Buch lesen: «Tierschutzrecht», Seite 3

Schriftart:

Abkürzungsverzeichnis

ABl. EG

Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften

AG

Arbeitsgericht

Alt.

Alternative

Art.

Artikel

AVV

Allgemeine Verwaltungsvorschrift

AZ

Aktenzeichen

BAnz.

Bundesanzeiger

BayObLG

Bayerisches Oberlandesgericht

BayVGH

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Bd

Band

BDSG

Bundesdatenschutzgesetz

Bek.

Bekanntmachung

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BgVV

Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin

BJagdG

Bundesjagdgesetz

BMEL

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft

BNatSchG

Bundesnaturschutzgesetz

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BWildSchV

Bundeswildschutzverordnung

bzw.

beziehungsweise

DB

Der Betrieb

d. h.

das heißt

ESchG

Embryonenschutzgesetz

EU

Europäische Union

e. V.

eingetragener Verein

ff.

folgende

gem.

gemäß

GewO

Gewerbeordnung

GG

Grundgesetz

ggf.

gegebenenfalls

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

HGB

Handelsgesetzbuch

i.d.F.

in der Fassung

i.V.m

in Verbindung mit

KG

Kommanditgesellschaft

LMBG

Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz

MTA

Medizinisch-technische Assistentin

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

NuR

Natur und Recht

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

o. a.

oben angeführt

o. Ä.

oder Ähnliches

OHG

offene Handelsgesellschaft

OLG

Oberlandesgericht

OWiG

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

Rd.

Randnummer

RdL

Recht der Landwirtschaft

RG

Reichsgericht

RGBl

Reichsgesetzblatt

S.

Seite

sog.

sogenannte

StGB

Strafgesetzbuch

StPO

Strafprozessordnung

TierSchG

Tierschutzgesetz

TierSchlV

Tierschutzschlacht-Verordnung

TierSchVersV

Tierschutzversuchstier-Verordnung

TierschTV

Tierschutztransportverordnung

TierSG

Tierseuchengesetz

u. a.

unter anderem

VG

Verwaltungsgericht

VGH

Verwaltungsgerichtshof

vgl.

vergleiche

VMTA

Veterinärmedizinischer technischer Assistent/veterinärmedizinische technische Assistentin

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz

VwVG

Verwaltungsvollstreckungsgesetz

WaffG

Waffengesetz

WuM

Wohnungswirtschaft und Mietrecht

z. B.

zum Beispiel

Ziff.

Ziffer

z. T.

zum Teil

ZPO

Zivilprozessordnung

Literaturverzeichnis

Andelshauser, B.

Schlachten im Einklang mit der Scharia

Pro Universitate Verlag Sinzheim 1996

Baumbach/Lauterbach

Kommentar zur ZPO

Hartmann, F.

Grundformen des menschlichen Krankseins

In: Schäfer, H., E. Sturm: Der kranke Mensch.

Springer, Berlin 1986

Luy, J.-P.

Die Tötungsfrage in der Tierschutzethik

Diss. med. vet. Freie Universität Berlin 1998

Levinger, I. M.

Schechtia im Lichte des Jahres 2000

Zentralrat der Juden in Deutschland und Machon Maskil L'David, Jerualem 1996

Palandt

Kommentar zum BGB

Seifert/Hömig

Kommentar zum Grundgesetz

Tröndle/Fischer

Kommentar zum StGB

Tschanz, B.

Erkennen und Beurteilen von Verhaltensstörungen mit Bezugnahme auf das Bedarfskonzept

In: Buchholtz, C. et al.: Leiden und Verhaltensstörungen bei Tieren. Tierhaltung, Bd 23, Birkhäuser Verlag, Basel-Boston-Berlin 1993

Zimmermann, M.

Physiologische Mechanismen des Schmerzes und seiner Behandlung

Der praktische Tierarzt 64, 10–25 (1986)

International Association for the Study of Pain (IASP)

Report of International Association for the Study of Pain Subcommitte on Taxonomy. Pain 6, 249–252 (1979)

AEinleitung

Der Tierschutz spielt in Deutschland seit 1972 zunehmend eine zentrale Rolle. Dem wachsenden Interesse an diesem bedeutsamen Thema soll dieses Buch Rechnung tragen, denn was die Befriedigung des Informationsbedarfs in der täglichen Praxis anbelangt, bestehen weitgehende Defizite.

Dieses Buch soll eine Arbeitsgrundlage sein für alle, die sich aus beruflichen Gründen mit dieser Materie beschäftigen, Studierende der Veterinärmedizin, Tierärzte, Amtstierärzte, Tierschutzbeauftragte etc.. Es will aber auch diejenigen erreichen, die sich allgemein für dieses Thema interessieren. Es soll eine Hilfe sein für alle, die tagtäglich Tierschutz erleben und ihn durchsetzen.

I.Tierschutz – Versuch einer Begriffsbestimmung

„Aufgrund der fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten ist jede Tierärztin und jeder Tierarzt in besonderer Weise zum Schutz der Tiere berufen und verpflichtet“ heißt es im § 2 der Berufsordnung für Tierärzte der Tierärztekammer Niedersachsen. Aus dieser Verantwortung heraus stellt sich die Frage, was ist Tierschutz eigentlich. „Tierschutz“ ist einer der Begriffe unseres Sprachgebrauchs, der von vielen in völlig unterschiedlicher Bedeutung benutzt wird. So beginnt der Streit um den Tierschutz bereits bei seiner Begriffsbestimmung. Insgesamt lässt sich die Auslegung des Begriffes „Tierschutz“ in drei Komponenten untergliedern: den emotionalen Tierschutz, den rechtlichen Tierschutz und den wissenschaftlichen Tierschutz.


1.Emotionaler Tierschutz

Er entspringt dem natürlichen Empfinden des Menschen, den von uns Abhängigen, seien es Menschen, Tieren oder Pflanzen, ein entsprechendes Schutzbedürfnis zuzuerkennen. Diese Bereitschaft des Anerkennens eines Schutzbedürfnisses ist von vielen, häufig nicht rational zu begründenden Faktoren abhängig, wie der eigenen Erfahrung von Tier-/Mensch-Beziehungen, dem jeweiligen sozialen Status, dem eigenen Geschlecht, aber auch der augenblicklichen Situation des jeweiligen Individuums. Emotionaler Tierschutz hat den Vorteil, dass er spontan und zumeist aufrichtig ist, er hat aber auch den großen Nachteil, dass er nicht rational und nicht differenzierend ist. Ein weiterer Nachteil emotionalen Tierschutzes ist, dass er anthropozentrisch ist, nach dem Motto: „Was Du nicht willst, dass Dir man tu, das füg' auch keinem anderen zu.“ Bedürfnisse und Befindlichkeiten des Menschen werden auf Tiere projiziert ohne gesicherte Erkenntnisse, dass eine solche Projektion auch wissenschaftlich zu rechtfertigen ist und ohne sicher zu sein, dass eine solche Vermenschlichung von Tieren nicht zu Tierschutzproblemen führt. Denn neben den vielen Gemeinsamkeiten von Mensch und Tier bestehen auch eine Reihe eklatanter Unterschiede, so dass das, was gut für den Menschen ist, nicht immer notwendigerweise auch zum Wohlbefinden bzw. dem häufig zitierten „Tierwohl“ eines Tieres beiträgt. Trotzdem oder sogar vielleicht gerade deshalb ist ein emotional initiierter Tierschutz, so er im weiteren Verlauf auf die rechtlichen und wissenschaftlich Grundlagen zurückgreift, ein Ansatz in die richtige Richtung. Es ist wichtig Empathie mit Tieren zu haben.

2.Wissenschaftlicher Tierschutz

Er beruht auf naturwissenschaftlichen Erkenntnissen der Physiologie, Anatomie und Ethologie und deren konsequenter Anwendung zum Wohl und Schutz der Tiere und schließt auch die Geisteswissenschaft, z. B. die Ethik, mit ein. Wissenschaftlicher Tierschutz setzt selbstverständlich Forschung auf dem jeweiligen Gebiet voraus. Erst wenn der Bedarf und die Befindlichkeiten der zu schützenden Tiere bekannt sind, kann man ihnen entsprechen. Dieser Ansatz führt somit weg vom anthropozentrischen Denken und verlässt auch die emotionale Schiene. Auf Grund rein wissenschaftlicher Ergebnisse wird auf den Bedarf und die Bedürfnisse von Tieren eingegangen. Wissenschaftlicher Tierschutz ist somit rational und begründbar. Letztendlich führt der auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Tierschutz zu einer größeren Tiergerechtigkeit und damit zu mehr „Tierwohl“ nach der Devise „Wissen schützt Tiere“. Dies ist auch der Grund, warum bereits angehende Tierärzte und Tierärztinnen in ihrem Grundstudium mit der Problematik des Tierschutzes in den Fächern Physiologie, Anatomie und Verhaltenslehre konfrontiert werden sollten, nämlich um rechtzeitig zu erkennen, dass spontane emotionale Empfindungen gegenüber Tieren oder aber auch die bürokratische Anwendung von Gesetzen allein nicht zu einer Verbesserung des Tierschutzes führen. Nur Tiere, über die wir wissenschaftliche Erkenntnisse haben, und die wir somit verstehen, können wir auch schützen.

3.Rechtlicher Tierschutz und gesetzliche Grundlagen

Eine sehr einfache und formal leicht durchzuführende Begriffsbestimmung des Tierschutzes ist die der Anwendung des zur Zeit geltenden Tierschutzgesetzes (in der Fassung der Bekanntmachung vom 18.5.2006 (BGBl. I S. 1206, ber. S. 1313, zuletzt geändert durch Art. 141 des Gesetzes vom 29.3.2017 (BGBl. I S. 626) m.W.v. 5.4.2017). So lautet § 1 des Tierschutzgesetzes: „Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen.“ Der Gesetzgeber setzt als Ziele des rechtlichen Tierschutzes den Schutz des Lebens sowie des Wohlbefindens von Tieren. Diese sehr hochgesteckten Ziele werden im weiteren Gesetzestext aber sehr schnell relativiert, sobald ein „vernünftiger Grund“ vorliegt. Dies liegt zum einen daran, dass die angestrebten Ziele nicht immer der Realität entsprechen, da z. B. die Mehrzahl der heutigen Nutztiere ausschließlich mit dem Ziel der späteren Tötung zur Lebens- und Futtermittelgewinnung (Schlachtung), gezüchtet und gehalten werden. Leider aber erfährt auch der Schutz des Wohlbefindens unter dem Einfluss vieler Lobbyisten und auf Grund des Fehlens ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse erhebliche Einschränkungen im derzeitigen Tierschutzrecht. So bleibt letztendlich das Tierschutzrecht in Form des Tierschutzgesetzes sowie der daraus resultierenden Durchführungs- und Haltungsverordnungen eine Minimalforderung zur Vermeidung erheblicher negativer Beeinflussung. Hinzu kommt, dass das Tierschutzrecht zwar die gesetzliche Grundlage des Tierschutzes bildet, nicht aber Tierschutz ist. Erst eine sinnvolle, konsequente Anwendung und Umsetzung der Tierschutzgesetzgebung führt zu einem praktischen Tierschutz.

Grundlage dieses Buches ist das Tierschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (In der Fassung der Bekanntmachung vom 18.5.2006 (BGBl. I S. 1206, ber. S. 1313) zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.3.2017 (BGBl. I S. 626) m.W.v. 5.4.2017) sowie die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes (Stand 9. Februar 2000).

Dieses Buch hält sich weitgehend an die Gliederung des Tierschutzgesetzes. Alle wichtigen Begriffe dieses Gesetzes werden beschrieben und soweit möglich definiert. Vor allem aber werden zu jeder Materie zahlreiche Beispiele aufgeführt, um eine leichte und praktische Orientierung zu gewährleisten.

II.Einleitende Bemerkungen zur Geschichte des Tierschutzes

Der Schutz des Tieres hat bereits seit vielen Jahrtausenden Bedeutung und ist eng mit der Haustierwerdung gekoppelt. Er war und ist geprägt von dem Umstand, dass die Menschen mit Tieren zusammenleben und auf sie angewiesen sind, sei es als Arbeitsmittel, Nahrungsmittel oder Lebensgefährte. Im Verlauf der Kulturgeschichte gewinnt der Begriff „Tierschutz“ immer dann an Bedeutung, wenn es der Bevölkerung oder wenigstens Teilen von Ihnen ökonomisch gut geht. Wenn die menschlichen Grundbedürfnisse (Bedarf) gedeckt sind und der Wohlstand sich ausbreitet, immer dann wird der Ruf nach dem Tierschutz laut.

Der Tierschutz war allerdings viele Jahrtausende lang anthropozentrisch, d. h. menschbezogen. Das Tier wurde nur im Interesse des Menschen geschützt und nicht um seiner selbst willen. Erst nach und nach flossen altruistische, d. h. ethische, Elemente in den Tierschutz ein. Die spätere Gesetzgebung (zumindest in Europa im 20. und 21. Jahrhundert) wird fast durchgängig vom ethischen Gedanken des Tierschutzes beherrscht.

Schon in einem der ältesten niedergeschriebenen Gesetze dieser Welt, dem Codex Hammurabi (1810–1750 v.Ch.), wurde der Tierhalter bestraft, der ausgeliehenes Vieh zu schwer arbeiten ließ bzw. ihm Schaden zufügte. Dies wurde mit einer Geldbuße in Höhe von ⅕ des Kaufpreises belegt.

Auch im Alten Testament fand der Tierschutz Niederschlag, in dem als gottlos bezeichnet wurde, wer sich nicht des Viehes erbarmt: „Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs: aber das Herz des Gottlosen ist unbarmherzig“ (Sprüche des Salomos # Spr 12,10)

Im römischen Recht erlangten die Tiere die Rechtsstellung von Sachen; als Sachen zu jener Zeit wurden auch Sklaven, Frauen und Kinder eingestuft.

Im Rahmen der zunehmenden Industrialisierung und somit der Zunahme des Wohlstandes für Teile der Bevölkerung war England Vorreiter bei der Einführung eines modernen Tierschutzrechts. Bereits seit 1770 wird dort Tierquälerei deliktisch geahndet. Bis zur Einführung des ersten englischen Tierschutzgesetzes, dem Martin's Act (Act to prevent Cruelty to Animals), im Jahre 1822 erfolgte die Verurteilung nur auf Grund einer einschlägigen und anerkannten Gerichtspraxis. Das Gesetz schützte Pferde, Schafe und Großvieh vor Misshandlungen.

Zwar kein Tierschutzgesetz, aber doch einen Anfang bildet § 360 Nr. 13 des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich vom 15.5.1871. Dort wurde mit Geld oder Haftstrafe belegt, wer „öffentlich oder in Aergerniß erregender Weise Thiere boshaft quält oder roh mißhandelt“. Geschützt wurde somit das Sittlichkeitsgefühl des Menschen. Die Tat musste öffentlich und in Ärgernis erregender Weise durchgeführt werden.

Das 1. Tierschutzgesetz in Deutschland stammt vom 24. November 1933. Selbst in Anbetracht des nationalsozialistischen, belastenden Hintergrundes war es bei strenger Anwendung in der Lage, Missstände auf dem Gebiet des Tierschutzes wirksam zu bekämpfen.

Das Reichstierschutzgesetz wurde am 24. Juli 1972 durch das in seiner Grundform noch heute gültige Tierschutzgesetz abgelöst.

Die gesetzgeberischen Initiativen zu dem heutigen Gesetz begannen bereits im Jahre 1959 mit einem Gesetzesentwurf über das Verbot des Schlachtens von Hunden und Katzen. Es sollte der Tatsache Rechnung getragen werden, dass diese Tiere in die engere Gemeinschaft des Menschen einbezogen sind und eine besondere Stellung unter den Haustieren einnehmen. Nach Ablauf der Wahlperiode geriet dieser Entwurf jedoch in Vergessenheit. Dies führte dazu, daß erst 1986 letztendlich der Hund aus der Liste schlachtbarer Tiere aus dem Fleischbeschaugesetz gestrichen wurde.

Im Januar 1960 wurde dann durch einige SPD-Abgeordnete der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Tierschutzgesetzes von 1933 vorgelegt, welches insbesondere bestimmte Ausfuhrverbote und Strafvorschriften über Versuche an lebenden Tieren enthielt. Daraufhin wurde in das Tierschutzgesetz in der damaligen Fassung ein § 3 a aufgenommen, der die Ausfuhr von Schlachtpferden grundsätzlich verbot.

Ein von allen Fraktionen getragener Vorschlag zur Verbesserung des Tierschutzgesetzes wurde im Dezember 1961 eingebracht, da aufgrund praktischer Erfahrungen Ergänzungen und Verbesserungen für notwendig erachtet wurden. So wurde in der strafrechtlichen Gerichtspraxis eine umfassende Unsicherheit bezüglich der Auslegung und konsequenten Bestrafung von Tätern im Zusammenhang mit Straftaten im Bereich des Tierschutzes festgestellt. Aber auch dieser Gesetzesentwurf erlangte keine Gesetzesqualität, da er bis zum Ende der Wahlperiode nicht abschließend behandelt wurde.

Im September 1966 brachten wiederum Abgeordnete aller Fraktionen den Entwurf eines neuen Tierschutzgesetzes in den Bundestag ein. Aber auch diesmal kam es nicht zur Entstehung eines neuen Tierschutzgesetzes, da die verfassungsrechtlich problematische Frage der Gesetzgebungszuständigkeit im Bereich des Tierschutzes nicht geklärt werden konnte. Das Grundgesetz in der damaligen Fassung gab keinen Aufschluss darüber, ob der Bund oder die einzelnen Länder berechtigt waren, im Bereich des Tierschutzes gesetzgeberisch aktiv zu werden (Föderalismus). Daraufhin wurde am 18. März 1971 eine Grundgesetzänderung dahingehend vorgenommen, dass nunmehr der Tierschutz Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes wurde. Dies hatte zur Folge, dass der Bund von seiner Zuständigkeit immer dann Gebrauch machen kann, wenn auf Grund der Wahrung einheitlicher Rechts- und Wirtschaftsverhältnisse eine bundeseinheitliche gesetzliche Regelung erforderlich ist. Die Länder haben nur noch insoweit Gesetzgebungsbefugnisse, als der Bund davon keinen Gebrauch gemacht hat. Im Ergebnis ist den Ländern jedoch durchaus Raum für eigene Regelungen verblieben.

Nunmehr waren die Voraussetzungen für die Schaffung eines neuen Tierschutzgesetzes gegeben. Im September 1971 wurde der Gesetzesentwurf zum heutigen Tierschutzgesetz in den Bundestag eingebracht und erlangte am 24. Juli 1972 Gesetzesqualität. Mit dem Gesetz wurde eine dringend notwendige Anpassung vorgenommen, da sich durch das Fortschreiten der allgemeinen Entwicklung im Vergleich zu 1933 (unabhängig vom politischen Hintergrund) neue und andere Probleme im Umgang mit den Tieren ergeben hatten.

Aus dem Gesetz ergeben sich Verpflichtungen zur Haltung, Pflege und Unterbringung von Tieren. Zugleich enthält es auch Handlungsverbote im Umgang mit Tieren. Dieses Tierschutzgesetz bildet den Mittelpunkt des Tierschutzrechts. Begleitet wird es von einer Reihe weiterer Vorschriften nicht nur des nationalen Rechts, sondern zunehmend auch auf europäischer Ebene. Grundlage des Tierschutzgesetzes sind Erkenntnisse der modernen Verhaltensforschung und eine Konzeption auf ethischer Basis. Aber auch die Erfordernisse der heutigen Zeit wurden beachtet, indem man die in der Forschung durchgeführten Tierversuche und die ernährungswirtschaftliche industrielle Tierhaltung in der gesetzlichen Regelung berücksichtigte. Grundsatz ist die Anerkennung des Tieres als „Mitgeschöpf“ des Menschen, das seiner Obhut und Verantwortung anvertraut ist, und die Anerkennung eines bestehenden sittlichen Zusammenlebens von Mensch und Tier.

Die umfangreichste Novellierung des Tierschutzgesetzes wurde 1986 nach vier Jahren umfangreicher und langwieriger Beratungen vorgenommen, da wesentliche Probleme wie die industrielle Tierhaltung und die Durchführung von Tierversuchen in Deutschland nicht ausreichend in der Gesetzesfassung von 1972 berücksichtigt worden war. Auch 1998 wurden wesentliche Änderungen vorgenommen. Der notwendigen Sachkunde beim Halten, Züchten und Töten von Tieren, sowie bei Tierversuchen wurde eine größere Bedeutung zugemessen. Außerdem wurde die Kastration von Tieren unter bestimmten Bedingungen vom generellen Amputationsverbot ausgenommen z. B. zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung. Weiterhin wurde das Amputieren von Hunderuten bis auf wenige Ausnahmen verboten, nachdem dies für das Kupieren von Ohren bereits seit der Novellierung von 1986 galt.

Alle weiteren Änderungen der Tierschutzgesetzes im Laufe seines Bestehens werden in den jeweiligen betroffenen Abschnitten angesprochen.



Im oberen Relief des Codex Hammurabi ist dargestellt, wie der König Hammurabi (links stehend) die Herrschaftssymbole aus der Hand des Sonnengottes Shamasch empfängt, womit die göttliche Herkunft der Gesetze symbolisiert wird.

Der Codex Hammurabi ist auf einem über zwei Meter hoher Dioritblock mit 8000 Wörtern niedergeschrieben. Das Original ist im Louvre in Paris zu sehen; eine Kopie ist im Pergamonmuseum in Berlin zu finden. Der Codex regelt in 281 Paragraphen die Rechtsgeschäfte des täglichen Verkehrs, somit auch den Umgang mit Nutztieren (§§ 241–251), deren Wert als Eigentum entsprechend geschützt wurde.