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2.3.2 Einteilungskriterien

Es gibt so viele unterschiedliche Blogs, dass ein einziges Einteilungskriterium dieser Vielzahl nicht gerecht werden würde. Daher möchten wir eine ausführliche Kategorisierung aus einem Wikipedia-Artikel zum Thema Blog aufgreifen und diese ein wenig ergänzen (Wikipedia 2007e)11. Diese Einteilung war in der Diskussion des Artikels hochumstritten. Auch die folgende Kategorisierung umfasst nicht die gesamte Vielfalt der Weblogs und hat ihre Schwächen, aber wir stellen sie gern zur Diskussion:

Nach Inhalten:

• »Tagebücher« sind sehr persönlich gehaltene Blogs (oft mit einem Passwort geschützt).

• Zeitungsblogs werden von Printmedien betrieben.

• Watchblogs hinterfragen kritisch, was auf anderen Webseiten oder in anderen Medien kommuniziert wird.

• Warblogs berichten aus Krisengebieten.

• Eventblogs verfolgen ein bestimmtes Ereignis, z. B. eine Bundestagswahl.

• Hobbyblogs beschäftigen sich mit einem Hobby, z. B. Stricken.

• Infoblogs informieren themenspezifisch.

• Scienceblogs informieren in den jeweiligen Fachbereichen über wissenschaftliche Studien und neue Erkenntnisse, berichten über Fachtagungen usw.

Nach den eingestellten Medien:

• Textblogs sind meist für Nachrichten oder Newsportale im Einsatz. Es werden täglich die neuesten Nachrichten über ein spezielles Thema publiziert.

• Filter und Linksammlungen gelten als die ursprünglichste Form des Weblogs.

• Fotoblogs werden häufig im privaten Bereich für ganze Fotoserien verwendet. Einsatz aber auch im kommerziellen Bereich.

• Videoblogs: Videofilme, die in verschiedenen Abständen aktualisiert werden.

• Audioblogs werden in der Regel mit kurzen Audiobeiträgen befüllt. Die Grenzen zum Podcast sind fließend.

Nach dem Betreiber:

• Corporate Blogs werden innerhalb von Unternehmen genutzt.

• Edublogs dienen z. B. in Schulen als Lerntagebücher.

• Private Blogs konzentrieren sich sehr stark auf die Meinungen und Ansichten einer Person, die häufig ein Pseudonym angenommen hat.

Nach dem genutzten Gerät:

• Moblogs werden von einem mobilen Telekommunikationsgerät aus, wie z. B. einem PDA oder einem Handy, betrieben.

Suchmaschinen und Metablogs:

• Sie durchsuchen Weblogs nach eingegebenen Suchbegriffen und zeigen zum Teil die neuesten Einträge angemeldeter Blogs auf ihrer Startseite an (Twingly, Technorati, Icerocket usw.).

2.3.3 Beliebte Blogs

Die Freiheit, im eigenen Blog publizieren zu können, bedeutet noch nicht, dass dieser auch von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Aus den verschiedensten Gründen genießen einige Weblogs mehr Aufmerksamkeit als andere. Hier ist eine Auswahl der beliebtesten deutschen Blogs:

Bildblog. Ist nicht eine Onlineversion der Bild-Zeitung. Ganz im Gegenteil: Hier werden die Irrtümer und Peinlichkeiten dieser beliebten Tageszeitung zusammengetragen. Seit kurzen versteht sich Bildblog auch als Watchblog für andere (Print-) Medien.

Huffington Post. Hierbei handelt es sich um eine Online-Zeitung, die verschiedene Autorenmodelle miteinander kombiniert. So gibt es eine Anzahl selbst verfasster Artikel, aber auch Verlinkungen zu anderen Nachrichtenquellen sowie Inhalte von freien Journalisten und Bloggern, die diese zum großen Teil ohne Bezahlung zur Verfügung stellen.

Urlaubsguru. Ein sogenannter »Schnäppchenblog«. Die Anbieter filtern günstige Flüge, Hotels oder Reisen aus dem Web und bieten sie in ihrem Blog an.

Der Postillion. Ein Autorenteam veröffentlicht täglich satirische Beiträge im Format und Stil von Nachrichtenagenturmeldungen und »seriösen« Zeitungsartikeln.

Netzpolitik. Nach eigenen Angaben ein »Blog und eine politische Plattform für Freiheit und Offenheit im digitalen Zeitalter«. Nimmt kritisch Stellung zu allen Fragestellungen der digitalen Welt und wurde dafür bereits mit angesehenen Preisen z. B. von »Reportern ohne Grenzen« bedacht.

Fefes Blog. Das meinungsstarke Weblog des deutschen IT-Sicherheitsexperten Felix »Fefe« von Leitner. Von Leitner kommentiert dort Tagespolitik aber auch Software-Sicherheitsprobleme. Fefes Blog hat in der IT-Techniker-Szene einen gewissen Kult-Status.

Für weitere interessante deutsche Blogs gibt es eine Art Hitliste der beliebtesten Weblogs: deutscheblogcharts.de.

2.3.4 Funktionsweise

Kommen wir zur praktischen Arbeit mit einem Weblog. Wie oben schon erwähnt, haben gerade die geringen Einstiegshürden zu Aufstieg dieser Technologie beigetragen. Dies zeigt sich nicht zuletzt an der einfachen Bedienbarkeit: Ein Blogger öffnet im Browser seinen Blog und meldet sich an. Er kann seinen Beitrag nun in einem Formular eingeben und abspeichern. Gleichzeitig werden damit mehrere »unsichtbare« Aktionen angestoßen:

• Das Weblogsystem erstellt eine dauerhafte Website, die von nun an entweder in der Liste der aktuellen Artikel oder im Archiv zu finden ist.

• Der Blog erstellt von dem neuen Eintrag einen RSS-Feed, der von Newsreadern oder anderen Programmen abgeholt werden kann.

• Es wird ein Ping an einen oder mehrere Ping-Server gesendet, die die Meldung, dass eine Aktualisierung stattgefunden hat, z. B. an Suchmaschinen weitergibt. Diese wiederum indizieren die neuen Beiträge des Blogs und können damit sehr schnell auf die aktuelle Information verweisen.

Auf dem Weblog selbst kann der Artikel sofort nach der Speicherung gelesen und von den anderen Usern kommentiert werden. Wenn der Autor nachträglich etwas an seinem Beitrag ändern möchte, werden die entfernten Passagen aus Gründen der Nachvollziehbarkeit durchgestrichen.

2.3.5 Komponenten eines Blogs

Ein Blogbetreiber kann aus einer Vielzahl von verschiedenen Blog-Softwaresystemen auswählen. Diese unterscheiden sich bezüglich ihres grundlegenden Look&Feels und ihren Funktionalitäten (s. u.). Die folgenden technischen Elemente sind jedoch für alle Weblogs mehr oder weniger typisch.

Einträge. Die Einträge (auch Postings, kurz Posts genannt) sind die Hauptbestandteile aller Weblogs. Sie werden über einen Editor, also ein kleines integriertes Textverarbeitungsprogramm erstellt, abgespeichert und in umgekehrt chronologischer Reihenfolge angezeigt. Beim Veröffentlichen versieht die Software den Artikel automatisch mit einer Datierung. Ältere Beiträge werden zum Teil auf weiteren Seiten angezeigt oder in Archiven aufgelistet.

Permanentlinks/Permalinks. Jeder Eintrag, bei manchen Weblogsystemen auch jeder Kommentar besitzt eine eindeutige und sich nicht verändernde Adresse (URL). So können andere Nutzer direkt einzelne Texte anstatt des gesamten Weblogs verlinken. Diese Permanentlinks werden dann genutzt, wenn man einen einzelnen Artikel aus einem RSS-Feed heraus aufruft. Der Permalink erscheint entweder unter oder über dem Text und ist fest mit dem Beitrag verknüpft, das heißt, er bleibt auch nach einer Textveränderung oder der Archivierung bestehen. Lediglich mit der Löschung des Artikels verschwindet er.

Archiv. Damit die älteren Beiträge auch weiterhin gefunden werden können, werden sie im Archiv verstaut, das häufig chronologisch nach Jahreszahlen und Monaten geordnet im Menü angezeigt wird.

Kommentare. Bei vielen Weblogs ist es möglich, eine eigene Meinung zu einem Eintrag zu veröffentlichen. Ein solcher Kommentar wird dann auf der gleichen Seite wie der Eintrag selbst oder als Pop-up angezeigt. Die Eingabe des Kommentars erfolgt über ein Formular am Ende eines Weblogeintrags und muss häufig obligatorisch durch weitere Angaben, wie z. B. Name oder E-Mail-Adresse des Kommentators, ergänzt werden. Die Kommentare sind fest mit dem ursprünglichen Beitrag verbunden und entwickeln oft eine Eigendynamik, die vom Betreiber des Blogs beobachtet werden sollte. Allzu häufig entstehen heftige Diskussionen, die den guten Geschmack überschreiten und zur Not gelöscht werden müssen.

Trackback/Pingback. Trackback ist eine Funktion, die Reaktionen auf einen Eintrag anzeigt, die nicht im eigenen Blog selbst sichtbar sind, wenn der Artikel auf einer anderen Website kommentiert wird. So wird z. B. vermerkt, wenn in einem anderen Blog auf einen Beitrag des eigenen Blogs Bezug genommen wird, indem dieser verlinkt wurde. Dies setzt voraus, dass die genutzte Weblogsoftware mit einer automatischen Trackback-Erkennung ausgestattet ist. Die Trackback-Meldungen werden meistens am Ende eines Eintrags angezeigt und beinhalten den Namens des verlinkenden Blogs, seine URL und einen Auszug des Bezug nehmenden Textes.

Ping. Ein Ping ist ein Sendesignal, das dazu dient, festzustellen, ob eine IP (Internetadresse in Zahlenform) aktiv im Netz erreichbar ist. Die Senderadresse eines Pings wird dabei mitgeliefert. Weblogs liefern meist mehr als nur Ping mit ihrer Adresse, es werden auch Titel, URL (Adresszeile im Browsereingabefeld) und einen Textauszug aus dem Beitrag ausgeliefert. Dadurch werden neue Beiträge in Blogsuchmaschinen und Katalogen publik gemacht.

Tagging. Dies ist eine sehr freie Möglichkeit, die Beiträge zu ordnen. Dem jeweiligen Artikel werden einfach Stichworte zugewiesen. Aus diesen Stichworten werden Übersichten innerhalb des Weblogs, z. B. in Form von Tag Clouds, gebildet. (siehe Kapitel 2.7.1)

Kategorien. Neben der freien Vergabe von Schlagwörtern können die jeweiligen Artikel bereits vorgegebenen Kategorien zugeordnet werden. Die Kategorien tauchen dann meistens in einer der Menüleisten auf und können von den Usern ausgewählt werden.

 

Feed. Ein Feed enthält die Inhalte eines Weblogs in vereinheitlichter Form. Ein Feed kann mittels Feedreader von einem interessierten Leser abonniert werden. Mit dem Feedreader kann der Leser erkennen, dass es im abonnierten Weblog neue Beiträge gibt. Diese Beiträge können auch im Feedreader gelesen werden. Es gibt verschiedene Feeddienste; der Bekannteste ist Feedburner und gehört inzwischen zu Google.

Blogroll. Eine Blogroll ist ein mittlerweile sehr weit verbreitetes Blogfeature. Es handelt sich dabei um eine für den Leser öffentliche Linksammlung, die auf andere vom Blogbetreiber häufig besuchte Blogs verweist. Diese Linkliste ist auf dem Weblog – meistens am Rand – sichtbar platziert und hat gleich mehrere Funktionen:


Abb. 2.10: Eine typische Weblogstartseite auf der Basis von Wordpress

Sie gibt dem Leser Empfehlungen für andere Websites, die ihn interessieren könnten, lässt Rückschlüsse über die Persönlichkeit und Glaubwürdigkeit des Bloggers zu und erlaubt dem Blogger einen schnellen Zugriff auf seine Favoriten. Außer der manuellen Pflege einer Linkliste gibt es einige Onlinedienste für Weblogbetreiber, die das Führen und Verwalten der Blogrolls vereinfachen und ihr Einbinden in die Weblogs ermöglichen.

2.3.6 »Wie ich blogge!?«

Zur Thematik der Weblogs hat die Umfrage »Wie ich blogge?!« von Jan Schmidt von der Forschungsstelle »Neue Kommunikationsmedien« (FONK) der Universität Bamberg interessante empirische Ergebnisse für die deutsche Blogosphäre erbracht. An der Umfrage, die unter Weblogautoren und -lesern im Oktober 2005 durchgeführt wurde, nahmen 5246 Personen teil. Da die Erhebungseinheit durch Selbstrekrutierung der Teilnehmer zustande kam, erheben die Autoren keinen Anspruch auf Repräsentativität.

Obwohl die Studie nun bereits über zehn Jahre alt ist, zeigen kleinere Untersuchungen (wie z. B. die Bloggerumfrage 2015 »So bloggt Deutschland« (Rankseller 2015)), dass sich die Ergebnisse nicht großartig verändert haben. Für den Blog »politik-digital« fasste Jan Schmidt die Erkenntnisse der Studie kurz zusammen (Schmidt 2006b)12:

Fast ausgeglichenes Geschlechterverhältnis unter Bloggern. 84 Prozent der Befragten waren aktive Blogger, 3 Prozent ehemalige Weblogautoren sowie 13 Prozent, die Weblogs lediglich lasen. Die meisten Blogger betrieben ihr Weblog zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht länger als ein halbes Jahr. Das soziodemografische Profil der Weblogautoren entspricht in etwa dem typischen Nutzer neuer Internettechnologien: Sie sind zwischen 0 und 30 Jahren alt, haben eine hohen Bildungsstand und befinden sich oft noch in der Ausbildung. Ein bemerkenswertes Ergebnis der Studie ist jedoch das vergleichsweise ausgeglichene Geschlechterverhältnis von etwa 54 Prozent Männern zu 46 Prozent Frauen. Im Teenager-Alter sind die weiblichen Blogger gegenüber den Männern sogar mit 66 zu 34 Prozent deutlich in der Überzahl. Als Motivation für das Bloggen wurden hauptsächlich Spaß, Freude am Schreiben, aber auch das Festhalten von Ideen und Erlebnissen für sich selbst genannt. Diese Gründe tauchten bei mehr als 60 Prozent aller Befragten auf. Etwa die Hälfte führte als Beweggrund allerdings explizit an, mit anderen kommunizieren zu wollen.

Formen und Inhalte. Durch die individuelle Gestaltung des eigenen Weblogs und die Auswahl von Themen zur Veröffentlichung drückt sich die Persönlichkeit des Bloggers aus. Die Mehrheit der Weblogautoren schreibt über Episoden und Erlebnisse aus ihrem Privatleben (75 Prozent) bzw. zu Themen wie Arbeitswelt, Schule und Studium (58 Prozent). Oft werden die eigenen Bilder und Fotos (64 Prozent) oder Verweise auf »Fundstücke« im Internet (58 Prozent) eingefügt. Etwa 40 Prozent äußern auch Meinungen zu politischen, beruflichen und ausbildungsbezogenen Themen. Neuere multimediale Formate wie Filmdateien (5 Prozent) oder Podcasts (3 Prozent) werden bislang jedoch nur von einer Minderheit der Blogger eingesetzt. Etwa drei Viertel der Befragten aktualisieren zumindest mehrmals die Woche ihren Weblog, elf Prozent veröffentlichen sogar mehrmals am Tag neue Beiträge. Die persönliche Authentizität drücken 70 Prozent der Blogger durch Hinweise auf ihre wirkliche Identität aus. Nur 30 Prozent bloggen anonym oder unter einem Pseudonym.

Weblogs als Werkzeug des Informationsmanagements. Über die Lektüre von Weblogs gelangt man an Informationen, die in dieser Form nicht in anderen Medien verfügbar sind (59 Prozent aller Befragten geben an, dass dies einer der Aspekte ist, die sie von Weblogs erwarten). Diese Leistung wird durch zwei Merkmale weblogbasierter Kommunikation unterstützt: Einerseits können durch die hochgradig vernetzte Struktur der Blogosphäre bestimmte Nachrichten und Themen an Aufmerksamkeit gewinnen, die sich quasi epidemisch verbreiten. Andererseits sind sie als Ausdruck von interpersonaler Kommunikation zu verstehen und helfen dem Einzelnen, über Ereignisse und Meinungen aus dem eigenen sozialen Netzwerk auf dem Laufenden zu bleiben. Die Informationsfilterung geschieht dabei augenscheinlich in eher kleinen Zirkeln: Nur 20 Prozent geben an, mehr als 20 Weblogs regelmäßig zu verfolgen, während 40 Prozent fünf Weblogs oder weniger lesen.

Weblogs stärken soziale Beziehungen. Über Verweise auf andere Quellen, durch Kommentare zu Beiträgen und durch die Blogrolls setzen Weblogautoren nicht nur hypertextuelle Links, sondern knüpfen und bestärken auch soziale Beziehungen unterschiedlicher Intensität. Je länger ein Weblog geführt wird, desto umfangreicher sind in der Regel auch diese sozialen Netzwerke: Autoren, deren Weblog älter als ein halbes Jahr ist, erhalten z. B. verhältnismäßig öfter und mehr Kommentare auf ihre Beiträge. Sie haben auch mehr Weblogs in ihrer Blogroll, die vor allem Ausdruck der eigenen regelmäßigen Lektüre (85 Prozent) oder freundschaftlicher Beziehungen (60 Prozent) zu den verlinkten Autoren ist. Erschwert wird das Knüpfen von sozialen Beziehungen dadurch, dass Leser eines Weblogs zunächst für den Autoren nicht oder nur sehr eingeschränkt sichtbar sind, solange sie »Lurker« bleiben und keine Kommentare hinterlassen. 41 Prozent der Befragten können dementsprechend nicht einschätzen, wie viele und welche Personen ihren Weblog lesen. Eine Strategie, um zumindest einen ungefähren Eindruck vom Leserkreis zu bekommen, ist die Analyse der eigenen Server Log Files oder von Zugriffsstatistiken – das machen 66 Prozent der befragten Blogger zumindest gelegentlich.

2.3.7 Die Blogosphäre

Die Blogosphäre bezeichnet die Masse aller Weblogs und ihrer Verbindungen. Von einer einzigen Blogosphäre zu sprechen, ist eigentlich nicht richtig, vielmehr gibt es viele Communitys, die locker untereinander vernetzt sind. Gerade diese Struktur ist der Grund dafür, dass sich Informationen bisweilen schnell verbreiten.

Technische und soziale Vernetzung. Die Blogtools kommunizieren automatisch mit zentralen Diensten. Jede gängige Blogsoftware benachrichtigt die Verzeichnisse von Weblogs.com oder Blo.gs, die somit stets über Listen frisch aktualisierter Weblogs verfügen. Diese Aufstellungen dienen wiederum Blogsuchmaschinen wie Twingly oder Icerocket als Anstoß für eine inhaltliche Indizierung. Anders als bei herkömmlichen Websuchdiensten wie Google oder Yahoo dauert es somit nur noch Minuten, bis ein neuer Beitrag erfasst wird.

Ein wichtiger Faktor ist die Vernetzung der Blogs untereinander: Trackbacks linken auf andere Blogs, die sich thematisch auf den aktuellen Eintrag beziehen. Somit weiß der Blogautor, wenn sein Beitrag von anderen Blogs aufgegriffen wurde. Der Leser kann aber auch einfach die Kommentarfunktion auf dem jeweiligen Blog selbst nutzen. Abgerundet wird der Funktionsumfang durch RSS. Damit lassen sich Inhalte von Blogs und Newsportalen bequem in den eigenen Newsreader transferieren.

In der Blogosphäre werden zudem diverse Aktionen durchgeführt, die u. a. dem Informationsaustausch dienen. Auch der Bekanntheitsgrad eines Blogs kann mit solchen Veranstaltungen gesteigert werden. Bekannte Blogaktionen sind:

• Stöckchen werfen. Es handelt sich dabei in der Regel um einen Fragebogen zu einem Thema. Irgendjemand fängt damit an, entwickelt den Fragebogen und beantwortet ihn auf seinem Blog. Dann »wirft« er das Stöckchen ein paar anderen Leuten zu, indem er ein Link auf sie setzt und sie dazu auffordert, den Fragebogen ebenfalls zu beantworten.

• Blogparade. Ein Blogger gibt ein bestimmtes Thema vor und verschiedene Blogautoren verfassen Artikel dazu, die dann im »veranstaltenden« Blog zusammengetragen werden. Bei manchen Blogparaden findet eine Prämierung des besten Artikels statt. Unter Seiten wie blog-paraden.blogspot.de/ werden diese Veranstaltungen angekündigt.

• Blogtouren. Bei einer Blogtour ist ein Blogger zu einem Thema zu Gast bei anderen Bloggern. Er reist sozusagen von Blog zu Blog, schreibt dort Artikel oder wird von den anderen Bloggern interviewt.

Zusammengenommen entsteht aus diesen technischen und sozialen Komponenten ein einzigartiges dynamisches Informationsgeflecht, welches die Lücke zwischen Kommunikation und Publikation füllt (vgl. Sixtus 2005)13.

Aufmerksamkeitsökonomie. Ein vollständiger Überblick über alle Blogs ist kaum möglich. Jeder User hat einige bestimmte Blogs, bei denen er sich regelmäßig informiert und gegebenenfalls »mitarbeitet«. Das Interesse an den Blogs verteilt sich jedoch nicht gleichmäßig über die Blogosphäre, sondern konzentriert sich im Wesentlichen auf einige Weblogs, deren Autoren A-Blogger oder A-Lister genannt werden. Diese haben mehr als tausend Besucher pro Tag und übernehmen für ihre Leser und viele andere Blogger eine Art Orientierungsfunktion. Entgegen der Graswurzelidee des Bloggens haben sich somit neue Strukturen der Meinungsmacher herausgebildet. Steht eine Meldung einmal in einem der sogenannten A-List-Blogs, wird sie von Hunderttausenden gelesen – darunter sind oft genug Journalisten, die das Thema schließlich in ihre Medien tragen.

Die Herausbildung von A-Bloggern, überwiegend Männer, ist ein spannendes Phänomen. Etablieren sich damit neue Gatekeeper, die maßgeblich entscheiden können, ob eine Meldung zum Thema der Blogosphäre wird? Und was lenkt das Interesse so vieler Leser auf spezielle Blogs?

Die Popularität eines Blogs hängt zum einen an der Persönlichkeit des Bloggers. Von ihm wollen die Leser nicht nur Neues erfahren, wichtig ist auch sein intellektueller Zugriff, die Formulierungskunst und Ausdrucksweise, mit der ein Thema präsentiert wird. Das kann eine pointierte und witzige Darstellungsform sein. Die Ästhetik des Blogs hinsichtlich des Layouts spielt eine Rolle. Oder der Blog regt mit der Herstellung ungewöhnlicher Bezüge zum Nachdenken an. Der Blog entwickelt also einen unverkennbaren Charakter, der die Leserschaft anspricht.

Weiter hängt die Popularität von den diskutierten Themen ab. Diese müssen in den aktuellen soziokulturellen Kontext passen und die Interessen der Leser treffen. Eventblogs, beispielsweise zu einer Bundestagswahl, genießen grundsätzlich nur eine kurzzeitige Aufmerksamkeit. Aber auch die Bedeutung anderer Weblogs ist schon deshalb einem ständigen Wandel ausgesetzt, weil der Klärungsbedarf zu bestimmten Themen bei den Lesern zeitlich begrenzt ist. Hat man ein Thema durchdrungen, wendet man sich anderen zu. Weil Weblogs auch stark unterhaltende Funktion haben, kann es vorkommen, dass sich der Stil eines Bloggers abgreift und die Leser zu anderen Autoren wandern. Nachhaltige Aufmerksamkeit erfahren dadurch nur wenige Blogger, die sich auch selbst weiterentwickeln. Man kennt derartige Prozesse generell aus der Unterhaltungsbranche. Auch hier gibt es Kabarettisten und Entertainer, die nur kurzzeitig großen Zuspruch erfahren.

Weblogs müssen, wenn sie langfristig populär bleiben wollen, schon kontinuierlich relevante Informationen über das soziale und kulturelle Umfeld der Leserschaft bereithalten, der Selbstvergewisserung oder Selbstorganisation dienen. Insofern bleibt es abzuwarten, ob die A-Blogger von heute ihre Gatekeeper-Position behaupten können oder einfach durch neue ersetzt werden.

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