Das erste Buch Opa

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Das erste Buch Opa
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Inhaltsverzeichnis

Titelseite

Impressum

1. Über dieses Buch

2. Von Papierkram und abgehängten Kirchenglocken

3. Was es auf der Herrentoilette zu beachten gibt

4. Das Wunder der Haushaltsarbeit und deren Belohnungen

5. Diese eine Art von Frau

6. Wie man Schlüssel mit Mondlicht und Magie wiederfindet

7. Die Bindung zwischen Opa und Enkel

8. Die Multifunktionsallzweck-Hecke wächst in Richtung Weltherrschaft

9. Kampf der Geschlechter

10. Dystopie eines alten Mannes

11. Kann das weg oder ist das Kunst

12. Fortlaufenddummgelaufen-Effekt

13. Manch einer Sucht frönt man rund um die Uhr

14. Tote tragen keine Fahrradhosen

15. Naivität gepaart mit Hilfsbereitschaft

16. Was ist der Unterschied zwischen Liebe und Wahnsinn - Vernunft

17. Die Mufuall-Hecke fordert ein Opfer - Zyklus 0

18. Gebrauchsanleitung für einen Strohhalm

19. Fass mich nicht an! oder Press Conference Beatdown!

20. Hygiene für den Mann

21. Alternative Geschichte - Die, wo Opa und Flo die Arschkarte ziehen und den ersten Kontakt aufnehmen müssen

Das zweite Buch Opa

Außerdem Erhältlich

Über den Autor


Was genau erwartet Sie?

Abgefahrene Kurzgeschichten mit Opa Kurt Bimmel und seinem Gebrauchsanleitungen schreibenden Enkel Florian. Über den Kampf der Geschlechter, Fahrradfahrer im Straßenverkehr, Toilettenetikette für Männer und sprechende Urzeittiere. Mutanten-Pflanzen aus dem Weltall und die Wunder der eBay-Kleinanzeigen. Egal, ob im Hier und Jetzt oder im Traum einer Dystopie. Abwechslung garantiert! Wie gemacht, um das Gemüt zu erheitern.

Für jedes verkaufte Buch spendet der Verlag unfreiwillig 1,07 € an den Autor. Glauben Sie uns, wir würden das ganze Geld einsacken, wenn wir nur könnten. Diese verdammten Verträge!


Copyright © 2021 Bastian Litsek

Kontakt: Bastian.Litsek@emailn.de

Autoren-Zeichnung: Natalia Novakovic

Korrektorat: Claudia Heinen

Probeleser: Kurt Bimmel

Covergestaltung: Olivia & Kate


Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vortrag – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors.

1.

Über dieses Buch

„Ich hab gehört, du schreibst Geschichten über uns?“, fragt Opa.

„So ist es.“

„Warum das?“

„Wie sich herausstellt, lesen die Leute sogar noch lieber witzige Geschichten als Gebrauchsanleitungen.“

„Und du schämst dich nicht, bis zu deinem dreißigsten Lebensjahr gebraucht zu haben, um das zu begreifen?“

„Kein bisschen. Auch wenn ich mit diesen Büchern über uns nicht so viele Leute erreiche wie mit meiner neuen Gebrauchsanleitung für Pfulis Abfluss- & Darmfrei, lässt sich damit Geld verdienen.“

Beim Wort Geld wird Opa hellhörig.

„Geld?“

„Ganz recht. Die Bücher sind rund um die Uhr als E-Book erhältlich und per Versand als Taschenbuch.“

„Wie viel verdienen wir denn da pro Buch?“

„Das bleibt unser Geheimnis.“

„Sind wir jetzt reich?“

„Wenn die Stromrechnung zahlen zu können und einen vollen Kühlschrank zu haben, Reichtum ist, dann ja.“

„Hmpf …“, macht Opa und verschränkt die Arme.

„Was willst du denn noch alles vom Leben?“, werfe ich ihm vor. „Du fährst den größten Mercedes, der je gebaut wurde, besitzt drei Häuser, warst über vierzig Jahre glücklich verheiratet, erfolgreich selbstständig und hast den besten Enkel der Welt als Mitbewohner.“

„Hmm“, macht Opa und nickt zur Seite. „Es klingt ganz gut, wenn du es so sagst.“

„Eben.“

„Werden sich deine Geschichten an der Wahrheit orientieren?“

„Sicher. Des Öfteren. Na ja, nicht immer. Ab und an driftete es ins Fantastische ab.“

„Du wirst mich doch nicht als komischen alten Kauz hinstellen, der nie seine Schiebermütze abnimmt und nur griesgrämig ist?“

„Mitnichten, ich werde deine charmanten Seiten hinreichend herauskehren.“

„Na hoffentlich. Ich bin ein sympathischer Kerl.“

„Das weiß ich doch, immerhin hast du mir es gerade gesagt.“

Opa kneift die Augen zusammen. „Dich muss man echt im Auge behalten.“

2.

Von Papierkram und abgehängten Kirchenglocken

Opa und ich gehen uns heute aus dem Weg.

Ich bin im Arbeitszimmer und kümmere mich um Papierkram. Was Opa macht, weiß ich nicht.

„Ach verdammt“, sage ich, stöhne und schlage den Kopf auf den Schreibtisch. Opa scheint das gehört zu haben, denn er kommt zu mir.

„Alles in Ordnung?“, fragt er.

„Ach, es wird schon gehen. Ich bin es nur leid, diesen ganzen Papierkram. Formulare und Fragebögen, Beiträge, die gesenkt und erhöht werden, ein echter Schlamassel.“

„Jaja, das Los der Freischaffenden“, sagt er, die Hände in der Hose vergraben, in den Adiletten vor und zurück wippend.

„Als freischaffender Journalist und Texter hat man es nicht einfach. Vom Berichterstatten kann man nicht leben, weißt du. Daher schreibe ich zusätzlich Gebrauchsanleitungen.“

„Gebrauchsanleitungen?“, fragt Opa. „Wie spannend. Erzähl mir mehr.“

„Irgendwer muss auch die verfassen. So mancher Kollege, der sich an Romanen versucht, wäre überglücklich mit meinen Auflagen. Allein für das Regal Expedit hat sich die Anleitung zusammen mit dem Regal schon über zwei Millionen Mal verkauft.“

„So was, so was“, sagt Opa, „bist ja ’ne kleine Berühmtheit.“

Er setzt sich auf das Sofa im Arbeitszimmer.

„Ach, was soll ich sagen. Gebrauchsanleitungen schreiben ist ein undankbarer Job. Von Millionen gelesen und doch gibt es für unsereins keine Conventions und keine Fanklubs. Dabei könnte man so schön Sammelhefte rausbringen. Mein bisheriges Opus magnum ist eine hundertzwanzig Seiten lange Anleitung für einen Toaster. Auf den ersten vierzig Seiten erkläre ich nur, wie man ihn richtig in Betrieb setzt und was man alles falsch machen kann.“

„Was es nicht alles gibt …“, sagt Opa andächtig. Er hat die Hände vor dem Schoß verschränkt und hört mir zu.

„Es macht sogar Spaß. Man hat absolut freie Hand und kann schreiben, was immer einem in den Sinn kommt, solange es im Entferntesten mit dem Produkt zu tun hat.“

„Den Eindruck hatte ich auch schon bei so mancher Gebrauchsanleitung.“

„Es ist eine missverstandene Kunst. Es gibt da die blödesten Sprüche. Ein echter Mann braucht keine Anleitung“, sage ich und äffe einen Macho nach.

„Da hatte ich auch mal einen Auszubildenden, der nach der Devise gelebt hat.“

„Und wo ist der heute?“

„Stadtfriedhof, dritte Reihe.“

„Tragisch …“

„Der Kerl hat immer nach Instinkt gehandelt. Und sein Instinkt war scheiße. Der hat wirklich alles verbrochen.“ Opa beginnt aufzuzählen: „Der ist mal im Rückwärtsgang einen Hang hinunter gefahren. Mit Vollgas.“

„War das Auto kaputt?“

„Totalschaden. Aber sei’s drum. Er war noch im ersten Jahr. Besser alle Fehler in der Ausbildung zu machen als danach, wenn man davon leben muss.“

„Das ist aber eine sehr soziale Einstellung.“

„Und die hat Ali mir auch äußerst gründlich ausgetrieben. Einmal hat er ohne mein Wissen den Zement verdünnt. Weißt du, was mit der Mauer passiert ist, die wir hochgezogen haben? Es war eine tragende Wand für das Haus eines Architekten. Die ganze Hütte hat sich später zusammengefaltet wie ein Kartenhaus. Dank dieser einen Mauer. Gott sei Dank hat die Versicherung gezahlt, da noch mehr am Fundament nicht stimmte, was aber nicht von meiner Firma erledigt wurde. Ein andern Mal kam Ali und weil nichts los war, sollte er putzen.“

 

„Was kann man da falsch machen?“

„Vieles. Er hat zum Beispiel sämtliches Holzwerkzeug in der Spülmaschine gewaschen, ‚um Zeit zu sparen‘, und ‚er wäre doch kein Depp, alles einzeln von Hand zu reinigen‘. Das Zeug ist alles aufgequollen von dem heißen Wasser und war reif für die Tonne. Es hat ein Vermögen gekostet, alles nachzukaufen, sag ich dir, und da hats mir auch das erste Mal richtig wehgetan. So Werkzeug ist was Persönliches, da hat man eine Verbindung zu.“

„Ich spreche nur wenig Hammer und Nagel.“

„Eines Abends kam ich in die Werkstatt, weil es so nach verbranntem Fleisch gerochen hat. Da sitzt der Kerl mit einem metallenen Schlagbohrer in der einen Hand und dem Akkuschrauber ohne Akku in der anderen Hand. Er hatte den Bohrer in eine Steckdose geschoben. Der war durch wie der Weihnachtsbraten.“

„Wie kommt man auf so eine Idee?“

„Was weiß denn ich? Diese Napfsülze. War dann im dritten Jahr. Was ich Geschichten von dem hab, du. Wir sollten mal ’ne Kirche renovieren und er hat die Glocke abgehängt.“

„Habt ihr im Turm gearbeitet?“

„Eben nicht“, sagt Opa irritiert. „Wir waren in der Sakristei am Arbeiten. Plötzlich war er weg und ich höre, wie draußen der Kran vorfährt. Da ist der zurück zur Firma und hat den Kran geholt. Abbringen konnte ich ihn auch nicht.“

„Hat er die Glocke nachher wieder aufgehängt, als ihr fertig wart?“

„Ja. Aber zuvor hat er sie geputzt. Hat den ganzen Taubendreck entfernt. Mit dem haben Dinge nicht gestimmt, die muss man erst noch erforschen. Sein Selbstversuch mit den Bohrern hat ihn dann aber direkt in den Sarg befördert und ihm das Schinden bis zur Rente erspart. Armer Ali. War ein sehr netter Typ, nur das allein reicht zum Überleben eben nicht.“

„Das Grab können wir uns ja mal ansehen. Und einen Strauß drauflegen. Mit einer kleinen Glocke im Gesteck.“

„Sehr taktvoll.“

„War Ali türkischer Herkunft?“

„Ne, das war’n Perser und er hatte eine afrikanische Frau. Aber sag mal, wieso liegst du denn heute so sehr im Clinch mit den Unterlagen?“, sagt Opa und zeigt auf meine Unordnung.

„Ach, dieses ganze Elend hier.“ Ich greife mir an das Nasenbein und schließe die Augen. Ich muss mich einen Moment sammeln. „Das Finanzamt hat mir meinen Einkommensteuerbescheid geschickt, welcher schon überfällig war, da meine Steuerberaterin dieses Jahr ein Haus gebaut hat und nicht so schnell mit der Arbeit hinterherkam, wodurch die Frist der Krankenkasse verstrichen ist, worin diese beim Bundesversicherungsamt entsprechende Zahlen einreichen muss. Jetzt muss ich das Ding einscannen, an die entsprechenden Leute schicken und will es selber mit meinen Streuerklärungszahlen gegenprüfen. Vorher muss ich aber noch das letzte Quartal an Post und Rechnungen abarbeiten damit ich meine Umsatzsteuervoranmeldung machen kann, welche bis zum Fünfzehnten, heute ist der Vierzehnte, fällig ist“, ich hole tief Luft und öffne wieder die Augen.

„Tja“, sagt mein Opa. „Selbst und ständig was?“ Er grinst.

Ich blicke nur dumm drein.

„Soll ich dir helfen?“, fragt er.

„Würdest du das?“, sage ich und schöpfte neue Hoffnung.

„Aber klar.“

Und siehe da, gemeinsam geht es tatsächlich schneller.

3.

Was es auf der Herrentoilette zu beachten gibt

Zufrieden sehe ich den von mir verfassten Aushang an.

Ein Regelwerk für die Benutzung der Herrentoilette. Aktuelle Erlebnisse im örtlichen Baumarkt, die mir Furcht und Schrecken eingejagt haben, haben mich gezwungen, diesen Leitfaden zu verfassen. Das Verhalten der Geschlechtsgenossen in der Einrichtung war unter aller Sau.

Ich gehe den Text noch mal durch, bevor ich ihn ausdrucke, laminiere und künftig auf jeder Herrentoilette als Anschlag hinterlasse, die ich in der Öffentlichkeit benutze. Vom Baumarkt bis zum Friseur. Es wird Recht und Ordnung herrschen, wo immer ich die Brille mit meiner Anwesenheit beehrt habe.

ACHTUNG!

BIER UND FUßBALL SIND IN GEFAHR!

So liest sich die Überschrift. Man muss die Aufmerksamkeit des männlichen Primaten auf dessen geistigem Niveau einfangen. Wenn die Überschrift „Toiletten-Etikette“ heißen würde, könnten die meisten Feinripp tragenden „So’n Rasenmäher zum Draufsitzen wäre schon was“-Kerle damit nichts anfangen. Die meisten Männer sind wie Goldfische. Schlicht gebaut und auf lange Sicht nur zu wenig zu gebrauchen. Und ihnen Tricks beizubringen, ist praktisch unmöglich. Ich sollte es wissen, ich bin selber einer.

Daher mein Regelwerk:

Um den Zusammenbruch der Gesellschaft und das damit einhergehende Brauen des Bieres und das Bespielen des Rasens, auch Fußball genannt, vor dem sicheren Untergang zu bewahren, soll fortan Folgendes auf allen Herrentoiletten beachtet werden:

1) Augenkontakt zu fremden Personen gleichen Geschlechts ist zu jeder Zeit zu vermeiden. Der Boden hat wunderschöne Fliesen. Anschauen. Frauen in der Herrentoilette dürfen weiterhin mit einem „Was machen Sie denn hier?“-Blick angestarrt werden.

2) Die Toilette und deren sanitäre Einrichtung sind zum Urinieren, Defäkieren und Entleeren der sich im Darm angestauten bei der Verdauung entstandenen Gase gedacht. Es muss sich niemand für die Geräusche schämen, die der menschliche Körper dabei macht. Es ist kein Weibsvolk anwesend, auf der Herrentoilette sind wir alle gleich.

3) Beim Urinieren ist Folgendes zu beachten: Bei mehr als zwei Pissoirs ist das mittlere stets freizuhalten. Unter keinen Umständen darf es zu einer sogenannten Terzett-Pissung kommen (mehr als zwei hörbare Strähle mit weniger als einem Meter Abstand zwischen den Wasserlassenden). Im Notfall ist auf eine funktionstüchtige Toilette auszuweichen oder zu warten.

4) Die Hände sind nach jeder in diesen Räumlichkeiten vollzogenen Handlung zu waschen. Mit Seife. Das Befeuchten der Hände gilt nicht als Waschen. Wer seine Hände nicht wäscht, bedroht den Fortbestand des Bieres und Fußballs und wird mit Seifenstücken in Handtüchern von Unbekannten bei Nacht und Nebel zu Tode geprügelt. Ja, wirklich.

5) Voller Scham schreibe ich Regel Nummer fünf: Das Waschen von anderen Extremitäten wie Füßen im HANDwaschbecken ist zu unterlassen. Sie Tier.

An dieser Stelle möchte ich zugeben, dass es eine lange von stolz erfüllte männliche Tradition ist, auf Arbeit, im Baumarkt oder sogar beim Büfett-Asiaten zu defäkieren (auch „Den Bergmann in den Stollen schicken“ oder „Eine Runde mit dem Porzellandampfer fahren“). Das Erledigen des Stuhlgangs spart im eigenen Hause nicht nur Wasser, sondern auch Arbeit bei der Reinigung. Zudem verhindert der sogenannte Außerhausschiss Zorn und Ekel der Frau und/oder Tochter in Bezug auf Begleiterscheinungen wie den Geruch, der oft nur mit aggressiven Duftsprays überdeckt werden kann. Viele Weibchen sprechen hier von „Die Situation noch verschlimmern“. Der Stuhlgang außer Haus hat unter Männern lange Tradition. Sollten Sie sich noch zieren, weg mit der Scheu. Die Vorteile überwiegen die Nachteile bei Weitem. Aber auch hier sind folgende Dinge zu beachten.

1) Nach Möglichkeit ist die Entleerung des Darmes in einer ansonsten leeren Herrentoilette zu vollziehen. Die tatsächliche Entleerung führt zu einem Zustand der Unsicherheit. Das Männchen fühlt sich in höchstem Maße angreifbar und kann bei drohender Gefahr fluchtartig, mit hängenden Hosen das Weite suchen. Ein jämmerlicher Anblick für alle Beteiligten.

3) Zeitweise urinierende Geschlechtsgenossen am Pissoir sind zulässig, solange man sich nur gegenseitig hört, aber nicht sieht.

4) Haben Sie die Abschlagstelle bereits bezogen und sitzen bequem und sollten erst dann feststellen, dass in der Kabine zu Ihrer Linken oder Rechten ein Genosse bereits den Stuhlgang vollzieht (entweder wahrgenommen durch entsprechende Geräusche oder durch ein höfliches Räuspern des Herrn), haben Sie demjenigen, welcher vor Ihnen hier war, beim Eintopfen die Vorfahrt zu lassen. Unter keinen Umständen defäkieren zwei Männer gleichzeitig. Der dadurch entstehende Wettstreit, sich zu übertrumpfen und schneller fertig zu werden als der andere, kann zu einer Analfissur oder im schlimmsten Fall zu einem Treffen der beteiligten Exkrementierenden am Waschbecken führen.

5) Jeglicher Kontakt zu gleichzeitig Defäkierenden ist zu vermeiden. Wer früher fertig ist und die Abschlussspülung vollzieht (bitte nicht mit der Zwischenspülung verwechseln), darf die Kabine zuerst verlassen. Der andere hat gefälligst zu warten.

6) Da immer wieder arme Gestalten fragen, warum: Der Vorgang des Stuhlgangs, obwohl sehr männlich, bringt ein gewisses Maß an Scham mit sich. Es ist etwas Privates und das soll es auch bleiben. Ein unter optimalen Bedingungen vollzogener Stuhlgang findet ohne weiteren Kontakt bei nicht mehr 1000 Lumenwatt und kaum hörbaren Regenwaldgeräuschen statt. Wie damals, zu Zeiten der Dinosaurier.

Weiter ein paar Allgemeinheiten.

1) Small Talk ist zu unterlassen, da er Funktionsabläufe hinauszögert und dem Gespräch fremde Personen belästigt.

2) Leeres Klopapier ist nachzufüllen. Sie sind hier nicht zu Hause, Ihre Frau räumt hier nicht hinter Ihnen her.

3) Ja, es gibt Klobürsten. Nein, wir können Sie zu nichts zwingen. Aber denken Sie nur daran, Ihr Chef/Arbeitskollege oder Vater könnte die Toilette nach Ihnen benutzen und Sie könnten im Ansehen bei dieser Person stark abrutschen, was frühzeitig zu weniger Bier und Fußball in ihrem Leben führen könnte. Diese Regel funktioniert auch zu Hause bei der Toilette, die Sie mit Ihrer Frau und/oder Tochter nutzen. Diese zu reinigen und picobello zu hinterlassen, mit frisch gewechseltem WC-Stein, erhöht ihre Chance immens von Ihrer Frau und oder Tochter nicht mit zunehmendem Alter verachtet zu werden. Manch fauler Mann unterschätzt, wie leicht es auch heute noch ist, von der eigenen Frau vergiftet zu werden. Besondere Vorsicht ist in den Wechseljahren geboten, also Obacht die Herren. Fordern Sie keinen Kampf heraus, bei dem Sie a) sowieso nicht gewinnen können und b) bei dem es nichts zu gewinnen gibt.

Werden diese Regeln nicht peinlichst genau eingehalten, werden Bier und Fußball aufhören zu existieren. Sollten diese Regeln eingehalten werden, müssen Sie sich über das Wie? Warum? Hä? auch keine Gedanken machen. Das ist der eine Fall, wo wir als männliche Gemeinschaft Sie als Individuum Mann und Geschlechtsgenossen bitten möchten, NICHT NACHZUDENKEN, SONDERN ZU MACHEN!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und viel Vergnügen bei der Benutzung dieser Örtlichkeiten wünscht Ihnen.

Florian Bimmel

3. Vorsitzender des Klubs der Herren e. V.

Abteilung HWR (Human Waste Resources)

Ich nicke zufrieden und lasse den Schrieb aus dem Drucker.

Ich weiß schon, wo ich die ersten Exemplare anbringen werde. An genau dem Ort, welcher mich zum Verfassen diese Reformationserklärung inspiriert hat.

„Im örtlichen Baumarkt“, presse ich zwischen den Zähnen hervor und mache dabei eine Faust.

4.

Das Wunder der Haushaltsarbeit

und deren Belohnungen

Es ist Abend, nichts Vernünftiges flimmert im Fernsehen umeinander, wir sind satt und schwer damit beschäftigt, einen Nachbarn im anderen Haus zu beobachten. Die Wohnung gegenüber hat große Fenster. Man hält dort nichts von Vorhängen, was uns schon den ein oder anderen Einblick ermöglicht hat.

Frank ist auch bei uns. Einer unserer Nachbarn und Pokerkumpel von Opa.

„Was macht er jetzt?“, fragt Opa.

Ich habe das Fernglas und beobachte unseren Nachbarn, Ulf Krucke.

„Er hat einen Lappen in der Hand und fährt damit über die Fenster.“

„Mit welcher Seite des Lappens fährt er über das Fensterglas?“, fragt Opa.

„Keine Ahnung“, sage ich und starre weiter durch das Fernglas. „Beide Seiten des Lappens haben dieselbe Farbe.“

„Wie?“, fragt Opa erstaunt.

„Woher weiß er dann, dass er nicht die dreckige Seite anfasst?“, fragt Frank.

„Keine Ahnung, Männer“, gebe ich zurück.

Ich reiche Frank das Fernglas und fummle mein Smartphone aus der Hosentasche. Ich muss ein Foto machen. Nur so können wir effiziente Beweise sammeln.

„Er legt den Lappen weg!“, ruft Frank und zeigt auf den fensterputzenden Ulf.

„Verdammt“, nuschle ich und lege das Smartphone weg. Es geht alles viel zu schnell.

 

„Gib mir auch mal“, fordert Opa das Fernglas ein. Frank will es aber nicht hergeben und zuckt zur Seite, als Opa es ihm abnehmen will.

„Er geht zu einem langen Brett, das mit einer Art Stoff bezogen ist“, beschreibt Frank. „Er nimmt ein spitz zulaufendes Gerät mit einem Kabel und steckt es in die Steckdose.“

„Ah, er braucht Strom“, sage ich.

Opa nickt anerkennend. So weit, so gut.

„Er hat das Gerät in eine Art Halterung gespannt und nimmt ein Hemd.“

„Ein normales Hemd?“, fragt Opa.

„Scheint mir so“, gibt Frank zurück. Er nimmt das Fernglas von den Augen und reibt in seinem rechten Augapfel, bevor er wieder hindurch schaut. „Er füllt Wasser in das Gerät.“

„ER BÜGELT!“, schreie ich. „HA! Das hab ich schon mal im Fernsehen gesehen.“

„Bügeln …“, wiederholt Opa nachdenklich. „Das hat deine Großmutter auch immer getan. Hab nie groß nachgefragt, wozu das gut sein soll. Man soll eine Frau auf dem Weg zu ihrem Glück nicht mit allzu vielen Fragen belästigen.“

„Damit bekommt man die Falten aus der Wäsche“, sagt Frank leise.

„Falten?“, frage ich.

„In der Wäsche?“, fragt Opa.

Wir schauen uns an, können es nicht fassen und schauen wieder rüber ins andere Haus.

„Er hat den Fernseher eingeschaltet“, bemerkt Frank.

„Na wenigstens etwas“, merkt Opa an.

„Ich finde es schön, dass er den Haushalt schmeißt, bis seine Saskia wieder zu Hause ist“, sagt Frank.

„Schon“, bestätigt Opa, „aber die Frage ist: warum? Was hat er verbrochen, dass er an einem Tag die Fenster putzt, bügelt und wie hast du es vorher noch genannt, Flori?“

„Den Kühlschrank abtauen und reinigen.“

„Ja, genau das. Wie viele Jahrestage hat der Kerl vergessen, damit er derart viel gutzumachen hat?“

„Och, ich finde das gar nicht so ungewöhnlich“, sagt Frank und senkt das Fernglas. „Ich mache meiner Frau auch ab und an Abendessen. Sie findet es toll, wenn ich koche.“

Saskias Auto fährt vor dem Haus vor, sie parkt und steigt aus. Sie trägt einen Blazer, ihre Haare sind leicht zerzaust. In ihrer Hand zwei Tüten.

„Was da wohl drin ist?“, fragt Frank.

Ich erkenne den Aufdruck an der Seite. „Das ist Essen. Da ist das Shanghai-Symbol auf der Seite aufgedruckt. Wahrscheinliche das Abendessen.“

„Meinst du, sie kann nicht kochen?“, fragt Opa.

„Bestimmt. Aber sie war den ganzen Tag arbeiten“, merke ich an.

„Und jetzt hat sie noch das Essen mitgebracht“, merkt Frank an.

„Und Ulf der Knulf hat den ganzen Tag geputzt und aufgeräumt“, sagt Opa und schüttelt fassungslos den Kopf.

„Moderne Zeiten“, sage ich und schaue die zwei ergrauten Kerle neben mir an.

„Was wurde nur aus den Jägern und Sammlern?“, protestiert Opa. „Den echten Männern, die mittags, wenn sie frei hatten, schon Bier getrunken haben, sich nichts haben sagen lassen, egal wie falsch sie lagen, und ihren Willen durchgesetzt haben. Komme, was wolle.“

„Dodo“, sage ich kommentarlos.

„Was?“, äfft Frank wie ein Vorschulkind.

Opa gibt ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. „Es heißt wie bitte.“

„Dodo“, wiederhole ich. „Die Jäger und Sammler sind den Weg des Dodo gegangen.“

„Ah“, macht Frank.

„Du willst das jetzt verstanden haben?“, sagt Opa.

„Er meint, die Primaten sterben mit der Zeit aus.“

„Richtig, Männer. Und wenn wir uns nicht anpassen, sind wir bald so aus dem Trend wie die Prilblume und die Schlaghose. Dann nimmt uns keine mehr.“

„Ob es das wert ist?“, fragt Opa. „Putzen? Kochen? Aufräumen? Wofür das alles?“

Wir schauen in die Runde. Drei alleinstehende Männer, zwei davon wohnen zusammen und zum Abendessen gab es Spaghetti aus der Dose. Ein Horror, den ich nie wieder durchleben möchte. Schnell findet jeder von uns Umherschauenden mindestens zwei Gründe, die Gewohnheiten zu ändern.

„Vielleicht würde Ulf uns einen Crashkurs geben?“, sage ich.

„Ich weiß nicht“, sagt Opa und schaut durch das Fernglas. „Ich fasse es ja nicht …“, sagt er und schüttelt den Kopf. „Sie hat ihn gerade geküsst. Sie hat gerade die Fenster begutachtet und die gebügelte Wäsche gesehen.“

„Und jetzt?“

Ich sehe, wie Opas Augen sich unter dem Fernglas weiten. „Sagen wir es mal so. Ulfs harte Arbeit wird belohnt.“

„Sind sie am Essen?“, fragt Frank.

„Hat er ein Lob bekommen?“, frage ich.

„Nein Männer, viel besser.“

„Ich will mal sehen“, sage ich und grapsche nach dem Fernglas.

Opa reicht es mir. „Es gibt nichts mehr zu sehen.“

„Wieso das?“, fragt Frank.

„Im Schlafzimmer haben die beiden doch tatsächlich Vorhänge aufgehängt.“

Wir glotzen uns wieder dämlich an.

„Warme Mahlzeiten frei Haus“, murmele ich kaum hörbar.

„SEX“, kreischen die beiden alten Männer.

Keine halbe Stunde später stehen wir im Drogeriemarkt und schauen, was es an schicken Putzutensilien zu kaufen gibt. Vileda und Frosch, Mikrofasertücher und Allzweckreiniger. Wir fahren sogar noch zum Baumarkt und jeder besorgt sich ein Bügelbrett mit passendem Glätteisen.

Selten waren wir drei alle so voller Hoffnung.