung.

Rafael zog ihr die Bluse aus und küsste die sanften Rundungen ihrer festen nackten Brüste. Seine Finger zitterten, als er ihre Jeans öffnete, und plötzlich wurde Emilias Wunsch, ihren Busen gegen seine nackte Brust zu pressen, übermächtig. Hastig zog sie ihm das Hemd aus.

„He, he!“, rief er grinsend. „Nicht so ungestüm, mein Schatz. Lass dir Zeit.“

„Ja, zieh mich nur auf …“

Sie konnte nicht weitersprechen, denn er verschloss ihr die Lippen mit einem Kuss, der ihr den Atem raubte. Sie spürte seine tastende Zunge, ließ sie in ihre Mundhöhle vordringen und genoss das erotische Spiel, das er damit verband.

Rafael streifte die Jeans über ihre Hüften. Sie trug einen weißen Slip mit einem raffinierten Spitzeneinsatz. Er schien ihren ganzen Körper mit Küssen bedecken zu wollen. Sie spürte seine heißen Lippen auf ihrem flachen Bauch und kurz darauf auf ihren Schenkeln.

Jetzt richtete sich Rafael auf und betrachtete Emilia mit begehrlichem Blick.

„Dein Körper ist ein Meisterwerk der Natur“, flüsterte er fasziniert.

Auch er entkleidete sich bis auf die Boxer-Shorts, die Emilia nicht besonders sexy fand, aber er würde sie nicht mehr lange anhaben.

Behutsam glitten seine Finger unter ihren Slip. Und was folgte, war für beide eine unbeschreiblich schöne Empfindung, die sie, ohne sich zu trennen, einander immer wieder streichelnd und sich küssend, harmonisch ausklingen ließen.

 

Eine Weile war es sehr still in Rafaels Zimmer. Man hätte eine Stecknadel zu Boden fallen hören können. Schließlich richtete sich Rafael auf und betrachtete Emilias makellosen Körper wieder.

„Ich kann mich an dir einfach nicht sattsehen. Du bist so wunderschön …“

Sie schmunzelte. „Ich habe nichts dagegen.“ Liebevoll strich sie ihm über das Haar.

„Hast du's gern, wenn dich ein Mann ansieht? Was empfindest du dabei?“

„Es ist ein angenehmes Gefühl, zu erkennen, dass man begehrt wird. Geht es dir nicht genauso? Was empfindest du, wenn du im Bad zum Schwimmbecken schlenderst und merkst, dass dir ein hübsches Mädchen bewundernd nachsieht?“

„Es schmeichelt mir“, antwortete Rafael.

„Das gleiche spielt sich in mir ab.“

„Scheint so, als wären Männlein und Weiblein gar nicht mal so verschieden.“

„Beides sind Menschen.“

Rafael grinste. „Was du nicht sagst.“

Er streichelte ihre formvollendete Brust und wurde ernst.

„Ist was?“, erkundigte sich Emilia.

Er zögerte. „Nun ja … ich weiß nicht, wie ich's sagen soll …“

„Einfach geradeheraus“, ermunterte ihn Emilia.

„Ich möchte nicht, dass du denkst, ich wäre irgendwie pervers, verstehst du?“

Sie setzte sich auf und verschränkte die Arme vor dem Busen.

„Jetzt hast du mich neugierig gemacht.“

„Ich liebe dich, und ich sehe dich so wahnsinnig gern nackt …“

„Ja? Und? Sprich weiter! Du brauchst dich nicht zu genieren. Außerdem haben wir vereinbart, dass es zwischen uns keine Geheimnisse geben darf. Wir haben einander geschworen, über alle Probleme offen zu reden.“

Er druckste trotzdem weiter herum: „Also … wie ich schon sagte, sehe ich dich irrsinnig gern nackt, aber leider habe ich nicht allzu oft dieses Vergnügen, denn wir haben beide keine eigene Wohnung, und Gelegenheiten wie diese sind für meinen Geschmack leider viel zu selten. Deshalb hätte ich eine große Bitte an dich.“

„Und die wäre?“, fragte Emilia neugierig.

„Wenn du nein sagst, bin ich dir nicht böse. Dann ist es eben nein, und wir vergessen die ganze Sache sofort, ja?“

„Ich kann mich dazu nicht äußern, solange ich nicht weiß, worum es geht.“

Emilia bewegte ihre Zehen, als wollte sie damit aufs Laken trommeln.

„Ich … äh, ich hätte gern ein paar Fotos von dir“, platzte Rafael heraus, „auf denen du so zu sehen bist, wie Gott dich schuf, damit ich dich immer, wenn mir danach ist, ansehen kann. Ich … äh, ich würde die Bilder selbstverständlich niemandem zeigen, sie wären nur für mich allein.“

„Du möchtest mich also nackt fotografieren?“, unterbrach ihn Emilia fragend, und zog die rechte Augenbraue empor.

Rafael nickte hastig. „Ja. Mit meinem Handy. Wir können Sie sofort ansehen, und du entscheidest, ob ich sie behalten darf, oder sofort wieder löschen soll. Für mich ist es eine harmlose Sache, aber ich weiß nicht, wie du darüber denkst. Wärst du bereit, hier ein bisschen hüllenlos zu posieren?“

„Warum nicht?“, erwiderte Emilia lächelnd.

Rafael glaubte, sich verhört zu haben. Er riss die Augen auf.

„Wirklich? Du … du hättest nichts dagegen, wenn ich dich …“

„Ich sehe keinen Grund, mich wegen meines Körpers zu schämen. Ich liebe dich, und habe nichts vor dir zu verbergen. Außerdem vertraue ich dir, dass du mit den Bildern keinen Unfug anstellst.“

„Ich freue mich riesig, dass du das auch so siehst. Ich hatte schon Angst, du würdest mir eine scheuern und wutentbrannt nach Hause fahren.“

Emilia schmunzelte. „Du scheinst mich noch immer nicht zu kennen.“

„Na ja, du warst zwar noch nie prüde, aber … es tut mir leid, dass ich dich falsch eingeschätzt habe.“

Rafael sprang aus dem Bett.

Emilia setzte sich auf. „Selbstverständlich mache ich von dir auch ein paar Aufnahmen.“

„Ehrlich?“

„Das war nur ein Scherz. Ich wollte sehen, wie du reagierst.“

„Was hast du erwartet? Dass ich vor Schreck in Ohnmacht falle?“

„Hol dein Handy!“

Er sprang aus dem Bett, holte sein i-Phone und öffnete die Kamera Funktion.

„Geht es schon los?“, erkundigte sich Emilia. „Sag mir, was ich tun soll.“

„Ach, mach einfach, was dir in den Sinn kommt. Versuch deine Reize dabei so gut wie möglich ins Spiel zu bringen. Zieh eine sexy Show ab.“

Emilia kicherte. „Darf's auch ein bisschen verrucht sein?“

„Mach, was dir Spaß macht. Ich kann ja alles wieder löschen.“

Emilia hatte so etwas noch nie gemacht. Sie setzte einfach auf ihre Natürlichkeit. Dass sie sehr fotogen war, wusste sie, und wenn sie sich ungehemmt vor dem Handy bewegte, konnten eigentlich nur gute Bilder entstehen.

Sie blickte mal kokett, mal naiv, zeigte nicht nur bloß, was sie hatte, sondern rückte ihre fraulichen Attribute ins beste Licht. Das Posieren machte ihr Spaß. Instinktiv schien sie zu wissen, worauf es ankam, als wäre sie das geborene Fotomodell.

Und Rafael machte mit schweißbedeckter Stirn seine Fotos, von denen keines misslungen war, wie sie später feststellten.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?