Das Geschenk der Psychothriller-Parodie

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Das Geschenk der Psychothriller-Parodie
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Inhaltsverzeichnis

Titelseite

Dieses Buch ist eine Parodie

Impressum

Zitate

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

27

28

29

30

31

32

33

34

35

36

37

38

39

40

41

42

43

44

45

46

47

48

49

50

51

52

53

54

55

56

57

58

59

60

61

62

Endtitel

Ein abschließendes Wort der Warnung

Kochrezept

Über den Autor


Dieses Buch ist eine Parodie1


Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen, ohne satirische Anspielungen, ist zufällig. Dieses Buch wurde weder von Droemer Knaur noch von Bastei Lübbe oder einer anderen Person oder Instanz, die mit Sebastian Fitzek in Verbindung steht, autorisiert oder anderweitig genehmigt.

Dieser Text versteht sich nach (§ 24 UrhG) als selbstständiges Werk, welches in freier Benutzung des parodierten Werkes geschaffen wurde. Persönliche Züge des Originals sind entfernt und unkenntlich gemacht worden, indem sie durch die des Autors Bastian Litsek ersetzt wurden. In Fachkreisen spricht man auch von einer Verschlimmbesserung.

Es war einmal ein Leser, der den obigen Paragrafen nicht verstanden hatte. Also machte er den Autor ausfindig, um ihm eine Frage zu stellen: „Lieber Herr Litsek, ich habe es noch immer nicht verstanden, was ist eine Parodie? Was macht denn jemand wie Sie, ein … äh … Parodist?“

Und darauf antwortete ich ihm****: „Ein Parodist zieht die ehrliche Arbeit anderer Leute in den Dreck, weil er selbst nichts zustande bringt, was sich verkauft. Er will aus dem niedrigsten Gut der Menschheit Kapital schlagen.“

„Der Prostitution?“

„Ja lieber Leser, so ähnlich. Der Lästerei. Du musst verstehen, jedermann von Erfolg hat immer einen dunklen Schatten, in dem sich seine Neider tummeln. Und die lästern. Natürlich nur unter sich und im Verborgenen. Aber wenn das jemand anders macht, das Lästern, wie ein Parodist, dann kann man dessen Bücher kaufen, darüber lachen, sich dafür schämen und den Parodisten in Anwesenheit anderer als talentlosen Trittbrettfahrer verunglimpfen, der die Tinte aufs Papier erbricht.“

„Das heißt, die Leute, die deine Läster-Bücher kaufen, lästern später über dich, weil du über andere gelästert hast, über die sie selber nicht zu klagen wagen?“

„Ganz richtig. Und das, mein kleiner Leser, ist der ewige Kreislauf der eigenen Meinung. Wenn du mich bitte entschuldigen würdest. Das Buch beginnt gleich und ich bin der, der es schreiben soll.“

1 ___________**

* Eine humorvolle-satirische Nachahmung eines bekannten, in diesem Fall literarischen Werkes.

** Fußnote, die: Anmerkung zu einer Textstelle, welche unter dem Text steht. Kann von der Unfähigkeit des Autors zeugen, sich klar auszudrücken.***

*** Gar nicht wahr! Anm. d. Autors.

**** Ich lasse mal weg, dass diese Unterhaltung auf der Herrentoilette einer einschlägigen Fast-Food-Kette stattgefunden hat. Man glaubt nicht, an was für Orten man den komischsten Leuten über den Weg läuft.

ACHTUNG. Dieses Buch kann tödlich sein, wenn Sie versuchen, es als Ganzes in gedruckter Form zu schlucken. Es kann ferner dazu führen, dass Ihr linkes oder rechtes Nasenloch aufreißt, sollten Sie versuchen, es einzuführen. Weiteres Fehlverhalten, das nicht mit dem Halten in Händen und Lesen der Buchstaben mithilfe der Augen einhergeht, kann zu Übelkeit, rektalen Blutungen, Hirnschäden, Durchblutungsstörungen, Ausfluss und Durchfall, Lachkrämpfen und dauerhafter Schädigung des guten Geschmacks führen. Auch ein Abfall des Kontostandes ist nicht auszuschließen, während der des Autors ansteigt. Hier von einer „Bereicherung zum eigenen Zweck“ zu sprechen, wird umgehend als Blasphemie gedeutet und mit einem Kopfschütteln abgetan.


Copyright © 2020 Bastian Litsek

Kontakt: Bastian.Litsek@emailn.de

 

Autoren-Zeichnung: Natalia Novakovic

Korrektorat: Claudia Heinen

Probeleser: Wurde weg gespart

Covergestaltung: Olivia

ISBN: /


Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vortrag – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors.

Eltern unterschätzen, wie oft ihre Kinder Albträume haben – und ahnen nicht, dass das riskant sein kann. […]

- Dr. Fanny Jimenez

Twitter, 4. Dez. 2017


Die unbarmherzigsten Wesen sind immer die sentimentalen.

- Ernest Hemingway


Verstand ist erhaben, Witz ist schön.

- Immanuel Kant


Es ist besser, gelegentlich betrogen zu werden, als niemandem mehr zu vertrauen.

- Astrid Lindgren


Wenn rechts links gegenüberliegt, und Schwarz das Gegenteil von Weiß ist, was sagt das über Menschen aus, die Mayonnaise anstatt Ketchup verlangen? Richtig. Sie sind des Bösen.

- Irmgard Wesnik


23 €? Ich warte auf die Taschenbuchausgabe.

- Käufer von Psychothrillern


Wer selbst nichts kann, macht sich über das lustig, was andere zustande gebracht haben.

- Laurena Litsek

0.


Gleich vorneweg: In dieser Geschichte sterben keine Hunde. Ja, schimpfen Sie ruhig, denn damit habe ich Ihrem Leseerlebnis ein gewisses Spannungsmoment genommen. Gleichzeitig finde ich diese Information sehr wichtig, denn Hunde sind mir lieb und teuer. Was ich von den meisten Menschen nicht behaupten kann, deswegen sterben die auch reihenweise.

Sie haben sich also für die Parodie von Sie-wissen-schon-wem’s neusten Werk entschieden, was? Danke.

Sollten Sie noch immer die Vorschau durchlesen und von Unsicherheit geplagt sein, dann sei gesagt: Fürchten Sie nicht! Dieses Buch ist bereits das zweite seiner Art. Sie sehen schon anhand der Tatsache, dass es sich um eine Fortsetzung handelt, dass der Autor weiß, was er tut. Und der zweite Teil ist doch immer der beste. The Dark Knight? Die Zwei Türme? Das Imperium schlägt zurück? Sehen Sie. Dieses Buch kann gar nicht schlecht sein. Erst recht nicht mit einem charmanten, gut aussehenden Käufer wie Ihnen. Darf ich noch anmerken, dass Sie sehr angenehm riechen?

Und glauben Sie mir, ich habe viel Zeit in dieses Werk investiert. Es wurde geschrieben, umgeschrieben, gelöscht und von vorne neu verfasst. Ein weitverbreiteter Irrglaube ist, dass wir Autoren unsere Bücher an einem Tag einsprechen, von vollschlanken Sekretärinnen transkribieren lassen und sofort ohne Lektorat in den Druck schicken. Weit gefehlt!

In den meisten tatsächlichen Werken steckt viel weniger Aufwand. Den Großteil dieser Geschichte habe ich outgesourct. Ein Teil wurde in Island von einer preiswerten Hausfrau, ein anderer von einem gescheiterten Zombie-Filmautor verfasst. Alles wurde später nahtlos am PC aneinander kopiert. Es wird Ihnen gar kein Unterschied in der Qualität des Textes auffallen. Das versichere ich Ihnen. Auf diese Art ist das Buch schneller fertig und ich kann mich dem widmen, was mir am liebsten ist: Ihr Geld auszugeben. Ich bin mir sicher, Sie können sich in mich hineinversetzen. Wir beide halten etwas auf unsere Arbeit. Der richtige Spaß kommt aber erst, wenn wir uns neuen Krimskrams kaufen. Seien es Kleider, Filme, ein schicker Urlaub oder noch ein neues Auto. Was soll das Geld schon auf dem Konto machen? Warten, bis es Opfer irgendwelcher widerwärtiger Daueraufträge wird? Nein danke. Daher gönnen wir uns lieber etwas, nicht wahr? Wie dieses Buch. Das Leben ist zu kurz, um sich immer nur zurückzuhalten.

Machen wir dieses Vorwort kurz, den genau wie Zitate sind Vorwörter literarischer Sondermüll, der verbrannt gehört.

Hier beginnt die Geschichte!

1.


Vor der Rückblende. Aber nicht gänzlich im Hier und Jetzt. Also ziemlich weit am Anfang, jedoch nicht direkt der Anfang.1


Er war nackt und kam sich vor wie Kermit der Frosch.

Merlan lag auf dem Bauch. Hier in der recht neuen Gefängnisbücherei. Drei Mitinsassen waren ihm zu Hilfe gekommen.

„Das ist mir so was von peinlich“, sagte er, während Hermes ihm mit der Hand im Anus herumpulte.

„Ach“, sagte der und grunzte, „mach dir keine Gedanken. Ich kannte mal jemanden, der von jemandem gehört hat, welcher sich sicher war, geträumt zu haben, dass ihm etwas Ähnliches passiert ist.“

„Wirklich?“, fragte Merlan und versuchte, an sich zu halten. Er wäre am liebsten vor Scham im Boden versunken. Vor wenigen Minuten war er in der Dusche ausgerutscht, hatte die Seife fallen lassen und diese mit der wohl unpassendsten Körperöffnung überhaupt wieder aufgefangen.

„Können wir die Seife nicht einfach drin lassen?“, fragte er.

„Keine gute Idee“, sagte der Dicke, der auf seinem Rücken saß, damit er sich nicht rühren konnte. Alle nannten ihn nur Candy. „In der Theorie pupst du vielleicht eine Woche Seifenblasen, aber in der Praxis kann es zu einem unangenehmen Darmverschluss kommen.“

„Ich bin so froh, dass ich euch habe, Jungs.“

„Ach komm“, sagte Hermes.

„Pff“, sagte Candy und winkte ab.

„Selbstverständlich“, nuschelte Winky, der Merlans Füße festhielt.

Im Gefängnis waren Frauen rar gesät. Seit wenigen Tagen gab es eine neue Ärztin in der JVA. Merlan konnte sich nicht vorstellen, die Frau damit zu begrüßen, dass sie ihm an ihrem ersten Tag im Gefängnis ein nach Salbei duftendes Seifenstück aus dem After zog. Selbstachtung und Schamgefühl spielten eine große Rolle, wenn man den ganzen Tag eingesperrt war.

„Mensch, die sitzt aber auch tief“, murmelte Hermes. Der Ansatz seines Handgelenks verschwand zwischen Merlans Gesäßbacken. Dessen Augen rollten wild umher und er gab einen Laut von sich, der klang wie „Hurghhhhh“.

„Du findest bloß nichts, weil es da drin zu dunkel ist“, sagte Candy.

„Hey“, sagte Hermes und zeigte mit dem Finger auf ihn. „Das ist jetzt nicht die richtige Zeit für dumme Sprüche ja? Das ist eine ernste Angelegenheit.“ Er wandte sich an Merlan. „Tut mir leid, das wird wohl noch eine Weile dauern.“

„Kein Problem“, sagte der und streckte den Daumen hoch.

„Wie wäre es mit einer Pause?“, fragte Winky.

„Gute Idee“, gab Hermes zurück und zog mit einem Ruck die Hand aus Merlans Hinterteil. Dessen Rosette schloss sich nach ungewohnt weiter Dehnung mit einem Schmerz, der sich anfühlte, als hätte man ihm die Darmwand aufgeschnitten und mit frisch gepresstem Zitronensaft eingesprüht.

„AAHHHHHHH“, schrie der durch die Bücherei. Dann sank sein Kopf auf den Boden. Er schloss für einen Moment die Augen und blieb liegen.

„Das hat wirklich, wirklich wehgetan.“

Merlan drehte sich auf den Rücken und stützte sich auf die Ellenbogen ab.

Hermes roch an seiner Hand und zuckte zusammen. Er hielt die dreckigen Patscher so weit von sich weg wie möglich.

„Wie wäre es mit einer Geschichte?“, fragte Merlan.

„Au ja!“, sagte Winky. „Du bist doch Polizist, du hast bestimmt was zu berichten.“

„Bin ich das?“, sagte Merlan fragend. „Äh, ich meine natürlich ja, ich bin Polizist. Wenn du es sagst, muss es stimmen. Dann wollen wir mal.“

Merlan wollte so viel Zeit wie möglich gewinnen, bis er wieder die Hand eines erwachsenen Mannes in den Hintern gesteckt bekam. Er fing ganz von vorne an. Na ja, nicht ganz vorne, aber vor ein paar Jahren. Damals, als Merlan noch nicht im Gefängnis gesessen, sondern froh und munter ehrliche Leute um ihr sauer verdientes Geld beschissen hatte. Nicht in böser Absicht versteht sich, es ging ihm dabei nur ums Geld. Merlan war immerhin ein anständiger Krimineller.2

1 Ich erkenne an Ihrem Gesichtsausdruck, dass diese Kapitelunterschrift nicht hilfreich war. Sie wird es noch sein. Glauben Sie mir. Lassen Sie den Dingen etwas Zeit. Bitte. Danke. Weitermachen!

2 Ein gelungener Einstieg, finden Sie nicht auch? Wir lernen, dass unser Held sich nicht zu schade ist, um Hilfe zu fragen. Sicherlich, er ist ein Trickbetrüger und hat gerade eine Seife anal inhaliert, aber halten Sie das nicht gegen ihn. Ich bin mir sicher, er wird sich als anständiger Kerl entpuppen, der einiges durchgemacht hat und ein Produkt seines Umfeldes ist. Dass es sich bei ihm lediglich um ein unsympathisches Arschloch handelt, ist natürlich nicht ausgeschlossen. Aber jetzt warten wie beide erst mal ab, versprochen?

2.


Zwei oder drei Jahre zuvor –

Willkommen zur ersten von gefühlten 5000 Rückblenden

Merlan hielt ein altes Wählscheibentelefon in der Hand und war dabei, die nächste Nummer anzurufen. Die Dinge standen schlecht. Er lebte in einer WG mit zwei anderen Kriminellen. Einer Taschendiebin, die sich etwas mit dem Zeitungsaustragen dazu verdiente, und einem Kfz-Mechaniker, der grundsätzlich an jedem Auto, das er vorgeführt bekam, den Turbolader und das Öl bemängelte, bis die Leute ein derart schlechtes Gewissen hatten, dass sie ihn beauftragten, alles auszutauschen.

Das Leben war hart geworden für die drei Ganoven. Immer weniger Leute fielen auf Merlans Telefonbetrügereien herein. Er selbst kam sich mit seinen 29 Jahren vor wie ein Relikt aus einer anderen Zeit, genau wie das Telefon, das er in der Hand hielt.

Immer mehr Betrug fand über das Internet statt und Merlan war nicht der große Computermensch. Die Konsumgesellschaft brach langsam zusammen, da die neuen Generationen immer mehr auf Minimalismus setzten. Elektroautos hatten weder Öl noch Turbolader, den es zu bemängeln galt. Die Dinge standen schlecht.

Unser Trickbetrüger zog es sogar schon in Erwägung, eine Lehre anzufangen oder als ungelernte Fachkraft bei einem dieser modernen Sklavenschuppen anzuheuern, die Personalleasing betrieben.

Doch noch war er nicht bereit, aufzugeben.

Jeden Morgen stand irgendein Trottel, den man bescheißen konnte, es galt nur, ihn zu finden. Der Funke der Hoffnung schimmerte in Merlan, als es am anderen Ende der Leitung klingelte.

„Hofmaier?“, sagte eine alte Dame.

„Hallo Oma, hier ist dein Enkel“, gab Merlan zurück. Er kannte die Frau eigentlich nicht.

„Ach Kai, dass du dich meldest, ist aber schön.“

„Hör zu, Oma, ich habe gerade etwas Ärger und könnte Geld gebrauchen.“

„Oh, das hört sich aber gar nicht gut an …“

„Ein paar Kerle sind hinter mir her und wollen Geld von mir und wenn ich bis Ende der Woche nicht bezahle, brechen sie mir die Beine.“

„Ach Jungchen, dann hast du nichts zu befürchten!“

Das warf Merlan aus dem Konzept.

„Wie meinst du das, Oma?“

„Na, du sitzt doch im Rollstuhl. Sollen sie dir deine Beine brechen, so einfach kommst du selten im Leben aus einer Angelegenheit wie dieser raus. Aber über deinen Anruf habe ich mich gefreut. Machs gut, Kai!“

Der Hörer wurde aufgelegt. Es tutete in der Leitung.

Merlan hob die Hörmuschel ungläubig von sich. Was zum Geier war das denn? Er schüttelte den Kopf und wählte die nächste Nummer.

„Birmgärtner?“, fragte eine alte Frau.

„Hallo Oma, hier ist dein Enkel.“

„AHHHH!!!!“, schrie die Frau. Es hörte sich an, als wäre sie hintüber gefallen. „Die Toten suchen mich heim!“, klagte die Oma. „Mein Enkel verfolgt mich über den Fernsprecher! Tot ist er seit drei Jahren und jetzt ruft er mich an aus dem Jenseits, wahrscheinlich auch noch ein R-Gespräch, bei dem die Gebühren auf mich zurück fallen. Weiche, Dämon!“ Das Telefon wurde gewaltsam aufgelegt.

„Verdammt …“, murmelte Merlan. „Gibt es denn keine normalen Menschen mehr?“

Er ging seine Telefonliste durch, kam aber schnell zu dem Entschluss, dass die Oma-Nummer einfach durch war. Was könnte denn sonst noch funktionieren? Er könnte sich als Mann vom Stromnetzwerk ausgeben, sich in die Häuser der Leute schleichen, herausfinden, wo sie ihr Kleingeld lagerten, und so Summen ergaunern, die nie jemand groß vermissen würde.

Nein, der Aufwand war viel zu groß.

Dann kam er auf eine Idee.

Der mündige deutsche Bürger fürchtet nichts so sehr wie Autorität. Er könnte sich als Beamter ausgeben, als Polizist, und den Leuten irgendeinen Blödsinn erzählen von wegen sie werden gleich überfallen und sollten sich ruhig verhalten. Dann konnte er auftauchen und alles Wertvolle abgreifen. Merlan rieb sich das Nasenbein. Es könnte einige Anrufe brauchen, bis er jemand gefunden hatte, der dämlich genug war, um das zu schlucken.

 

Wie hatte sein Großvater immer gesagt? Die eigentliche Arbeit ist nicht der Betrug, sondern den Dumpfbeutel zu finden, der ihn dir glaubt.

Also, forsch ans Werk!

Nach geschlagenen fünf Stunden und mehr als dreizehn teilweise sehr langen Anrufen, hatte er endlich jemanden am Apparat, der ihn nicht sofort auslachte oder mit der Bemerkung „Ich lege jetzt auf“ auflegte.

Es war eine Frau mit dem Namen Tabea Drang, und sie arbeitet in einem Restaurant mit dem Namen „Frisch aus dem Fett“. Wie der Name schon sagte, bekam man hier alles frisch aus dem Fett. Seien es Schokoriegel, Hühnerschenkel oder Rosenkohl. Sogar das Vanilleeis wurde hier frittiert. Der Laden war besonders bei Briten und Amerikanern beliebt.

„Frisch aus dem Fett, Tabea Drang an der Tröte, was kann ich für Sie frittieren?“

„Mein Name ist Polizeiwachtmeister Moseldampfer, ich rufe in einer dringenden Angelegenheit an.“

„Sie wollen Ihr Mittagessen bestellen?“, fragte Tabea gelangweilt.

„Nein ganz und gar nicht. Uns ist ein gefährlicher Verbrecher entlaufen und er ist auf dem Weg zu Ihnen.“

„Aha. Will er etwas essen?“

„Nein, nein … hören Sie.“

„Wir sind ein Restaurant, das hier ist nicht die Telefonseelsorge.“

„Der Mann ist gefährlich!“, versicherte ihr Merlan und verstellte seine Stimme, so gut er konnte.

„Das sind die meisten Verbrecher“, gab Tabea zurück.

„Er ist auf dem Weg zu Ihnen! Er wird Sie ausrauben oder umbringen oder noch schlimmer.“

„Was ist denn noch schlimmer, als umgebracht zu werden?“

„Öhm tja“, sagte Merlan und kratzte sich hinter dem Ohr.

„Wie war Ihr Name noch mal?“

„Polizeiwachtmeister Moseldampfer. Hören Sie, Frau Drang, wir haben das Restaurant umstellt und nicht weniger als sieben Scharfschützen auf den Laden gerichtet.“

„Perfekt! Dann können Sie den Kerl ja einfach abknallen, wenn er hier auftaucht.“

„Aber nein, wir brauchen ihn lebend.“

„Wozu das denn?“

„Er muss uns verraten, wo er seine letzte Geisel versteckt hat.“

„Schießen Sie ihm doch ins Bein und drohen Sie ihm mit einem Kopfschuss. Ich hab hier Salz, das können wir in die Wunde streuen. Dann redet der Kerl mit Sicherheit. Habe ich mit meinem Ex-Freund gemacht.“

„Ähm …“, murmelte Merlan. Ihre Kaltblütigkeit machte ihm ein wenig Angst. „Wir sind die deutsche Polizei und keine Foltertruppe. Wir wollen ihn lebend schnappen, werden Sie mir helfen Frau Drang?“

„Soweit möglich. Was springt denn für mich raus?“, fragte sie und Merlan hörte, wie eine Kaugummiblase platzte.

„Mein Dank.“

„Na toll. Ich kann ja mal versuchen, meine Miete mit Ihrem Dank zu bezahlen. Sehr mager, Herr Moseldampfer … Moment mal. Heißt so nicht der Polizist aus dem Räuber Hotzenplotz?“

Merlan schlug sich mit der Hand gegen die Stirn.

„Ja, das ist eine qualvolle Parallele für mich. Aber sagen Sie, Frau Drang, wie viel Bargeld haben Sie im Restaurant? Wie groß wäre die Beute des Täters? Das spielt eine Rolle für den rechtlichen Ablauf des Falls. Wenn es nur fünf Euro sind, wird alles wegen Geringfügigkeit eingestellt.“

„Sie stellen wirklich Fragen, soll ich hier jetzt alles nachzählen?“

„Machen Sie mal.“

„Moment.“ Der Hörer wurde zur Seite gelegt. Minuten später wieder aufgenommen. „Ungefähr 600 Euro und ein paar Groschen. Und jetzt?“

„Wir warten ab, sobald der Verdächtige den Laden betreten hat, greifen wir zu. Händigen Sie ihm das Geld aus und leisten Sie keinen Widerstand. Wir haben ihn die ganze Zeit im Visier, sollte er auf Sie losgehen, werden wir ihn natürlich ausschalten. Haben Sie verstanden, Frau Drang? Geben Sie ihm das Geld und lassen Sie ihn gehen, wir werden ihn uns schnappen.“

Stille

„Hören Sie mich?“

„Ja, ich bin leichtgläubig, nicht taub. Dann machen Sie mal. Klingt wie der dümmste Plan, der mir je zu Ohren gekommen ist, aber Sie sind hier der Beamte auf Lebenszeit.“

„Danke Frau Drang.“

„Lassen Sie es mich nicht bereuen“, sagte Tabea Drang und legte auf.

Merlan seufzte. Er hasste, was als Nächstes kam. Er würde die Frau überfallen und sie dastehen lassen wie einen Idioten. Als Verkleidung trug er eine Sturmhaube, über die er eine Gesichtsmaske von Bussie Bär gezogen hatte. Ihm gefiel die Vorstellung, dass die Geschädigten später zur Aussage gaben, Bussie Bär hätte sie überfallen.

Er packte seine neun Sachen und machte sich auf den Weg.

Unterdessen überprüfte Tabea Drang die zwei Patronen in ihrer abgesägten Schrotflinte.